TE Vfgh Beschluss 2006/6/7 B672/06

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Veröffentlicht am 07.06.2006
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
B-VG Art144 Abs1 / Gegenstandslosigkeit
B-VG Art144 Abs1 / Zurücknahme
VfGG §19 Abs3 Z3

Leitsatz

Einstellung des Verfahrens betreffend eine Nachbarbeschwerde gegen eine Baubewilligung und gewerberechtliche Genehmigung nach Eigentumsübertragung und Erklärung des neuen Liegenschaftseigentümers, an der Beschwerdesache nicht festhalten zu wollen

Spruch

              Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Begründung

Begründung:

I.              1.1. Mit Bescheid vom 23. September 2005, BHBL-II-1302-2005/0105, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Bludenz dem Bewilligungswerber die naturschutzrechtliche Bewilligung, Baubewilligung und gewerberechtliche Genehmigung für den Umbau eines Stallgebäudes zur Errichtung eines Kioskbetriebes auf Grundstück Nr. 1379, GB Fontanella. Der gegen die erteilte Baubewilligung und gewerberechtliche Genehmigung erhobenen Berufung des ursprünglichen Beschwerdeführers gab der UVS Vorarlberg mit Erkenntnis vom 10. März 2006, Z UVS-318-014/E8-2005, Z UVS-414-023/E8-2005, keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

              1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der der ursprüngliche Beschwerdeführer die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet.

              1.3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

              2.1. Mit Schreiben vom 4. Mai 2006 beantragte der Bewilligungswerber die Einstellung des Verfahrens, weil der ursprüngliche Beschwerdeführer nicht mehr Eigentümer der Grundstücke Nr. 1387/2, 1387/1, 1384/1, 1384/2, 1382 und 1383 auf EZ 14, KG Fontanella, sei.

              2.2. Im selben Schreiben gab der neue Liegenschaftseigentümer die Erklärung ab, an der Beschwerdesache nicht festhalten zu wollen. Dem Schreiben war ein Grundbuchsauszug beigelegt, aus dem das Eigentum des neuen Eigentümers an den genannten Grundstücken hervorging.

II.              1. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die auch zum Zeitpunkt seiner Entscheidung erforderliche Beschwerdelegitimation nur dann gegeben, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden sein kann, mithin, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre berühren, der Bescheid also subjektive Rechte (oder Pflichten) begründet, verändert oder feststellt. Davon kann beim ursprünglichen Beschwerdeführer jedoch seit der Übertragung des Eigentums an den Grundstücken, die seine Nachbarstellung begründet haben, nicht mehr gesprochen werden (vgl. VfSlg. 16.696/2002).

              Das Erkenntnis der belangten Behörde beruht auf der aus dem Eigentum an Nachbargrundstücken abgeleiteten Parteistellung des ursprünglichen Beschwerdeführers. Die aus solchen Bescheiden abzuleitenden Rechte und Pflichten sind "dinglicher Natur" (vgl. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, 2003, Rz 1164, 1166, 1168 ff). Das bedeutet für die Beschwerdesache, dass die Bescheidwirkungen nicht mehr den ursprünglichen Beschwerdeführer sondern ausschließlich den nunmehrigen Liegenschaftseigentümer treffen, der Bescheid also die Rechtssphäre des Voreigentümers nicht mehr berührt. Für das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren ergibt sich daraus, dass die prozessualen Rechte nicht mehr dem ursprünglichen Beschwerdeführer sondern dessen Rechtsnachfolger im Grundeigentum zukommen. Der neue Liegenschaftseigentümer ist befugt, den Rechtsstreit in der gegebenen Verfahrenslage als Beschwerdeführer fortzusetzen (vgl. VfSlg. 13.728/1994). Ob es hiezu - im Hinblick auf die angeordnete sinngemäße Anwendung von Bestimmungen der ZPO (§35 Abs1 VfGG) - einer besonderen Prozesshandlung des neuen Grundstückseigentümers bedürfte oder ob dessen Eintritt in das Verfahren ex lege anzunehmen wäre, kann dahinstehen, da die abgegebene Erklärung des neuen Eigentümers, an der beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Beschwerdesache des Voreigentümers nicht festhalten zu wollen, im ersten Fall als Weigerung, in das Verfahren einzutreten, im zweiten Fall aber als Zurückziehung der Beschwerde zu werten wäre (VfSlg. 9423/1982, 16.676/2002).

              Das Verfahren war daher einzustellen.

              2. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z3 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Zurücknahme, VfGH / Gegenstandslosigkeit, VfGH / Legitimation, Nachbarrechte, Parteistellung, Rechtsnachfolger, Auslegung eines Antrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B672.2006

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2013
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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