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25/01 StrafprozessNorm
AVG §56;Rechtssatz
Eine Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG setzt keine Gewissheit darüber voraus, dass die Entscheidung im wieder aufzunehmenden Verfahren anders gelautet hätte. Für die Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens genügt es, dass diese Voraussetzung mit einiger Wahrscheinlichkeit zutrifft. Ob sie tatsächlich vorliegt, ist erst in dem wieder aufgenommenen Verfahren zu entscheiden (Hinweis E 13. Dezember 2002, 2001/21/0031). Ein in diesem Sinn wahrscheinlich anders lautendes Ergebnis ließ sich aber im vorliegenden Fall angesichts der dem strafgerichtlichen Urteil zugrunde liegenden Tathandlungen deshalb prognostizieren, weil die die Staatsbürgerschaft vorerst verleihende Behörde bei Kenntnis der genannten Tathandlungen gemäß § 84 Abs. 1 StPO zur Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde verpflichtet gewesen wäre und diese Anzeige vermutlich die Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens zur Folge gehabt hätte. Von daher war zumindest im Grunde des § 10 Abs. 1 Z 4 StbG mit einem anderen Verfahrensergebnis zu rechnen, weil es gemäß dieser Bestimmung (ua.) ein Verleihungshindernis bildet, wenn gegen einen Fremden wegen des Verdachtes einer mit Freiheitsstrafe bedrohten Vorsatztat bei einem inländischen Gericht ein Strafverfahren anhängig (Hinweis E 4. April 2001, 2000/01/0135) ist. Der Behörde kann damit nicht entgegengetreten werden, wenn sie neben den anderen, ohnehin unstrittigen Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG auch jene des "voraussichtlich anders lautenden Bescheides" als gegeben erachtete. [Hier: Mit Bescheid vom 5. Jänner 2001 wurde dem Fremden mit Wirksamkeit vom 12. Jänner 2001 gemäß § 10 Abs. 4 StbG 1985 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Im November 2001 erlangte die Behörde davon Kenntnis, dass der Fremde mit - rechtskräftigem - strafgerichtlichem Urteil vom 6. April 2001 wegen des Verbrechens nach § 209 StGB (im Hinblick auf Tathandlungen im Zeitraum Sommer 2000 bis Anfang Jänner 2001) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt worden war. Die Behörde leitete ein Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 69 Abs. 3 iVm § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ein. Die verfügte Wiederaufnahme erweist sich als rechtmäßig. Im wieder aufgenommenen Verfahren hatte die Behörde unter Bedachtnahme auf die im Entscheidungszeitpunkt gegebene Sach- und Rechtslage zu erkennen, weshalb nunmehr das dargestellte Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 2 StbG eine Verleihung der Staatsbürgerschaft ausschloss.]
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002010206.X02Im RIS seit
28.10.2005Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008