Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Oö. Raumordnungsgesetz 1972; rechtmäßige Zurückweisung einer Berufung gegen eine nicht als Bescheid zu wertende ErledigungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. In einer am 16. Juni 1977 an die "Landeshauptstadt Linz-Baurechtsamt" gerichteten Eingabe brachte die Beschwerdeführerin vor, daß für sie auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück 881/2 KG K. die Errichtung eines Bauwerkes zu Zwecken, die mit der Land- und Forstwirtschaft nicht im Zusammenhang stünden, laut Teilbebauungsplan 409, der als Flächenwidmungsplan anzusehen sei, als mit der Flächenwidmung in Widerspruch stehend nicht möglich sei; der Teilbebauungsplan "beinhalte gemäß ArtXI/1 der Linzer Bauordnungsnovelle 1946 eine Bausperre". Die Widmung des Teilbebauungsplanes gehe auf ein Hochwasser zurück und habe dem Ziel gedient, eine Dammerrichtung zu erleichtern und die Aufführung von Bauten im ungeschützten Hochwasserbereich zu unterbinden. Da es sich "effektiv um Bauland" handle, stelle sie betreffend das in ihrem Eigentum stehende Grundstück 881/2 den Antrag auf Aufhebung der Bausperre, da sie ihr Grundstück dringend für gewerbliche Zwecke benötige.
Auf diesen offensichtlich als Umwidmungsbegehren zu wertenden Antrag teilte das Baurechtsamt der Landeshauptstadt Linz der Beschwerdeführerin mit Erledigung vom 16. August 1977 mit, daß ihrem Ansuchen um Umwidmung der Parzelle 881/2 von Grünland in Bauland nicht stattgegeben werden könne, da ein Baulandbedarf zur Zeit nicht gegeben sei.
1.2. Die Beschwerdeführerin beantragte hierauf am 5. September 1977 die Zustellung eines der Rechtskraft fähigen Bescheides und erhob "in eventu Berufung", falls dem Schreiben vom 16. August 1977 Bescheidcharakter zukommen sollte.
In Beantwortung dieser Eingabe teilte das Baurechtsamt der Landeshauptstadt Linz der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. September 1977 mit, "daß über Anregungen und Einwendungen iS des §21 Abs4 des Oö. ROG, LGBl. 18/1972, nicht mit einem Bescheid zu entscheiden" sei.
Auf Grund dieser Mitteilung stellte die Beschwerdeführerin am 30. September 1977 den Antrag auf Vorlage ihrer Eingabe vom 5. September 1977 als Berufung an die zweite Instanz, da von Anregungen und Einwendungen nicht die Rede sein könne. Da von ihr ein "dezidierter Antrag" gestellt worden sei, halte sie die Rechtsansicht aufrecht, "daß in Bescheidform entschieden hätte werden sollen".
Mit Bescheid vom 26. Jänner 1978 wies hierauf der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz die Berufung der Beschwerdeführerin mit der Begründung zurück, daß dem Schreiben vom 16. August 1977 Bescheidcharakter nicht zukomme. Flächenwidmungs- und Bebauungspläne sowie Bausperren besäßen nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH Verordnungscharakter. Anträge auf Aufhebung oder Abänderung derartiger genereller Normen entzögen sich daher einer bescheidmäßigen Erledigung. Daß dem bekämpften Schreiben jeder Bescheidwille fehle, werde zusätzlich dadurch untermauert, daß eine bescheidmäßige Erledigung mit Schreiben vom 16. September 1977 ausdrücklich abgelehnt worden sei.
1.3. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 20. November 1978, BauR-5767/1-1978 Wö/Wi, keine Folge gegeben. Für die Landeshauptstadt Linz sei ein rechtswirksamer Flächenwidmungsplan iS des §15 Oö. ROG trotz der in §26 Abs1 leg. cit. genannten Frist noch nicht erlassen. Das gemäß §21 Oö. ROG vorgesehene Verfahren sei noch nicht in die Phase der Auflage des Planes zur öffentlichen Einsicht getreten. Die Eingabe der Beschwerdeführerin könne daher nur dahin verstanden werden, daß von ihr begehrt werde, eine Änderung der "im Flächenwidmungsplanentwurf vorläufig vorgesehenen Widmung des Grundstückes als Grünland in jene von Bauland (§16 Oö. ROG) vorzunehmen". Die Eingabe der Beschwerdeführerin sei von der Erstbehörde zwar sachlich beantwortet worden und es seien der Beschwerdeführerin die Gründe bekanntgegeben worden, aus denen an eine Änderung der vorläufigen Widmung des Grundstückes im Flächenwidmungsplan nicht gedacht sei; eine bescheidmäßige Absprache sei aber zu Recht abgelehnt worden. Die Aufsichtsbehörde schließe sich "der im bekämpften Bescheid vertretenen Auffassung, daß Flächenwidmungs- und Bebauungspläne sowie auch Bausperren Verordnungscharakter besitzen, an." Im Verfahren zur Erlassung von Verordnungen gebe es "weder an bestimmte Normadressaten gerichtete individuelle Bescheide noch ordentliche Rechtsmittel"; es bestehe kein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung von Anträgen auf Aufhebung oder Änderung von generellen Verwaltungsakten, sodaß hierauf abzielende Anträge als unzulässig zurückzuweisen seien. Die Einschreiterin sei demnach durch die in Beschwerde gezogene Entscheidung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz in ihren Rechten nicht verletzt worden.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf "Freiheit des Eigentums, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie das Recht nach Art6 StGG, wonach jeder Staatsbürger Liegenschaften jeder Art erwerben und über dieselben frei verfügen kann" behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, im Falle der Abweisung der Beschwerde deren Abtretung an den VwGH beantragt wird.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1.1. Der bekämpfte Bescheid entscheidet über die Vorstellung gegen einen Berufungsentscheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz, mit dem eine Berufung zurückgewiesen wurde. Durch diese Zurückweisung hat der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz der Beschwerdeführerin eine Sachentscheidung über eine von ihr erhobene Berufung verweigert. Die Beschwerdeführerin wäre im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, wenn die Zurückweisung zu Unrecht erfolgt wäre und die Vorstellungsbehörde diesen Fehler nicht wahrgenommen hätte (vgl. VfSlg. 8229/1977).
3.1.2. Die Erledigung vom 16. August 1977 hatte folgenden Wortlaut:
"Herrn
RA Dr. K. P.
Ferihumerstraße 11
4020 Linz
Nach eingehender Prüfung des o.a. Antrages wird nachstehendes mitgeteilt:
Für die halbkreisförmige Fläche zwischen Mühlkreisautobahn - Autobahnabfahrt und Freistädterstraße, in deren Bereich auch die Parz. 881/2 liegt, wurde im Entwurf zum Flächenwidmungsplan die Widmung 'Grünland - landwirtschaftliche Nutzung' gemäß §18 Abs1 und 2 des Oö. Raumordnungsgesetzes 1972 festgelegt.
Die bisherige Widmung der Parzelle lautet ebenfalls 'Grünland - landwirtschaftliche Nutzung'. Gemäß §16 Abs1 Oö. Raumordnungsgesetz 1972 dürfen als Bauland nur Flächen vorgesehen werden, die sich auf Grund der natürlichen Voraussetzungen für die Bebauung eignen und dem voraussichtlichen Baulandbedarf der Gemeinde entsprechen.
Da ein Baulandbedarf zzt. aber nicht gegeben ist, kann dem Ansuchen um Umwidmung von Grünland in Bauland nicht stattgegeben werden."
3.1.3. Nach der Rechtsprechung des VfGH ist ein Verwaltungsakt dann ein Bescheid, wenn er gegenüber individuell bestimmten Personen eine Verwaltungsangelegenheit normativ regelt (vgl. VfSlg. 2727/1954, 3110/1956, 4097/1961, 5804/1968).
Der VfGH pflichtet der belangten Behörde bei, daß nach dem Oö. Raumordnungsgesetz 1972 die Flächwidmung dem Verordnungsweg vorbehalten ist (§15). Die Änderung einer Widmung kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des §23 leg. cit. unter Einhaltung des für die Erlassung von Flächenwidmungsplänen vorgesehenen Verfahrens (§21 Abs1 und 4 bis 10) ebenfalls nur im Verordnungsweg vorgenommen werden. Auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits geltende Flächenwidmungspläne, Bebauungspläne und Teilbebauungspläne sind Flächenwidmungspläne bzw. Bebauungspläne iS dieses Gesetzes (§26 Abs2). Da somit ein bescheidmäßiger Abspruch über Anträge, die auf Abänderung einer bestehenden Flächenwidmung abzielen, gesetzlich nicht vorgesehen ist, kommt der äußeren Form der Erledigung vom 16. August 1977 für deren Bewertung besondere Bedeutung zu. Die in Frage stehende Enuntiation wird mit den Worten "nach eingehender Prüfung ... wird nachstehendes mitgeteilt" eingeleitet. Sie ist weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung unterteilt. Im Text der Mitteilung wird der Beschwerdeführerin lediglich eröffnet, warum sich die Behörde nicht in der Lage sieht, dem Ansuchen der Beschwerdeführerin zu entsprechen. Eine Aussage, mit der gegenüber der Beschwerdeführerin ein normativer Abspruch über deren Begehren laut Eingabe vom 16. Juni 1977 erfolgt, ist dem Schreiben vom 16. August 1977 nicht zu entnehmen. Der Erledigung vom 16. August 1977 kommt daher auch unter Berücksichtigung ihrer äußeren Form Bescheidcharakter nicht zu.
Die gegen diese Erledigung gerichtete Berufung wurde somit zu Recht zurückgewiesen. Da die gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung dementsprechend zu Recht abgewiesen wurde, liegt die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht vor.
3.2. Bei der Rechtsrichtigkeit des angefochtenen Bescheides kommt eine Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht in Frage. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Behauptung der Beschwerdeführerin, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Verfügungsfreiheit über Liegenschaften verletzt worden zu sein (vgl. VfSlg. 7515/1975, 8355/1978).
3.3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat somit nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Bescheidbegriff, Raumordnung, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B34.1979Dokumentnummer
JFT_10179389_79B00034_00