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44 ZivildienstNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Zivildienstgesetz; keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung; keine Verletzung des GleichheitsrechtesSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Der Beschwerdeführer stellte an die Zivildienstkommission beim Bundesministerium für Inneres (im folgenden: ZDK) unter Bezugnahme auf §2 Abs1 des Zivildienstgesetzes, BGBl. 187/1974 (im folgenden: ZDG), den mit 1. Oktober 1980 datierten schriftlichen Antrag auf Befreiung von der Wehrpflicht und führte hiezu wörtlich aus:
"Es wird mir immer mehr bewußt, daß es nicht richtig sein kann, wenn kaum ein Krieg zu Ende ist und alle 'Nie wieder Krieg' schreien, geloben und fordern, auch schon alle wieder zur Waffe gerufen werden."
1.1.2. Die ZDK führte sodann Erhebungen über die Person des Beschwerdeführers durch. Sie ergaben seine Unbescholtenheit; Nachteiliges kam nicht hervor.
In der mündlichen Verhandlung vor der ZDK, Senat 4, am 19. März 1981 bezog sich der Beschwerdeführer - laut Verhandlungsschrift - auf seine Ausführungen im schriftlichen Antrag und brachte weiters vor:
"Ich habe das Lehramt für Studien- und Lehrerziehung. Dzt bin ich Lehrer und Direktor in einer 2 Klassigen Volksschule. Auf die Frage, wann ich Zivildienst machen wolle, möglichst spät, weil meine Frau im August das 4. Kind erwartet. Optimal wäre es nach meinem 35. Geburtsdatum, weil ich weiß, nach dem 35. Lebensjahr braucht man keinen Wehrdienst mehr machen. Es müßte so heißen, so jetzt helfen wir jemanden, und nicht wie es dzt. ist, nur unter der Bedingung, entweder Militär- od. Zivildienst."
1.1.3. Mit Bescheid vom 19. März 1981 wies die ZDK, Senat 4, den Antrag des Beschwerdeführers ab.
Sie begründete diese Entscheidung unter Bezugnahme auf die §§2 Abs1 und 6 Abs1 ZDG ua. folgendermaßen:
"... Aus (ihren) Angaben ist ersichtlich, daß keine konkreten schwerwiegenden Gewissensgründe vorerst geltend gemacht werden. Sie wurden am 21. 9. 1964 gemustert. Aus öffentlichen Interessen waren Sie vorerst von amtswegen von der Ableistung des Präsenzdienstes befreit. Am 17. 4. 1979 wurde Ihnen mitgeteilt, daß die für die Befreiung maßgeblichen Voraussetzungen weggefallen sind, worauf Sie einen neuerlichen Antrag aufbefristete Befreiung stellten. Als Grund gaben Sie an, daß Sie wegen Bauarbeiten mit S 200.000,- belastet seien, weshalb die Ableistung des Präsenzdienstes Sie in finanzielle Schwierigkeiten bringen könnte. Einer anschließend erhobenen Berufung wurde seitens des Bundesministerium für Landesverteidigung nicht Folge gegeben. Als nächsten Schritt unternahmen Sie nunmehr die Antragstellung an die Zivildienstkommission.
Da, wie erwähnt im schriftlichen Antrag keine schwerwiegenden Gewissensgründe glaubhaft dargelegt wurden, versuchte die Kommission in einem Gespräch derartige Gründe herauszuarbeiten.
Es wurde offenbar, daß Sie lediglich die Erreichung des 35. Lebensjahres vor einer endgültigen Entscheidung erhoffen, da Sie dann weder Wehr- noch Zivildienst ableisten brauchen. Schwerwiegende Gewissensgründe werden jedenfalls auch in der mündlichen Verhandlung nicht glaubhaft dargelegt, weshalb Ihr Antrag abzuweisen war ..."
Zu einem Protokollergänzungsantrag des Beschwerdeführers vom 20. März 1981 hielt der Kommissionsvorsitzende in einem Aktenvermerk fest, daß das die Richtigkeit des Protokollinhaltes in Zweifel ziehende Antragsvorbringen nicht den Tatsachen entspreche.
1.2.1. Gegen diesen Bescheid der ZDK richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH, in welcher sich der Beschwerdeführer auf die Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG beruft sowie eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrechtes (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
1.2.2. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.
2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:
2.1.1. Die Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG besagt, daß Wehrpflichtige iS des Wehrgesetzes 1978, BGBl. 150, auf ihren Antrag von der Wehrpflicht zu befreien sind, wenn sie es - von den Fällen der persönlichen Notwehr oder Nothilfe abgesehen - aus schwerwiegenden, glaubhaften Gewissensgründen ablehnen, Waffengewalt gegen andere Menschen anzuwenden und daher bei Leistung des Wehrdienstes in schwere Gewissensnot geraten würden; sie sind zivildienstpflichtig. Der VfGH vertritt in seiner mit VfSlg. 8033/1977 eingeleiteten ständigen Rechtsprechung die Auffassung, daß diese Vorschrift das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung beinhaltet (s. auch VfGH 12. 3. 1982 B561/81).
2.1.2. Der Beschwerdeführer legte in seinem schriftlichen Antrag wie auch in der mündlichen Kommissionsverhandlung der Sache nach in Wahrheit nur dar, daß er auf Grund bestimmter Erwägungen die militärische Anwendung von Waffengewalt gegen Menschen ablehne; er tat hingegen für seine Person nicht dar, weshalb er im Fall der Anwendung von Waffengewalt tatsächlich in eine schwere Gewissensnot geriete. Wie der VfGH in gleichgelagerten Fällen bereits aussprach (VfSlg. 8033/1977, 8390/1978 und 8787/1980), ist bei einer solchen Sachlage die ZDK schon auf dem Boden der Behauptungen des Beschwerdeführers gehalten, die begehrte Befreiung von der Wehrpflicht mangels Erfüllung der materiellen Voraussetzungen des §2 Abs1 ZDG zu verweigern. Ist die Befreiung von der Wehrpflicht aber schon infolge des eigenen Standpunktes des Antragstellers wegen des Fehlens der materiellen Voraussetzungen abzulehnen, so bleibt es - wie der VfGH ebenfalls in den angeführten Erk. festhielt - auch unerheblich, ob die belangte ZDK ihren Bescheid - wie in der Beschwerde geltend gemacht - etwa unrichtig begründete oder ob ihr irgendwelche Verfahrensfehler unterliefen.
Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer zur Stützung der in der Beschwerdeschrift verfochtenen Meinung, in seiner Einlassung im Administrativverfahren sei die Behauptung der in §2 Abs1 ZDG vorausgesetzten Gewissensgründe zu erblicken, auf die Erk. des VfGH
vom 8. März 1978 B287/75 = VfSlg. 8268/1978 und vom 13. 12. 1978
B368/78 (gemeint offenbar: B386/78) = VfSlg. 8456/1978. Denn die
beiden bezogenen Fälle unterscheiden sich von dem hier zu beurteilenden ua. dadurch, daß im ersten (VfSlg. 8268/1978) das Vorbringen des damaligen Beschwerdeführers nach Überzeugung des VfGH - anders als hier (s. 1.1.1. und 1.1.2.) - sich ersichtlich nicht bloß in der Geltendmachung der Ablehnung von Gewaltanwendung erschöpft, im zweiten (VfSlg. 8456/1978) aber die belangte Behörde - gleichfalls im Gegensatz zur vorliegenden Rechtssache - in rechtsirriger Auslegung des §2 Abs1 ZDG erkannt hatte.
2.1.3. Soweit der Beschwerdeführer eine unzulängliche Protokollierung seines Vorbringens in der Verhandlung vor der ZDK am 19. März 1981 behauptet, ist festzustellen, daß er selbst den Inhalt des in Vollschrift abgefaßten Verhandlungsprotokolls mit seiner Unterschrift als richtig bestätigte und daß auch der Kommissionsvorsitzende in seinem schon erwähnten Aktenvermerk die Richtigkeit dieser Protokollierung bekräftigte. Unter diesen hier gegebenen Umständen vermochte der VfGH auf die gegenteilige Beschwerdebehauptung, die - nach dem Vorgesagten - in der Aktenlage keine Deckung findet, nicht weiter einzugehen.
2.1.4. Es bleibt somit festzuhalten, daß eine Verletzung des durch §2 Abs1 ZDG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht stattfand.
2.2.1. Die vom Beschwerdeführer überdies behauptete Verletzung des Gleichheitsrechtes könnte gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8275/1978) nur vorliegen, wenn der Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die belangte Behörde Willkür geübt hätte.
2.2.2. Beides trifft hier nicht zu. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften wegen eines Verstoßes gegen das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot ergaben sich aus der Sicht dieses Beschwerdefalles nicht; die Vorschrift des §2 Abs1 ZDG selbst scheidet, da es sich um eine Verfassungsbestimmung handelt, bei dieser Betrachtung von vornherein aus.
Ebensowenig finden sich Anhaltspunkte dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von unsachlichen Erwägungen geleitet worden wäre. Auch sonstige, behördliche Willkür indizierende Hinweise fehlen hier völlig.
2.3. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Beschwerdeführer weder in den von ihm geltend gemachten noch in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde und daß auch keine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm stattfand.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
ZivildienstEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B346.1981Dokumentnummer
JFT_10179389_81B00346_00