TE Vfgh Erkenntnis 1982/6/11 B512/81

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Veröffentlicht am 11.06.1982
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Index

26 Gewerblicher Rechtsschutz
26/02 Marken- und Musterschutz

Norm

B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
MarkenschutzG 1970 §4 Abs1 Z4
MarkenschutzG 1970 §33

Leitsatz

Markenschutzgesetz; Löschung einer Marke gemäß §33 iVm §4 Abs1 Z4; keine Bedenken gegen diese Bestimmungen; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine denkunmögliche Anwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Die Firma Lanvin-Charles of the Ritz Inc. in New York, die in der Folge ihren Firmenwortlaut in "Charles of the Ritz Group Limited" änderte, erwirkte beim Österreichischen Patentamt auf Grund einer Anmeldung vom 17. Jänner 1977 unter der Nummer 85651 die Registrierung der Wortmarke "Opium" für die Waren "Parfüm, Kölnischwasser, Toilettewasser, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Puder, Cremes und Lotionen." Daraufhin begehrte der Bund, vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz, gestützt auf §33 Markenschutzgesetz (MSchG), die Löschung der Marke Nummer 85651, und zwar mit der Begründung, daß sie - weil die Gefahr des Suchtgiftes Opium verharmlosend und zur Täuschung des Publikums geeignet - gegen die Norm des §4 Abs1 Z4 MSchG verstoße.

Die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes gab diesem Antrag mit Entscheidung vom 28. Jänner 1980, AZ Nm 36/78-15, statt und löschte die Marke Nummer 85651 mit Wirkung vom Registrierungstag.

1.1.2. Der dagegen von der Firma Charles of the Ritz Group Limited ergriffenen Berufung wurde mit Erk. des Obersten Patent- und Markensenates vom 24. Juni 1981, GZ Om 1 und 2/81-3, nicht Folge gegeben.

1.2.1. Gegen dieses (auch über eine Berufung der Parfums Yves Saint Laurent, Societe anonyme, absprechende, aber in diesem Punkt im vorliegenden Verfahren der Sache nach ersichtlich unangefochten gebliebene) Erk. des Obersten Patent- und Markensenates - in dem schon zu Punkt 1.1. umschriebenen Umfang - richtet sich die auf Art144 (Abs1) B-VG gegründete Beschwerde der Firma Charles of the Ritz Group Limited an den VfGH, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

1.2.2. Der Oberste Patent- und Markensenat als belangte Behörde - der die Verwaltungsakten vorlegte - und der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz als Beteiligter des Beschwerdeverfahrens erstatteten Gegenschriften und beantragten darin die Abweisung der Beschwerde.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8182/1977) - durch einen verwaltungsbehördlichen Bescheid - dann verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zustehende Kompetenz in Anspruch nimmt oder ihre Zuständigkeit gesetzwidrigerweise ablehnt und solcherart eine Sachentscheidung verweigert.

2.1.2. Daß der Oberste Patent- und Markensenat mit dem angefochtenen Bescheid eine Sachentscheidung abgelehnt habe, behauptet die beschwerdeführende Gesellschaft selbst nicht.

In der Beschwerdeschrift wird lediglich gerügt, die Administrativinstanzen hätten eine ihnen nicht zukommende Zuständigkeit beansprucht, indem ein antragsbedürftiger Bescheid ohne geeigneten Antrag erlassen worden sei (s. VfSlg. 4730/1964 und die dort zitierte verfassungsgerichtliche Vorjudikatur).

Dies trifft jedoch nicht zu:

Gemäß §33 MSchG kann aus einem von Amts wegen wahrzunehmenden Grund - so etwa aus dem des §4 Abs1 Z4 MSchG, den das Patentamt und die belangte Behörde heranzogen - die Löschung einer Marke von "jedermann" beantragt werden, also auch von juristischen Personen des öffentlichen Rechtes, zB von der Gebietskörperschaft Bund, die vorliegend durch ihr Organ Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz einschritt. Dabei fiel die Einbringung des in Rede stehenden Antrags nach §33 MSchG - der sich nicht als Hoheitsakt, sondern als Akt privatwirtschaftlichen Handelns kennzeichnet (vgl. VfSlg. 5371/1966 zu §22c MSchG 1953, nunmehr §33 MSchG) - gemäß §2 und Z1 des Abschnitts E des Teiles 2 der Anlage zu §2 Bundesministeriengesetz 1973, BGBl. 389/1973 idF BGBl. 265/1981 schon deshalb in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, weil Angelegenheit des Gesundheitswesens (auch) die Bekämpfung des Mißbrauchs von Suchtgiften ist und sich nicht in Abrede stellen läßt, daß die angestrebte Löschung einer der Bezeichnung eines Suchtgiftes (Opium) entsprechenden Wortmarke für Gebrauchsartikel - unter dem vom antragstellenden Bundesministerium aufgezeigten Aspekt der mit der Verwendung solcher Wortmarken einhergehenden Suchtgiftverharmlosung - letzten Endes dieser im Gesetz umrissenen Aufgabe, nämlich der Bekämpfung des Suchtgiftmißbrauchs, dienen sollte. Dies alles wurde bereits von der belangten Behörde richtig erkannt und in der Begründung des angefochtenen Erk. ausführlich herausgestellt. Die beschwerdeführende Gesellschaft vermag nichts vorzubringen, was die - nach dem Gesagten gegebene - Tauglichkeit (Rechtswirksamkeit) des den Verwaltungsinstanzen vorgelegenen Löschungantrags (iS des in der Beschwerdeschrift bezogenen Erk. VfSlg. 4730/1964) in Frage stellen könnte.

Dies gilt vor allem auch für die unklare Einrede, das Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz habe seinen Antrag (an das Patentamt) nicht als Eingabe des Bundes bezeichnet, aber auch für die weitere Behauptung, die Antragstellung falle in die Kompetenz des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie, weil es hier keinesfalls um die - freilich diesem Bundesminister obliegende - Vollziehung des MSchG geht, worauf schon die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinwies.

2.1.3. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die belangte Behörde aus den dargelegten Erwägungen keine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nahm.

Demgemäß wurde die beschwerdeführende Gesellschaft im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt.

2.2.1. Der angefochtene Bescheid greift zwar in das Eigentum der Beschwerdeführerin - wozu auch vermögenswerte Markenrechte zählen (s. VfSlg. 5371/1966) - ein. Ein solcher Bescheid verletzt aber nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur dann, wenn er unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage oder gesetzlos erging, wobei eine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird (vgl. VfSlg. 7628/1975, 8010/1977).

2.2.2. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, daß die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten Rechtsvorschriften verfassungswidrig seien.

Auch der VfGH hegt unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalls keine derartigen Bedenken.

2.2.3. Die Beschwerdeführerin könnte demnach im Eigentumsrecht nur verletzt sein, wenn der belangten Behörde eine - der Gesetzlosigkeit gleichkommende - denkunmögliche Gesetzeshandhabung zur Last fiele.

Davon kann jedoch nicht die Rede sein: Die beschwerdeführende Gesellschaft läßt in ihrer Beschwerdeschrift eigenständige Ausführungen zum Grundrecht des Art5 StGG überhaupt vermissen und verweist bloß auf ihr Vorbringen zu Art83 Abs2 B-VG, das schon zu

2.1.1. bis 2.1.3. abgehandelt wurde. Auch die übrige Aktenlage bietet keine Hinweise für eine denkunmögliche Gesetzesvollziehung.

2.2.4. Demgemäß wurde die Beschwerdeführerin auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

2.3.1. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wurde nicht behauptet und kam auch im Beschwerdeverfahren vor dem VfGH nicht hervor.

2.3.2. Ebensowenig entstanden - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften (s. bereits 2.2.2.); die Beschwerdeführerin wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

2.4. Die Beschwerde war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Markenschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B512.1981

Dokumentnummer

JFT_10179389_81B00512_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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