TE Vfgh Erkenntnis 1982/2/25 B373/78

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Veröffentlicht am 25.02.1982
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Index

32 Steuerrecht
32/01 Finanzverfahren, allgemeines Abgabenrecht

Norm

StGG Art5
BAO §239

Leitsatz

BAO; keine Bedenken gegen §239; keine gleichheitswidrige Anwendung dieser Bestimmung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Beschwerdeführerin A. W. hatte laut Kreditzusage vom 9. Oktober 1963 bzw. Annahmeerklärung vom 28. Oktober 1963 mit der Sparkasse in Krems einen Kreditvertrag über einen Kontokorrentkredit in Höhe von 110.000 S mit einer Laufzeit "bis auf weiteres" abgeschlossen. Davon ausgehend, daß für diesen am 30. Juni 1977 noch aufrechten Vertrag zufolge ArtII Abs2 der Gebührengesetz-Nov. 1976, BGBl. 668, Gebührenpflicht gemäß §33 TP19 Abs1 Z2 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. 267, in der Fassung der zitierten Nov. (GebG), eintrat, berechnete die Kreditgeberin, die Sparkasse in Krems, der vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien für die in ihrem Betrieb abzuschließenden Kredit- und Darlehensverträge eine Bewilligung gemäß §3 Abs4 GebG erteilt worden war, die Gebühr im Betrag von 1.650 S selbst und überwies sie am 5. August 1977 an das Finanzamt. Schon vorher hatte die Sparkasse den für den Kreditvertrag zu entrichtenden Gebührenbetrag dem Konto der Beschwerdeführerin angelastet, die mit einem als "Einspruch" bezeichneten Schreiben vom 28. Juli 1977 beim Finanzamt den Antrag stellte, ihr einen Bescheid über die Kreditgebühr zu erteilen, ihr die "überwiesene Kreditgebühr" rückzuerstatten und "überhaupt die Aufhebung dieser Kreditgebühr" vorzunehmen.

1.2. Mit zwei Bescheiden vom 20. Jänner 1978 wies das Finanzamt die Begehren nach Aufhebung und Erstattung der Kreditgebühr als unbegründet ab und den Antrag auf Erlassung eines Gebührenbescheides als unzulässig zurück. Die Abweisung begründete die Abgabenbehörde erster Instanz im wesentlichen damit, daß kein Leistungsgebot zur Entrichtung einer Gebühr an die Beschwerdeführerin ergangen sei; auch habe die Beschwerdeführerin keine derartige Gebühr entrichtet. Es biete sich daher keine gesetzliche Handhabe zu einer Aufhebung eines Leistungsgebotes oder zur Rückzahlung eines von der Beschwerdeführerin entrichteten Betrages. Zur Zurückweisung führte die Abgabenbehörde aus, es könne weder aus den Vorschriften des Gebührengesetzes 1957 noch aus den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung ein Recht der Beschwerdeführerin auf Zustellung eines Abgabenbescheides abgeleitet werden.

1.3. In der gegen beide Bescheide erhobenen Berufung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, daß sie für den streitgegenständlichen Kreditvertrag schon anläßlich der Errichtung eine Rechtsgebühr entrichtet habe und darum dem Staat bzw. dem Finanzamt keine weitere Vertragsgebühr schulde.

Mit zwei Berufungsvorentscheidungen vom 23. März 1978 wies das Finanzamt beide Berufungen als unbegründet ab. Diese Berufungsvorentscheidungen gehören jedoch nicht mehr dem Rechtsbestand an, weil die Beschwerdeführerin den Antrag stellte, ihre Rechtsmittel der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

1.4. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. wies mit Bescheid vom 22. Mai 1978, Z GA 11-1070/3/78, die Berufung der A. W. in Angelegenheit des Antrags auf Bescheiderlassung als unbegründet ab. Diesen Berufungsbescheid bekämpfte A. W. mit Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, der jedoch kein Erfolg beschieden war (VwGH v. 19. 6. 1980 Z 1532/78).

1.5. Die Berufung der A. W. in Angelegenheit der Rückerstattung einer Kreditgebühr wurde mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. vom 22. Mai 1978, Z GA 11-1070/4/78, als unbegründet abgewiesen.

In den Gründen dieser Berufungsentscheidung heißt es ua. wörtlich:

"... Wie bereits das Finanzamt ... ausführte, ist seitens des Finanzamtes weder ein Bescheid ergangen, der die Berufungswerberin zur Leistung eines Betrages von S 1650,- verpflichtet hätte, noch hat die Berufungswerberin tatsächlich eine Kreditgebühr in der genannten Höhe von S 1650,- an das Finanzamt abgeführt. Es besteht daher weder ein Leistungsgebot, das im Wege einer behördlichen Erledigung aufgehoben werden konnte, noch ein gemäß §239 Abs1 BAO rückzahlbares Guthaben zugunsten der Berufungswerberin.

Wenn das Kreditkonto der Berufungswerberin seitens der Sparkasse Krems mit einem Betrag von S 1650,- belastet wurde, dann wird sich die Berufungswerberin über die Frage nach dem Grund und nach der Berechtigung dieser Anlastung mit der Sparkasse Krems und nicht mit der Abgabenbehörde auseinandersetzen müssen ..."

1.6.1. Gegen diesen - in der Beschwerdeschrift zwar offenkundig aus Versehen unrichtig zitierten, aber inhaltlich eindeutig bezeichneten (s. auch Richtigstellung in ON 15) - Berufungsbescheid (Z GA 11-1070/4/78) richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde der A. W. an den VfGH, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) und auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

1.6.2. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und begehrte darin die Abweisung der Beschwerde.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1. Eine Verletzung des Gleichheitsrechtes (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Bescheiderlassung Willkür übte.

2.1.1. Die Beschwerdeführerin bezweifelt lediglich die Gleichheits- und damit Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des ArtII Abs2 der GebG-Nov. 1976, BGBl. 668/1976, die folgendermaßen lautet:

"Kreditverträge, über die vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes Urkunden gemäß §15 in der Fassung des ArtI Z21 dieses Bundesgesetzes oder §18 errichtet wurden, gelten, soweit diese Kreditverträge am 30. Juni 1977 noch bestehen oder soweit der in Anspruch genommene Kredit noch nicht zurückgezahlt ist, in diesem Zeitpunkt im Inland neuerlich beurkundet, sofern hierüber nicht bereits eine andere die Gebührenpflicht begründende Urkunde errichtet wurde. Ausgenommen sind Kreditverträge mit einer nur einmal verfügbaren Kreditsumme, wenn diese nicht mehr als 1 Million S beträgt oder der Vertragsabschluß am 30. Juni 1977 länger als acht Monate zurückliegt."

Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ging es jedoch lediglich um die Frage, ob der Beschwerdeführerin überhaupt ein Anspruch auf Rückzahlung eines (Abgaben-)Guthabens iS des §239 BAO zustehen könne, wenn der von ihr begehrte Betrag - wie hier - gar nicht von ihr, sondern von der Sparkasse (ohne bescheidmäßiges abgabenbehördliches Leistungsgebot) entrichtet worden war. Die eingangs zitierte Übergangsvorschrift der GebG-Nov. 1976 wurde daher in der anhängigen Rechtssache nicht angewendet; sie ist vom VfGH - der im übrigen gegen diese Norm als solche bisher keine verfassungsrechtlichen Bedenken hatte (vgl. VfGH 1. 7. 1981 B521/80, B47/81) - unter den obwaltenden Umständen ebenfalls nicht anzuwenden und demgemäß im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht präjudiziell.

2.1.2. Daß die den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen - insbesondere §239 BAO - im Widerspruch zum Gleichheitsgebot stünden, wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Auch der VfGH hegt unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles keine derartigen Bedenken.

2.1.3. Da es auch an jeglichen Hinweisen dafür fehlt, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, könnte das Gleichheitsrecht lediglich dann verletzt sein, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre, was die Beschwerdeführerin jedoch gleichfalls nicht einwendet.

Tatsächlich finden sich keine wie immer gearteten Anhaltspunkte dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person der Berufungswerberin gelegenen oder von anderen unsachlichen Erwägungen geleitet worden wäre.

2.1.4. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht nicht verletzt wurde.

2.2. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu Art5 StGG zielt schon deshalb ins Leere, weil nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur Privatrechte den Schutz dieses Artikels des StGG genießen; der geltend gemachte Anspruch auf Rückerstattung bezahlter Abgabenbeträge ist jedoch öffentlich-rechtlicher Natur und fällt daher nicht unter die Eigentumsgarantie des Art5 StGG (VfSlg. 5333/1966, 6481/1971 ua.).

2.3. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wurde nicht behauptet und kam auch im Beschwerdeverfahren nicht hervor; ebensowenig entstanden - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften (s. auch 2.1.2.); die Beschwerdeführerin wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

2.4. Die Beschwerde war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Finanzverfahren, Rückzahlung (Finanzverfahren)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B373.1978

Dokumentnummer

JFT_10179775_78B00373_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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