TE Vfgh Erkenntnis 1982/2/25 B151/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.1982
beobachten
merken

Index

L5 Kulturrecht
L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, Naturschutz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
Bgld NaturschutzG 1961 §23 Abs3

Leitsatz

Bgld. Naturschutzgesetz; keine Bedenken gegen §23 Abs3; keine gleichheitswidrige Anwendung dieser Bestimmung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Mit Bescheid vom 7. März 1978 hat die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg näher bezeichnete Teile des im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstückes Nr. 6048, Gp. P. (es handelt sich um eine Sandgrube) im Ausmaß von rund 100 Quadratmeter unter Anwendung des §2 Abs1 des Gesetzes vom 27. Juni 1961 über den Schutz und die Pflege der Natur (NaturschutzG), LGBl. 23, zum Naturdenkmal erklärt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer (auch) geltend, daß er durch die Erklärung (von Teilen) der Sandgrube zum Naturdenkmal einen finanziellen Schaden in der Höhe von S 280.000,- bis S 300.000,- erleide.

Mit Bescheid vom 21. April 1978 gab die Bgld. Landesregierung der Berufung keine Folge. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

b) Am 26. Jänner 1979 richtete der Beschwerdeführer eine Eingabe an die Landesregierung, in welcher er darauf hinwies, daß er bereits in seiner Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 7. März 1978 beantragt habe, daß ihm für die Erklärung eines Teiles seiner Sandgrube zum Naturdenkmal eine Entschädigung in der Höhe von S 280.000,- bis S 300.000,- bezahlt werde. Da nun schon beinahe ein Jahr verstrichen sei, ohne daß er auch nur einen Schilling erhalten habe, ersuche er "nochmals", ihm die Entschädigung in der beantragten Höhe zu überweisen.

Mit Bescheid vom 26. Feber 1979 gab die Landesregierung diesem Antrag keine Folge und stützte sich hiebei auf §23 NaturschutzG (idF der Nov. LGBl. 9/1974), wonach der Anspruch auf Entschädigung bei der Landesregierung binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides geltend zu machen ist.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt. Der Beschwerdeführer regt auch an, die Bestimmung des §23 Abs3, erster Satz NaturschutzG auf ihre Verfassungsmäßigkeit, insbesondere auf ihre Vereinbarkeit mit Art5 StGG zu prüfen.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. a) Das NaturschutzG enthält in seinem Abschnitt IV unter "gemeinsame Bestimmungen" im §23 eine Entschädigungsregelung. Der erste Satz des Abs3 dieses Paragraphen hat folgenden Wortlaut:

"Der Anspruch auf Entschädigung oder auf Einlösung ist bei der Landesregierung binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides bzw. nach Zustellung des Beschlusses des Bezirksgerichtes über die Ersichtlichmachung der Erklärung zum Naturschutzgebiet im Grundbuch geltend zu machen."

b) Der Beschwerdeführer sieht in dieser Bestimmung einen unlösbaren Widerspruch mit der "verfassungsrechtlichen Zielrichtung" des Art5 StGG. Der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums verbiete nämlich eine Befristung des Antrages auf Entschädigung im Falle einer Enteignung überhaupt, jedenfalls aber "mit der viel zu kurzen Frist von nur drei Monaten". Dies sei umso mehr der Fall, als bei derartigen Enteignungsfällen regelmäßig der rechtskundigen Behörde unvertretene und rechtsunkundige Laien als Eigentümer gegenüberstünden und die Behörde nach den Bestimmungen des Naturschutzgesetzes nicht einmal eine gesetzlich normierte Belehrungspflicht über die Folgen einer Versäumnis der an sich viel zu kurzen Frist treffe. Die Regelung erscheine aber auch gleichheitswidrig, weil "verwandte" Rechtsvorschriften wesentlich längere Fristen beinhalteten.

c) Der VfGH vermag nicht zu erkennen, wieso die Festsetzung einer mehrmonatigen Frist für die Stellung eines Entschädigungsantrages durch den Anspruchsberechtigten gegen Art5 StGG verstoßen sollte.

Mit der sachlichen Rechtfertigung von Fristen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes hat sich der VfGH in den Erk. VfSlg. 5094/1965 und 5484/1967 befaßt und festgestellt, daß die Bemessung einer Frist nur dann sachlich nicht gerechtfertigt wäre, wenn sie jeglicher Erfahrung entgegenstünde (s. VfSlg. 5484 und die dort angeführte Vorjudikatur). Von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehend kann im vorliegenden Fall nicht gesagt werden, daß die dreimonatige Antragsfrist für die in Betracht kommenden Fälle nicht ausreichend wäre. Dem VfGH ist auch nicht erkennbar, aus welchen Gründen eine dreimonatige Frist auch für einen rechtsunkundigen und nicht anwaltlich vertretenen Anspruchsberechtigten zu kurz sein sollte. Der Umstand, daß in anderen Rechtsvorschriften - mögen sie mit der vorliegenden vergleichbar sein oder nicht - längere Fristen enthalten sind, macht die Regelung des §23 Abs3 NaturschutzG (noch) nicht unsachlich.

Der VfGH teilt daher die vom Beschwerdeführer geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht.

2. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers greift der angefochtene Bescheid nicht in sein Eigentumsrecht ein, weil der Entschädigungsanspruch nach §23 NaturschutzG öffentlich-rechtlicher Art ist (vgl. zB VfSlg. 6355/1971).

Der VfGH hat aber geprüft, ob ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot vorliegt. Dazu ist folgendes zu bemerken:

Die Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer seinen Entschädigungsantrag vom 26. Jänner 1979 nach Ablauf der im §23 Abs3, erster Satz NaturschutzG festgelegten dreimonatigen Frist gestellt hat. Im Bescheid wird darauf hingewiesen, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 7. März 1978 seinen finanziellen Schaden in der Höhe von S 280.000,- bis S 300.000,- lediglich als Begründungselement angeführt; diese Begründung habe ausdrücklich dem Verlangen nach Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides gedient. Dabei sei "nicht einmal" ein Alternativantrag auf Zuerkennung einer Entschädigung gestellt worden. Außerdem sei der Beschwerdeführer sowohl im erstinstanzlichen Bescheid als auch in der Berufungsentscheidung betreffend die Erklärung zum Naturdenkmal darüber belehrt worden, daß finanzielle Aspekte erst in einem gesonderten Verfahren nach §23 NaturschutzG geltend gemacht werden könnten und nicht Gegenstand eines Bescheides seien, der die Erklärung eines Naturgebildes zum Naturdenkmal beinhaltet.

Wenn die belangte Behörde davon ausgeht, daß ein Anspruch auf Entschädigung eines eigenen Antrages bei der Landesregierung (und zwar in erster Instanz und nicht als Berufungsbehörde) bedarf und daß daher das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 7. März 1978 nicht als ein solcher Antrag zu werten ist, dann hat die Behörde bei Anwendung des §23 Abs3, erster Satz NaturschutzG keineswegs einen so schweren Fehler begangen, der einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes - was Willkür indizieren könnte - gleichkäme. Demgemäß konnte die belangte Behörde auch denkmöglich davon ausgehen, daß der Entschädigungsantrag erst am 26. Jänner 1979, also nach Fristablauf, gestellt worden ist.

Ob die Entscheidung der belangten Behörde auch richtig ist, hat der VfGH nicht zu beurteilen.

3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Naturschutz, Entschädigung (Enteignung), Enteignung, Verwaltungsverfahren, Fristen (Verwaltungsverfahren)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B151.1979

Dokumentnummer

JFT_10179775_79B00151_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten