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20/03 SachwalterschaftNorm
UbG §3 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2004/11/0070Rechtssatz
Gemäß § 9 Abs. 2 UbG setzt die Rechtmäßigkeit der (versuchten) Verbringung des Betroffenen in die Anstalt und die Zulässigkeit der damit verbundenen Freiheitsentziehung voraus, dass einerseits die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Unterbringungsvoraussetzungen des § 3 UbG (Z 1 und Z 2) aus besonderen Gründen für gegeben annehmen durften und dass andererseits Gefahr im Verzug vorlag. Was die erstgenannte Voraussetzung betrifft, so ist von den einschreitenden Organen eine qualifizierte fachmedizinische Beurteilung der Unterbringungsvoraussetzungen freilich nicht zu erwarten. Vielmehr genügt - als Minimalvoraussetzung, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes aus besonderen Gründen die Voraussetzungen für eine Unterbringung vertretbar annehmen konnten (Hinweis E 28. Oktober 2003, 2001/11/0162; E 26. Juni 1997, 94/11/0340, ergangen zum Vertretbarkeitskalkül). Die genannte Annahme muss aber das Vorliegen sämtlicher Unterbringungsvoraussetzungen des § 3 UbG umfassen (Hinweis E 26. Juni 1997, 94/11/0340; E 27. November 2001, 2000/11/0320). Was dabei § 3 Z. 1 UbG anlangt, so ist es erforderlich, dass das Leben oder die Gesundheit des Betreffenden oder Anderer ernstlich und erheblich gefährdet ist. Es genügt sohin nicht bloß die vage Möglichkeit einer Selbst- oder Fremdbeschädigung, sondern es ist ein hohes Maß der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts notwendig. (Hier: Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durften sowohl davon ausgehen, dass der Betroffene an einer psychischen Krankheit litt (der Betroffene warf sich ua schreiend auf die Motorhaube eines wegfahrenden Autos, schlug auf die Scheiben und das Autodach ein, zog seine Oberbekleidung aus, tanzte herum und gab Worte unverständlichen Sinngehaltes von sich) als auch davon, dass die Unterbringungsvoraussetzungen im Sinn des § 3 Z. 1 UbG gegeben waren. Der Betroffene warf sich nicht nur auf die Motorhaube des Autos und schlug auf dieses ein, sondern lief er auch dem danach wegfahrenden Auto nach, hielt sich daran fest und hat sich dadurch in der Folge verletzt. Auf den Umstand, dass er dabei nicht "vorsätzlich in Selbstverletzungsabsicht" gehandelt hat, kommt es nicht an.)
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004110070.X05Im RIS seit
11.08.2005Zuletzt aktualisiert am
07.07.2010