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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art19 Abs1, Art69 Abs1, Art131Leitsatz
Keine Beschwerdelegitimation der Bundesministerin für Inneres gegen einen Bescheid der Datenschutzkommission; keine Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechts bei einem Organ eines RechtsträgersSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit Bescheid vom 17. Januar 2006 hat die Datenschutzkommission festgestellt, dass das Bundministerium für Inneres
"durch die Bekanntgabe des Umstandes, dass gegen den
Beschwerdeführer [im Verfahren vor der Datenschutzkommission] wegen
des Verdachtes von Verbrechen nach den §§146, 147, 148, 177 und 302
StGB Ermittlungen durchgeführt werden, ... gemäß §1 Abs1 und 2 DSG
2000 iVm den §§87 Abs1 und 88 Abs1 und 3 der Strafprozessordnung 1975
... [diesen] im Recht auf Geheimhaltung verletzt hat".
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des Bundesministeriums bzw. der Bundesministerin für Inneres, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit vor dem Gesetz behauptet werden.
Zur Zulässigkeit dieser Beschwerde wird darin Folgendes ausgeführt:
"Einleitend wird festgehalten, dass sich die Zulässigkeit einer Beschwerde an den VfGH zwar nicht unmittelbar aus dem DSG 2000 (insbesondere §40 Abs2 DSG 2000) ergibt. Es ist dem Beschwerdeführer auch durchaus bewusst, dass die Zuerkennung einer Beschwerdebefugnis für die Formalpartei in gegenständlichem Fall keineswegs eindeutig ist. Im Lichte der Rechtsstaatlichkeit scheint eine Parteienstellung für eine 'belangte Behörde' in Verfahren vor anderen Behörden jedoch wohl ebenfalls erforderlich. Diese Rechtsansicht wird auch in VfSlg 10.366 untermauert. ...
Allein nach dem Gebot verfassungskonformer Interpretation muss man daher eine Parteistellung eines Auftraggebers des öffentlichen Bereiches im Beschwerdeverfahren nach §31 Abs2 DSG 2000 bejahen. Folglich ist das BMI auch für eine Bescheidbeschwerde aktivlegitimiert."
3. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
Die Legitimation zur Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof hat gemäß Art144 B-VG zur Voraussetzung, dass der angefochtene Bescheid in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingreift (vgl. etwa VfSlg. 13.429/1993 mH auf die Vorjudikatur).
Der Bundesminister für Inneres ist ein (oberstes) Organ des Bundes (Art19 Abs1 und Art69 Abs1 B-VG). Für ein Organ eines Rechtsträgers kann die Legitimation zur Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde mangels Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechtes nicht aus Art144 Abs1 B-VG hergeleitet werden (vgl. zB VfSlg. 15.079/1998).
Es besteht aber auch keine sonstige Verfassungsnorm, die dem Organ eines Rechtsträgers unmittelbar die Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof einräumt oder dem einfachen (Materien-)Gesetzgeber hiezu die Ermächtigung erteilt, wie dies etwa, was die Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof anlangt, durch Art131 Abs1 Z2 und 3 sowie Abs2 B-VG geschehen ist.
Für den gegenteiligen Standpunkt des Beschwerdeführers ist auch aus VfSlg. 10.366/1985 nichts zu gewinnen (s. dazu im Übrigen auch VfSlg. 17.220/2004).
Daraus folgt, dass der Bundesminister für Inneres in seiner Eigenschaft als Organ des Bundes zur Erhebung einer auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht legitimiert ist. Die Beschwerde war daher mangels Legitimation zurückzuweisen.
4. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Organ Organwalter, Oberste Organe der Vollziehung, Datenschutz, Parteistellung, Rechte subjektive öffentlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B373.2006Dokumentnummer
JFT_09939393_06B00373_00