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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
UStG 1972; keine Bedenken gegen §10 Abs2 Z7 litb; keine gleichheitswidrige und keine denkunmögliche Gesetzesanwendung; keine Verletzung des Rechtes auf ErwerbsausübungsfreiheitSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreibt ein Schreib-, Übersetzungs- und Vervielfältigungsbüro.
Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für OÖ vom 10. Feber 1977 wurde die Beschwerdeführerin für das Jahr 1974 zur Umsatzsteuer veranlagt. Hiebei wurde dem auf §10 Abs2 Z7 litb UStG 1972 gestützten Antrag, den auf die Tätigkeit als Übersetzer entfallenden Teilbetrag des Umsatzes der Beschwerdeführerin dem ermäßigten Steuersatz von 8 v. H. zu unterwerfen, nicht entsprochen und die Umsatzsteuer vom gesamten Umsatz unter Anwendung des Steuersatzes von 16 v. H. bemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. a) Gemäß §10 Abs1 UStG 1972 in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Stammfassung, BGBl. 223/1972, beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 v. H. der Bemessungsgrundlage (§§4 und 5). Nach §10 Abs2 Z7 litb UStG 1972 ermäßigt sich die Steuer auf 8 v. H. für die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Wissenschaftler, Bildberichterstatter, Lehrbeauftragter, Dolmetscher oder Übersetzer.
b) Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiellrechtlicher Hinsicht auf Bestimmungen des UStG 1972 und verneint die Anwendbarkeit der Ermäßigungsbestimmung des §10 Abs2 Z7 litb UStG 1972 für die aus der Tätigkeit als Übersetzer erzielten Umsätze der Beschwerdeführerin mit der Begründung, daß diese Begünstigungsbestimmung nur bei natürlichen Personen zur Anwendung kommen könne, nicht aber bei der Beschwerdeführerin, die eine Kapitalgesellschaft sei. Die belangte Behörde ist hiebei von der Rechtsansicht ausgegangen, daß die in §10 Abs2 Z7 litb UStG 1972 angeführte Tätigkeit als Dolmetscher und Übersetzer nur eine freiberufliche sein könne, was sich auch aus litd leg. cit. ergebe, denn in dieser Gesetzesstelle seien sowohl Wirtschaftstreuhänder als auch Wirtschaftstreuhandgesellschaften angeführt. Dies bedeute, daß die Begünstigung nach §10 Abs2 Z7 UStG 1972 für juristische Personen nur dann Anwendung finden könne, wenn diese ausdrücklich angeführt seien. Voraussetzung für die Begünstigung sei schließlich auch nicht das Vorliegen einer Übersetzungstätigkeit schlechthin, sondern die "Tätigkeit als Übersetzer" müsse auch unter der Berufsbezeichnung "Übersetzer" ausgeübt werden, sie komme daher nicht Personen, die nicht "Übersetzer" seien, und somit keinesfalls Kapitalsgesellschaften zu.
2. a) Die Beschwerdeführerin erhebt vorerst den Vorwurf, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit verletzt worden zu sein, weil die belangte Behörde den ermäßigten Steuersatz nach §10 Abs2 Z7 litb UStG 1972 nur auf jene Unternehmer anwende, die natürliche Personen seien, nicht aber auf juristische Personen; vom Gesetzeszweck her gesehen sei es eine völlig sachfremde Überlegung, wenn die Steuer nicht ausschließlich an der erbrachten Leistung, sondern an der Organisationsform eines Unternehmens anknüpfen würde. Die Beschwerdeführerin vermeint daher, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt habe.
b) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Wie der VfGH in VfSlg. 7384/1974 ausgesprochen hat, ist davon auszugehen, daß der litc des auch im vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen §10 Abs2 Z7 UStG 1972 eine steuerliche Begünstigung für einige freiberufliche Tätigkeiten natürlicher Personen und (in litd) diesen Tätigkeiten entsprechende Leistungen bestimmter anderer Rechtsträger enthält. Der VfGH sprach im vorzitierten Erk. weiters aus, diese steuerliche Begünstigung verstoße deshalb nicht gegen das Gleichheitsgebot, weil gemessen am Gleichheitssatz freiberufliche und gewerbliche (somit andere) Tätigkeiten dem Berufstyp nach nicht etwa Gleiches darstellen. Der VfGH hat unter Bezugnahme auf das genannte Erk. in VfSlg. 8162/1977 seine Ansicht, auch vergleichbare Tätigkeiten könnten unter dem Gesichtspunkt des Berufsbildes verschieden behandelt werden, aufrechterhalten und bestätigt.
Der VfGH ist aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles der Ansicht, daß dem Gesetzgeber ebensowenig entgegengetreten werden könnte, wenn auch litb des §10 Abs2 Z7 UStG 1972 der Inhalt beizumessen wäre, daß er bestimmte Tätigkeiten nur unter der Voraussetzung steuerlich begünstigen wollte, daß sie in Anbetracht bestimmter Berufsbilder - nämlich der in dieser Gesetzesstelle genannten freien Berufe - von natürlichen Personen erbracht werden. Daran ändert auch nichts, daß in litd leg. cit. die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechenden Leistungen der Wirtschaftstreuhandgesellschaften genannt und damit in den Genuß der Begünstigung einbezogen werden. Der VfGH ist vielmehr der Ansicht, daß unter der Annahme, daß der vorausgehend umschriebene Inhalt dem Gesetz beizumessen wäre, die Anführung der genannten Berufsgesellschaften ihre sachliche Rechtfertigung in der Besonderheit der für diese Berufsgesellschaften vom Gesetzgeber getroffenen Regelung findet. So sind gemäß §29 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, BGBl. 125/1955, Gesellschaftsverhältnisse, und zwar sowohl in Form von Personengesellschaften als auch in Form von juristischen Personen, für Wirtschaftstreuhänder nur unter der Voraussetzung zulässig, daß alle gesetzlichen Vertreter dem Wirtschaftstreuhandberuf angehören und daß Gesellschafter ausschließlich Wirtschaftstreuhänder oder Ehegatten von solchen sind.
Selbst wenn also das Gesetz den Inhalt hätte, den ihm die belangte Behörde beigemessen hat, wäre es nicht gleichheitswidrig. Der VfGH brauchte deshalb nicht zu untersuchen, ob es tatsächlich diesen Inhalt hat.
Aus der Sicht des Beschwerdefalles war insbesondere auch nicht zu untersuchen, ob eine gleichheitskonforme Auslegung gebietet, die Bestimmung des §10 Abs2 Z7 UStG 1972 dahin zu verstehen, daß auch die sonst in dieser Gesetzesstelle genannten Berufsangehörigen im Genuß der Begünstigung bleiben, wenn sie ihre Tätigkeit im Rahmen einer Berufsgesellschaft erbringen, die jener vergleichbar ist, die für Wirtschaftstreuhandgesellschaften von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, da die beschwerdeführende Gesellschaft für sich keinesfalls in Anspruch nehmen kann, eine Berufsgesellschaft in diesem Sinne zu sein.
Da im Verfahren auch weder Bedenken wegen einer anderen Gleichheitswidrigkeit der angewendeten Gesetzesstelle noch Anhaltspunkte für das Vorliegen eines willkürlichen Gesetzesvollzuges hervorgekommen sind - solches wurde auch von der Beschwerdeführerin gar nicht geltend gemacht -, hat die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit nicht stattgefunden.
3. a) Die Beschwerdeführerin behauptet weiters, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein. Die belangte Behörde habe §10 Abs2 Z7 litb UStG 1972 in denkunmöglicher Weise angewendet, indem sie diese Ermäßigungsvorschrift auf freiberufliche Tätigkeiten "einzuengen" versuche, obwohl sich dafür kein gesetzlicher Hinweis finde.
b) Mit dem angefochtenen Bescheid wird eine Abgabe vorgeschrieben. Er greift somit in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Daß die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften zum Gleichheitsgebot nicht im Widerspruch stehen, wurde bereits dargelegt (2.b). Auch sonstige Bedenken sind aus Anlaß des Beschwerdefalles nicht entstanden, solche wurden auch nicht vorgebracht.
Der VfGH kann aber auch nicht finden, daß die von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Gesetzesauslegung mit einem so schweren Fehler behaftet wäre, daß sie einer Gesetzlosigkeit gleichzuhalten wäre. Insbesondere der Umstand, daß in litd des §10 Abs2 Z7 UStG 1972 neben natürlichen Personen "die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechenden" sonstigen Leistungen der Wirtschaftstreuhandgesellschaften als vergleichbare Erscheinungen ausdrücklich genannt sind, läßt die im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde vertretene Gesetzesauslegung, wonach für Übersetzungstätigkeiten, die nicht von natürlichen Personen, sondern juristischen Personen ausgeübt werden, die Steuerbegünstigung nicht Platz zu greifen habe, als denkmöglich erscheinen.
Auch die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums hat somit nicht stattgefunden.
4. Die Beschwerdeführerin macht schließlich die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Erwerbsbetätigung geltend.
Da der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid weder der Antritt noch die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wurde, ist daher offenkundig ausgeschlossen, daß sie durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung verletzt worden ist.
5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.
Ob die belangte Behörde das Gesetz richtig angewandt hat, hat der VfGH nicht zu prüfen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Umsatzsteuer, Steuersätze (Umsatzsteuer)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B116.1977Dokumentnummer
JFT_10188798_77B00116_00