TE Vfgh Beschluss 1982/6/28 G23/82

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Veröffentlicht am 28.06.1982
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Index

25 Strafprozeß, Strafvollzug
25/02 Strafvollzug

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
StVG §120
StVG §121
StVG §136 Abs1

Leitsatz

Art140 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des §136 Strafvollzugsgesetz; keine Legitimation

Spruch

Der Antrag auf Gesetzesprüfung wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit einer selbstverfaßten Eingabe führt der Einschreiter, er ist derzeit Strafgefangener in der Strafvollzugsanstalt Garsten, "Klage gegen die Republik Österreich wegen Verfassungsbruch, begangen durch den §136 des StVG", welches Vorbringen offensichtlich als Antragstellung gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG zu verstehen ist.

2. Wie der VfGH - beginnend mit seinem Beschluß VfSlg. 8009/1977 - ausgesprochen hat, hat eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 B-VG idF BGBl. 302/1975 zur Voraussetzung, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Wie der VfGH weiters, ebenfalls in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, soll durch die Möglichkeit eines Individualantrages Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit gewährt werden, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. zB VfSlg. 8118/1977, 8210/1977).

Gemäß §136 Abs1 StVG sind Freiheitsstrafen, deren Strafzeit ein Jahr übersteigt, in Stufen zu vollziehen. Über die Einreihung entscheidet der Anstaltsleiter. Demnach wird die bekämpfte Bestimmung dem Antragsteller gegenüber erst durch die Entscheidung des Anstaltsleiters wirksam, sodaß schon die Voraussetzung fehlt, daß in Rechte des Antragstellers durch die bekämpfte Bestimmung unmittelbar eingegriffen wird.

Dazu kommt, daß Strafgefangene gemäß §120 StVG gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren können. Richtet sich die Beschwerde gegen den Leiter einer Strafvollzugsanstalt, so entscheidet hierüber das Bundesministerium für Justiz (§121 StVG). Nach Ausschöpfung des solcher Art bestehenden Instanzenzuges steht dem Einschreiter die Möglichkeit offen, seine Bedenken gegen die von ihm bekämpfte Gesetzesstelle im Wege der Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts heranzutragen. Werden die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der in Frage stehenden Gesetzesstelle von diesen geteilt, so würde dies seitens des VwGH zu einer Antragstellung nach Art140 B-VG, seitens des VfGH zur amtswegigen Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens führen. Dem Einschreiter steht somit ein zumutbarer Weg zur Verfügung, die Überprüfung der von ihm als verfassungswidrig erachteten Bestimmung des StVG zu erreichen.

Daraus folgt aber, daß dem Antragsteller die Legitimation zur Stellung eines Individualantrages fehlt. Der Antrag war daher zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Strafvollzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:G23.1982

Dokumentnummer

JFT_10179372_82G00023_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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