Index
40 VerwaltungsverfahrenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
AVG 1950; mangelnde Bescheidbegründung; GleichheitsverletzungSpruch
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 22. März 1979 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, dadurch, daß er am 15. Dezember 1978 um 9.00 Uhr in Wien 2, Autobahn A 20 nächst Abfahrt Schüttelstraße als Zulassungsbesitzer das Sattelfahrzeug W ... mit Anhänger W ... dem S. J. zum Lenken überlassen habe und dieser Sattelkraftzug mit insgesamt 4.810 kg überladen und außerdem drei Reifen am Anhänger abgefahren gewesen seien, eine Verwaltungsübertretung nach §103 Abs1 KFG in Verbindung mit §4 Abs4 KDV begangen zu haben, wofür über ihn gemäß §134 KFG eine Geldstrafe von S 5.000,-, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Arreststrafe in der Dauer von 7 Tagen verhängt werde.
1.2. Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung wurde dieses Straferkenntnis mit Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. September 1980, Z MA 70-IX/H 277/79/Str., gemäß §66 Abs4 AVG 1950 mit der Abänderung in der Schuldfrage bestätigt, daß der Beschuldigte am 15. Dezember 1978 um 9.00 Uhr sein Kraftfahrzeug (LKW) W ... mit Anhänger W ... S. J. zum Lenken überlassen habe, ohne dafür zu sorgen, daß die Beladung des Fahrzeuges den gesetzlichen Bestimmungen entspricht.
2.1. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
2.2. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
3. Der VfGH hat erwogen:
3.1.1. Der Beschwerdeführer macht vorerst geltend, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Der Behörde sei schon aus der Meldung und der Zeugenaussage des S. J. ersichtlich gewesen, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort nicht anwesend war, was ausschließe, daß er den Tatbestand der Überlassung eines überladenen Wagens gesetzt habe. Es sei aber auch unrichtig, daß dem Lenker der LKW-Zug überlassen worden sei, "ohne dafür zu sorgen, daß die Beladung des Fahrzeuges den gesetzlichen Vorschriften entspricht". Wie der belangten Behörde aus anderen Verfahren bekannt sei, werde in seinem Transportunternehmen von dem dafür zuständigen Fuhrparkleiter die Einteilung der LKW-Lenker jeweils in den Morgenstunden vorgenommen. S. J. habe, wie in den meisten Fällen, auch am 15. Dezember 1978 ein leeres Fahrzeug erhalten und erst im Laufe des Tages Ladegut aufgenommen. Der Beschwerdeführer selbst habe die Lenker angewiesen, die Beladungsvorschriften striktest einzuhalten; von ihm und dem Fuhrparkleiter würden die Lenker beaufsichtigt und stichprobenweise kontrolliert. Weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde hätten "in einem Ermittlungsverfahren Beweise einerseits gewürdigt, die ein mangelndes Verschulden ergeben, noch Tatbestandsmerkmale aufzeigen können, die die Objektivierung der angelasteten Tat ergeben".
Vom Beschwerdeführer wird zusätzlich ausgeführt, wenn in der Begründung des angefochtenen Bescheides zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf einen "unter einem ergehenden" Berufungsbescheid vom 20. August 1980 verwiesen werde, so sei dies eine weitere gravierende Mangelhaftigkeit, die beweise, daß die Behörde nicht gewillt gewesen sei, eine sachgerechte Entscheidung herbeizuführen. Der angefochtene Bescheid vom 3. September 1980 sei ihm am 6. Oktober 1980 zugestellt worden, eine Berufungsentscheidung vom 20. August 1980 sei demgegenüber bis zur Beschwerdeerhebung nicht ergangen, sodaß es dem Beschwerdeführer auch nicht möglich gewesen sei, zu deren Begründung Stellung zu nehmen. Die Begründung eines anderen Bescheides hätte aber an sich für ein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Verhalten vom 15. Dezember 1978 nicht herangezogen werden können.
3.1.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8428/1978) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot im Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die Behörde Willkür geübt hat. Ein willkürliches Verhalten ist der Behörde unter anderem dann vorzuwerfen, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid nur damit begründet, daß zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des "unter einem ergehenden Berufungsbescheides vom 20. August 1980, Z MA-IX/H 276/79/Str., verwiesen" wird. Sie hat den Bescheid, auf den sie verweist, dem angefochtenen Bescheid nicht beigelegt. Aus dem Verwaltungsakt, der von der belangten Behörde in dem ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden Beschwerdefall B530/80 dem VfGH vorgelegt wurde, ergibt sich, daß ein Bescheid vom 20. August 1980 unter der Z MA-IX/H 276/79/Str. an den Beschwerdeführer nicht ergangen ist. In der unter dieser Zahl geführten Verwaltungsstrafsache ist lediglich ein Bescheid vom 3. September 1980 dem Beschwerdeführer zugestellt worden. Während der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer bereits am 6. Oktober 1980 zugestellt wurde, ist der Bescheid gleichen Datums in der Verwaltungsstrafsache Z MA-IX/H 276/79/Str. dem Beschwerdeführer erst am 16. Oktober 1980 zugegangen. Dem Verweis des angefochtenen Bescheides auf diesen anderen Bescheid kommt somit kein Begründungswert zu. Dazu kommt, daß mit dem im vorliegenden Beschwerdefall angefochtenen Berufungsbescheid der Ausspruch erster Instanz in der Schuldfrage zugunsten des Beschwerdeführers abgeändert, die verhängte Strafe aber der Höhe nach bestätigt wurde und auch hiefür jede Begründung fehlt.
Damit ist der angefochtene Bescheid in einer Weise mangelhaft, die in die Verfassungssphäre reicht.
3.2. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Verletzung des Gleichheitsrechtes aufzuheben.
Schlagworte
Verwaltungsstrafrecht, Strafbemessung, BescheidbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B510.1980Dokumentnummer
JFT_10188795_80B00510_00