Index
27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Rechtsanwaltsordnung; keine denkunmögliche und keine willkürliche Anwendung des §5 Abs2; keine Verletzung des Rechtes auf ErwerbsausübungsfreiheitSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Beschwerdeführer wurde am 27. März 1929 als Rechtsanwalt mit dem Sitz in Wels in die Liste der Oö. Rechtsanwälte eingetragen. Am 19. Mai 1932 wurde er wegen strafgerichtlicher Verurteilungen (darunter wegen §§98, 183 und 209 StG) aus der Liste der Rechtsanwälte gestrichen.
Mit Eingabe vom 3. Dezember 1975 beantragte er seine Wiedereintragung in die Liste der Rechtsanwälte der Oö. Rechtsanwaltskammer mit dem Sitz in Linz. Der Ausschuß der Oö. Rechtsanwaltskammer hat diesen Antrag mit Beschluß vom 1. September 1976 gemäß §5 Abs2 der Rechtsanwaltsordnung, RGBl. 96/1868 (RAO) abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter
(OBDK).
Mit Bescheid vom 13. Juni 1977 wies die OBDK diese Berufung ab.
Der VfGH hat mit Erk. VfSlg. 8747/1980 diesen Bescheid wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes mit der Begründung aufgehoben, die OBDK habe dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt deshalb unterstellt, weil sie dem Generalprokurator den Entscheidungsentwurf des Berichterstatters der OBDK zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt hatte, sich dazu zu äußern und - im Gegensatz zum Wiedereintragungswerber - an der anberaumten nichtöffentlichen Sitzung teilzunehmen.
Die OBDK hat sodann mit dem Ersatzbescheid vom 13. Oktober 1980 der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Beschluß des Ausschusses der Oö. Rechtsanwaltskammer vom 1. September 1976 neuerlich nicht Folge gegeben.
2. Gegen diesen Ersatzbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf freie Berufswahl und freie Berufsausübung sowie Willkür (sohin die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Das durch Art18 StGG geschützte Recht umfaßt die Freiheit, ohne Behinderung oder Beschränkung durch eine österreichische Rechtsnorm einen Beruf zu wählen und sich für ihn auszubilden (vgl. zB VfSlg. 8037/1977 und die dort zitierte Vorjudikatur). §5 Abs2 RAO, auf welche Bestimmung der angefochtene Bescheid vornehmlich gestützt wird, enthält keine derartige Behinderung oder Beschränkung der Berufswahl und verstößt daher auch nicht gegen Art18 StGG.
2. a) Bei der unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles verfassungsgesetzlichen Unbedenklichkeit der den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften könnte der Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht nur durch eine willkürliche Gesetzeshandhabung verletzt worden sein (vgl. zB VfSlg. 8428/1978), im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf freie Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) nur dann, wenn bei Erlassung des Bescheides eine gesetzliche Bestimmung in denkunmöglicher Weise angewendet wurde (vgl. zB VfSlg. 7440/1974).
b) Die belangte Behörde hat - entsprechend dem hg. Erk. VfSlg. 8747/1980 - bei Erlassung des bekämpften Ersatzbescheides den Generalprokurator dem Verfahren, das der Erlassung des angefochtenen Bescheides voranging, nicht beigezogen.
Der Beschwerdeführer begründet seine Behauptung, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein, ausschließlich damit, seine seinerzeitige gerichtliche Verurteilung sei zu Unrecht erfolgt.
Hiezu heißt es im angefochtenen Bescheid:
"Es wurde bereits ... zum Ausdruck gebracht, daß die seinerzeitige Streichung des Berufungswerbers" (das ist der Beschwerdeführer) "aus der Liste der Rechtsanwälte vor allem auf Grund seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen der Verbrechen der Veruntreuung, der Erpressung und der Verleumdung erfolgt ist. Der Ausschuß der Oö. Rechtsanwaltskammer war auf Grund dieser Verurteilung sowohl an die vom Strafgericht festgestellten Tatsachen, als auch an dessen rechtliche Qualifikation gebunden. Auf Grund dieser Bindung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer an die strafgerichtlichen Entscheidungen muß der Versuch des Berufungswerbers ins Leere gehen, wenn er in seinem Wiedereintragungsgesuch und auch in der Berufung die Richtigkeit dieser Verurteilungen bekämpft. ..."
Der VfGH kann nicht finden, daß diese Meinung der belangten Behörde willkürlich oder denkunmöglich sei.
Der Beschwerdeführer ist sohin auch nicht im Gleichheitsrecht und im Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit verletzt worden.
3. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Berufsrecht Rechtsanwälte, Berufswahl- und BerufsausbildungsfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B611.1980Dokumentnummer
JFT_10188993_80B00611_00