RS Vwgh 2005/7/26 2004/11/0070

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 26.07.2005
beobachten
merken

Index

10/10 Grundrechte
20/03 Sachwalterschaft

Norm

PersFrSchG 1988 Art1 Abs3;
PersFrSchG 1988 Art1 Abs4;
PersFrSchG 1988 Art2 Abs1 Z5;
UbG §9 Abs3;
UbG §9;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2004/11/0070

Rechtssatz

Nach § 9 Abs. 3 UbG haben (der Arzt und) die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen. § 9 UbG setzt damit für den im Art. 2 Abs. 1 Z. 5 PersFrSchG 1988 vorgesehenen Fall der Entziehung der persönlichen Freiheit das im Art. 1 Abs. 3 und Abs. 4 PersFrSchG 1988 verankerte Gebot der Verhältnismäßigkeit auf einfachgesetzlicher Ebene um. Die Behörden haben daher bei der Beurteilung der jeweiligen Maßnahmen (hier: Handfesselung, Fußfesselung und Fixierung am Boden) von den Kriterien der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit auszugehen. (Hier: Die Fixierung des Betroffenen am Boden war weder gerechtfertigt um ihm eine Beruhigungsspritze zu verabreichen noch um ihm Fußfesseln anzulegen. Das rechtmäßige Ziel der Maßnahmen lag vielmehr ausschließlich darin, den Betroffenen - allenfalls auch gegen seinen aufrechten Widerstand - in das bereit stehende Rettungsauto zu bringen und ihn damit in die Anstalt zu führen. Dies erforderte angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Falles keineswegs, jeglichen Widerstand des Betroffenen auszuschalten. Dass nämlich (abgesehen von den anwesenden Sanitätern) sechs geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht in der Lage gewesen sein sollten, den bereits gefassten (nach der Beschwerde etwa 65 kg wiegenden) und mit den Händen am Rücken gefesselten Betroffenen gegen seinen Willen in ein unmittelbar daneben stehendes Rettungsauto zu tragen, kann nicht ernsthaft behauptet werden. Schon weil daher genügend Einsatzkräfte vor Ort waren, war es auch nicht unbedingt notwendig (unabdingbar), den Betroffenen gegen seinen Willen eine Beruhigungsspritze zu verabreichen, um ihn in die Anstalt zu verbringen (Hinweis E VfGH 18. Juni 1984, B191/82, VfSlg 10051 zu den strengen Voraussetzungen einer zwangsweisen medizinischen Behandlung, konkret bezüglich einer zwangsweisen "Beruhigungsinjektion").)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004110070.X07

Im RIS seit

11.08.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten