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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Tir. Straßengesetz 1951; keine Bedenken gegen §§44 und 46; keine gleichheitswidrige AnwendungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Beschluß (Verordnung) des Gemeinderates der Stadtgemeinde Schwaz/Tirol vom 10. Juni 1976 wurde der Weg von Schlingelberg bis Egertboden als öffentlicher Interessentenweg iS des 5. Hauptstückes des Tir. Straßengesetzes, LGBl. 1/1951, (TStG) erklärt.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Schwaz vom 5. Juli 1976 wurden nach den §§44 und 46 TStG die Interessenten festgestellt, deren Beitragsanteile festgesetzt (und zwar jener der beschwerdeführenden Österreichischen Bundesforste mit 10% der Baukosten), die Interessenten zur "Weggemeinschaft Egertboden, Schwaz" zusammengefaßt und dieser eine Satzung gegeben sowie schließlich festgestellt, daß die Stadtgemeinde Schwaz zum Herstellungsaufwand 17% der Baukosten beiträgt und nach Fertigstellung des Weges diesen in die dauernde Erhaltung übernimmt.
Gegen diesen Bescheid des Gemeinderates haben die beschwerdeführenden Österreichischen Bundesforste (im folgenden kurz: bf. Partei) Vorstellung an die Tir. Landesregierung erhoben, in der vorgebracht wird, daß sie zwar das "Gesamtbeitragstreffnis" von 10% der Baukosten anerkennen, daß aber ihre (durch den Interessentenweg) aufgeschlossenen Waldflächen mit 29% des Einschlages durch Holzbezugsrechte belastet seien. Die bf. Partei sei daher nur bereit, von der 10%igen Beitragsleistung jenen Anteil zu tragen, der ihrem freien Einschlag entspricht; die restlichen Beitragsanteile zu der 10%igen Leistung müßten von den Servitutsberechtigten übernommen werden. Demnach wäre die 10%ige Beitragsleistung zu 71% auf die bf. Partei und zu 29% auf die Servitutsberechtigten aufzuteilen.
"Wer iS des §43 TStG als Beteiligter bzw. als Interessent bei der Gründung einer Weggemeinschaft und Erklärung eines Weges als öffentlicher Interessentenweg zu gelten hat, darüber geben die Bestimmungen des §44 und §46 Abs2 und 3 TStG hinreichend Aufschluß.
Gemäß den Bestimmungen des §44 Abs1 des vorher zitierten Gesetzes sind vornehmlich die Besitzer der durch den Weg erschlossenen Liegenschaften zur Kostentragung für die Übernahme oder Herstellung und Erhaltung neuer öffentlicher Interessentenwege heranzuziehen und damit als Beteiligte anzusehen. Laut den gesetzlichen Bestimmungen haben also die Besitzer der Liegenschaften die Hauptlast zu tragen, jedoch läßt der Begriff vornehmlich auch die Heranziehung von Personen offen, die eben vom Besitzer einer Liegenschaft verschieden sind, wie es etwa Rechtsbesitzer wären. Weiters sind aber auch in den folgenden Absätzen des §44 TStG die Kostentragungspflichten anderer Personen normiert. Holzbezugsberechtigte können jedoch auf Grund des gegenständlichen Gesetzes nicht zur anteilsmäßigen Kostentragung verhalten werden, da gerade der 2. Satz des §44 Abs1 eben diesen Kreis von Rechtsbesitzern wieder ausschließt. Sie benützen diesen Weg nur in Ausübung des Bezugsrechtes und eben zur Abfuhr von Produkten einer zur Kostentragung bereits herangezogenen Liegenschaft. Eine Beitragspflicht würde sich aber nur bei einer über dieses Recht hinausgehenden Inanspruchnahme des Weges ergeben.
Auf Grund der Gesetzeslage kann also im konkreten Fall nur der Liegenschaftseigentümer zur Kostentragung herangezogen werden und ist gemäß §46 Abs2 TStG der Beitrag im Verhältnis des anfallenden Nutzens umzulegen, wobei auch der Nutzen des Holzbezuges zu berücksichtigen ist. Dies auch dann, wenn eine solche Aufteilung nicht dem effektiven Nutzen des Liegenschaftseigentümers entspricht. Eine derartige Belastung durch Dienstbarkeiten oder Reallasten dritter Personen hat der Liegenschaftseigentümer den übrigen Interessenten gegenüber selbst zu tragen.
Eine Beitragspflicht der Nutzungsberechtigten kann sohin aus den vorangeführten gesetzlichen Bestimmungen des TStG nicht entnommen werden."
2. Gegen diesen Vorstellungsbescheid vom 12. Jänner 1978 wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrechtes behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
Die behauptete Gleichheitsverletzung wird im wesentlichen wie folgt begründet:
Es stehe fest, daß die der bf. Partei gehörenden Waldungen mit Servituten nach dem Tir. Wald- und Weideservitutengesetz, LGBl. 21/1952, (im folgenden kurz: TWWSG) belastet sind, sodaß sie die bf. Partei nur zu 71% nutzen könne. Dennoch seien ihre Beitragsanteile so bemessen worden, als ob ihr der Nutzen der durch den Interessentenweg "Egertboden" erschlossenen Liegenschaften allein zufließen würde. Der Gleichheitssatz sei verletzt worden, da die bf. Partei mit Beitragsleistungen für den Interessentenweg zu 100% belastet werde, obgleich der anfallende Nutzen zu 29% dritten Personen (nämlich den Servitutsberechtigten) zufließe. Dies stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung des Beschwerdeführers gegenüber jenen Mitgliedern der Weggemeinschaft dar, denen der Nutzen ihrer Liegenschaft zur Gänze allein zukommt. Die Belastung einer Waldfläche mit einem Holzbezugsrecht nach dem TWWSG könnte auch 100% der an sich möglichen Holznutzung betragen; würde die Meinung der belangten Behörde zutreffen, würde dies dann bedeuten, daß ein Liegenschaftseigentümer für eine Liegenschaft Beiträge an die Weggemeinschaft zu zahlen hätte, aus der für ihn überhaupt kein Nutzen anfällt.
3. Die Tir. Landesregierung als belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
2. Die bf. Partei behauptet nicht, daß die Behörde Willkür geübt hätte. Anhaltspunkte für ein derartiges Verhalten der Behörde hat das Verfahren auch sonst nicht ergeben.
Der Sache nach macht die bf. Partei geltend, entweder seien die §§44 und 46 TStG gleichheitswidrig, oder aber die Behörde habe diesen Bestimmungen fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt.
Die erwähnten Vorschriften des TStG lauten:
"Bau, Übernahme und Erhaltung neuer öffentlicher Interessentenwege
§44. (1) Die Kosten der Übernahme, Herstellung und Erhaltung neuer öffentlicher Interessentenwege sind vornehmlich von den Besitzern der durch den Weg erschlossenen Liegenschaften zu tragen. Ferner sind auch solche natürliche und juristische Personen heranzuziehen, die den Weg mit eigenen oder gemieteten Fahrzeugen dauernd in erheblichem Maß und nicht im Interesse oder zur Abfuhr der Produkte einer zur Kostentragung bereits herangezogenen Liegenschaft benützen.
(2) Bei Liegenschaften, denen der Nutzen des Weges nur durch die Abfuhr der auf ihnen erzeugten Produkte zugute kommt, lastet die Verpflichtung zur Kostentragung auf der Liegenschaft und nicht auf den Käufern oder Verfrächtern der Produkte.
(3) Die Gemeinde, in deren Gebiet der Weg liegt, ist verpflichtet, nach Maßgabe des allgemeinen öffentlichen Interesses der Gemeinde an dem Bestand des Weges über eine aus den Abs1 und 2 sich ergebende Verpflichtung hinaus zu den Kosten des Weges einen angemessenen Beitrag zu leisten.
(4) Die zur Kostentragung Verpflichteten sind die Interessenten.
Weggemeinschaft
§46. (1) Gleichzeitig mit der Erklärung eines neuen Weges als öffentlicher Interessentenweg sind die Interessenten festzustellen und zu einer öffentlich-rechtlichen Weggemeinschaft zusammenzufassen. Dieser ist eine Satzung nach §29 Abs2 zu geben.
(2) Die Beitragsanteile sind im Verhältnis des anfallenden Nutzens auf die Interessenten umzulegen.
(3) Wer eine in die Weggemeinschaft einbezogene Liegenschaft erwirbt, wird Mitglied der Gemeinschaft und ist zu allen aus der Mitgliedschaft entspringenden Leistungen verpflichtet. Ebenso geht die Mitgliedschaft eines in die Weggemeinschaft einbezogenen Unternehmens bei seiner Veräußerung auf den Erwerber über.
(4) Bei wesentlicher Änderung der Voraussetzungen für die Beitragsaufteilung ist diese auf Antrag der Weggemeinschaft oder einzelner Mitglieder neu festzusetzen.
(5) Eine Weggemeinschaft darf nur nach Erfüllung aller Verpflichtungen und nach ordnungsgemäßer Übergabe der Verwaltung oder im Falle der Auflassung des Weges nach Übergabe des Weggrundstückes an neue Besitzer aufgelöst werden. Bei öffentlichen Interessentenwegen, die mit Beihilfen aus öffentlichen Mitteln hergestellt wurden, ist die Auflösung der Weggemeinschaften an die Zustimmung der beitragsleistenden Stelle gebunden."
3. Die Auslegung der belangten Behörde ist nicht denkunmöglich: Nach §44 Abs1 erster Satz TStG sind die Kosten für den Bau, die Übernahme und die Erhaltung neuer öffentlicher Interessentenwege vornehmlich von den Besitzern (gemeint offenbar den Eigentümern) der durch den Weg erschlossenen Liegenschaften zu tragen. Wenngleich dem zweiten Satz zufolge auch andere natürliche und juristische Personen zur Kostentragung herangezogen werden können, so ist aus dem letzten Satzteil des zweiten Satzes (wonach eine derartige Verpflichtung zum Kostenersatz dann ausgeschlossen wird, wenn die Wegbenutzung im Interesse oder zur Abfuhr der Produkte einer zur Kostentragung bereits herangezogenen Liegenschaft erfolgt) im Zusammenhalt mit dem ersten Satz zumindest vertretbar abzuleiten, daß ein Liegenschaftseigentümer die anteilsmäßigen Kosten unvermindert auch dann zu tragen hat, wenn seine Liegenschaft - aus welchem Grunde immer - von anderen Personen zum Teil oder zur Gänze genutzt wird. Obschon eine derartige Regelung sicherlich nicht die einzig sachlich mögliche ist, kann dem Gesetzgeber schon deshalb nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe seinen rechtspolitischen Gestaltungsfreiraum überschritten, wenn er sich für die erwähnte Lösung entschieden hat, weil es bei der getroffenen Regelung Sache des Liegenschaftseigentümers ist, im Rahmen der privatrechtlichen und öffentlichrechtlichen Möglichkeiten die ihm zur Zahlung an die Weggemeinschaft vorgeschriebenen Kostenbeiträge auf jene Personen zu überwälzen, die seine Liegenschaft nutzen.
Im vorliegenden Fall besteht unbestritten ein im TWWSG begründetes Holzbezugsrecht an der bf. Partei gehörenden Liegenschaften, die durch den Interessentenweg "Egertboden" erschlossen werden. Es stünde der bf. Partei frei, nach §10 TWWSG bei der Agrarbehörde einen Antrag auf Neuregulierung der Holzbezugsrechte zu stellen; so sieht etwa die litg dieser Gesetzesbestimmung eine Regulierung von Holzbezugsrechten zur "Anpassung von Gegenleistungen an die geänderten Verhältnisse" vor.
Auch wenn das Gesetz den von der belangten Behörde angenommenen Inhalt hat, bestehen somit unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere nicht solche unter dem Blickwinkel des Gleichheitsrechtes.
Die bf. Partei ist daher offenkundig nicht im Gleichheitsrecht verletzt worden.
4. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die bf. Partei in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Straßenverwaltung, InteressentenwegEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B173.1978Dokumentnummer
JFT_10179389_78B00173_00