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L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde der Stadt Steyr - Stadtwerke Steyr gegen einen Bescheid der Energie-Control Kommission betreffend Ausgleichszahlungen durch den Netzbetreiber Stadtwerke Steyr mangels eines innerhalb der Beschwerdefrist gefassten Beschlusses des hiefür zuständigen Verwaltungsausschusses zur Beschwerdeerhebung; Voraussetzung einer "Not-Verfügung" des zuständigen Mitglieds des Stadtsenates nicht gegebenSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Energie-Control Kommission vom 15. Februar 2006 wurde die zunächst als "Stadtwerke Steyr" auftretende Beschwerdeführerin zur Leistung von Ausgleichszahlungen in näher bestimmter Höhe verpflichtet.
2. Dieser Bescheid ist Gegenstand der vorliegenden, am 31. März 2006 zur Post gegebenen Beschwerde nach Art144 B-VG.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß §61 Abs1 und 2 des Statutes für die Stadt Steyr, LGBl. 9/1992 (WV), darf die Stadt Steyr wirtschaftliche Unternehmungen aus öffentlichem Interesse errichten und betreiben, die ein Sondervermögen der Stadt ohne eigene Rechtspersönlichkeit bilden. Für diese städtischen Unternehmungen hat der Gemeinderat Organisationsstatuten, in denen die Zuständigkeit der einzelnen Organe der Stadt in Bezug auf die Unternehmungen festzusetzen sind, zu erlassen (§62 Abs1).
Nach §1 des auf der eben dargestellten Rechtsgrundlage verordneten Organisationsstatutes für die Unternehmung "Stadtwerke Steyr" sind die Stadtwerke Steyr eine wirtschaftliche Einrichtung, der vom Gemeinderat die Eigenschaft einer wirtschaftlichen Unternehmung zuerkannt wurde und die "ein Sondervermögen der Stadt ohne eigene Rechtspersönlichkeit [bilden]."
Nach §3 Abs2 des Organisationsstatuts werden die Stadtwerke Steyr nach außen durch die Direktion der Stadtwerke Steyr vertreten. Dem Gemeinderat obliegt gemäß §4 die Oberaufsicht sowie die Entscheidung einzelner, in Abs3 aufgezählter Angelegenheiten, wie z. B. jede wesentliche Änderung des (Leistungs-)Umfanges der Stadtwerke, die Genehmigung des Wirtschaftsplanes oder Verfügungen hinsichtlich eines Rechtsstreites, der den Streitwert von € 230.000,-- übersteigt. Mit Ausnahme dienstrechtlicher Angelegenheiten ist nach §5 Abs3 der Verwaltungsausschuss der Stadtwerke Steyr beschließendes Organ in allen die Stadtwerke Steyr betreffenden nichtbehördlichen Angelegenheiten, die nicht einem anderen Organ vorbehalten sind.
§7 Abs3 des Organisationsstatuts lautet folgendermaßen:
"Das zuständige Mitglied des Stadtsenates ist berechtigt, in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Verwaltungsausschusses fallen, anstelle des Verwaltungsausschusses zu entscheiden, wenn dessen Entscheidung ohne Nachteil für die Sache nicht abgewartet werden kann oder die Angelegenheit einer sofortigen Erledigung bedarf. Das zuständige Mitglied des Stadtsenates hat seine Entscheidung jedoch unverzüglich dem Verwaltungsausschuss zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen. [...]."
2. In Ermangelung näherer Angaben zur Beschwerdelegitimation forderte der Verfassungsgerichtshof die Beschwerdeführerin gemäß §18 VfGG auf, ihre Rechtspersönlichkeit darzutun und den Nachweis über die Fassung des entsprechenden Beschlusses zur Beschwerdeerhebung durch das dafür zuständige Organ vorzulegen.
Unter Hinweis auf die maßgeblichen Bestimmungen des Organisationsstatuts "konkretisierte" die Beschwerdeführerin die Parteienbezeichnung auf "Stadt Steyr - Stadtwerke Steyr". Ferner führte sie aus, dass die Beschwerdeerhebung am 30. März 2006 vom zuständigen Mitglied des Stadtsenates der Stadt Steyr beschlossen worden sei. Dazu legte die Beschwerdeführerin eine Ablichtung dieser Verfügung vor, die folgenden Text beinhaltet:
"Bescheid der E-Control-Kommission vom 15.2.2006 über die Berufung gegen den Bescheid der E-Control GmbH zur Leistung von Ausgleichszahlungen durch den Netzbetreiber Stadtwerke Steyr - Beschwerde beim Verwaltungs- und beim Verfassungsgerichtshof;
DRINGLICHKEITSBESCHLUSS
Verfügung des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates
Gemäß §7 Abs3 in Verbindung mit §5 Abs3 des Organisationsstatutes für die Unternehmung "Stadtwerke Steyr" wird aufgrund des Amtsberichtes der Direktion vom 30. 3. 2006 Nachstehendes verfügt:
Wegen Dringlichkeit wird der Einbringung von Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof und beim Verfassungsgerichtshof gegen den Bescheid der E-Control-Kommission vom 15.2.2006, GZ K AGZ G 01/05, betreffend die Leistung von Ausgleichszahlungen durch die Stadtwerke Steyr zugestimmt und die Direktion der Stadtwerke zum sofortigen Vollzug dieser Verfügung ermächtigt."
Mit Schriftsatz vom 28. April 2006 legte die Beschwerdeführerin schließlich die nachträgliche Genehmigung dieser Verfügung durch den Verwaltungsausschuss vom 24. April 2006 vor.
3. Nach §7 Abs3 ist das zuständige Mitglied des Stadtsenates nur dann zur Entscheidung in Angelegenheiten, die in den Kompetenzbereich des Verwaltungsausschusses fallen, berechtigt, wenn dessen Entscheidung nicht ohne Nachteil für die Sache abgewartet werden kann oder sofort erledigt werden muss. Das zuständige Mitglied des Stadtsenates beruft sich in seiner Verfügung zwar auf die "Dringlichkeit" der Beschwerdeerhebung, doch geht weder aus der Verfügung noch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren hervor, dass Umstände vorgelegen wären, die eine Beschlussfassung zur Beschwerdeerhebung durch den dafür zuständigen Verwaltungsausschuss zwischen dem Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides und dem letzten Tag der Beschwerdefrist unmöglich gemacht hätten. Auch sonst lässt sich aus dem vorliegenden Sachverhalt kein Anhaltspunkt dafür finden, dass besondere Gründe eine rechtzeitige Befassung des Verwaltungsausschusses ausgeschlossen und damit die Kompetenz des zuständigen Stadtsenatmitgliedes zur Entscheidung an dessen Stelle begründet hätten. Bei diesem Ergebnis war nicht näher zu prüfen, ob die obzitierte Verfügung des Mitgliedes des Stadtsenates ihrem Inhalt nach tauglich war, die eingebrachte Beschwerde zu legitimieren.
4. Da somit der Beschwerde kein (innerhalb der Beschwerdefrist gefasster) Beschluss des dafür zuständigen Verwaltungsausschusses zugrunde liegt und die Voraussetzungen für eine Beschwerdeerhebung in Form einer "Not-Verfügung" des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates nicht gegeben waren, ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (vgl. zum Notanordnungsrecht des Bürgermeisters in den Gemeindeordnungen VfSlg. 10.646/1985, 13.161/1992, VfGH 30.9.1996, B1529/96).
III. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiters Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, VfGH / Fristen, Beschwerdefrist, Energierecht, Privatwirtschaftsverwaltung, Elektrizitätswesen, GemeinderechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B715.2006Dokumentnummer
JFT_09939393_06B00715_2_00