TE Vfgh Erkenntnis 1982/3/1 G35/81, G36/81, G83/81, G84/81

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Veröffentlicht am 01.03.1982
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6650 Landwirtschaftliches Siedlungswesen

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art12 Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs3 erster Satz
B-VG Art140 Abs5
FlVfGG 1951 §15 Abs2 litd
Tir FlVLG 1978 §33 Abs2 litc
Vlbg FlVfLG §31 Abs2 litd
Vlbg GdG 1965

Beachte

vgl. Kundmachung BGBl. 212/1982 am 6. Mai 1982; LGBl. f. Vbg. 14/1982 am 6. Mai 1982, LGBl. f. Tirol 27/1982 am 20. April 1982; s. Anlaßfälle VfSlg. 9435/1982 und Erk. B57/79 v. 7. Oktober 1982

Leitsatz

Flurverfassungs-Grundsatzgesetz; §15 Abs2 litd gleichheitswidrig; Einbeziehung des Gemeindegutes in die Ordnung der Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken; gleichheitswidrige Vernachlässigung des Substanzwertes des Gemeindegutes; Vbg. Flurverfassungsgesetz 1979; §31 Abs2 litd gleichheitswidrig Tir. Flurverfassungslandesgesetz 1978; §33 Abs2 litc gleichheitswidrig Neukundmachung (Wiederverlautbarung) ändert nichts an der Identität der Norm

Spruch

I. §15 Abs2 litd des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, Anlage 1 zur Kundmachung der Bundesregierung vom 13. Feber 1951, BGBl. Nr. 103, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

II. §31 Abs2 litd des Vbg. Flurverfassungsgesetzes, Anlage zur Kundmachung der Vbg. Landesregierung vom 5. Februar 1979, LGBl. Nr. 2, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 28. Feber 1983 in Kraft.

Frühere Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Vbg. ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

III. §33 Abs2 litc des Tir. Flurverfassungslandesgesetzes 1978, Anlage zur Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 26. September 1978, LGBl. Nr. 54, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 28. Feber 1983 in Kraft.

Frühere Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Tirol ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

Zu G35, 36/81

I. Das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, Anlage 1 zur Kundmachung der Bundesregierung vom 13. Feber 1951, BGBl. 103 (FlV-GG), enthält unter anderem Grundsätze für die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken. Agrargemeinschaftliche Grundstücke und damit Gegenstand der Teilung und Regulierung nach Maßgabe dieses Gesetzes sind nach §15 Abs1 zunächst solche, bezüglich derer zwischen bestandenen Obrigkeiten und Gemeinden (Ortschaften) oder ehemaligen Untertanen sowie zwischen zwei oder mehreren Gemeinden (Ortschaften) gemeinschaftliche Besitz- und Benutzungsrechte bestehen (lita) oder welche von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Gemeinde (Ortschaft), einer oder mehreren Gemeindeabteilungen (Ortsteile), Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitz verbundenen Mitgliedschaft oder von den Mitberechtigten von Wechsel- oder Wandelgründen gemeinschaftlich oder wechselweise benutzt werden (litb); zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken sind aber nach Abs2 auch noch andere Grundstücke zu zählen, darunter solche, die in Ausführung der Gesetze über die Regulierung und Ablösung der Servituten einer Gemeinde (Ortschaft) oder Gesamtheit von Berechtigten zu gemeinsamer Benutzung und gemeinsamen Besitz abgetreten worden sind (litc) und schließlich

"d) das einer gemeinschaftlichen Benutzung nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen unterliegende Gemeindegut (Ortschafts-, Fraktionsgut)".

Keine agrargemeinschaftlichen Grundstücke sind nach Abs3 die zum Vermögen einer Gemeinde gehörigen Grundstücke, die nicht unmittelbar von den Gemeindegliedern genutzt, sondern durch Verpachtung oder auf eine andere Art zugunsten des Gemeindevermögens verwertet werden.

In Ausführung dieser Grundsätze nennt das Vbg. Flurverfassungsgesetz, Anlage zur Kundmachung der Vbg. Landesregierung vom 16. Dezember 1971, LGBl. 43 (VFlVG), in §31 Abs2 als zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken zählend neben den anderen in der grundsatzgesetzlichen Bestimmung genannten Grundstücken

"d) das einer gemeinschaftlichen Nutzung unterliegende Gemeindegut bzw. Ortschaftsgut".

§31 Abs3 VFlVG entspricht §15 Abs3 FlV-GG.

Die beiden wörtlich wiedergegebenen Vorschriften der litd in Grundsatz- und Ausführungsgesetz sind Gegenstand der vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren.

Den Anlaß zur Einleitung der Verfahren geben drei Beschwerden an den VfGH, in denen die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Bescheide von Agrarbehörden gerügt wird. In allen drei Agrarverfahren war die Frage zu beantworten, ob bestimmte Grundstücke agrargemeinschaftliche Grundstücke des Gemeindegutes Feldkirch sind.

1. Zu diesen Agrarverfahren ist es wie folgt gekommen:

Am 27. März 1925 schlossen die damals selbständigen Gemeinden Feldkirch und Altenstadt eine Vereinbarung über ihren Zusammenschluß zu einer neuen Ortsgemeinde (§§2, 69 der Vbg. Gemeindeordnung LGBl. 87/1904). Nach deren Inhalt ging unter anderem das gesamte Vermögen der beiden Gemeinden mit Ausnahme des mit Bürgernutzungen belasteten Gemeindegutes in das Vermögen der neuen Stadtgemeinde Feldkirch über (Pkt. II). Das mit Bürgernutzungen belastete - im einzelnen parzellenmäßig angeführte - Gemeindegut blieb Sondervermögen der bisherigen Besitzerinnen (Fraktionsgut) und sollte grundbücherlich in das Eigentum der Fraktion Feldkirch bzw. Altenstadt übertragen werden, wobei alle die Verwaltung der Fraktionsgüter betreffenden Beschlüsse, Vorkehrungen, Handlungen und Unterlassungen, insoweit sie die Bürgernutzungen betreffen und auf diese irgendeine Rückwirkung haben, der Beschlußfassung eines aus nutzungsberechtigten Bürgern zusammengesetzten, von den Gemeindevertretern der betreffenden Fraktion gewählten Ausschusses unterliegen sollten (Pkt. III). Schließlich wurden einige Fragen betreffend die Teilnahme der Bürger der neu gebildeten Gemeinde an den Nutzungen der Fraktionsgüter einschließlich der künftigen Verleihung des Bürgerrechtes geregelt (Pkt. IV). Diese Vereinbarung wurde von der Vbg. Landesregierung genehmigt (LGBl. 23/1925). Die Eintragung des Eigentums der Fraktion Feldkirch im Grundbuch unterblieb jedoch.

In der Folge kam es zwischen den Bürgern dieser Fraktion und der Stadtgemeinde Feldkirch zu einer Auseinandersetzung über den Charakter von deren Nutzungen an gemeindeeigenen Grundstücken, die zur Einleitung von Verfahren nach dem Flurverfassungsgesetz führte.

a) Nach mehreren erfolglosen, in das Jahr 1951 zurückreichenden Versuchen beantragte der Verwaltungsausschuß für die Bürgernutzungen der Fraktion Feldkirch am 10. Februar 1968 bei der Agrarbezirksbehörde Bregenz neuerlich die Einleitung eines Regulierungsverfahrens und legte dazu die Unterschriften von 72 der insgesamt 257 Nutzungsberechtigten (mehr als einem Viertel der bekannten Teilgenossen iS des §46 Abs2 VFlVG 1951) vor. Da sich die Tätigkeit dieser Behörde im wesentlichen darin erschöpfte, die Stadtgemeinde Feldkirch wiederholt zur Stellungnahme aufzufordern, machte der Verwaltungsausschuß am 21. Juni 1971 den Übergang der Entscheidungspflicht an die Oberbehörde geltend. Der Landesagrarsenat setzte mit Erk. vom 24. September 1973 die Entscheidung über die Einleitung des Regulierungsverfahrens unter Hinweis auf §43 VFlVG (LGBl. 43/1971) aus und wies die Sache an die Agrarbezirksbehörde mit dem Auftrag zurück, darüber zu entscheiden, ob die Bürgernutzung der Fraktion Feldkirch eine Agrargemeinschaft iS des VFlVG darstelle, wer Eigentümer der von den Bürgern der Fraktion genutzten Grundstücke sei und ob es sich bei diesen Grundstücken um Gemeindegut oder Gemeindevermögen handle.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, dem neben der Stadtgemeinde auch die der Behörde bekanntgegebenen Nutzungsberechtigten ("Aktivbürger") selbst beigezogen wurden, stellte die Agrarbezirksbehörde mit Bescheid vom 23. Mai 1977 unter Berufung auf §84 VFlVG fest, daß (1.) bestimmte - namentlich genannte Liegenschaften agrargemeinschaftliche Grundstücke des Gemeinde gutes Feldkirch seien, (2.) alle nicht erwähnten, im grundbücherlichen Eigentum der Stadtgemeinde Feldkirch stehenden Liegenschaften, insbesondere aber auch bestimmte von der Fraktion Feldkirch angesprochene - namentlich genannte - Grundstücke Gemeinde vermögen seien und (3.) die - nicht namentlich genannten - nutzungsberechtigten Personen der Fraktion Feldkirch eine Agrargemeinschaft bilden und diese Eigentümerin der als Gemeindegut festgestellten Liegenschaften sei.

b) Gegen den Bescheid der Agrarbezirksbehörde erhoben die Stadtgemeinde Feldkirch, der Verwaltungsausschuß für Bürgernutzungen der Fraktion Feldkirch und 226 "Aktivbürger" Berufung. Mit Erk. vom 20. Juli 1978 gab der Landesagrarsenat der Berufung der Stadtgemeinde teilweise Folge, indem er bezüglich einiger Grundstücke die Feststellung als agrargemeinschaftliches Gemeindegut in Pkt. 1 des bekämpften Bescheides aufhob und die Sache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidungen die Agrarbezirksbehörde verwies, im übrigen aber die Berufung der Stadtgemeinde abwies (Pkt. 2 des Berufungsbescheides); den Berufungen des Verwaltungsausschusses und von 225 Aktivbürgern gab er Folge und änderte Punkt 2 des bekämpften Bescheides dahin ab, daß nur die von der Fraktion Feldkirch angesprochenen - namentlich genannten - Grundstücke, nicht aber alle nicht bereits als Gemeindegut festgestellten, im bücherlichen Eigentum der Stadtgemeinde stehenden als Gemeindevermögen festgestellt werden (Pkt. 1 des Berufungsbescheides). Die Berufung eines weiteren Bürgers wurde abgewiesen (Pkt. 3 des Berufungsbescheides). Der Senat hielt die Sachverhaltsermittlung der Agrarbezirksbehörde in bezug auf die Zweckwidmung und das Ausmaß bzw. in bezug auf die Nutzungen einiger der als Gemeindegut festgestellten Grundstücke für ergänzungsbedürftig und sah Anlaß und Möglichkeit für eine Feststellung des Gemeindevermögens nur bei den vom Verwaltungsausschuß und den Nutzungsberechtigten in Anspruch genommenen Grundstücken, hielt jedoch im übrigen die Feststellungen der Agrarbezirksbehörde für richtig.

Gegen den Berufungsbescheid des Landesagrarsenates vom 20. Juli 1978 richtet sich eine Beschwerde der Stadt Feldkirch an den VfGH (B472/78). Sie bekämpft die Bestätigung des Bescheides der Agrarbezirksbehörde über die Feststellung des Gemeindegutes betreffs einiger Grundstücke und über den Bestand einer Agrargemeinschaft und das Eigentum am Gemeindegut (Pkt. 2 des Berufungsbescheides) sowie die Änderung der Feststellung über das Gemeindevermögen (Herausnahme des Satzteiles "alle ... Liegenschaften, insbesondere aber auch"; Pkt. 1 des Berufungsbescheides) und rügt die Anwendung verfassungswidriger Normen und die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz, Unversehrtheit des Eigentums und ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie des Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinde. Die gesetzlichen Grundlagen des Bescheides seien verfassungswidrig. Insbesondere verstoße die im Flurverfassungsrecht enthaltene Unterscheidung von Gemeindevermögen und Gemeindegut gegen den Gleichheitssatz, weil sie nutzungsberechtigte "Bürger" gegenüber anderen Gemeindemitgliedern unsachlich bevorzuge.

c) Außerdem erhob die Stadt Feldkirch gegen den beim VfGH angefochtenen Berufungsbescheid des Landesagrarsenates vom 20. Juli 1978 Berufung an den Obersten Agrarsenat, worin sie die teilweise Aufhebung und Zurückverweisung der Sache betreffs einiger von der Agrarbezirksbehörde als Gemeindegut festgestellten Grundstücke (Pkt. 2 des Berufungsbescheides) und die Abänderung der Feststellung über das Gemeindegut durch Herausnahme eines Satzteiles (Pkt. 1 des Berufungsbescheides) bekämpfte und eine Entscheidung in der Sache selbst begehrte. Diese Berufung wies der Oberste Agrarsenat mit Erk. vom 6. Dezember 1978, soweit sie sich gegen die teilweise Aufhebung und Zurückverweisung der Sache richtet, als unzulässig zurück, im übrigen aber als unbegründet ab. In der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Sache liege ebensowenig ein abänderndes Erk. (iS des §7 Abs2 Z1 AgrarbehördenG idF BGBl. 476/1974) wie in der Abweisung der Berufung bezüglich der anderen als Gemeindegut festgestellten Grundstücke. Betreffs der nicht namentlich genannten, im grundbücherlichen Eigentum der Stadtgemeinde stehenden Grundstücke fehle es aber tatsächlich an ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen und sei der Spruch zu unbestimmt; insofern handle es sich um einen bloßen Teilbescheid (was die Agrarbezirksbehörde durch die Zitierung des §59 Abs1 AVG zum Ausdruck gebracht habe), der die Durchführung weiterer Verfahren nach Maßgabe der Parteianträge nicht hindere.

Gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates richtet sich eine Beschwerde der Stadt Feldkirch (B57/79), worin die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht wird.

d) Mit Vertrag vom 12. Juli 1976 tauschte die Stadtgemeinde Feldkirch das der Agrargemeinschaft Altgemeinde Altenstadt gehörende, aus dem Grundstück 2401/110 neu gebildete Grundstück 2401/139 KG Altenstadt im Ausmaß von 2.400 Quadratmeter gegen das in ihrem bücherlichen Eigentum stehende, aus dem Grundstück 2534/7 KG Göfis neu gebildete Grundstück 2534/9 im gleichen Ausmaß ein. Diese Veräußerung eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes genehmigte die Agrarbezirksbehörde Bregenz auf Antrag der Vertragspartner mit Bescheid vom 20. Oktober 1976 nach §34 VFlVG mit der Maßgabe ("unter der Voraussetzung"), daß die Stadtgemeinde Feldkirch dem Fraktionsgut Feldkirch ein wertgleiches Ersatzgrundstück zur Verfügung stellen müsse, falls die ursprüngliche Parzelle 2534/7 KG Göfis als Fraktionsgut festgestellt werden sollte. Eine solche Feststellung war in der Folge mit dem (oben unter Pkt. 1 genannten) Bescheid der Agrarbezirksbehörde vom 23. Mai 1977 getroffen worden.

Gegen den Genehmigungsbescheid der Agrarbezirksbehörde erhob die Stadtgemeinde Feldkirch insoweit Berufung, als die Genehmigung von einer Voraussetzung abhängig gemacht worden war. Der Landesagrarsenat gab der Berufung mit Erk. vom 21. Juli 1978 Folge und änderte den Bescheid der Agrarbezirksbehörde dahin ab, daß die Veräußerung aus der agrargemeinschaftlichen Grundparzelle 2401/110 unter den im Tauschvertrag enthaltenen Bedingungen agrarbehördlich genehmigt wird. Der Wirtschaftsbetrieb der Agrargemeinschaft Gemeindegut Feldkirch werde durch das Ausscheiden eines Grundstücksteiles nicht gefährdet, sodaß die Auflage unabhängig von der Frage ihrer Zulässigkeit nicht erforderlich sei.

Den Bescheid des Landesagrarsenats bekämpfen der Verwaltungsausschuß für Bürgernutzungen der Fraktion Feldkirch und 225 "Aktivbürger" beim VfGH mit der Behauptung, sie würden dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt (B508/78).

2. Bei der Beratung über die Beschwerden ist der VfGH vorläufig davon ausgegangen, daß die Beschwerden in den wesentlichen Punkten zulässig sind und bei ihrer Beurteilung §31 Abs2 litd VFlVG und §15 Abs2 litd FlV-GG anzuwenden sind.

a) Über die Zulässigkeit der Beschwerden hat der VfGH in dem die Gesetzesprüfungsverfahren einleitenden Beschluß folgendes ausgeführt:

"Der Instanzenzug in Angelegenheiten der Bodenreform endet grundsätzlich beim Landesagrarsenat (§7 Abs1 AgrarbehördenG idF BGBl. 476/1974). Eine Berufung an den Obersten Agrarsenat ist nur in gewissen Fällen und nur gegen abändernde Erk. des Landesagrarsenates zulässig (§7 Abs2 AgrBehG); ein solcher Fall liegt auch vor, wenn festzustellen ist, ob ein agrargemeinschaftliches Grundstück vorliegt, wem das Eigentumsrecht daran zusteht und ob eine Agrargemeinschaft vorhanden ist (§7 Abs2 Z1 AgrBehG). Der Instanzenzug gegen den mit diesen Fragen befaßten Bescheid des Landesagrarsenates ist also insoweit erschöpft, als dieser den Bescheid der Agrarbezirksbehörde nicht abgeändert hat. Nun liegt eine Bestätigung des Bescheides - was die angefochtenen Teile betrifft - offenbar insoweit vor, als die Berufung gegen die Feststellungen der Agrarbezirksbehörde abgewiesen wurde, bestimmte Liegenschaften seien agrargemeinschaftliche Grundstücke des Gemeindegutes Feldkirch, deren nutzungsberechtigte Personen bildeten eine Agrargemeinschaft und diese sei Eigentümerin der Liegenschaft (Pkt. 1 und 3 des Bescheides der Agrarbezirksbehörde). Darüber hinaus scheint aber auch die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache betreffs anderer Grundstücke (Pkt. 1 des Bescheides der Agrarbezirksbehörde) als verfahrensrechtlicher Bescheid nicht anfechtbar zu sein. Die Beschwerde der Stadtgemeinde Feldkirch (B472/78) dürfte also in diesem Umfang zulässig sein. Eine Abänderung scheint nur die Herausnahme des ersten Halbsatzes aus den Feststellungen des Gemeindevermögens (Pkt. 2 des Bescheides der Agrarbezirksbehörde) zu bedeuten, denn damit hat der Landesagrarsenat eine Sachentscheidung über die Zuordnung von Liegenschaften anscheinend endgültig abgelehnt (auch in der Begründung wird ausgeführt, daß die Agrarbezirksbehörde insoweit keine Veranlassung zur Feststellung hatte); nur insoweit mag eine Berufung an den Obersten Agrarsenat zulässig gewesen, der Instanzenzug nicht erschöpft und die Beschwerde unzulässig sein.

Gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates kommt ein Rechtsmittel nicht in Betracht, sodaß die dagegen erhobene Beschwerde (B57/79) zur Gänze zulässig zu sein scheint.

Was den im Verwaltungsverfahren gemäß §7 AgrBehG anscheinend nicht mehr bekämpfbaren Bescheid des Landesagrarsenates über die Genehmigung des Tauschvertrages betrifft, geht der Gerichtshof vorläufig davon aus, daß er dieses Rechtsgeschäft nicht nur als Veräußerung der Parzelle 2401/139 (KG Altenstadt) aus dem Gemeindegut der Fraktion Altenstadt, sondern auch als Veräußerung der Parzelle 2534/9 (KG Göfis) aus dem Gemeindegut der Fraktion Feldkirch genehmigt (weil andernfalls die Bezugnahme auf diese Agrargemeinschaft nicht verständlich wäre). Daraus scheint zu folgen, daß die nach ihren Behauptungen Nutzungsberechtigten der Fraktion Feldkirch und allenfalls auch die Gemeinschaft durch den sie im Falle ihrer körperschaftlichen Organisation vertretenden Verwaltungsausschuß als Parteien des Verwaltungsverfahrens in Betracht kommen, sodaß die Beschwerde (B508/78) zumindest für einen der Beschwerdeführer zulässig ist."

b) Die Notwendigkeit der Anwendung der in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen in diesen Beschwerdeverfahren hat der Gerichtshof vorläufig aus folgenden Gründen angenommen:

"In allen drei angefochtenen Bescheiden geht es um die Frage, ob Gemeindegut iS des Flurverfassungsrechts vorliegt oder nicht. Diese Frage ist in den zu B472/78 und B57/79 bekämpften Bescheiden durch Feststellungen beantwortet und in dem zu B508/78 bekämpften Bescheid im Wege der Vorfragenbeurteilung gelöst worden. Daß die beiden erstgenannten Bescheide durch das unbekämpft gebliebene Erk. des Landesagrarsenates vom 24. September 1973 veranlaßt wurden und die Zulässigkeit ihrer Erlassung daher als solche nicht mehr überprüft werden kann, scheint einer Anwendung des §31 Abs2 litd FlVG nicht im Wege zu stehen. Denn mit diesem Erk. wurde lediglich die Pflicht der Agrarbehörden begründet, iS der §§43, 84 FlVG zu entscheiden, ob eine Agrargemeinschaft iS des Flurverfassungsrechts vorliegt, wer Eigentümer der von den Bürgern der Fraktion Feldkirch genutzten Grundstücke ist und ob es sich bei diesen Grundstücken um Gemeindegut oder Gemeindevermögen handelt. Soweit bei Beantwortung dieser Fragen neuerlich Vorschriften des Flurverfassungsrechtes heranzuziehen sind - und das scheint (wie im folgenden gezeigt wird) sowohl für den Begriff des Gemeindegutes wie für die Feststellung des Vorliegens einer Agrargemeinschaft und der Eigentumsverhältnisse in Ansehung des §31 Abs2 litd FlVG der Fall zu sein - hat sie der VfGH auch bei Beurteilung der Beschwerden anzuwenden. §31 Abs2 litd FlVG führt aber wieder nur §15 Abs2 litd FlV-GG aus; auch diese Gesetzesstelle ist daher Grundlage der verfassungsrechtlichen Prüfung."

3. Die von diesen Beschwerdefällen ausgelösten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung stehenden Gesetzesstellen (die trotz ähnlicher Sachlage aus dem Blickwinkel von VfSlg. 5666/1968 noch nicht entstanden waren) betreffen die Einbeziehung des Gemeindegutes in die Ordnung der rechtlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken nach Maßgabe der bestehenden Bodenreformgesetze.

Ausgehend von der vorläufigen Annahme, daß ungeachtet des abweichenden Wortlautes eine dem Grundsatzgesetz entsprechende Auslegung des Landesgesetzes möglich ist (da die fehlenden Worte "... nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen ..." offenbar nur der Verdeutlichung dienen) und unter Gemeindegut daher in beiden Gesetzen nur das von Gemeindemitgliedern unmittelbar genutzte Gut und außerdem im Hinblick auf den Zweck der Regelung nur jenes Gut gemeint ist, das nicht dem Gemeingebrauch dient, sondern in einer über den schlichten Gebrauch hinausgehenden Weise wirtschaftlich genutzt wird (wobei es nicht darauf ankommt, ob die Nutzung allen oder nur bestimmten Gemeindegliedern zukommt und wonach sich die Teilnahme an diesen Nutzungen bestimmt), hat der Gerichtshof diese Bedenken wie folgt formuliert:

"Mit diesen Bestimmungen nimmt des Flurverfassungsrecht auf jene Erscheinung des Gemeinderechtes Bezug, die ihren Ursprung im Gemeindeeigentum der seinerzeitigen 'Realgemeinde' hatte und die Schaffung der modernen politischen (Personal-)Gemeinde in der Weise überdauert hat, daß bestimmte Gemeindeglieder (im Kern die Glieder der früheren 'Realgemeinde') Teile des Gemeindeeigentums wie bisher weiter nutzen durften. Wie alle im Rahmen des Reichsgemeindegesetzes, RGBl. 18/1862, erlassenen Gemeindeordnungen schied auch die Vbg. Gemeindeordnung, LGBl. 22/1864, das 'gesamte bewegliche und unbewegliche Eigentum' der Gemeinde (§60) in das Stammvermögen und das Stammgut (§61), wobei sich im Anschluß an Vorschriften über das gesamte erträgnisfähige Vermögen (§62) folgende Regelung der Nutzungen des Gemeindegutes findet:

'§63. In Bezug auf das Recht und das Maß der Theilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes ist sich nach der bisher giltigen Uebung zu benehmen, mit der Beschränkung jedoch, daß, soferne nicht spezielle Rechtstitel Ausnahmen begründen, kein zum Bezuge berechtigtes Gemeindemitglied aus dem Gemeindegute einen größeren Nutzen ziehe, als zur Deckung seines Haus- und Gutsbedarfes nothwendig ist. Wenn und insoweit eine solche giltige Uebung nicht besteht, hat der Ausschuß mit Beachtung der erwähnten beschränkenden Vorschrift die, die Theilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes regelnden Bestimmungen zu treffen. Hiebei kann diese Theilnahme von der Entrichtung einer jährlichen Abgabe, und anstatt oder neben derselben von der Entrichtung eines Einkaufsgeldes abhängig gemacht werden. Diejenigen Nutzungen aus dem Gemeindegute, welche nach Deckung aller rechtmäßig gebührenden Ansprüche erübrigen, sind in die Gemeindekasse abzuführen.'

Diese Vorschriften kann der Gerichtshof vorläufig nicht anders verstehen, als daß auch das mit Nutzungen belastete Eigentum der früheren Realgemeinde auf die neue Gemeinde übergegangen war und lediglich mit den bisherigen Nutzungen belastet blieb (wofür insbesondere die Verwendung des Überschusses spricht), sich also vom sonstigen Gemeindevermögen nur durch die Zweckbestimmung unterscheidet (vgl. VfSlg. 1383/1931 und 4229/1962, S. 352 f). Der Gerichtshof geht ferner von der damit übereinstimmenden, auf die ständige Rechtsprechung des seinerzeitigen kk. VwGH gestützten herrschenden Meinung aus, daß die Nutzungsverhältnisse an Gemeindegut öffentlich-rechtlicher Natur sind (vgl. dazu VfSlg. 5666/1968; zu den dort angeführten Belegstellen vgl. noch Mayrhofer, Handbuch, Erster Ergänzungsband, 354 ff; s. auch Mischler - Ulbrich, Oesterreichisches Staatswörterbuch II, 720 f, D. Das Gemeindegut).

Ohne besondere Bezugnahme auf das Gemeindegut ordnet sodann das FlVG für agrargemeinschaftliche Grundstücke an, daß die Anteilsberechtigten (nämlich die Eigentümer sogenannter Stammsitzliegenschaften und die Inhaber sogenannter walzender Anteile) eine Agrargemeinschaft bilden (§32 Abs1), daß Agrargemeinschaften aus mindestens fünf Mitgliedern als Körperschaften öffentlichen Rechtes zu organisieren sind (§32 Abs2) und daß die Behörde festzustellen hat, welche Liegenschaften agrargemeinschaftlich sind und wem sie gehören, insbesondere, ob das Eigentum daran mehreren Teilgenossen als Miteigentum oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht (§33 Abs1 FlVG, entsprechend §17 Abs1 FlV-GG). Diese Vorschriften sind indessen nur ein erster - den folgenden Weg maßgeblich bestimmender - Schritt zur Ordnung der rechtlichen Verhältnisse an den betroffenen Grundstücken. Eine solche Ordnung kann nicht nur durch Regulierung der gemeinschaftlichen Nutzungs- und Verwaltungsrechte, sondern auch durch Teilung erfolgen (§36 Abs1 FlVG, entsprechend §19 FlV-GG), bei welcher Teilflächen den Teilgenossen ins Eigentum übergeben werden (§36 Abs2 FlVG, entsprechend §20 Abs1 FlV-GG), so zwar, daß eine Hauptteilung unter anderem zur Auseinandersetzung zwischen der Gemeinde und einer agrarischen Gemeinschaft stattfindet (§36 Abs4 FlVG, entsprechend §20 Abs2 FlV-GG).

In ihrem Zusammenhang entnimmt der VfGH diesen Vorschriften vorläufig, daß Gemeindegut als agrargemeinschaftlicher Grund einer Gemeinschaft zugeordnet werden soll, die entweder aus den Nutzungsberechtigten mit Einschluß der Gemeinde oder aus der Gemeinde einerseits und einer Agrargemeinschaft der Nutzungsberechtigten andererseits besteht, und sodann unter Umständen einer Teilung unterworfen wird, bei der den in der Agrargemeinschaft vereinigten Teilhabern Eigentum an einer Teilfläche übertragen wird. Daraus würde zwangsläufig folgen, daß bei der Feststellung des Eigentums am Gemeindegut iS des §33 Abs1 Miteigentum der Gemeinde und der Nutzungsberechtigten bzw. einer Agrargemeinschaft der Nutzungsberechtigten angenommen werden muß. Andernfalls wäre weder der Bestand einer Agrargemeinschaft mit der Gemeinde feststellbar noch ein Grund für eine allfällige Teilung (Hauptteilung) zu erkennen.

Waren nun aber die Nutzungsverhältnisse am Gemeindegut bisher öffentlichrechtlicher Natur, so konnten sie anscheinend nicht zugleich Ausfluß eines schon bestehenden Miteigentums der Nutzungsberechtigten sein. Also scheint schon die Einbeziehung des Gemeindegutes in die Ordnung der rechtlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken (und nicht erst die Teilung selbst, wie der Gerichtshof im Erk. VfSlg. 1143/1929 wohl unterstellt hat) eine Überleitung bisher öffentlich-rechtlicher Nutzungsbefugnisse in privatrechtlich Anteile an einer Agrargemeinschaft zu bewirken (die ihrerseits Mit- oder Alleineigentümerin des Gemeindegutes ist). Damit würde das Flurverfassungsrecht eine Änderung der Eigentumsverhältnisse zugunsten der nutzungsberechtigten Bürger herbeiführen.

Nun hat der Gerichtshof zwar verfassungsrechtliche Bedenken weder gegen den Bestand von unmittelbaren Nutzungsrechten am Gemeindegut noch gegen die Bildung öffentlich-rechtlicher Körperschaften der Nutzungsberechtigten, auch wenn daran nicht alle Gemeindemitglieder teilnehmen, und er hält vorläufig auch die Umwandlung öffentlich-rechtlicher Nutzungsrechte in Privatrechte für zulässig. Selbst die auf den ersten Blick willkürlich anmutende Abgrenzung des Kreises der Nutzungsberechtigten scheint ihm mit Rücksicht auf den mehr als hundertjährigen Bestand der Nutzungsrechte und den Umstand, daß sie ungeachtet der öffentlichrechtlichen Regelung der Einzelbefugnisse in ihrer jeweiligen Gesamtheit sowohl nach ihrer Herkunft als auch nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung privatrechtlichen Befugnissen ähnlich sind (und teilweise schon nach dem Patent über die Regulierung und Ablösung der Holz-, Weide- und Forstprodukten-Bezugsrechte, RGBl. 130/1853, als Dienstbarkeiten reguliert oder zugunsten von Gemeinschaften abgelöst wurden), ja selbst die einzelnen Berechtigungen früher häufig als Dienstbarkeiten angesehen wurden (als Prädialservituten zB von Pitreich, Miteigenthum als Realrecht, Gerichts-Ztg. 1887, 393 ff, 394; oder Krainz - Pfaff - Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts,

3. Auflage, 1899, 205), grundsätzlich sachlich und damit verfassungsrechtlich unbedenklich zu sein. Er sieht vorläufig auch kein Hindernis dafür, daß die Ordnung der Rechtsverhältnisse am überkommenen Gemeindegut - also von Nachwirkungen der alten Agrargemeinde - als Angelegenheit der Bodenreform behandelt und der Vollziehung durch Agrarbehörden überantwortet wird.

Bedenken hat der Gerichtshof aber gegen die schematische Verwandlung bloßer Nutzungsrechte an öffentlichen Sachen in Anteilsrechte an der Gemeinschaft und damit in eine Teilhabe an der Substanz. Die undifferenzierte Einbeziehung des Gemeindegutes in eine auf bestehende agrarische Gemeinschaften abgestellte Regelung scheint nämlich durch Gleichsetzung von Nutzungsrechten und Anteilen den Inhalt der Rechtspositionen ohne sachliche Rechtfertigung zu erweitern: Während den in einer Agrargemeinschaft zusammengefaßten Anteilsberechtigten die Sache selbst zusteht, ist den am Gemeindegut Berechtigten nur die widmungsmäßige und das heißt: nur eine bestimmte beschränkte, nicht alle möglichen Verwendungsweisen der Sache umfassende Nutzung (im vorliegenden Fall etwa der Bezug von Holz) zugewiesen. Deshalb bestimmen sich zwar bei bestehenden Gemeinschaften die Anteile nach dem Verhältnis der gebührenden Nutzungen (vgl. §§46 und 57 ff FlVG; auch das in den §§46 Abs2 und 57 Abs2 lita vorgesehene 'weitere Anteilsrecht' der Gemeinde als eingetragener Eigentümerin gebührt ihr nur dann, wenn sie über ihren Anteil bzw. die ihr als Eigentümerin einer Stammsitzliegenschaft oder als Inhaberin eines persönlichen Anteils zustehende Berechtigung hinaus an der Nutzung teilgenommen hat); um die Rechtsverhältnisse am Gemeindegut angemessen in Anteilen auszudrücken, müßte aber zunächst die Summe der Nutzungswerte mit dem Substanzwert ins Verhältnis gesetzt werden. Denn der Substanzwert deckt sich ja durchaus nicht immer mit der Summe der widmungsmäßigen Nutzungen. Eine Berücksichtigung des Substanzwertes ist aber in einem auf Nutzungsgemeinschaften abgestellten System, wie es das FlV-GG und ihm folgend die Landesgesetze enthalten, anscheinend nicht vorgesehen. Werden so Nutzungsrechte an fremder Sache nach ihrem Verhältnis in Anteile an der Substanz verwandelt, so ziehen sie auch den Wert der Substanz an sich. Damit scheint den Nutzungsberechtigten ein durch die bisherige Entwicklung des Rechtsinstituts nicht zu rechtfertigender Vorteil gegenüber anderen Gemeindebürgern eingeräumt zu werden. Dieser Erfolg tritt aber (wie ... ausgeführt) offenbar nicht erst bei der Feststellung der Anteilsrechte zwecks Teilung oder Regulierung ein - die noch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist -, sondern schon bei der Feststellung, wer Eigentümer der Liegenschaften ist. Denn Eigentümer kann nur sein, wem überhaupt ein Anteil an der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft, welcher Größe auch immer, zusteht.

Der vorliegende Fall scheint das unsachliche Ergebnis deutlich zu machen: Unterstellt man, daß die Gemeinde Feldkirch aus den in Rede stehenden Wäldern kein Holz bezogen hat, so dürfte die Entscheidung des Landesagrarsenates, die nutzungsberechtigten Personen der Fraktion Feldkirch bildeten die Agrargemeinschaft, die Eigentümerin der als Gemeindegut (!) festgestellten Liegenschaften sei, dem System des FlV-GG und den Vorschriften des anzuwendenden FlVG durchaus entsprechen. Eine Berücksichtigung des Substanzwertes scheint keine Vorschrift zu ermöglichen. Also scheint auch kein Platz für die Feststellung eines Miteigentums der Gemeinde zu sein.

Dieses Ergebnis scheint auch dadurch nicht vermeidbar zu sein, daß man annimmt, die Behörden hätten die Feststellung, es handle sich um Gemeindegut, notwendig mit der Aussage verknüpfen müssen, dessen Eigentümer sei die Stadtgemeinde Feldkirch (in diese Richtung deuten anscheinend die freilich auf einen anders gelagerten Sachverhalt bezogenen und vor einem anderen normativen Hintergrund stehenden Ausführungen in VfSlg. 4229/1962). Eine solche Auffassung widerspräche nämlich der aus den §§32 und 33 Abs1 FlVG vorläufig entnommenen und dem Begriff des agrargemeinschaftlichen Grundstücks (sowohl nach dem Grundsatz- wie nach dem Ausführungsgesetz) entsprechenden Vorstellung des Gesetzgebers, daß wahrer Eigentümer eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes jedenfalls künftig eine Agrargemeinschaft zu sein habe.

Die undifferenzierte Einbeziehung des Gemeindegutes in die Ordnung agrargemeinschaftlicher Grundstücke scheint also nicht etwa deren Regulierung oder Ablöse nach dem Muster des Gesetzes RGBl. 130/1853 herbeizuführen, sondern aus öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten über ihren tatsächlichen Wert hinaus Anteile an der Substanz zu machen. Es scheint daher, daß sie als sachlich nicht gerechtfertigte Bevorzugung einzelner Gemeindebürger dem Gleichheitssatz widerspricht.

Der Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken scheint §31 Abs2 litd FlVG (§15 Abs2 litd FlV-GG) zu sein, weil sich aus dieser Bestimmung der agrargemeinschaftliche Charakter des Gemeindegutes ergibt, der seinerseits die Voraussetzung der Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Maßgabe der übrigen Gesetzesbestimmungen bildet."

4. In den Gesetzesprüfungsverfahren haben die Bundesregierung und die Vbg. Landesregierung Äußerungen erstattet. Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen hat der Gerichtshof es auch den anderen Landesregierungen freigestellt, sich zu äußern. Von dieser Möglichkeit haben die Landesregierungen von OÖ, Sbg. und Tirol sowie der Landesagrarsenat beim Amt der Stmk. Landesregierung Gebrauch gemacht.

Die Bundesregierung beantragt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des FlV-GG nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Sie meint, daß sich die Bedenken des VfGH an sich nur gegen die Teilungsvorschriften richten, hält es aber auch für sachlich gerechtfertigt, daß im Zuge einer Hauptteilung das ganze Gemeindegut in das Eigentum der Nutzungsberechtigten (der von ihnen gebildeten Agrargemeinschaften) übertragen wird, wenn die Gemeinde daraus nie einen Vorteil gezogen hat.

Die Vbg. Landesregierung stellt in ihrer Äußerung an den VfGH keine Anträge. Sie weist einleitend darauf hin, daß das Bild des Gemeindegutes in den Bodenreformgesetzen ein anderes sei als jenes in den Gemeindeordnungen:

"Betrachtet man die maßgebliche Bestimmung des §1 Abs1 litb des Reichsrahmengesetzes, so folgt daraus, daß die Bodenreformgesetzgebung offenbar davon ausging, daß die nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen zur Verwaltung des Gemeindegutes berufene Gemeinde nichts anderes als die Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten ist, und daß das Gemeindegut somit gemeinschaftliches Eigentum der Nutzungsberechtigten und die Nutzungsrechte in Wirklichkeit Ausfluß der Mitgliedschaft an dieser Agrargemeinschaft darstellen. Danach lebte also die frühere Realgemeinde im Rahmen der politischen Gemeinde weiter. Dieses Bild von der Rechtsnatur des Gemeindegutes ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Obersten Agrarsenates. So aus dem Erk. Zl. 139-OAS/65, wenn er meint, daran, daß es sich bei den Gemeindegutnutzungsrechten um Rechte an eigener Sache handle, habe sich durch die spätere Ausbildung der Personalgemeinde, die auch hinsichtlich des Eigentums am Gemeindegut die Rechtsnachfolge nach der alten Realgemeinde angetreten habe, nichts geändert. Der Gesetzgeber habe nämlich dieser Entwicklung dadurch Rechnung getragen, daß er eben den mit Nutzungsrechten ihrer Gemeindebürger belasteten im Eigentum der Gemeinde stehenden Grundstücken kraft Gesetz den Charakter eines Gemeindegutes zuerkannt habe, wenn er schreibt: 'Das Gemeindegut gehört zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken, an denen bestimmten Personen nämlich den Gemeindebürgern - kraft ihrer Gemeindemitgliedschaft Anteilsrechte (Nutzungsrechte) zustehen.' Die Bodenreformgesetzgebung hatte somit gar nicht die Absicht, in den Zuständigkeitsbereich des Gemeindegesetzgebers einzugreifen. Sie wollte sich mit dem Ergebnis der Gemeindegesetzgebung, mit der ihrer Meinung nach durch die Gemeindegesetzgebung aufrecht erhaltenen Agrargemeinschaft der Realgemeinde, deren weiteren rechtlichen Bestand sie offenbar losgelöst von den gemeinderechtlichen Bestimmungen im Privatrecht begründet sah, befassen ... Dieses Bild von den Gemeindenutzungsrechten steht in offenem Widerspruch zu jenem, welches sich aus den Bestimmungen der Gemeindeordnungen und der hiezu ergangenen Rechtsprechung des kk. VwGH ergibt."

Offenbar unter dem Eindruck des durch die Bodenreformgesetzgebung geschaffenen Bildes über die Rechtsnatur der Gemeindeguts-Nutzungsrechte habe der Vbg. Gemeindegesetzgeber angenommen, daß für gemeinderechtliche Regelungen über das Gemeindegut kein Platz mehr sei. Er habe deshalb solche Bestimmungen im Hinblick auf das Inkrafttreten des VFlVG verzichtet.

Hievon ausgehend zieht die Vbg. Landesregierung zunächst die Anwendbarkeit der in Prüfung gezogenen Vorschriften in Zweifel. Sie nimmt an, daß das Flurverfassungsrecht dem Gemeindegut keine neue Rechtsgrundlage geben wollte und daß sich im Gesetzestext - entgegen der vorläufigen Annahme des VfGH - für eine Umwandlung der öffentlich-rechtlichen Einrichtung in privatrechtliche Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft kein Anhaltspunkt finden lasse (weil eben die Bodenreformgesetzgebung die Nutzungsrechte bereits als Mitgliedschaftsrechte an einer Agrargemeinschaft aufgefaßt habe). Daher könne es seit dem Außerkrafttreten der einschlägigen Bestimmungen der Vbg. Gemeindeordnung (mit dem 13. März 1951) in Vbg. kein Gemeindegut und keine Gemeindegutsnutzungen mehr geben. Soweit derzeit tatsächlich Nutzungen an ehemaligen Gemeindegutsgrundstücken gezogen würden, handle es sich bloß um faktische Vorgänge. Die in Prüfung gezogene Bestimmung könne daher in denkmöglicher Weise nicht mehr angewendet werden.

Darüber hinaus falle die Regelung des Gemeindegutes und der Gemeindegutsnutzungen jedenfalls ausschließlich in die Zuständigkeit der Gemeindegesetzgebung.

Hingegen teilt die Vbg. Landesregierung die Bedenken des VfGH,

"... wonach die Verwandlung bloßer Nutzungsrechte an öffentlichen Sachen, als was sich die Gemeindegutsnutzungsrechte nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung darstellen, in Anteilsrechte an der Gemeinschaft und damit in eine Teilhabe an der Substanz, was aus ihnen auf Grund der Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes - sei es unmittelbar oder erst im Wege der Teilung - jedenfalls wird, als sachlich nicht gerechtfertigte Bevorzugung einzelner Gemeindebürger dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht ... Daß die Wertdifferenz zwischen der Summe der Nutzungswerte und dem Substanzwert des Grundstückes nach den gemeinderechtlichen Bestimmungen der Gemeinde als Grundeigentümerin zukam, und zwar nicht nur theoretisch, rechnerisch, sondern auch praktisch, dadurch, daß das Grundstück tatsächlich einer höherwertigen Verwendung zugeführt werden konnte, ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus dem §107 Abs1 und 2 der Gemeindeordnung 1935 ...

Die Landesausführungsgesetze zum Reichsrahmengesetz aus 1883 betreffend die Teilung und Regulierung von Agrargemeinschaften hatten diesem Umstand auch mehr oder weniger Rechnung getragen und als Abgeltung für die nuda proprietas der Gemeinde ein besonderes Anteilsrecht zuerkannt. Dieses betrug in Vbg. gemäß §48 Abs5 des Teilungs- und Regulierungsgesetzes aus 1921 ein Zehntel des Wertes der Liegenschaft. Das Gesetz betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, BGBl. Nr. 256/1932, schloß durch die Formulierung des §23 Abs2 die Berücksichtigung der nuda proprietas bei der Bestimmung des Anteilsrechts der Gemeinde aus."

Auch die Oö. Landesregierung teilt die Bedenken des VfGH und führt dazu aus:

"Die Verwandlung bloßer Nutzungsrechte an öffentlichen Sachen, als was sich die Gemeindegutnutzungsrechte nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung darstellen, in Anteilsrechte an der Gemeinschaft und damit in eine Teilhabe an der Substanz, was aus ihnen auf Grund der Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes wird, scheint als sachlich nicht gerechtfertigte Bevorzugung einzelner Gemeindebürger dem Gleichheitsgrundsatz zu widersprechen. Die Wertdifferenz zwischen der Summe der Nutzungswerte und dem Substanzwert des Grundstückes kommt nämlich nach den gemeinderechtlichen Bestimmungen der Gemeinde als Grundeigentümerin zu. Darüber hinaus ist die Gemeinde als Grundeigentümerin sogar berechtigt, das Grundstück einer höherwertigen Verwendung zuzuführen ... Die Benachteiligung jener Gemeindebürger, die nicht zu den Nutzungsberechtigten am Gemeindegut gehören, durch die Umwandlung des Gemeindeguts von Eigentum der Gemeinde in Eigentum der Nutzungsberechtigten scheint offensichtlich."

Im übrigen hält die Oö. Landesregierung die grundsatzgesetzliche Bestimmung auch aus kompetenzrechtlichen Gründen für verfassungswidrig.

Die Sbg. Landesregierung verweist darauf, daß in Sbg. im Zuge der Servitutenablösung Waldgrundstücke nicht an einzelne Gemeindeinsassen, sondern (formell) nur an ganze Gemeinden abgetreten wurden. Es handle sich aber nicht um Gemeinde-, sondern um Gemeinschaftswälder, sodaß später das Eigentum den aus den Nutzungsberechtigten gebildeten Agrargemeinschaften zugesprochen worden sei. Das sei nicht gleichheitswidrig, weil die Grundflächen als Ablösung für alte Nutzungsrechte aus dem Staatswald an die Gemeinden abgetreten worden sei.

Die Tir. Landesregierung meint, daß aus den in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen lediglich abzuleiten sei, daß Gemeindegut den Bestimmungen über die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unterliege, ein Feststellungsbescheid aber keinesfalls die bestehenden Eigentums- und Nutzungsverhältnisse ändere; die Bedenken des VfGH könnten sich daher gar nicht auf diese Bestimmungen beziehen, sodaß hier die Präjudizialität zu verneinen sei. In der Sache selbst führt die Tir. Landesregierung im wesentlichen folgendes aus:

"Der Ursprung ist das deutschrechtliche genossenschaftliche Institut der gemeinsamen Nutzung (Allmende), die den jeweiligen Eigentümern berechtigter Höfe bzw. den Gemeindeangehörigen als Allmendnutzungsberechtigten zustand. Für diese gemeinschaftliche Nutzung haben sich eigene Gemeinschaften (Nachbarschaften, frühere ursprünglich selbständige Gemeinden) herausgebildet, die auch bei der Grundbuchsanlegung kraft ihres klar begrenzten Mitgliederkreises in der Regel vom übrigen Gemeindegut getrennt behandelt wurden. Sie gelten heute als Agrargemeinschaften. In vielen Gemeinden war jedoch die Gemeinde als solche, nämlich die alte sogenannte 'Realgemeinde' als Nutzungsgemeinschaft Zuordnungspunkt dieser Nutzung. Dafür wurde dann der Begriff Gemeindegut verwendet ...

Bei der Grundbuchsanlegung wurde einmal die Gemeinde, dann wieder eine Nachbarschaft, eine Fraktion, eine Interessentschaft, die Katastralgemeinde oder die Berechtigten als Miteigentümer eingetragen. Es lag allein im Gutdünken des zuständigen Grundbuchsbeamten, welchen Ausdruck er verwendete. Da die tatsächliche Nutzung weiterhin gemäß der alten Übung erfolgte, war es für den Berechtigten in wirtschaftlicher Hinsicht gleichgültig, ob seine Bedürfnisse an Holzbezugs- und Weidemöglichkeiten durch die Mitgliedschaft zur Nachbarschaft, zu einer Interessentschaft oder durch eine Gemeindegutsnutzung gedeckt wurde.

So gesehen zeigt sich, daß das Gemeindegut nur eine von mehreren historischen Ausformungen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte darstellt. Das muß berücksichtigt werden, wenn man die heutigen bodenreformatorischen Regelungen unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes beurteilt. Die historischen Zufälligkeiten einer rein tatsächlichen Vorgangsweise dürfen nicht einseitig gesehen werden, weil dann das Gegenteil dessen erreicht werden würde, wozu der Gleichheitssatz verpflichtet, nämlich gleichgelagerte Verhältnisse auch rechtlich gleich zu behandeln. So gesehen scheinen die in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmungen dem Gleichheitssatz nicht zu widersprechen. Sie bedeuten insbesondere nicht eine gleichheitswidrige Einbeziehung des Gemeindeguts in eine auf bestehende agrarische Gemeinschaften abgestellte Regelung. Mit diesem Vorwurf wird übersehen, daß die Gemeinde hinsichtlich des Gemeindegutes eben nicht als (politische) Gemeinde auftritt, sondern mangels einer eigenen rechtlichen Verfassung der Gesamtheit der Nutzungsberechtigten eine Agrargemeinschaft ex lege bildet ...

In diesen Fällen ist die Gemeinde nicht als politische Gemeinde 'Eigentümerin', sondern sie ist als 'Erbin' der alten Realgemeinde anzusehen und damit nicht als Gebietskörperschaft, sondern als Rechtsnachfolger der alten genossenschaftlichen organisierten Realgemeinde (heute als Agrargemeinschaft definiert). Nicht die 'undifferenzierte' Einbeziehung des Gemeindegutes in den Kreis der agrargemeinschaftlichen Grundstücke - damit wird nach dem Dargelegten Gleichartiges rechtlich gleich behandelt - verletzt mithin den Gleichheitsgrundsatz; es würde vielmehr im Gegenteil die Herausnahme des Gemeindegutes aus dem Kreis der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ebenso wie dessen gegenüber anderen agrargemeinschaftlichen Grundstücken verschiedene rechtliche Behandlung den Gleichheitssatz verletzen, weil dadurch die Nutzungsberechtigten am Gemeindegut im Verhältnis zu den anderen agrargemeinschaftlichen Nutzungsberechtigten ungleich behandelt würden, obwohl Gleichartigkeit vorliegt."

Nach Auffassung des Landesagrarsenates beim Amt der Stmk. Landesregierung verbietet eine verfassungskonforme Auslegung die Annahme, die Feststellung des Eigentums am Gemeindegut könne eine Eigentumsverschiebung bewirken. Ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse könne das Gemeindegut wohl einer Ordnung der rechtlichen Verhältnisse zugeführt werden, nur eine Teilung sei ausgeschlossen. Die Frage der schematischen Verwandlung bloßer Nutzungsrechte an öffentlichen Sachen in Anteilsrechte an der Gemeinschaft und damit in eine Teilhabe an der Substanz stelle sich bei dieser Auslegung nicht.

II. Die Gesetzesprüfungsverfahren sind zulässig.

1. Die Anlaßbeschwerden sind zulässig. Das Verfahren hat nichts ergeben, was den vorläufigen Annahmen des Einleitungsbeschlusses widersprechen würde. Ob und in welchem Umfang es zur teilweisen Zurückweisung einer Beschwerde kommt, ist hier nicht zu prüfen, weil dieser Umstand auf die Zulässigkeit der Gesetzesprüfungsverfahren aus Anlaß aller drei Beschwerdefälle nach Lage der Sache keinen Einfluß hätte.

2. Daß der VfGH die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen bei der Beurteilung der Anlaßbeschwerden anzuwenden hat, ist von der Vbg. Landesregierung mit der Begründung in Zweifel gezogen worden, die Gemeindeordnung kenne kein Gemeindegut mehr, sodaß auch eine Anknüpfung bodenreformatorischer Maßnahmen an diese Einrichtung nicht mehr denkbar sei.

Diese Auffassung der Landesregierung wird aber den Maßnahmen und der Absicht des Vbg. Landesgesetzgebers nicht gerecht. Zwar enthält das Vbg. Gemeinderecht keine selbständigen Bestimmungen über das Gemeindegut mehr. Damit wurde das Gemeindegut in Vbg. aber nicht beseitigt. Der Gemeindegesetzgeber hielt angesichts der Regelungen des Flurverfassungsrechts lediglich eigene Regelungen für überflüssig. Das kommt nicht nur in §91 Abs4 des Gemeindegesetzes, LGBl. 45/1965, zum Ausdruck, der die Gemeinde verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftlichen Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II. Hauptstückes des VFlVG geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des VFlVG weiter zu verwalten. Auch der von der Vbg. Landesregierung selbst zitierte Motivenbericht der Regierungsvorlage zu diesem Gesetz bemerkt ausdrücklich, daß die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der agrargemeinschaftlich genutzten Grundstücke im VFlVG 1951 geregelt seien und die das Gemeindegut betreffenden Bestimmungen der Gemeindeordnungen daher gemäß §102 Abs3 der Gemeindeordnung 1935 mit dem Wirksamwerden des VFlVG außer Kraft getreten seien. Gibt es aber in Vbg. weiterhin Gemeindegut, so sind die in Prüfung gezogenen (auf Gemeindegut bezugnehmenden) Vorschriften anzuwenden, was immer dann im einzelnen unter Gemeindegut iS des Flurverfassungsrechtes zu verstehen sein mag.

3. Entgegen der Auffassung der Tir. Landesregierung ist es für die Frage der Anwendbarkeit auch gleichgültig, ob die Verfassungswidrigkeit einer Norm im Anlaßverfahren überhaupt zum Tragen kommt (vgl. auch dazu VfSlg. 8533/1979 und 8806/1980). Die Umstände des Anlaßfalles mögen allenfalls faktische Bedeutung für den Umstand haben, ob gegen die Norm Bedenken entstehen. Sind sie aber - aus welchen Gründen immer - entstanden, so löst allein die Anwendbarkeit der Norm die Pflicht des VfGH aus, ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

4. Zu klären ist aber noch die im Verfahren aufgeworfene Frage, ob sich die vom VfGH geäußerten Bedenken tatsächlich gegen die in Prüfung gezogenen Vorschriften wenden. So meint die Bundesregierung, die Bedenken beträfen ausschließlich die Vorschriften über die Teilung des Gemeindegutes, und die Tir. Landesregierung sieht die vom VfGH unterstellte Änderung der Eigentumsverhältnisse allenfalls mit den die Teilungs- oder Regulierungsverfahren abschließenden Bescheiden eintreten.

Auch diese Zweifel sind indessen nicht begründet. Die Regelung des Anwendungsbereiches einer gesetzlichen Bestimmung oder eines ganzen Komplexes gesetzlicher Bestimmungen kann nämlich niemals für sich allein betrachtet werden. Sie erhält ihren Sinn vielmehr aus dem Inhalt jener Bestimmungen, deren Anwendungsbereich sie regelt. Ist dieser Inhalt nur für einen Teil des Anwendungsbereiches verfassungsrechtlich bedenklich, so kann man vom Anwendungsbereich ausgehen und den Fehler dem Inhalt der Regelung anlasten, man kann aber auch die Regelung hinnehmen und den Fehler in der Umschreibung des Anwendungsbereiches sehen. Denn die Bedenken ergeben sich in solchen Fällen weder aus dem bloßen Inhalt der Regelung noch aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes, sondern erst aus der Zusammenschau der beiden miteinander verknüpften Normbereiche. Da der Fehler an beiden Stellen behoben werden kann (indem entweder die Regelung an die Besonderheiten der kritischen Fallgruppe angepaßt oder der Anwendungsbereich verändert wird), treffen solche Bedenken jeden der beiden Normbereiche.

Im vorliegenden Fall geht es bei den in Prüfung gezogenen Vorschriften um die (häufig in einem gesonderten Abschnitt des Agrarverfahrens zu klärende) Frage, welche Grundstücke der Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse iS des Flurverfassungsrechts unterliegen. Ist es verfassungsrechtlich unzulässig, Gemeindegut dieser Ordnung nach den gleichen Maßstäben zu unterziehen wie andere agrargemeinschaftliche Grundstücke, so ist die Vorschrift, die solches anordnet, verfassungswidrig. An dieser Beurteilung kann auch der Umstand nichts ändern, daß nur einzelne der angeordneten Maßnahmen verfassungsrechtlich unzulässig, andere jedoch unbedenklich sind. Da nämlich die in Rede stehende Norm sämtliche vorgesehenen Maßnahmen für anwendbar erklärt, haftet ihr auch in diesem Fall ein verfassungsrechtlicher Mangel an. Anders wäre es nur, wenn der Inhalt der Regelung in sprachlicher Hinsicht eine Trennung des unzulässigen Teils vom zulässigen ermöglichen würde, was hier aber offenkundig nicht der Fall ist.

Nun gehen die Bedenken des Gerichtshofes im vorliegenden Fall dahin, daß die im entscheidenden Punkt undifferenzierte Einbeziehung des Gemeindegutes in die Ordnung agrargemeinschaftlicher Verhältnisse, die das Flurverfassungsrecht vornimmt, zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Bevorzugung einzelner Gemeindeglieder führt und daher dem Gleichheitssatz widerspricht. Wenn diese Bedenken zutreffen, ist die Verfassungswidrigkeit auch den in Prüfung gezogenen Vorschriften anzulasten; sie führt dann aus prozeßtechnischen Gründen zu deren Aufhebung und damit freilich auch zur Beseitigung möglicherweise unbedenklicher Rechtsfolgen. Wohl könnte der Eingriff des Gerichtshofes in das Normengefüge weniger schwer und doch ausreichend sein, wenn er nur jene Vorschriften aufzuheben hätte, deren Anpassung an die Besonderheiten des Gemeindegutes verfassungsrechtlich erforderlich wäre. Der Gegenstand der Prüfung hängt aber insoweit immer vom Gegenstand des beim Gerichtshof gerade anhängigen Verfahrens ab, denn der Gerichtshof kann nur jene Norm prüfen, die er im Anlaßfall anzuwenden hat.

Die Bedenken des Gerichtshofs betreffen daher in der Tat die in Prüfung gezogenen Bestimmungen. Auch in dieser Richtung liegt also kein Prozeßhindernis vor.

III. Die im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken sind auch begründet. Die in Prüfung gezogenen Vorschriften verstoßen gegen den Gleichheitssatz.

1. Unter dem Gemeindegut (Ortschaftsgut, Fraktionsgut), das §15 Abs2 litd FlV-GG und §31 Abs2 litd VFlVG zu den

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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