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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG-Nov 1974 ArtVIILeitsatz
Oö. Grundverkehrsgesetz 1975; keine Bedenken gegen §§1 Abs1, 4 Abs1 und 6 litd; keine denkunmögliche Anwendung des §6 litdSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Kaufvertrag vom 5. Mai 1978 veräußerte M. G. (eine in Linz wohnhafte Laborantin) das Eigentumsrecht an dem Grundstück 443/2, EZ 273 KG K. im Ausmaß von 1622 Quadratmeter an den Beschwerdeführer, einem in K. wohnhaften Fleischer. In dem an die Bezirksgrundverkehrskommission Grein gerichteten Ersuchen um Genehmigung dieses Kaufvertrages wies der Beschwerdeführer darauf hin, das Grundstück sei bisher als Garten in Verwendung gestanden und werde vom Käufer "zur gleichartigen Nutzung" erworben.
2. Mit Bescheid vom 14. Juli 1978 versagte die Bezirksgrundverkehrskommission Grein gemäß §6 lite des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975, Anlage zur Kundmachung der Oö. Landesregierung vom 20. Oktober 1975 über die Wiederverlautbarung des Oö. Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 53/1975 (in Hinkunft: Oö. GVG 1975), dem Kaufvertrag die Genehmigung. Die Bezirksgrundverkehrskommission stützte sich bei ihrer Entscheidung auf ein Schreiben der Marktgemeinde Bad K. vom 7. Juli 1978 und führte aus, das Grundstück liege in jenem Bereich, für welchen die neu zu errichtende Umfahrungsstraße für Bad K. vorgesehen sei. Es bestehe daher Anlaß zu der Annahme, daß durch den Grundstücksankauf lediglich eine spekulative Kapitalsanlage beabsichtigt sei, um im Wege einer späteren Ablöse einen Gewinn zu erzielen. Es liege somit der Versagungsgrund nach 6 lite Oö. GVG 1975 vor.
3. Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 9. Oktober 1978 nicht Folge. In dem Bescheid der Berufungsbehörde wird auf das genannte Schreiben der Marktgemeinde Bad K. verwiesen, wonach "der Käufer bzw. dessen Eltern" östlich an das Kaufobjekt angrenzend eine Grundfläche besäßen, welche brachliege. Diese Grundstücke würden nicht bewirtschaftet, verwilderten und beeinträchtigten sogar das Orts- und Landschaftsbild sehr ungünstig. Das vorliegende Rechtsgeschäft entspreche den in §4 Abs1 Oö. GVG 1975 angeführten öffentlichen Interessen schon deswegen nicht, weil die Erhaltung des Kaufobjektes als landwirtschaftliche Nutzfläche nicht gewährleistet sei. Werde nämlich davon ausgegangen, daß die angrenzenden Grundstücke, die dem Käufer bzw. dessen Eltern gehörten, selbst nicht bewirtschaftet sind und verwildern, bestehe dieselbe Gefahr für das Kaufobjekt. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob ein Spekulationsgeschäft vorliegt, weil schon aus den angeführten Gründen die Voraussetzungen für die Genehmigung des Rechtsgeschäftes nicht gegeben seien. Überdies bestehe in diesem Fall auch die Besorgnis, daß das Grundstück ohne zureichenden Grund der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen wird, sodaß auch der Versagungsgrund des §6 litd Oö. GVG 1975 vorliege. Daß es sich bei dem Kaufobjekt um einen landwirtschaftlichen Nutzgrund handelt, werde von den Vertragsparteien selbst nicht bestritten und ergebe sich im übrigen auch aus dem Bericht des Marktgemeindeamtes Bad K.
4. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Nach §1 Abs1 Oö. GVG 1975 bedarf ua. die Übertragung des Eigentums an einem ganz oder teilweise der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden der Genehmigung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes. Dem §4 Abs1 Oö. GVG zufolge müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen.
Nach §6 litd Oö. GVG 1975 sind die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes insbesondere nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß sonst Grundstücke ohne zureichenden Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden.
Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen hat der Beschwerdeführer keine Bedenken vorgebracht. Auch beim VfGH sind im gegebenen Zusammenhang solche nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8095/1977, 8309/1978, 8766/1980, 8893/1980 und 9180/1981).
2. Ob das Kaufgrundstück derzeit landwirtschaftlich intensiv genutzt wird, ist bei Beurteilung seiner Qualifikation als landwirtschaftliches Grundstück iS des §1 Oö. GVG 1975 nicht entscheidend. Ansonsten könnte durch absichtliche Nicht- oder Mindernutzung bewirkt werden, daß das Grundstück nicht mehr dem Oö. GVG 1975 unterstellt wäre, daß also das Gesetz umgangen werden könnte (vgl. VfSlg. 8766/1980 und 8893/1980).
Da es sich beim vorliegenden Grundstück um ein solches iS des §1 Abs1 Oö. GVG 1975 handelt, unterliegt der Kaufvertrag den Beschränkungen dieses Gesetzes. Die Behörde war daher auch zuständig, über den Antrag auf Genehmigung zu entscheiden. Sie hat den Beschwerdeführer infolgedessen nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. zB VfSlg. 8460/1978).
3. In der Beschwerde wird behauptet, dem Beschwerdeführer sei das Schreiben der Marktgemeinde Bad K. vom 7. Juli 1978 "niemals zur Stellungnahme zugestellt" worden. Die in dem Schreiben aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer besitze angrenzend an das Kaufgrundstück eine Grundfläche, sei falsch; der Beschwerdeführer besitze keinerlei Grundstück. Aus diesem erheblichen Verfahrensmangel ergebe sich die unrichtige Unterstellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei Eigentümer eines verwilderten Grundstückes. Diese Feststellung sei willkürlich und stelle eine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes dar, weil die bloße Tatsache, daß der Käufer bzw. dessen Eltern ein in der Nähe gelegenes Grundstück habe verwildern lassen, nach den Gesetzen der Logik noch keinesfalls bedeute, daß dieselbe Gefahr für das Kaufobjekt bestehe. Gehe man aber - was sich bei einem mangelfreien Verfahren sofort herausgestellt hätte - davon aus, daß der Beschwerdeführer selbst überhaupt kein Grundstück besitzt, so würde die Ansicht des angefochtenen Bescheides bedeuten, daß von einem - allerdings ebenfalls bestrittenen - Verhalten der Eltern des Beschwerdeführers auf sein eigenes zukünftiges Verhalten hinsichtlich des Kaufgrundstückes geschlossen werde und somit Gedankengänge verfolgt würden, die unter den Begriff der Sippenhaftung zu subsumieren seien.
4. Mit seinem Vorbringen bezieht sich der Beschwerdeführer auf die ständige Rechtsprechung des VfGH (s. zB VfSlg. 8309/1978 und die dort angeführte Vorjudikatur), wonach das Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder das Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt ebenso wie ein leichtfertiges Abgehen von dem Inhalt der Akten oder das Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes überhaupt in die Verfassungssphäre eingreifen.
Zunächst ist festzuhalten, daß eine allfällige Verletzung der Bestimmungen über das Parteiengehör allein eine vom VfGH nicht zu prüfende Verletzung einfach-gesetzlicher Verfahrensvorschriften bedeuten würde, durch die aber eine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht bewirkt worden sein könnte (vgl. VfSlg. 8766/1980).
Der behauptete Verfahrensmangel bewirkt aber auch entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - im Zusammenhang mit dem Inhalt des Bescheides - keine Verfassungswidrigkeit, und zwar aus folgenden Erwägungen:
Die belangte Behörde hat - im Gegensatz zur Bezirksgrundverkehrskommission - die Versagung der Genehmigung auf die §§4 Abs1 und 6 litd Oö. GVG 1975 gestützt.
Die belangte Behörde konnte auf Grund des Inhaltes der Verwaltungsakten und des Vorbringens in der Berufung denkmöglich von der Besorgnis ausgehen, daß das Kaufgrundstück ohne zureichenden Grund der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen wird; dies auch im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer nicht Landwirt ist und (bisher) keine Grundstücke, geschweige denn einen landwirtschaftlichen Betrieb besitzt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er beabsichtige "in absehbarer Zeit" den Betrieb seiner Eltern zu übernehmen und sei daher an dem angrenzenden Kaufgrundstück interessiert, ist allein (noch) keineswegs geeignet, die Schlußfolgerung der belangten Behörde als denkunmöglich erscheinen zu lassen. Mit diesem Vorbringen gibt der Beschwerdeführer nämlich selbst zu, daß er das Grundstück jedenfalls derzeit nicht für landwirtschaftliche Zwecke nutzen will.
Daß das genehmigungspflichtige Rechtsgeschäft das Grundstück dem bäuerlichen Besitz nicht entzieht, weil es schon bisher nicht in bäuerlichem Besitz war, steht dem nicht entgegen. Denn nach §4 Abs1 Oö. GVG 1975 muß ein Rechtsgeschäft nicht nur dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes, sondern auch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung und Erhaltung land- und forstwirtschaftlicher Nutzungsflächen entsprechen (vgl. VfSlg. 8095/1977).
Es kann daher der belangten Behörde nicht der Vorwurf gemacht werden, den Versagungsgrund nach §6 litd Oö. GVG 1975 denkunmöglich angewendet zu haben.
Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, daß nach dem Einleitungsabsatz des §6 Oö. GVG 1975 die Genehmigung des Rechtsgeschäfts schon dann nicht zu erfolgen hat, "wenn zu besorgen ist", daß einer der nachfolgend angeführten Versagungsgründe vorliegt. Es genügt unter dem Aspekt der Denkmöglichkeit für die Versagung also, daß ein begründeter Verdacht vorliegt (vgl. in diesem Zusammenhang das zu §5 Abs1 Z8 des Ktn. Grundverkehrsgesetzes 1963 ergangene Erk. VfSlg. 8008/1977). Ob die Entscheidung der belangten Behörde auch richtig ist, hat der VfGH nicht zu prüfen.
Da die belangte Behörde ihre Entscheidung denkmöglich auf §6 litd Oö. GVG 1975 gestützt hat, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch die Heranziehung des weiteren Versagungsgrundes nach §4 Abs1 des genannten Gesetzes bei Erlassung des angefochtenen Bescheides in denkmöglicher Weise erfolgt ist (vgl. VfSlg. 8317/1978 und 9129/1981).
5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere des Gleichheitsrechtes, hat somit nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftlichesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B88.1979Zuletzt aktualisiert am
14.07.2008