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24 StrafrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art140 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des §97 Abs1 Z1 StGB; keine LegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit der beim VfGH am 19. Dezember 1980 eingelangten Eingabe beantragt der Einschreiter, gestützt auf Art140 B-VG, die Aufhebung des §97 Abs1 Z1 StGB wegen Verfassungswidrigkeit.
Der Einschreiter legt zunächst die nach seiner Auffassung gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Gesetzesstelle sprechenden Bedenken dar.
Seine Legitimation zur Antragstellung begründet der Einschreiter wie folgt:
"Ich stelle fest, dass §97 (1) Z1 StGB - unter Berücksichtigung des Vorerwähnten - meine Rechtssphäre auf das Empfindlichste berührt. Der Eingriff in diese Rechtssphäre besteht darin, dass die cit. Gesetzesstelle Straffreiheit für Tötung des ungeborenen Kindes vorsieht.
Ich bin Mitglied jener nicht unbedeutenden österreichischen Minderheit, welche durch die verheerenden Auswirkungen der Sanktionslosigkeit des gegenst. Gesetzes in ihrem Rechtsinteresse geschädigt wird. Ich zähle auch zu jenen wehrlosen Staatsbürgern, die sich im bedeutendsten Volksbegehren der österreichischen Geschichte in ihrer Not an den österreichischen Nationalrat gewandt haben und dort von einer knappen Mehrheit abgewiesen wurde.
Hinsichtlich der "Tatsächlichkeit" der Berührung meiner Rechtssphäre durch dieses aufzuhebende Gesetz stelle ich fest, dass diese "grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation" nach Art140 Abs1, letzter Satz, B-VG rechtslogisch und notwendig in der Frage, ob Mord am ungeborenen Kind straffrei sein soll, entweder völlig unanwendbar oder zumindest äusserst extensiv anzuwenden ist. Gegebenenfalls ist auch diese Frage der tatsächlichen Verletzung der Rechtssphäre im konkreten Fall durch eine Verfassungsbeschwerde gesondert anzufechten.
Durch die Bestimmung des §97 (1) Z1 StGB wird wegen der normierten Straffreiheit für Mord am ungeborenen Kind in die Rechtssphäre einer - noch ungeborenen - Person eingegriffen. Aus dem Gesamtzusammenhang unserer Staatsverfassung ist eindeutig abzulesen, dass es ihre Aufgabe ist, den Missbrauch der Macht zu verhindern. Wenn ich mich - als vom gegenst. Gesetz Beschwertem, im Namen des anfechtungsberechtigten ungeborenen Menschenkindes in dieser Sache an den VfGH wende, so legitimieren mich die tausenden ungeborenen - weil abgetriebenen - Kinder, welche unter den vorgegebenen "Voraussetzungen des Art140 (1) letzter Satz, B-VG" sich nicht beim VfGH als Hüter der fundamentalsten Rechte unseres Staates beschweren können."
2. Der Antrag ist unzulässig.
a) Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG ist (wie der VfGH zuerst in seinem Beschluß VfSlg. 8009/1977 und seither wiederholt ausgeführt hat), daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betreffenden Person eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
b) An dieser Voraussetzung mangelt es im vorliegenden Fall.
Der unter der Überschrift "Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs" stehende §97 Abs1 Z1 StGB hat folgenden Wortlaut:
"Die Tat ist nach §96 nicht strafbar, 1. wenn der Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher Beratung von einem Arzt vorgenommen wird; oder"
Wie der VfGH bereits in dem denselben Antragsteller betreffenden Beschluß vom 30. November 1979, G43/79, ausgeführt hat, wird durch diese Bestimmung die Rechtssphäre des Einschreiters nicht berührt.
Der Antrag war daher mangels Legitimation des Antragstellers zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:G94.1980Dokumentnummer
JFT_10188873_80G00094_00