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10 VerfassungsrechtLeitsatz
Bezügegesetz; keine Bedenken gegen §38 litd und e; keine Gleichheitsverletzung; kein Entzug des gesetzlichen RichtersSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Beschwerdeführer war von 1965 bis 1974 Landeshauptmann von Ktn. Er war auch Abgeordneter zum Ktn. Landtag und Beamter des Landes Ktn. Im Jahre 1975 hat er sein Abgeordnetenmandat zurückgelegt und ist als Landesbeamter in den Ruhestand getreten.
Die Bundesregierung hat in ihrer Sitzung vom 7. August 1979 festgestellt, daß der dem Beschwerdeführer "gemäß Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/72, in der derzeit geltenden Fassung, gebührende Ruhebezug ab 1. April 1977 monatlich S 49.653,- beträgt".
Dieser Beschluß wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 7. August 1979, der von dem den Bundeskanzler vertretenden Vizekanzler gefertigt ist, mitgeteilt.
Der Bescheid wird wie folgt begründet:
"Die Bundesregierung hat bereits in ihrer Sitzung am 11. März 1975 festgestellt, daß Ihnen auf Grund Ihres Antrages vom 13. Jänner 1975 nach den Bestimmungen des Bezügegesetzes (BGBl. Nr. 273/72) in der jeweils geltenden Fassung, ab 1. Mai 1975 ein Ruhebezug gebührt.
Das Bezügegesetz wurde mit Bundesgesetz vom 24. Februar 1977, BGBl. Nr. 122/77, insbesondere auch hinsichtlich seines §38 litd, geändert. Dementsprechend war auch Ihr Ruhebezug mit Wirksamkeit vom 1. April 1977 wie folgt neu zu bemessen:
Höchstbezug eines Landeshauptmannes S 81.112,-
abzüglich sonstige Einkünfte gemäß §38 leg. cit.:
litd: Ruhebezug als Mitglied des Ktn. Landtages S 13.789,-
lite: Ruhebezug als Landesbeamter S 17.670,- S 31.459,-
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Er beträgt somit S 49.653,-
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Der Ruhebezug war, da auch ein Anspruch auf obige 'Sonstige Einkünfte' besteht, gemäß §38 leg. cit. nur in dem Ausmaß flüssigzumachen, um das die Summe der 'Sonstigen Einkünfte' hinter dem Bezug (Höchstbezug eines Landeshauptmannes) zurückbleibt, der der Bemessung des Ruhebezuges zugrunde gelegt wurde."
2. Gegen diesen Bescheid der Bundesregierung wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet wird und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
3. Die Bundesregierung hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.1. Nach §35 Abs1 des Bezügegesetzes, BGBl. 273/1972, gebühren ua. den Landeshauptmännern nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen auf ihren Antrag monatliche Ruhebezüge, wenn sie eine bestimmte Zeit diese Funktion ausgeübt haben.
Dem §38 BezügeG zufolge ist dann, wenn neben dem Anspruch auf Ruhebezug nach §35 ein Anspruch auf bestimmte andere Geldleistungen besteht, der Ruhebezug nur in dem Ausmaß auszuzahlen, um das die Summe dieser anderen Geldleistungen hinter dem Bezug zurückbleibt, der der Bemessung des Ruhebezuges zugrunde gelegt wurde.
Bei diesen anderen, den Ruhebezug mindernden Geldleistungen handelt es sich nach der durch die BezügeG-Nov. BGBl. 122/1977 geänderten Fassung der litd des §38 ua. um "Zuwendungen, die für die Tätigkeit als Mitglied eines Landtages, als Mitglied einer Landesregierung, als Bürgermeister oder als Mitglied eines Gemeinderates oder eines Gemeindevorstandes gewährt werden".
In der - durch die zitierte Nov. unberührt gebliebenen - lite des §38 wird als ruhegenußmindernde Geldleistung angeführt: "Ein Diensteinkommen oder ein Ruhe(Versorgungs)bezug (ausgenommen eine Hilflosenzulage) aus einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft, ..."
2. Die Beschwerde wird - zusammengefaßt - wie folgt begründet:
a) Die litd und e des §38 BezügeG idF der Nov. BGBl. 122/1977 verstießen gegen den Gleichheitsgrundsatz. Diese Bestimmungen stellten den Beschwerdeführer als (ehemaligen) Landeshauptmann sachwidrig schlechter als vergleichbare andere Organe: Aktive oberste Organe des Bundes könnten gleichzeitig Mitglieder des Nationalrates sein, ohne daß dadurch ihre Aktivbezüge berührt würden. Die Schlechterstellung und Benachteiligung äußere sich auch darin, "daß jene ehemaligen obersten Organe des Bundes, die zusätzlich über Bezüge aus Dienstverhältnissen öffentlich-rechtlicher Natur verfügen, schlechter behandelt werden als jene, die solche zusätzlichen Bezüge nicht erhalten, die aber beispielsweise zusätzlich Einnahmen aus privatrechtlichen Dienstverhältnissen, Werkverträgen oder sonstigen Nebenbeschäftigungen haben". Die gesetzliche Regelung benachteilige "nur jene ehemaligen obersten Organe des Bundes, die über weitere Bezüge verfügen", sie benachteilige "auch nur im Ruhestand befindliche, ehemalige oberste Organe des Bundes, nicht aber die aktiven obersten Bundesorgane". Diese gesetzliche Regelung, wonach nur bei im Ruhestand befindlichen ehemaligen obersten Organe des Bundes andere Einkünfte einzurechnen sind, während aktive Organe des Bundes weitere Bezüge ungeschmälert erhalten, stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung dar.
b) Die litd und e des §38 BezügeG bewirkten, daß ehemalige oberste Organe des Bundes ihrer Ruhebezüge als ehemalige Landesbeamte und als ehemalige Mitglieder des Landtages verlustig gingen. Der Bundesgesetzgeber sei "nicht kompetent dafür, Verfügungen über Ruhebezüge zu treffen, die nicht der Bund, sondern das Land Ktn. zur Auszahlung zu bringen hat".
c) §38 litd sei durch die Nov. BGBl. 122/1977 ausschließlich deshalb geändert worden, um seine (des Beschwerdeführers) Ruhebezüge in ihrer Gesamtheit zu schmälern. Zur Begründung dieser Behauptung führt der Beschwerdeführer mehrere Umstände ins Treffen.
3. Der VfGH teilt die gegen die Verfassungsmäßigkeit des BezügeG vorgebrachten Bedenken nicht:
a) Der erste Einwand des Beschwerdeführers, wonach die "aktiven obersten Organe des Bundes gleichzeitig Mitglieder des Nationalrates sein können, ohne daß hiedurch ihre Aktivbezüge berührt werden", trifft nicht zu: Gemäß §16 Abs1 BezügeG wird, wenn nach diesem Gesetz für denselben kalendermäßigen Zeitraum mehrere Bezüge gebühren, nur einer, und zwar der jeweils höhere Bezug, ausgezahlt.
Seinem weiteren Vorbringen ist zu entgegnen, daß weder das Gleichheitsgebot noch eine andere Verfassungsvorschrift dem Gesetzgeber verbietet, die Bezüge aktiver Organwalter anders als jene der im Ruhestand befindlichen Organwalter zu regeln (vgl. VfSlg. 7423/1974).
Dem Gesetzgeber kann auch nicht vorgeworfen werden, er habe dadurch das Gleichheitsgebot verletzt, daß er einen Einfluß anderer Einkünfte auf die Höhe des Ruhebezuges nach dem BezügeG nicht für alle anderen Einkünfte gleich geregelt hat:
Der VfGH hat sich mit dieser Frage in dem einen ähnlichen Fall betreffenden Erk. VfSlg. 7453/1974 befaßt. Er hat dargetan, daß eine solche differenzierende Regelung des Ktn. BezügeG - die dem §38 des (Bundes-)BezügeG geglichen hat - sachlich zu rechtfertigen ist.
Im vorliegenden Fall maßgeblich sind jene Vorschriften des §38 (Bundes-)BezügeG, die vorsehen, daß der nach diesem Gesetz gebührende Ruhebezug deswegen zu mindern ist, weil noch ein anderer Ruhe-(Pensions-)Bezug (nämlich als ehemaliger Landtagsabgeordneter und als Landesbeamter i.R.) geleistet wird. In dieser hier wesentlichen Hinsicht geht der Beschwerdeführer offenbar von einer unrichtigen Voraussetzung aus: Dem §38 lith BezügeG zufolge wirken sich auch wiederkehrende Geldbezüge aus der gesetzlichen Pensions- und Unfallversicherung derart aus, daß sie die nach dem BezügeG gebührenden Ruhebezüge mindern. Pensionsbezüge, die auf ein ehemaliges privatrechtliches Dienstverhältnis zurückgehen, haben daher - von zu vernachlässigenden Ausnahmen, etwa dem einer "Firmenpension", abgesehen - denselben (negativen) Einfluß auf die Ruhebezüge nach dem BezügeG wie Ruhebezüge als ehemaliges Mitglied eines Landtages und als Landesbeamter i.R.
Auf das Erk. VfSlg. 8462/1978 ist hier nicht Bedacht zu nehmen. Dieses betraf den Versorgungsbezug der Hinterbliebenen eines (ehemaligen) Mitglieds der Wr. Landesregierung, während der vorliegende Fall - ebenso wie der im Erk. VfSlg. 7453/1974 behandelte - den Ruhebezug des ehemaligen Funktionärs zum Gegenstand hat.
b) §38 BezügeG regelt ausschließlich die Ruhebezüge ehemaliger Bundesfunktionäre, nicht aber die Ruhebezüge von (ehemaligen) Landesfunktionären. Der Bundesgesetzgeber hat seine Kompetenz nicht überschritten, wenn er bei Regelung der Höhe der bestimmten ehemaligen Funktionären des Bundes zustehenden Ruhebezüge darauf Bedacht genommen hat, welche Bezüge diese ehemaligen Bundesfunktionäre auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften erhalten; er hat damit lediglich an die diesbezüglichen landesgesetzlichen Vorschriften als Sachverhaltselement angeknüpft.
c) Der VfGH hat im Erk. VfSlg. 2470/1953 ausgeführt, die bloße Tatsache, daß der Fall einer bestimmten Person den Anlaß zur Erlassung eines Gesetzes gegeben hat, lasse das Gesetz noch nicht verfassungswidrig erscheinen. Beinhalte das Gesetz eine Regelung, die nicht bloß den einen Fall, sondern einen abstrakt umschriebenen Personenkreis treffen will und kann, so liege eine Verfassungswidrigkeit nicht vor (vgl. VfSlg. 9287/1981).
Der VfGH sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
§38 litd BezügeG idF der Nov. BGBl. 122/1977 umschreibt den Adressatenkreis in abstrakter Weise. Die Ansicht des Beschwerdeführers, diese Gesetzesbestimmung treffe nur ihn, ist sohin verfehlt.
Schon deshalb erübrigt es sich, auf die Behauptung des Beschwerdeführers einzugehen, §38 litd BezügeG sei durch die Nov. BGBl. 122/1977 nur deshalb geändert worden, um seine (des Beschwerdeführers) Bezüge zu schmälern.
Aus diesen Gründen waren auch die vom Beschwerdeführer beantragten Beweise nicht aufzunehmen.
d) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der VfGH die vorgebrachten Bedenken gegen die den angefochtenen Bescheid vornehmlich tragenden Bestimmungen der litd und e im §38 BezügeG nicht teilt.
Der VfGH hat auch sonst unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser oder anderer bei Erlassung des bekämpften Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften keine Bedenken.
4. Unter diesen Umständen könnte der Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht nur verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides willkürlich vorgegangen wäre. Der Beschwerdeführer behauptet dies nicht; es haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ergeben.
Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes hat daher nicht stattgefunden.
5. Der Beschwerdeführer begründet seine Behauptung, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein, nicht ausdrücklich. Allenfalls könnte sein oben unter II.2.b wiedergegebenes Vorbringen als in diese Richtung gehende Begründung gedeutet werden. In diesem Fall wäre ihm jedoch zu erwidern, daß mit dem angefochtenen Bescheid lediglich über die Höhe der ihm auf Grund des (Bundes-)BezügeG zustehenden Bezüge abgesprochen wird, nicht aber über die Höhe der Ruhebezüge als Mitglied des Ktn. Landtages und als Landesbeamter. Diese Bezüge werden nur in der Begründung des Bescheides als Sachverhaltselement angeführt.
Der Beschwerdeführer ist daher auch nicht im zuletzt erwähnten Grundrecht verletzt worden.
6. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Bezüge, Ruhegenuß, LandeshauptmannEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B394.1979Dokumentnummer
JFT_10188796_79B00394_00