TE Vfgh Erkenntnis 1982/6/23 B435/79

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Veröffentlicht am 23.06.1982
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Index

50 Gewerberecht
50/01 Gewerbeordnung 1973

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
GewO 1973 §1 Abs2
GewO 1973 §5 Z2
GewO 1973 §366 Abs1 Z2

Leitsatz

GewO 1973; unentgeltliche Verabreichung von Getränken im Rahmen der Ausübung des Friseurgewerbes; keine denkunmögliche Auslegung des §1 Abs2

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin betreibt im Standort Sbg., F-J-Straße 41, das Friseur- und Perückenmachergewerbe.

Mit Straferkenntnis vom 12. April 1979 verhängte der Magistrat Sbg. über die Beschwerdeführerin wegen Verabreichung von Getränken im Rahmen der Ausübung des Friseur- und Perückenmachergewerbes gemäß §366 Abs1 Z2 im Zusammenhalt mit §5 Z2 GewO 1973, BGBl. 50/1974, eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde vom Landeshauptmann von Sbg. mit Bescheid vom 13. August 1979 keine Folge gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

b) Der VfGH hegt unter dem Blickwinkel dieses Beschwerdefalles gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfSlg. 8441/1978). Die Beschwerdeführerin bringt derartige Bedenken im übrigen auch nicht vor.

c) Das - der Sache nach auf den Vorwurf der Willkürübung zielende - Vorbringen der Beschwerdeführerin lautet folgendermaßen:

"Richtig ist, daß im Betrieb der Beschwerdeführerin an die Kunden kleine Getränke ausgegeben werden, dies jedoch, ohne hiefür jegliches Entgelt zu verlangen. Diese Vorgangsweise ist jedoch in der Branche der Beschwerdeführerin durchaus üblich. Feststeht, daß gemäß dieser durchaus handelsüblichen Vorgangsweise, wofür ich gar nicht beweispflichtig bin, da dies allseits insbesondere auch den belangten Behörden amtsbekannt ist, viele Betriebe der selben bzw. auch ganz fremder Branchen in gleicher Weise zur Kundenwerbung unentgeltlich Getränke ausgeben."

Die Beschwerdeführerin verweist in diesem Zusammenhang auf eine Reihe namentlich genannter Friseursalons sowie Betriebe anderer Branchen.

d) Dieses Beschwerdevorbringen ist jedoch nicht geeignet, eine denkunmögliche - unter Umständen Willkür indizierende - Rechtsanwendung durch die belangte Behörde darzutun. Die Bestrafung der Beschwerdeführerin gemäß §366 Abs1 Z2 GewO 1973 wegen Ausübung des Gastgewerbes ohne die erforderliche Konzession beruht auf der Annahme, daß die unentgeltliche Verabreichung von Getränken durch die Beschwerdeführerin an ihre Kunden gewerbsmäßig iS des §1 Abs2 leg. cit. vorgenommen worden ist. Nach dieser Vorschrift wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Die belangte Behörde hat das Erfordernis der Ertragsabsicht trotz der Unentgeltlichkeit der Abgabe der Getränke im vorliegenden Fall als erfüllt angesehen, weil "nach der allgemeinen Erfahrung Werbegeschenke allein deshalb überreicht werden, um damit einen größeren Kundenkreis zu gewinnen und daraus in der Folge einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen". Diese Auslegung des §1 Abs2 GewO 1973, wonach auch das Vorliegen einer bloß mittelbaren Ertragsabsicht ausreicht, ist nicht denkunmöglich (vgl. VwGH 13. 6. 1980 Z 2921/79).

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß andere vergleichbare Betriebe, die ebenfalls an ihre Kunden unentgeltlich Getränke abgegeben hätten, nicht bestraft worden seien, geht ins Leere. Kann im Verhalten der Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin für sich betrachtet eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht gesehen werden, so könnte aus dem Umstand, daß die belangte Behörde in vergleichbaren Fällen nicht durchwegs gesetzmäßig vorgegangen ist, für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen werden (vgl. VfSlg. 8266/1978 ua.). Denn aus einem Fehlverhalten der belangten Behörde in anderen Fällen kann ein Recht auf ein gleichartiges Fehlverhalten nicht abgeleitet werden (VfSlg. 8790/1980 ua.). Im übrigen wird bemerkt, daß zur Beurteilung der Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Auslegung nicht der VfGH, sondern gemäß Art129 B-VG ausschließlich der VwGH berufen ist.

2. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Gewerberecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B435.1979

Dokumentnummer

JFT_10179377_79B00435_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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