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13 Staatsvertragsdurchführung, KriegsfolgenNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Entschädigungsgesetz CSSR; keine Bedenken gegen §13 Abs1 letzter Satz; keine Gleichheitsverletzung; kein Eingriff in das EigentumSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Die Bundesentschädigungskommission beim Bundesministerium für Finanzen hat dem Beschwerdeführer nach dem Entschädigungsgesetz CSSR, BGBl. 452/1975 idF der Nov. BGBl. 557/1979 (im folgenden kurz: EG-CSSR), mit Bescheid vom 26. Februar 1981 eine Entschädigung für Vermögensverluste iS dieses Gesetzes in der Höhe von S 640.000,-
gewährt.
Die Behörde geht in diesem Bescheid davon aus, daß der Beschwerdeführer vor dem Jahre 1945 an einem in der CSSR gelegenen Betrieb beteiligt gewesen sei; die Bilanz zum 31. Dezember 1944 habe ein Anlagevermögen von RM 1,038.023,48 und Warenvorräte in der Höhe von RM 1,709.266,- aufgewiesen; auf der Passivseite seien zu diesen Vermögenswerten Wertberichtigungen nicht ausgewiesen.
Sodann lautet es im Bescheid wörtlich wie folgt:
"Gem. §24 Entschädigungsgesetz CSSR ist für die Ermittlung der RE für Betriebsvermögen der im §22 Abs3 Entschädigungsgesetz CSSR genannten Unternehmen von der letzten vor dem 8. 5. 1945 erstellten Bilanz auszugehen. Bemessungsgrundlage ist die Summe der Buchwerte des Anlagevermögens und des Material- und Warenlagers abzüglich von Wertberichtigungen. Dabei entsprechen nach der Anlage 1 zum Entschädigungsgesetz CSSR 100,- RM 100 RE. Gemäß §13 Abs1 Entschädigungsgesetz CSSR ist die einem Geschädigten gebührende Entschädigung mit 100.000 RE d.s. S 640.000,- begrenzt. Auf den Hälfteanteil des Antragstellers entfällt daher ein Betrag, der über die Höchstentschädigung weit hinausgehen würde. Demzufolge konnte die im Gesetz vorgesehene Höchstentschädigung von S 640.000,- zuerkannt werden."
2. Gegen diesen Bescheid vom 26. Februar 1981 wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. ... (Gleichlautend mit VfSlg. 9290/1981, Pkt. II.1.)
2. a) Der Beschwerdeführer behauptet, daß er einen wesentlich höheren Vermögensverlust erlitten habe, als im angefochtenen Bescheid angenommen wird, nämlich einen solchen von RM 6,162.000,-. Unter Zugrundelegung des Umrechnungsschlüssels von S 6,40 pro RE ergebe sich eine Entschädigungssumme von mindestens S 39,436.800,-. Der wahre Wert betrage aber etwa S 123,600.000,-.
Aus diesem Beispiel ergebe sich, daß §13 Abs1 letzter Satz EG-CSSR, der den Entschädigungsbetrag mit 100.000 RE, d.s. S 640.000, begrenzt, unsachlich sei und daher gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Anspruchsberechtigte Personen, deren Vermögensverlust bis zu 100.000 RE ausmachte, erhielten diesen mit dem allerdings fiktiven Gegenwert von S 6,40 pro RE im Betrage von S 640.000,- voll ersetzt; eine über den Wert von 100.000 RE hinausgehende Entschädigung sei aber vom Gesetzgeber "einfach gestrichen" worden. Eine derartige Regelung, die nur für verhältnismäßig geringfügige Schäden eine einigermaßen (und dies mit großen Einschränkungen) angemessene Entschädigung vorsehe, eine weitere Entschädigung über S 640.000,-
aber zur Gänze verweigere, sei unmotiviert und sachlich nicht zu rechtfertigen.
Im übrigen enthielten andere vergleichbare Gesetze, wie die Verteilungsgesetze Polen, Bulgarien, Rumänien, Finnland, Niederlande, Ungarn und Italien keine ähnlichen Regelungen. Auch dadurch werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt.
Das EG-CSSR sei - wie der Beschwerdeführer weiters meint - auch deshalb gleichheitswidrig, weil die Republik Österreich auf Grund des Vermögensvertrages von der CSSR mehr erhalte, als sie auf Grund des EG-CSSR verteile.
b) Der Gleichheitssatz wird vom Gesetzgeber verletzt, wenn er Gleiches ungleich behandelt. Das Gleichheitsgebot verwehrt es dem Gesetzgeber nicht, sachlich gerechtfertigte Differenzierungen vorzunehmen.
Wie in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend den Vermögensvertrag CSSR (1479 BlgNR XIII. GP) zu Art5 und zu Anlage I zutreffend festgehalten wird, stellt Art5 des Vermögensvertrages fest, in welchem Umfang die CSSR sowie die tschechoslowakischen physischen und juristischen Personen von den durch die im Art1 genannten Maßnahmen entstandenen Verpflichtungen gegenüber der Republik Österreich und österreichischen physischen und juristischen Personen befreit werden, nämlich durch Hinweis auf Anlage I. Diese Anlage I ergänzt Art5 des Vertrages. Nach seinem Wortlaut und Sinn erfaßt der Vertrag somit Klein- und Mittelvermögen, jedoch Großvermögen nur bis zum Umfang von Mittelvermögen. Daher leistet die Republik Österreich auch für Großvermögen, das über den in der Anlage I angegebenen Umfang (am 8. Mai 1945 1 Million tschechoslowakische Kronen, ds. nach Anlage 1 zum EG-CSSR gleich 100.000 RE) hinausgeht, keinen Forderungsverzicht. Diese Meinung wird durch den auf S 1976 und 1977 des BGBl. 451/1975 wiedergegebenen Briefwechsel zum Vermögensvertrag CSSR ausdrücklich bestätigt.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das EG-CSSR (1584 BlgNR XIII. GP) motivieren §13 Abs1 letzter Satz wie folgt:
"Die Festsetzung der Obergrenze entspricht den Bestimmungen des Vermögensvertrages (Anlage I im Zusammenhang mit Briefwechsel 10). Diese Abgrenzung war erforderlich, um das Ausmaß der Vermögenswerte, für die die Entfertigungserklärung (Art5 des Vertrages) gilt, von dem darüber hinausreichenden Ausmaß, für das der Interventionsverzicht abgegeben wurde (Art6 des Vertrages), festzulegen. Entschädigt wird somit das Klein- und Mittelvermögen, das Großvermögen jedoch nur bis zum Ausmaß des Mittelvermögens."
Wenn das EG-CSSR innerstaatlich für Verluste von Großvermögen (über 100.000 RE), für die nach dem Vermögensvertrag die CSSR keine Entschädigung leistet (über 1 Million Kronen, ds. gleichfalls 100.000 RE), ebenso keine Entschädigung vorsieht, ist dies keineswegs unsachlich. Diese Regelung hat letzten Endes in der Tatsache der Begrenzung der Leistung seitens der CSSR ihre objektive Begründung (vgl. VfSlg. 6701/1972).
Der vom Beschwerdeführer angestellte Vergleich mit anderen Gesetzen verbietet sich von vornherein, weil die Sachverhalte jeweils völlig verschieden gelagert waren.
Der Beschwerdeführer erhebt auch den Vorwurf nicht zu Recht, das EG-CSSR verletze weiters deshalb den Gleichheitsgrundsatz, weil die Republik Österreich nicht die gesamte von der CSSR geleistete Globalentschädigung (Art3 Abs1 zweiter Satz und Abs2 EG-CSSR) im Wege der innerstaatlichen Durchführungsregelung auf die einzelnen Geschädigten weitergegeben habe: Zahlreiche Verfahren nach dem EG-CSSR sind derzeit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, sodaß gegenwärtig nicht verläßlich beurteilt werden kann, ob nach der geltenden Rechtslage dem Bund ein Überschuß verbleibt. Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber (zunächst) eine vorsichtige Regelung getroffen hat, die vermeidet, daß der Bund an die Geschädigten mehr zu zahlen hat, als er von der CSSR erhält. Es kann daher unter dem Gesichtspunkt dieses Beschwerdefalles unerörtert bleiben, ob und welche Konsequenzen zu ziehen der Gesetzgeber durch das Gleichheitsgebot verhalten wäre, wenn das vom Beschwerdeführer angenommene Endergebnis schließlich eintreten sollte; ob er etwa gezwungen wäre, die Anmeldefrist neuerlich zu verlängern oder den Umrechnungsschlüssel des §13 EG-CSSR (rückwirkend) zu verbessern.
c) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (insbesondere gegen §13 Abs1 letzter Satz EG-CSSR) nicht das Bedenken hat, daß sie den Gleichheitsgrundsatz verletzen.
Das Verfahren hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die belangte Behörde Willkür geübt hat. Auch der Beschwerdeführer macht Derartiges nicht geltend.
Der Beschwerdeführer ist sohin auch nicht im Gleichheitsrecht verletzt worden.
3. Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die Republik Österreich habe völkerrechtliche Normen "durch den Blankogeneralverzicht der Republik Österreich auf die Entschädigungsansprüche ihrer Staatsbürger" verletzt; aus dieser Verletzung sei die Verfassungswidrigkeit der im EG-CSSR vorgesehenen Beschränkung der Entschädigungsleistung abzuleiten. Die Republik Österreich hätte vor allem im Hinblick auf Art27 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955, bei dem erzielten Ergebnis des Vermögensvertrages CSSR nicht auf die Entschädigungsansprüche ihrer Staatsbürger verzichten dürfen.
... (Die folgenden zwei Absätze gleichlautend mit VfSlg. 9290/1981, Pkt. II.4.b).
4. Der Beschwerdeführer behauptet auch, im Eigentumsrecht verletzt worden zu sein. Seine Vorwürfe richten sich offenkundig nur gegen das Gesetz.
Das Eigentumsrecht könnte nur durch einen Eingriff in private Vermögensrechte verletzt werden. Mit der Verteilung der Globalsumme durch das EG-CSSR hat die Republik Österreich einer übernommenen völkerrechtlichen Verpflichtung entsprochen. Dadurch, daß der Gesetzgeber einen öffentlich-rechtlichen Entschädigungsanspruch nicht einräumt, hat er private Vermögensrechte nicht berührt; es ist daher ausgeschlossen, daß er damit eine den Art5 StGG verletzende Regelung getroffen hat (vgl. zB VfSlg. 6701/1972 und 8786/1980 sowie die jeweils dort zitierte Vorjudikatur).
5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wurde, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Entschädigung CSSR, VölkerrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B241.1981Dokumentnummer
JFT_10188797_81B00241_00