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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragBeachte
vgl. Kundmachung LGBl. 42/1982 am 12. Juli 1982Leitsatz
Art139 B-VG; Individualantrag - Antragslegitimation Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ebental/Ktn. vom 31. März 1978, betr. die Erklärung eines Teilstückes der Johannesstraße zum Verbindungsweg; mangels Vorliegens der Voraussetzungen zur Erlassung gesetzwidrigSpruch
1. Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ebental vom 31. März 1978, womit ein Teilstück der Johannesstraße in Ebental zum Verbindungsweg erklärt wird, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Die Ktn. Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt für Ktn. verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Gemeinderat der Gemeinde Ebental beschloß am 31. März 1978 gemäß §22 iVm §3 Z6 des Ktn. Straßengesetzes 1971, LGBl. 48 (StrG) folgende Verordnung:
"§1
Das durch den Ausbau der L 101 Göltschacher Straße in Baulos Sattnitzbrücke in Ebental-Miegerer Landstraße neugeschaffene Straßenstück zwischen alter und neuer Trasse dieser Landesstraße (verlängerte Johannesgasse), gelegen auf den Grundstücken 152/1 und 2, 155 und 164, K.G. Ebental, in einer Länge von insgesamt 85 lfm wird zum Verbindungsweg erklärt.
§2
Diese Verordnung tritt am 1. April 1978 in Kraft."
Diese Verordnung wurde durch Anschlag an die Gemeindeamtstafel vom 31. März 1978 bis 3. Mai 1978 kundgemacht.
2. In seinem auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Antrag begehrt der Eigentümer der zur Liegenschaft EZ 891, Ktn. Landtafel, KG Ebental, gehörigen Parzellen 164/1 und 2, 152/1, 156 und 152/2, diese Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben und der Gemeinde Ebental den Ersatz der Verfahrenskosten aufzuerlegen. Die genannten Grundstücke stünden im grundbücherlichen Alleineigentum des Antragstellers und seien mit keinerlei Wegerechten zugunsten dritter Personen belastet. Die Verordnung erkläre den auf diesen verlaufenden, im Lageplan grün eingezeichneten Weg zur öffentlichen Verkehrsfläche und begründe daran den Gemeingebrauch. Die Verordnung sei gesetz- und verfassungswidrig, führe zur Enteignung der betreffenden Liegenschaftsteile und verletze den Antragsteller hiedurch in seinem Eigentumsrecht. Sie bewirke unmittelbar und ohne, daß es zuvor eines individuellen Vollziehungsaktes bedürfe, daß dieser Weg von jedermann benützt werden könne. Die Öffentlicherklärung seines bisher privaten Weges greife unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers ein und sei nach Art und Ausmaß eindeutig bestimmt. Ein anderer zumutbarer Weg als der vorliegende, auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gegründete Individualantrag stünde dem Antragsteller gegen diesen rechtswidrigen Eingriff nicht zur Verfügung.
II. Der VfGH hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Nach §2 Abs1 StrG sind öffentliche Straßen iS des §1 Abs1 alle dem Verkehr von Menschen und Fahrzeugen gewidmeten Grundflächen, die entweder
"a) dem allgemeinen Verkehr nach den Bestimmungen des §3 ausdrücklich gewidmet worden sind (ausdrückliche Widmung durch Erklärung) oder
b) in langjähriger Übung seit mindestens dreißig Jahren allgemein ohne Einschränkung auf einen bestimmten Kreis von Benützungsberechtigten und unabhängig von einer ausdrücklichen Bewilligung des über die Straßengrundfläche Verfügungsberechtigten zum Verkehr benützt werden, wenn sie einem allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnis dienen (stillschweigende Widmung)."
2. Wie der VfGH bereits mehrfach (vgl. VfSlg. 7884/1976, 8156/1977, 8282/1978 und 8514/1979) dargetan hat, greift eine Verordnung, mit der ein in der Natur bereits vorhandener und daher benützbarer Weg zur öffentlichen Verkehrsfläche erklärt wird, in die Rechtssphäre des betreffenden Grundeigentümers aktuell und nicht bloß potentiell ein; zur Konkretisierung der Wirkung der Verordnung bedarf es keines weiteren behördlichen Aktes.
3. Es steht fest, daß der den Gegenstand der Einreihungsverordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ebental vom 31. März 1978 bildende Weg zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung bereits in der Natur bestanden hat und daß die für die Wegerrichtung herangezogenen Grundstücksteile noch immer im grundbücherlichen Eigentum des Antragstellers stehen.
Weiters steht fest, daß es sich bei dem in Rede stehenden Straßenstück nicht um eine öffentliche Straße handelt (auch nicht um eine öffentliche Straße gemäß §2 Abs1 litb StrG, weil hiefür ua. eine langjährige, mindestens dreißigjährige Übung erforderlich wäre).
Die Frage, inwieweit durch die tatsächliche Errichtung des Weges in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wurde, war nicht zu prüfen, weil der Gemeingebrauch für die Benützung des Weges jedenfalls erst durch die angefochtene Verordnung begründet worden ist. Aus diesem Grunde greift die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers als grundbücherlicher Eigentümer der für die Errichtung des Weges herangezogenen Grundstücke ein. Der Antrag war somit zulässig.
III. In der Sache selbst hat der VfGH erwogen:
1. Wie oben (II.2.) unter Bezugnahme auf die Vorjudikatur bereits ausgeführt, bewirkt die Erlassung einer Einreihungsverordnung gemäß §3 Z6 StrG für einen in der Natur vorhandenen, nicht bereits gemäß §2 Abs1 litb leg. cit. öffentlichen Weg die Begründung des Gemeingebrauches.
2. Durch die Bestimmung des ArtI Z1 der mit 1. Jänner 1981 in Kraft getretenen Nov. BGBl. 25/1981 zum Ktn. Straßengesetz 1978, LGBl. 33/1978, wurde dem §3, der die Absatzbezeichnung 1 erhielt, folgender Absatz 2 angefügt:
"(2) Betreffen Verordnungen nach Abs1 Z4 bis 6 in der Natur bereits bestehende Straßen oder Wege, an denen kein Gemeingebrauch besteht, so dürfen diese Verordnungen frühestens mit dem Zeitpunkt in Kraft gesetzt werden, in dem die Gemeinde auf Grund von Verträgen oder von Verfahren nach dem III. Teil dieses Gesetzes Eigentum an den in Betracht kommenden Straßengrundstücken erworben hat. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens ist vom Gemeinderat in einer Kundmachung festzustellen. Die Beschlußfassung iS des Abs1 Z4 bis 6 ist Voraussetzung für die Stellung von Anträgen durch den Gemeinderat nach §11 und iS des III. Teiles dieses Gesetzes."
Demnach hat die Erlassung einer Verordnung über die Einreihung eines in der Natur bereits vorhandenen Weges nach der durch diese Nov. geschaffenen Rechtslage in eine der Kategorien nach §3 Abs1 Z4 bis 6 des nunmehr geltenden Ktn. Straßengesetzes zur Voraussetzung, daß die Gemeinde auf Grund von Verträgen oder von Verfahren nach dem III. Teil des Gesetzes Eigentum an den in Betracht kommenden Straßengrundstücken erworben hat.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob nach der vor der Erlassung der Nov. LGBl. 25/1981 geltenden Gesetzeslage für die Erlassung einer Verordnung zur Einreihung eines in der Natur bereits bestehenden Weges der Erwerb des Eigentums an den für den Weg in Anspruch genommenen Grundstücken erforderlich war oder ob für die Gemeinde die Möglichkeit bestanden hat, durch die Erlassung einer Einreihungsverordnung den Gemeingebrauch an einem in der Natur bereits vorhandenen Weg auch auf Grund eines anderen erworbenen privaten Rechtstitels zur Verfügung über die für den Weg in Anspruch genommenen Grundstücke zu begründen. Jedenfalls steht fest, daß die Gemeinde Ebental an den für die Verlängerung des in der Natur vorhandenen Wegstückes der Johannesgasse erforderlichen Grundflächen, das mit der zur Aufhebung beantragten Verordnung zum Verbindungsweg nach §3 Z6 des Ktn. Straßengesetzes (in der im Zeitpunkt der Erlassung geltenden Fassung) erklärt wurde, weder das Eigentum, noch auf Grund eines sonstigen privaten Rechtstitels ein Verfügungsrecht erworben hat. Insbesondere kann die Gemeinde auch nicht aus der zwischen dem Antragsteller und dem Bundesland Kärnten (Landesstraßenverwaltung) im Jahre 1972 abgeschlossenen Vereinbarung in bezug auf die von der Einreihungsverordnung betroffenen Grundstücke ein derartiges Verfügungsrecht schon deshalb nicht ableiten, weil sich die in der Vereinbarung vorgesehene Übertragung ins öffentliche Gut der Gemeinde Ebental nach dem klaren Wortlaut nur auf die Parzelle 735/2 KG Ebental bezog. Damit waren die Voraussetzungen zur Erlassung der angefochtenen Einreihungsverordnung (noch) nicht gegeben. Da sie im Widerspruch zum Gesetz erlassen wurde, war dem Antrag auf Aufhebung der Verordnung stattzugeben.
Schlagworte
Straßenverwaltung, Widmung (einer Straße), VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:V17.1978Dokumentnummer
JFT_10179682_78V00017_00