TE Vfgh Erkenntnis 1982/6/11 B276/78, B277/78

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Veröffentlicht am 11.06.1982
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
AVG §71 Abs1 lita

Leitsatz

AVG 1950; Abweisung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §71 Abs1 lita; keine Verletzung des Eigentumsrechtes und des Gleichheitsrechtes

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Bundespolizeidirektion Sbg. hat mit Straferkenntnis vom 26. August 1977 den Beschwerdeführer einer Übertretung nach der StVO 1960 schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe und eine Ersatzarreststrafe verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde dem - damals noch nicht anwaltlich vertretenen - Beschwerdeführer am 14. September 1977 zugestellt.

Mit Eingabe vom 7. Dezember 1977 (eingelangt bei der Bundespolizeidirektion Sbg. am selben Tage) stellte der Beschwerdeführer - nunmehr durch einen Rechtsanwalt vertreten - den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist und brachte gleichzeitig die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Sbg. vom 26. August 1977 ein. Außerdem stellte er den "Antrag auf Behebung des Bescheides von Amts wegen", da die Voraussetzungen gemäß §68 Abs2 und Abs4 litb und d AVG 1950 vorlägen.

Die Bundespolizeidirektion Sbg. wies mit Bescheid vom 5. Jänner 1978 gemäß §71 Abs1 lita AVG 1950 iVm §24 VStG 1950 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab.

Die Sbg. Landesregierung wies mit Bescheid vom 17. März 1978 die vom Beschwerdeführer gegen das Straferkenntnis vom 26. August 1977 erhobene Berufung gemäß §51 Abs3 VStG 1950 als verspätet eingebracht zurück.

Mit Bescheid vom selben Tag gab sie der vom Beschwerdeführer gegen den den Wiedereinsetzungsantrag abweisenden Bescheid vom 5. Jänner 1978 erhobenen Berufung gemäß §71 Abs1 lita AVG 1950 keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Begründung dieses zuletzt erwähnten Berufungsbescheides lautet es abschließend:

"... Im übrigen besteht nach Ansicht der Berufungsbehörde kein Anlaß für eine Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses aus den Gründen des §68 Abs4 AVG 1950. Ein Wiederaufnahmsantrag wurde vom Einschreiter in der Eingabe vom 7. 12. 1977 nicht ausdrücklich gestellt und lediglich im Kopf der Eingabe 'Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Berufung, allenfalls Wiederaufnahme des Verfahrens' angeführt. Da jedoch der gesamte übrige Inhalt der Eingabe zeigt, daß lediglich ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, ein Berufungsantrag und ein Antrag auf Aufhebung des Bescheides gemäß §68 AVG 1950 gestellt wurde, besteht keine Veranlassung, über die Unzulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens in einem gesonderten Bescheid abzusprechen."

2. Gegen die beiden Berufungsbescheide vom 17. März 1978 wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

3. Die Sbg. Landesregierung als belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Weite Beschwerdeausführungen wenden sich gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Sbg. vom 26. August 1977 und das vorangegangene Verwaltungsstrafverfahren. Darauf war aber nicht einzugehen, da dieser Bescheid nicht Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde ist.

Andere Beschwerdeausführungen richten sich dagegen, daß der "Wiederaufnahmeantrag abgewiesen worden" sei. Auch darauf war nicht einzugehen, da die angefochtenen Bescheide über einen Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers nicht absprechen, wobei unerörtert bleiben kann, ob ein derartiger Antrag überhaupt gestellt wurde.

All dies gilt vor allem für die der behaupteten Verletzung der Art6 und 7 MRK gewidmeten Beschwerdepartien.

2. Der Beschwerdeführer bringt vor, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG und Art1 (1.) ZP MRK) verletzt worden zu sein.

Die Behörde hat zumindest vertretbar angenommen, daß die Versäumung der Berufungsfrist vom Beschwerdevertreter verschuldet wurde. Bei einem derartigen Versehen kommt nach der ständigen Judikatur des VfGH und des VwGH (vgl. zB VfSlg. 7998/1977 und 8801/1980 sowie VwSlg. 9024 A/1976) eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht. Somit wurden zumindest denkmöglich der Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt und die Berufung als verspätet zurückgewiesen. Eine Verletzung des Eigentumsrechtes liegt - bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der die angefochtenen Bescheide tragenden Rechtsvorschriften - schon aus diesem Grunde nicht vor, ohne daß zu erörtern war, ob die Bescheide überhaupt in das Eigentumsrecht eingreifen (vgl. zB VfSlg. 7865/1976).

3. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, in dem durch Art2 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht verletzt worden zu sein.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer schon deshalb nicht im Recht, weil im Gleichheitsrecht nur Inländer verletzt werden können (vgl. zB VfSlg. 8006/1977 und 8611/1979) und der Beschwerdeführer nicht österreichischer Staatsbürger ist.

4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Wiedereinsetzung, Verschulden des Vertreters (Wiedereinsetzung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B276.1978

Dokumentnummer

JFT_10179389_78B00276_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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