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70 SchulenNorm
B-VG Art18 Abs2Beachte
s. Anlaßfall VfSlg. 9259/1981Leitsatz
Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Externistenprüfungen, BGBl. 362/1979; der Halbsatz in §3 Abs1, "wobei auf den der Anmeldung zur Externistenprüfung vorangegangenen Schulbesuch des Prüfungskandidaten Bedacht zu nehmen ist", ist in §42 Abs6 erster Satz Schulunterrichtsgesetz gedecktSpruch
Der Halbsatz, "wobei auf den der Anmeldung zur Externistenprüfung vorangegangenen Schulbesuch des Prüfungskandidaten Bedacht zu nehmen ist", in §3 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 31. Juli 1979, BGBl. 362, über die Externistenprüfungen, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Beim VfGH ist zur Zahl B557/80 eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Stadtschulrates für Wien anhängig, mit dem entschieden wurde, daß der Beschwerdeführer "frühestens zum Haupttermin (Sommertermin) 1981" (und nicht schon zum Termin Feber 1981) zur Externistenreifeprüfung zugelassen wird. Die Entscheidung war auf §42 Abs6 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. 139/1974 (SchUG), und auf §3 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst, BGBl. 362/1979, über die Externistenprüfungen (im folgenden VO) gestützt.
Aus Anlaß der Beschwerde hat der VfGH beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Halbsatzes "wobei auf den der Anmeldung zur Externistenprüfung vorangegangenen Schulbesuch des Prüfungskandidaten Bedacht zu nehmen ist" in §3 Abs1 VO einzuleiten (vgl. VfGH 18. 3. 1981, B557/80-13).
2. Der Bundesminister für Unterricht und Kunst hat eine Äußerung erstattet und darin ausgeführt, daß nach seiner Meinung die vom VfGH angenommenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungsstelle nicht bestehen.
II. Der VfGH hat über die Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens erwogen:
1. Nach §71 Abs1 SchUG ist gegen eine Entscheidung über die Zulassung zu Externistenprüfungen (§70 Abs1 litf SchUG) die Berufung an die Schulbehörde erster Instanz zulässig. Gegen ihre Entscheidung ist nach §71 Abs8 SchUG ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Der Instanzenzug ist erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde im Anlaßfall zulässig.
Bei der Erlassung des im Anlaßfall angefochtenen Bescheides ist die in Prüfung gezogene Verordnungsstelle angewendet worden, da über die Zulassung zu einer Externistenprüfung - und zwar im konkreten Fall einer Externistenreifeprüfung - zu entscheiden war. Auch der VfGH hat diese Bestimmung bei der Fällung seiner Entscheidung im Beschwerdeverfahren anzuwenden.
Die Prozeßvoraussetzungen sind gegeben. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist zulässig.
III. Der VfGH hat in der Sache erwogen:
1. a) §42 Abs6 SchUG lautet:
"Voraussetzung für die Zulassung ist, daß der Prüfungskandidat im Zeitpunkt der Externistenprüfung nicht jünger ist, als er im Falle des Besuches der betreffenden Schulart ohne Überspringen von Schulstufen wäre. Soweit es sich um eine Externistenprüfung handelt, die einer Reife-, Befähigungs- oder Abschlußprüfung entspricht, bezieht sich dieses Alterserfordernis auf die Zulassung zur Hauptprüfung. Für die Zulassung zu einer Externistenprüfung über eine Stufe oder den ganzen Bildungsgang einer mittleren oder höheren Schule oder zu einer Externistenprüfung, die einer Reife-, Befähigungs- oder Abschlußprüfung entspricht, ist ferner der Nachweis des erfolgreichen Abschlusses der achten Schulstufe (§28 Abs4 bis 6) bzw. der erfolgreichen Ablegung einer Externistenprüfung über diese Schulstufe Voraussetzung; dies gilt nicht für die Zulassung zu einer Externistenprüfung über eine Stufe der Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schule."
b) §3 Abs1 VO lautet:
"Voraussetzung für die Zulassung zu einer Externistenprüfung ist, daß der Prüfungskandidat im Zeitpunkt der Externistenprüfung nicht jünger ist, als er im Falle des Besuches der betreffenden Schulart ohne Überspringen von Schulstufen wäre, wobei auf den der Anmeldung zur Externistenprüfung vorangegangenen Schulbesuch des Prüfungskandidaten Bedacht zu nehmen ist. Soweit es sich um eine Externistenreife-, Externistenbefähigungs- oder Externistenabschlußprüfung handelt, bezieht sich dieses Alterserfordernis auf den Zeitpunkt der Hauptprüfung."
2. a) Nach dem Einleitungsbeschluß besteht gegen die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungsstelle das Bedenken, daß durch die Verordnung eine zusätzliche Voraussetzung für die Zulassung zur Externistenprüfung aufgestellt wird, ohne daß dafür eine gesetzliche Ermächtigung vorhanden wäre. Der VfGH ist dabei davon ausgegangen, daß nach dem Inhalt des §42 Abs6 SchUG lediglich sichergestellt werden soll, daß ein Prüfungswerber beim Antritt zur Externistenreifeprüfung nicht jünger ist, als er beim Antritt zur Reifeprüfung nach der im Gesetz vorgeschriebenen Mindestdauer des Besuches der betreffenden Schulart wäre; demgegenüber hat der VfGH angenommen, daß durch den in §3 Abs1 VO eingefügten Halbsatz "wobei auf den der Anmeldung zur Externistenprüfung vorausgegangenen Schulbesuch des Prüfungskandidaten Bedacht zu nehmen ist" bestimmt wird, daß es nicht nur auf das absolute Alter eines Prüfungswerbers ankommt; vielmehr wäre auch die Zeit eines der angestrebten Ablegung der Externistenreifeprüfung vorausgegangenen Besuches von Schulstufen einer Schulart zu berücksichtigen, wobei sich diese Dauer bei nicht erfolgreich abgeschlossenen Schulstufen um die Dauer eines für die Wiederholung einer Schulstufe erforderlichen Unterrichtsjahres verlängert.
b) In seiner Äußerung hat der Bundesminister für Unterricht und Kunst ausgeführt, daß sich seiner Ansicht nach schon aus dem Wortlaut der Regelung des ersten Satzes des §42 Abs6 SchUG ergebe, daß auf die persönliche Situation des betreffenden Externisten individuell abzustellen sei; es sei als Zulassungsvoraussetzung normiert, daß der Prüfungskandidat im Zeitpunkt der Externistenprüfung nicht jünger sei, als er im Falle des Besuches der betreffenden Schulart wäre. Was den in §42 Abs6 erster Satz SchUG enthaltenen Einschub "ohne Überspringen von Schulstufen" anlange, so solle dieser nur der Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten dienen, da ohne diesen Einschub Externistenprüfungskandidaten, die bisher Prüfungen mit besonderem Erfolg und sehr rasch aufeinander folgend abgelegt haben, die sinngemäße Anwendung des §26 verlangen könnten. Darüber hinaus sei anzunehmen, daß der Gesetzgeber nicht beabsichtigt habe, Schüler schlechter zu stellen als Externistenprüfungskandidaten; dies wäre jedoch der Fall, wenn man dem ersten Satz des §42 Abs6 SchUG einen Inhalt unterstellen könnte, wonach nicht auf die persönliche Situation des jeweiligen Schülers abzustellen sei.
c) Der Gesetzgeber hat durch §42 SchUG die Möglichkeit geschaffen, die mit dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe oder Schulart (Form bzw. Fachrichtung einer Schulart) sowie die mit der erfolgreichen Ablegung einer Reife-, Befähigungs- oder Abschlußprüfung verbundenen Berechtigungen auch ohne vorhergegangenen Schulbesuch durch die erfolgreiche Ablegung einer Externistenprüfung zu erwerben. Diese Möglichkeit besteht (als sogenannter "Dritter Bildungsweg") neben dem Besuch der Normalformen der einzelnen Schularten ("Erster Bildungsweg") und dem Besuch der für Berufstätige bestimmten Formen ("Zweiter Bildungsweg"); vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum SchUG, 345 BlgNR XIII. GP. Aus dem System dieser Regelung geht hervor, daß sich der Gesetzgeber bei der Schaffung des dritten Bildungsweges am Regelfall des Schulbesuches orientieren wollte.
Das gilt auch für das in §42 Abs6 erster Satz SchUG geschaffene Alterserfordernis für die Zulassung zu einer Externistenprüfung. Der Gesetzgeber hat durch den von ihm gewählten Wortlaut dieser Bestimmung jedenfalls seinen Willen zum Ausdruck gebracht, für jene Schüler, die den Bildungsweg wechseln und den Weg der Externistenprüfung beschreiten, auch hinsichtlich des Alters gleiche Voraussetzungen wie für die an einer Schule verbleibenden Schüler zu schaffen. Er hat damit angeordnet, daß solche Schüler, die den Weg der Externistenprüfung beschreiten, nicht früher als bei fortgesetztem Besuch der Normalform einer Schulart Prüfungen ablegen können. Diese Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Nach §42 Abs6 erster Satz SchUG muß der Kandidat im Zeitpunkt der Externistenprüfung jenes Mindestalter erreicht haben, in dem er im Falle des Besuches der Normalform der betreffenden Schulart zur Reifeprüfung hätte antreten dürfen. Dabei kommt es auf die persönliche Situation des Kandidaten, insbesondere auf eine allfällige frühere Schullaufbahn an. Somit ist der in Prüfung gezogene Halbsatz des §3 Abs1 der VO im §42 Abs6 erster Satz SchUG gedeckt.
Es war daher auszusprechen, daß der angeführte Halbsatz im §3 Abs1 VO nicht als gesetzwidrig aufgehoben wird.
Schlagworte
Schulen, Schulunterricht, AuslegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:V11.1981Dokumentnummer
JFT_10188985_81V00011_00