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L5 KulturrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Nö. Naturschutzgesetz 1977; keine Bedenken gegen §18 Abs2; keine denkunmögliche GesetzesanwendungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Mit der auf Grund des §7 Abs1 Nö. Naturschutzgesetz, LGBl. 5500-0 (in Kraft getreten am 1. Jänner 1977, im folgenden als Nö. NSchG 1977 bezeichnet; die Nov. LGBl. 89/77 und 5/81 brauchen im gegebenen Zusammenhang nicht berücksichtigt zu werden), erlassenen Verordnung der Nö. Landesregierung vom 10. Jänner 1978, LGBl. 5500/13-0 (im folgenden VO; die Nov. sind hier nicht maßgebend), wurden ua. zum Rothschild'schen Forstgut gehörige, in der Anlage zur Verordnung näher ausgewiesene Waldflächen in der KG N. (Marktgemeinde G.) zum Naturschutzgebiet "Rothwald" erklärt (§2 Abs11 der VO).
2. Mit dem Bescheid der Nö. Landesregierung vom 19. Juli 1978 wurde gemäß §18 Abs5 Nö. NSchG 1977 einem von den Beschwerdeführern - den damaligen Miteigentümern der "Rothschild'schen Forstverwaltung" - gestellten Antrag auf Gewährung einer Entschädigung nach §18 Abs2 Nö. NSchG 1977 keine Folge gegeben und das Bestehen eines derartigen Anspruches verneint.
Der Bescheid war im wesentlichen damit begründet, daß die Verfügungsmacht der Antragsteller über ihre zum Naturschutzgebiet erklärten Grundflächen gegenüber der früheren Rechtslage durch die VO sogar erweitert worden sei. Dies deshalb, weil zwar die damaligen forstlichen Nutzungsbeschränkungen den nunmehrigen entsprächen, jetzt aber im Gegensatz zu früher die Ausübung der Jagd und Fischerei im gesetzlichen Rahmen unbeschränkt gestattet sei. (Damals hätten "Raubwild in jeder Art und Fischfeinde unbedingten Schutz" genossen.)
2. Gegen den Bescheid der Nö. Landesregierung vom 19. Juli 1978 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Die Beschwerdeführer behaupten, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein. Es wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben, in eventu die Beschwerde dem VwGH abzutreten.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Die Miteigentümer des Rothschild'schen Forstgutes sind zur Erhebung der Beschwerde legitimiert. Die Beschwerde ist, da die Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig.
2. §18 Abs2 Nö. NSchG 1977 lautet:
"Dem Berechtigten, der durch Auswirkungen einer nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes erlassenen Verordnung oder eines Bescheides gehindert wird, sein Grundstück oder seine Anlage auf die Art und in dem Umfang zu nutzen, wie es ihm zur Zeit vor dem Inkrafttreten der Verordnung oder dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides zugestanden ist und dadurch eine erhebliche Minderung des Ertrages oder eine nachhaltige Erschwernis der Wirtschaftsführung erleidet, ist auf Antrag eine Entschädigung zu gewähren. Die Entschädigung hat, sofern diese nicht von anderen geboten wird, das Land zu leisten. Bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung sind wirtschaftliche Vorteile, die sich aus der naturschutzbehördlichen Maßnahme ergeben, zu berücksichtigen."
3. Nach der Behauptung der Beschwerdeführer sei die angeführte Bestimmung des §18 Abs2 Nö. NSchG 1977, auf die von der belangten Behörde die Verweigerung der Entschädigung gestützt werde, wegen eines Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot verfassungswidrig. Sie enthalte eine Differenzierung zwischen "Alt-Berechtigten" und "Neu-Berechtigten", die sachlich nicht gerechtfertigt sei.
Zur Begründung dieser Behauptung wird - auf das Wesentliche zusammengefaßt - vorgebracht, die Alt-Berechtigten (Berechtigte über ein Naturschutzgebiet iS des §4 Abs2 Nö. NSchG 1977) seien als Eigentümer von Grundstücken, die bereits gemäß den vor dem Inkrafttreten des Nö. NSchG 1977 geltenden naturschutzrechtlichen Vorschriften zu einem Naturschutzgebiet gehört hätten, durch die bestehenden Beschränkungen gehindert gewesen, ihre Grundstücke auf die Art und in dem Umfang zu nutzen, wie es den Eigentümern eines nicht zu einem Naturschutzgebiet gehörigen, aber sonst unter gleichen Voraussetzungen nutzbaren Grundstückes zugestanden sei; sie hätten dadurch eine erhebliche Minderung des Ertrages oder eine nachhaltige Erschwernis der Wirtschaftsführung erlitten. Bei einer Erklärung solcher Grundstücke zu einem Naturschutzgebiet durch eine nach Maßgabe des Nö. NSchG 1977 erlassene Verordnung könnten Auswirkungen, durch die ein Berechtigter gehindert würde, sein Grundstück so zu nutzen, wie es ihm vor dem Inkrafttreten der Verordnung zugestanden sei, deswegen nicht mehr eintreten, da diese Auswirkungen schon durch die nach der bisherigen Regelung bestehenden Beschränkungen gegeben gewesen seien. Da somit "Alt-Berechtigte" von Auswirkungen iS des §18 Abs2 nicht betroffen werden könnten, seien sie vom Anspruch auf Entschädigung iS dieser Vorschrift im Gegensatz zu den "Neu-Berechtigten", deren Grundstücke erstmalig durch eine nach Maßgabe des Nö. NSchG 1977 erlassene Verordnung zu Naturschutzgebieten erklärt würden und bei denen durch das Inkrafttreten dieser Verordnung die Auswirkungen iS des §18 Abs2 bewirkt würden, ausgeschlossen.
4. Der VfGH kann es dahingestellt sein lassen, ob dem §18 Abs2 Nö. NSchG 1977 ein iS des Vorbringens der Beschwerdeführer differenzierender Inhalt überhaupt zukommt, da weder einer unterschiedlichen noch einer gleichen Behandlung der "Alt-" und "Neuberechtigten" durch den Gesetzgeber verfassungsrechtliche Schranken entgegenstünden. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des §18 Abs2 Nö. NSchG 1977 bestehen daher nicht die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Bedenken; unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles sind auch keine anderen Bedenken dagegen entstanden.
Im Hinblick darauf und auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften - Bedenken gegen diese Vorschriften sind in der Beschwerde nicht vorgebracht worden und im Verfahren vor dem VfGH nicht entstanden - sind die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten nicht verletzt worden.
4. Mit der von den Beschwerdeführern behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz braucht sich der VfGH nicht weiter auseinanderzusetzen, weil die Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen und dieses Recht nur österreichischen Staatsbürgern gewährleistet ist (vgl. VfSlg. 8784/1980).
5. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die belangte Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. VfSlg. 9074/1981).
Daß die dem Bescheid zugrunde liegenden Normen von der belangten Behörde bei der Bescheiderlassung denkunmöglich angewendet worden wären, bringen die Beschwerdeführer nicht vor; sie stützen die behauptete Eigentumsverletzung ausschließlich auf die angenommene Verfassungswidrigkeit des §18 Abs2 Nö. NSchG 1977. Beim VfGH ist kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, daß die Behörde die für die Erlassung des Bescheides herangezogenen Bestimmungen denkunmöglich angewendet hätte; insbesondere war es von der belangten Behörde nicht denkunmöglich anzunehmen, daß die Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Entschädigung nach §18 Abs2 Nö. NSchG 1977 haben. Ob die herangezogenen Normen auch richtig angewendet worden sind, hat der VfGH nicht zu prüfen.
Im Eigentumsrecht sind die Beschwerdeführer nicht verletzt worden.
6. Daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wären, ist im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Naturschutz, EntschädigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B485.1978Dokumentnummer
JFT_10188870_78B00485_00