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37 Geld-, Währungs-und KreditrechtNorm
B-VG Art116 Abs2Leitsatz
Art144 Abs1 B-VG; keine Legitimation zur Beschwerdeführung (keine Rechtswirkungen des angefochtenen gemeindeaufsichtsbehördlichen Bescheides auf eine bereits vollzogene Verschmelzung iS des §25 Abs4 Sparkassengesetz)Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Sparkasse der Stadt Gmünd und die Zentralsparkasse und Kommerzbank Wien führten im Herbst 1979 Verhandlungen über eine Verschmelzung der beiden Institute durch Aufnahme der Sparkasse der Stadt Gmünd. Es wurde der Entwurf eines Verschmelzungsvertrages erstellt, der die Verschmelzung der Sparkasse der Stadt Gmünd durch Übertragung ihres Vermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Wirkung ab 1. Jänner 1980 mit der aufnehmenden Zentralsparkasse und Kommerzbank Wien vorsah. Grundlage sollte der von der Prüfungsstelle des Sparkassen-Prüfungsverbandes geprüfte und vom Verwaltungsausschuß der übertragenden Sparkasse festgestellte Jahresabschluß der übertragenden Sparkasse zum 31. Dezember 1979 sein. Für den Fall, daß sich die Vermögenslage der übertragenden Sparkasse im Jahre 1979 so nachhaltig verändern sollte, daß die aufnehmende Sparkasse in Kenntnis dieses Umstandes den Verschmelzungsvertrag nicht abgeschlossen hätte, sah der Entwurf ein Rücktrittsrecht der aufnehmenden Sparkasse vor. Weitere Bestimmungen betrafen unter anderem die Entlassung der Stadtgemeinde Gmünd aus der Haftung und die Übernahme der Mitarbeiter der übertragenden Sparkasse durch die aufnehmende Sparkasse. Die übertragende Sparkasse sollte nach der Verschmelzung als "Hauptzweigstelle Gmünd der Zentralsparkasse und Kommerzbank Wien" mit den nachgeordneten Zweigstellen in Gmünd II, Altnagelberg und Heidenreichstein fungieren.
Schließlich wurde "zur Sicherstellung der regionalen Einflußmöglichkeiten" ein Beirat der Hauptzweigstelle Gmünd geschaffen, "der die spezifischen Interessen der Region unter Einbindung der örtlichen Funktionäre" wahrnehmen sollte. Die Aufgaben dieses Beirats erfuhren eine genaue Regelung. In diesem Zusammenhang wurde hinsichtlich der Spenden und Subventionsvergabe folgendes vorgesehen: "Bei der jährlichen Ausschüttung aus der Widmungsrücklage wird die aufnehmende Sparkasse jeweils 5 % des wirtschaftlichen Gewinnes, der sich für die Hauptzweigstelle Gmünd samt nachgeordneten Zweigstellen ergibt, in deren Einzugsbereich zur Verteilung bringen. Die Beschlußfassung über die Vergabe dieser Mittel fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Beirats." Innerhalb der dem Leiter der Hauptzweigstelle eingeräumten Ermächtigung für die Kreditgewährung war für größere Kreditvergaben ein Zustimmungsrecht des Beirats vorgesehen.
Auf Grund dieses Entwurfes beschloß der Verwaltungsausschuß der Sparkasse der Stadt Gmünd am 28. November 1979 die Verschmelzung "vorbehaltlich der Zustimmungserklärung der Stadtgemeinde Gmünd und der Stadt Wien als Haftungsträger gemäß §17 Abs4 SparkassenG und der gemäß §8 Abs1 Z1 KreditwesenG erforderlichen Bewilligung durch den Bundesminister für Finanzen".
2. Gegen den Beschluß des Verwaltungsausschusses der Sparkasse der Stadt Gmünd vom 28. November 1979 erhob der Staatskommissär Einspruch, über den der Bundesminister für Finanzen nach Befassung durch die Sparkasse der Stadt Gmünd zwar nicht innerhalb einer Woche bescheidmäßig entschied, sodaß der Einspruch gemäß §26 Abs3 KWG außer Kraft trat, den der Bundesminister aber zum Anlaß für ein Schreiben (vom 10. Dezember 1979) an den Staatskommissär nahm, in dem er diesem folgendes mitteilte:
"Gemäß §25 Abs3 Sparkassengesetz bedarf der in Schriftform abzufassende Verschmelzungsvertrag auch im Rahmen der Satzungsanpassung einer besonderen Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß §8 Abs1 Ziffer 1 KWG. Der ihrem Schreiben angeschlossene Entwurf eines Verschmelzungsvertrages zwischen der Zentralsparkasse und Kommerzbank Wien sowie der Sparkasse der Stadt Gmünd enthält im §4 eine Formulierung, die nicht die Zustimmung der Sparkassenaufsichtsbehörde finden wird. Nach den Bestimmungen des Sparkassengesetzes ist grundsätzlich die Schaffung eines Beirates, dem nicht Mitglieder des Sparkassenrates angehören, zulässig, doch steht einem solchen Beirat kein Beschlußfassungsrecht über die Verwendung von Mitteln der Widmungsrücklage zu. Der Beirat kann lediglich den Vorstand der Zentralsparkasse und Kommerzbank Wien beraten. Bei der Ausschüttung von Spenden könnte dieser Beirat vom Vorstand der Zentralsparkasse und Kommerzbank Wien auch zur vorhergehenden Begutachtung und Stellungnahme eingeladen werden. Ihren diesbezüglichen Einwendungen wird daher bei der Bewilligung der Verschmelzung zwischen der Zentralsparkasse und Kommerzbank Wien und der Sparkasse der Stadt Gmünd entsprochen werden."
3. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Gmünd behandelte die Angelegenheit in seiner Sitzung vom 18. Dezember 1979. Der Bürgermeister berichtete über die beabsichtigte Verschmelzung und sprach über die wichtigsten im Verschmelzungsvertrag vorgesehenen Punkte. Hinsichtlich der Aufgaben des vorgesehenen Beirats trug der Bürgermeister laut Protokoll der Gemeinderatssitzung folgendes vor:
"Zur Sicherstellung der regionalen Einflußmöglichkeiten wird ein 'Beirat der Hauptzweigstelle Gmünd' geschaffen, dem zur Wahrung der spezifischen Interessen der Region in den Angelegenheiten Kredite, Spenden und Subventionsvergaben, Werbung und Personal, eine beratende Funktion eingeräumt wird. Der Beirat wird aus sechs vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Gmünd vorzuschlagenden Mitgliedern bestehen, die vom Vorstand der aufnehmenden Sparkasse für diese Funktion bestellt werden. In welcher Form die Mitwirkung der Funktionäre dieses Beirats bei der Durchführung der vorangeführten Geschäfte geschehen soll, Funktionsdauer, Einberufung, Beschlußfähigkeit udgl. werden im Verschmelzungsvertrag bzw. in einer vom Vorstand der aufnehmenden Sparkasse zu beschließenden Geschäftsordnung geregelt. ... Die genaue juristische Formulierung dieser Bedingungen wird im Verschmelzungsvertrag erfolgen, der auch alle weiteren näheren Festlegungen enthalten wird."
Der Antrag des Bürgermeisters,
"der Gemeinderat der Stadtgemeinde Gmünd möge gemäß §17 SparkassenG. ... dem Beschluß des Verwaltungsausschusses der Sparkasse der Stadt Gmünd vom 29. 11. 1979" (gemeint offenbar: 28. 11. 1979) "auf Verschmelzung der Sparkasse der Stadt Gmünd mit der Zentralsparkasse und Kommerzbank Wien im Sinne der vorstehenden Ausführungen bzw. Bedingungen die Zustimmung geben"
wurde nach ausführlicher Debatte angenommen.
Am 21. Dezember 1979 wurde der Bürgermeister der Stadtgemeinde Gmünd von der Gemeindeaufsichtsbehörde eingeladen, zwecks Überprüfung des Beschlusses des Gemeinderates vom 18. Dezember 1979 einen Auszug aus dem Sitzungsprotokoll und die Abschrift der Einladungskurrende vorzulegen und gleichzeitig dazu Stellung zu nehmen, warum der Gemeinderat noch vor Beschlußfassung der zuständigen Sparkassenorgane der Verschmelzung die Zustimmung erteilt hat.
4. Am 27. Dezember 1979 modifizierte der Verwaltungsausschuß der Sparkasse Gmünd seinen am 28. November gefaßten Beschluß bezüglich der Beiratstätigkeit im Bereich der Spenden- und Subventionsvergabe dahin, daß es nun lautete: "hinsichtlich der Vergabe dieser Mittel steht dem Beirat ein Vorschlagsrecht zu". Hingegen wurde der seinerzeitige Beschluß im Hinblick auf die Mitwirkung des Beirats bei Kreditvergaben nicht verändert. In dieser Form wurde der Verschmelzungsvertrag am 31. Jänner 1980 abgeschlossen. Den Haftungsgemeinden wurde er in der geänderten Form nicht mehr zur Zustimmung vorgelegt.
5. Mit Bescheid vom 6. Februar 1980 erteilte sodann der Bundesminister für Finanzen gemäß §25 Abs3 SparkassenG in Verbindung mit §8 Abs1 KreditwesenG dem Verschmelzungsvertrag die Bewilligung mit der Maßgabe, "daß das laut Punkt 4 des Verschmelzungsvertrages vom 31. Jänner 1980 vorgesehene Zustimmungsrecht des Beirates der Hauptzweigstelle Gmünd für bestimmte Arten von Krediten in ein Begutachtungsrecht abzuändern ist".
Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nicht eingebracht.
Eine Änderung des Verschmelzungsvertrages erfolgte nicht, doch wurde in die Geschäftsordnung des Beirats eine Bestimmung aufgenommen, die auch bei Kreditvergaben ein bloßes Begutachtungsrecht dieses Gremiums vorsieht.
6. Die Nö. Landesregierung behob mit Bescheid vom 15. Juli 1980 als Gemeindeaufsichtsbehörde den Beschluß des Gemeinderates vom 18. Dezember 1979 "aufgrund von §92 Abs1 der NöGemO 1973 in Verbindung mit §17 Abs4 SparkassenG" und sprach aus, daß die Organe der Gemeinde gemäß §92 Abs2 Gemeindeordnung mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung der Aufsichtsbehörde entsprechenden Rechtszustand herzustellen hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die beschwerdeführende Stadtgemeinde die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Selbstverwaltung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheids der Aufsichtsbehörde, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH begehrt.
Die Nö. Landesregierung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Über Aufforderung durch den VfGH hat auch der Bundesminister für Finanzen die auf den vorliegenden Fall bezogenen sparkassenaufsichtsbehördlichen Verwaltungsakten vorgelegt.
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
§25 Sparkassengesetz, BGBl. 64/1979, sieht die Verschmelzung von Sparkassen durch Aufnahme vor. Die Beschlußfassung über die Verschmelzung bedarf nach §17 Abs4 SparkassenG bei Gemeindesparkassen der Zustimmung der Haftungsgemeinden. Der Verschmelzungsvertrag bedarf ferner gemäß §25 Abs3 SparkassenG der Bewilligung des Bundesministers für Finanzen iS des §8 Abs1 Z1 KreditwesenG, BGBl. 63/1979. Mit der Bewilligung der Verschmelzung geht das Vermögen der übertragenden Sparkasse einschließlich der Schulden auf die übernehmende Sparkasse über. Damit verliert die übertragende Sparkasse ihre Rechtspersönlichkeit; der Vorstand jeder Sparkasse hat die Verschmelzung in das Handelsregister des Sitzes seiner Sparkasse anzumelden (§25 Abs4 SparkassenG).
Der beim VfGH angefochtene aufsichtsbehördliche Bescheid betrifft eine Zustimmung der Haftungsgemeinde zu einem Beschluß des Verwaltungsausschusses der Sparkasse Gmünd über eine Verschmelzung. Der Verschmelzungsvertrag, auf den sich die Erklärung des Gemeinderates ungeachtet der von ihm erwarteten Abänderungen bezog, wurde mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 6. Feber 1980 bewilligt. Damit ist die Verschmelzung iS des §25 Abs4 SparkassenG vollzogen worden.
Die Zustimmung der Haftungsgemeinde zu einer Verschmelzung von Gemeindesparkassen ist ein Akt der gemeindlichen Privatwirtschaftsverwaltung und bedarf nach den Bestimmungen des Gemeinderechts keiner aufsichtsbehördlichen Genehmigung. Eine nähere Prüfung, in welchem Zeitpunkt diese Zustimmungserklärung privatrechtlich wirksam und unwiderruflich wird, erübrigt sich im vorliegenden Fall. Nach rechtskräftiger Bewilligung des Verschmelzungsvertrages durch den Bundesminister für Finanzen - die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist (weshalb auf die Behauptung, sie hätte vor Abschluß des gemeindeaufsichtsbehördlichen Verfahrens nicht ergehen dürfen, nicht einzugehen ist) - kann jedenfalls eine Aufhebung des Zustimmungsbeschlusses auf die in Betracht kommenden zivilrechtlichen Verhältnisse nicht mehr einwirken. Rechtliche Mittel, den der Rechtsanschauung der Aufsichtsbehörde entsprechenden Rechtszustand (wieder) herzustellen (§92 Abs2 Nö. GemO) - und das heißt hier: die Zustimmung ungeschehen zu machen -, stehen dann der Gemeinde nicht mehr zu Gebote. Das Verfahren hat auch nichts ergeben, was auf andere Wirkungen des angefochtenen Bescheides hindeuten würde. Insbesondere ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid auch keine Pflicht der Gemeinde, allfällige weitere Akte zur Durchführung der Verschmelzung der Sparkassen zu hintertreiben oder darauf hinzuarbeiten, daß diese die Verschmelzung wieder rückgängig machen.
Kann der aufsichtsbehördliche Akt aber auf die abgegebene privatrechtliche Erklärung nicht mehr einwirken und auch sonst für die beschwerdeführende Gemeinde keine Rechtswirkungen entfalten, dann kann er auch keine Rechte der beschwerdeführenden Gemeinde verletzen.
Die Beschwerde ist daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 8274/1978).
Schlagworte
Gemeinderecht, Wirtschaftsverwaltung (Gemeinde), Aufsichtsrecht (Gemeinde)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B448.1980Dokumentnummer
JFT_10179699_80B00448_00