TE Vfgh Erkenntnis 1982/6/30 B443/79

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Veröffentlicht am 30.06.1982
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Index

10 Verfassungsrecht
10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art12 / Vereinsrecht
VereinsG 1951 §4 Abs3
VereinsG 1951 §6 Abs1

Leitsatz

Vereinsgesetz 1951; rechtmäßige Untersagung der beabsichtigten Bildung des Vereines "Internationale Sportvereinigung (ISV) - Freunde der Alpinschule Dachstein"

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Der Beschwerdeführer hat am 12. April 1979 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Stmk. die Bildung des Vereines "Internationale Sportvereinigung (ISV) - Freunde der Alpinschule Dachstein" angezeigt.

Nach §2 der vorgelegten Satzung bezweckt der Verein "die geistig-kulturelle Bildung auf allen Gebieten des Alpinismus (mit Einschluß der Pflege des geselligen Zusammenseins) und die körperliche Ertüchtigung in allen Arten des Sports von Personen, die sich mit der Alpinschule Dachstein, deren Zielsetzungen und Tätigkeiten, Inhabern und Mitarbeitern freundschaftlich verbunden fühlen".

Die §§3 und 4 der Satzung lauten:

"§3

Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes

(1) Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes sind

a) die Veranstaltung von Gelegenheiten zur Verwirklichung der in §2 angeführten Vereinszwecke (und -ziele), im besonderen auch von Tagungen, Vorträgen, Kursen, Wanderungen, Spielen, Wettkämpfen und sonstigen Unterhaltungen;

b) die freundschaftliche Zusammenarbeit mit Einrichtungen des In- und Auslandes, die gegenständlich gleichartige Ziele verfolgen;

c) die Herausgabe von Druckwerken aller Arten und anderen Informationsmedien;

d) die Errichtung und Erhaltung wissenschaftlicher Einrichtungen (Studienkreise) zur Erforschung und Darstellung der in §2 umschriebenen Wissensgebiete, im besonderen einer Bibliothek über Alpinismus (in allen seinen Bereichen), vorzugsweise über Sport im Hochgebirge;

e) der Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen.

(2) Die Mittel für die Tätigkeit des Vereines werden aufgebracht durch Beitrittsgebühren und Mitgliedsbeiträge, Erträgnisse aus vereinseigenen Veranstaltungen und Unternehmen sowie Spenden.

§4

Mitgliedschaft

(1) Der Verein besteht aus ordentlichen, außerordentlichen und Ehrenmitgliedern. Zur Mitgliedschaft sind nur Personen berechtigt, die an Veranstaltungen der Alpinschule Dachstein teilgenommen haben, teilnehmen oder teilzunehmen beabsichtigen und/oder die Tätigkeit der Alpinschule Dachstein zu fördern bezwecken sowie ihre freundschaftliche Verbundenheit zur Alpinschule Dachstein (§2) mit dem Ansuchen um Aufnahme in den Verein schriftlich erklären.

(2) Ordentliche Mitglieder sind Personen, die an der Tätigkeit des Vereines teilzunehmen beabsichtigen. Außerordentliche Mitglieder sind Personen, die den Verein vor allem durch Beteiligung an der Aufbringung der für die Tätigkeit des Vereines erforderlichen Mittel fördern. Ehrenmitglieder sind Personen, die hiezu wegen besonderer Verdienste für den Verein ernannt werden."

Nach dem mit "Rechte und Pflichten der Mitglieder" überschriebenen §7 Abs1 sind diese berechtigt, nach Maßgabe der Umstände an allen Veranstaltungen des Vereines teilzunehmen und die Einrichtungen des Vereines zu benützen. Das Stimmrecht in der Generalversammlung sowie das Wahlrecht und die Wählbarkeit zu den Vereinsorganen stehen nur den ordentlichen und Ehrenmitgliedern zu.

b) Mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Stmk. vom 7. Mai 1979 wurde die Bildung des Vereines gemäß §6 Abs1 und 2 des Vereinsgesetzes 1951, BGBl. 233/1951 idF der Nov. BGBl. 102/1962 (im folgenden kurz VG), untersagt. Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung hat der Bundesminister für Inneres mit dem Bescheid vom 5. September 1979 gemäß §66 AVG 1950 keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt:

"Die Statuten eines Vereines als grundsätzliche Norm, die sich der Verein bezüglich seiner Organisation selbst gibt, müssen klar und eindeutig sein (RGSlg. 296/1884 u.a.), wobei nach Ansicht der Berufungsbehörde diese Erfordernisse besonders für den Vereinsnamen, Vereinszweck und die Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes gegeben sein müssen. Der Proponent des Vereines zeigte der Vereinsbildungsbehörde die Bildung eines Vereines mit dem Namen 'Internationale Sportvereinigung (ISV) - Freunde der Alpinschule Dachstein' an. Nach §4, Abs3 des Vereinsgesetzes 1951, in der geltenden Fassung, bildet der Vereinsname einen wesentlichen Bestandteil der Statuten. Der Name muß u.a. so beschaffen sein, daß er einen Schluß auf den Vereinszweck zuläßt. In den Erläuternden Bemerkungen zu der Vereinsgesetznovelle 1962, mit der der §4, Abs3 VG. 1951 normiert wurde, wird ausgeführt, daß mit dem Gebot, daß der Vereinsname mit dem Vereinszweck in Zusammenhang stehen muß, bewußte oder unbewußte Irreführungen der Öffentlichkeit bzw. der Behörden über den tatsächlichen Vereinszweck hintangehalten werden sollen. Der Vereinsname muß also in einer richtigen Beziehung zum Statut stehen (VfGH. Slg. 4195/1962)." Richtig wohl: 4159/1962). "Der Vereinsname bildet eine Einheit, der im Statutenzweck seine Deckung finden muß. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle nicht gegeben, weil für den Bestandteil 'Internationale Sportvereinigung' eine korrespondierende Bestimmung im Statutenzweck fehlt. Der Verein 'Internationale Sportvereinigung (ISV) - Freunde der Alpinschule Dachstein' bezweckt gemäß §2 der Statuten 'die geistig-kulturelle Bildung auf allen Gebieten des Alpinismus (mit Einschluß der Pflege des geselligen Zusammenseins) und die körperliche Ertüchtigung in allen Sparten des Sportes von Personen, die sich mit der Alpinschule Dachstein, deren Zielsetzungen und Tätigkeiten, Inhabern und Mitarbeitern freundschaftlich verbunden fühlen'. Zu dieser Zweckbestimmung gibt §4 der Statuten noch eine nähere Erklärung. Nach dieser Statutenbestimmung sind zur Mitgliedschaft nur jene Personen berechtigt, die an Veranstaltungen der Alpinschule Dachstein teilgenommen haben, teilnehmen oder teilzunehmen beabsichtigen und/oder die Tätigkeit der Alpinschule Dachstein zu fördern bezwecken sowie ihre freundschaftliche Verbundenheit zur Alpinschule Dachstein mit dem Ansuchen um Aufnahme in den Verein schriftlich erklären. Es wäre nach Ansicht der Berufungsbehörde mangels eines Hinweises auf eine 'Internationale Sportvereinigung' allein der Vereinsname 'Freunde der Alpinschule Dachstein' zutreffend gewesen. Der Vereinsname als Einheit ist daher nach Ansicht der Berufungsbehörde in dieser Fassung irreführend und daher rechtswidrig.

Weiters sind nach Fessler - Kölbl, Österreichisches Vereinsrecht,

2. Auflage, die ideellen und materiellen Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes taxativ aufzuzählen. Dieses Gebot, welches auch für den Vereinszweck gilt, wurde durch die Formulierungen im §2 'in allen Sparten des Sports' und im §3 des Statuts 'die Veranstaltungen von Gelegenheiten' und 'im besonderen' verletzt. Die Berufungsbehörde unterwirft jedoch der unklaren Bestimmung im §3, Abs1, lite 'der Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen' als Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes auch im Hinblick auf §2 VG. 1951 eine besondere Bedeutung. Es wird jeder Verein finanzielle Mittel zur Erreichung seines Vereinszweckes benötigen. Nach FREUND, Vereins- und Versammlungsrecht, a.a.O., stehen jedoch Zweck und Mittel eines Vereines in innigster Beziehung zueinander, der Zweck erzeugt und beschränkt die Wahl der Mittel, die letzteren beleuchten und umschreiben den Zweck. Es darf hier angenommen werden, daß der Proponent den Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen als materielles Mittel und nicht als 'ideelles Mittel' zur Erreichung des Vereinszweckes einsetzen will (§3, Abs2 und nicht §3 Abs1 lite). Wenn auch unbestritten bleiben soll, daß ein 'idealer' Verein nach dem Vereinsgesetz 1951 auch wirtschaftliche Unternehmen zur Deckung seines Aufwandes betreiben kann, so muß dieses 'materielle Mittel' in einer Beziehung zum Vereinszweck zu bringen sein - z.B. Sportverein - Betrieb einer Kantine. Es wäre daher nach Ansicht der Berufungsbehörde vom Proponenten einwandfrei zu formulieren gewesen, welche wirtschaftliche Unternehmen ein Verein 'Freunde der Alpinschule' zur Erreichung des Vereinszweckes benötigt. Das Bundesministerium für Inneres als Berufungsbehörde beurteilt die Statuten des Vereines 'Internationale Sportvereinigung (ISV) - Freunde der Alpinschule Dachstein' als im Widerspruch zum Vereinsgesetz 1951 stehend, so daß spruchgemäß zu entscheiden war."

2. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 1979 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, im besonderen dem Recht auf Freiheit der Vereinsbildung" verletzt. Es wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer trat im Administrativverfahren als Proponent des Vereines auf, dessen beabsichtigte Bildung untersagt wurde. Er ist beschwerdelegitimiert (vgl. zB VfSlg. 8844/1980).

Die Beschwerde ist - da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen - zulässig.

2. a) Nach §6 Abs1 VG ist die behördliche Untersagung der beabsichtigten Bildung eines Vereines ua. dann zulässig, "wenn der Verein nach seinem Zwecke oder nach seiner Einrichtung gesetz- oder rechtswidrig oder staatsgefährlich ist".

§4 Abs3 VG schreibt vor, daß die Statuten einen Vereinsnamen enthalten müssen. Hinsichtlich der Auswahl eines bestimmten Namens normiert er in der Folge: "Der Name muß so beschaffen sein, daß er einen Schluß auf den Vereinszweck zuläßt und Verwechslungen mit anderen Vereinen und Einrichtungen ausschließt."

Jeder Bescheid, der entgegen den Bestimmungen des VG, also ohne daß eine der in §6 Abs1 VG umschriebenen Voraussetzungen vorliegt, die beabsichtigte Bildung eines Vereines untersagt, verletzt das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Vereinsfreiheit (vgl. zB VfSlg. 8141/1977).

b) Der Beschwerdeführer war nach dem Bescheid der Politischen Expositur der Bezirkshauptmannschaft Liezen in Gröbming vom 26. Feber 1968 gemäß §2 der Bergführerordnung für Stmk., Landesgesetz- und Verordnungsblatt für Stmk. 52/1896, zum Berg- und Schiführer mit dem Standort in Ramsau am Dachstein autorisiert. In einem ua. an das Amt der Stmk. Landesregierung gerichteten Schreiben vom 1. Jänner 1969 gab der Beschwerdeführer bekannt, "daß für das Gebiet des Dachsteines die 'Alpinschule Dachstein Fritz Walcher' mit Beginn des Jahres 1969 gegründet wurde". Mit dem Bescheid der Politischen Expositur der Bezirkshauptmannschaft Liezen in Gröbming vom 28. Jänner 1977 wurde gemäß §25 Abs1 und 2 des Stmk. Berg- und Schiführergesetzes 1976, LGBl. 53/1976, festgestellt, daß der Beschwerdeführer Inhaber einer - nach §3 Abs3 des genannten Gesetzes nur an natürliche Personen zu verleihenden - Befugnis gemäß §3 Abs1 des angeführten Gesetzes ist, die ihn für die Ausübung der Tätigkeit eines Berg- und Schiführers berechtigt. Berg- und Schiführer ist nach §1 Abs2 des genannten Gesetzes, wer sich erwerbsmäßig als Führer oder Begleiter bei Bergfahrten (insbesondere Fels- und Eistouren und hochalpine Schitouren) betätigt.

Der Beschwerdeführer übt die Tätigkeit als Berg- und Schiführer unter der Bezeichnung "Alpinschule Dachstein" aus.

c) Der Name des Vereines, dessen Bildung vom Beschwerdeführer angezeigt und mit dem angefochtenen Bescheid untersagt wurde, umfaßt die Bestandteile "Internationale Sportvereinigung (ISV)" und "Freunde der Alpinschule Dachstein".

Der Bestandteil "Internationale Sportvereinigung (ISV)" läßt zwar darauf schließen, daß es Zweck des Vereines ist, sich mit sportlichen Tätigkeiten zu befassen, wie sie üblicherweise von internationalen Sportorganisationen zur körperlichen Ertüchtigung in allen Arten des Sportes (vgl. §2 der Satzung) betrieben werden. Er käme aber für sich allein als Vereinsname deshalb nicht in Betracht, weil durch diese Bezeichnung eine Verwechslung mit anderen internationalen Vereinen und Einrichtungen nicht ausgeschlossen würde, deren Zweck in der Durchführung sportlicher Tätigkeiten besteht. Daher bedarf die Wendung "Internationale Sportvereinigung (ISV)" einer individualisierenden Ergänzung, die sicherstellt, daß Verwechslungen des zu bildenden Vereines mit anderen Vereinen oder Einrichtungen ausgeschlossen werden.

Dieser Anforderung wird der zweite Bestandteil "Freunde der Alpinschule Dachstein" aber nicht gerecht. Diese Bezeichnung macht nämlich im Hinblick auf den ersten Teil zweifelhaft, ob Zweck des Vereines die Veranstaltung sportlicher Tätigkeiten ist (wie bei anderen internationalen Sportvereinigungen in dem in §2 der Satzung umschriebenen Sinn), weil er durch die Wendung "Freunde der ..."

darauf hindeutet, daß der Zweck des Vereines in der Förderung der vom Beschwerdeführer unter der Bezeichnung "Alpinschule Dachstein" ausgeführten Tätigkeit als Berg- und Schiführer besteht.

Damit stehen die Namensbestandteile "Internationale Sportvereinigung (ISV)" und "Freunde der Alpinschule Dachstein" in einem inneren Widerspruch zueinander. Der durch diese Bestandteile gebildete Vereinsname läßt völlig im unklaren darüber, ob Vereinszweck nur die Förderung der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit als Berg- und Schiführer oder die Durchführung sportlicher Tätigkeiten wie bei anderen internationalen Sportvereinigungen oder etwa beides gleichzeitig ist. Der Name des zu bildenden Vereines ist nicht so beschaffen, daß er einen eindeutigen Schluß auf den Vereinszweck zuließe. Es besteht also die Gefahr, daß jeder aus dem Namen etwas anderes herausliest.

Die Annahme der belangten Behörde, daß der als Einheit anzusehende Vereinsname in der angeführten Fassung irreführend und daher rechtswidrig ist, entspricht den - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Bestimmungen des §6 Abs1 iVm §4 Abs3 VG. Der Beschwerdeführer ist durch diesen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereinsbildung nicht verletzt worden.

Bei diesem Ergebnis braucht nicht geprüft zu werden, ob auch die weiteren für die Untersagung der Vereinsbildung herangezogenen Gründe der belangten Behörde zutreffen.

3. Bei der festgestellten Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides kommt die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht in Betracht (vgl. auch hiezu zB VfSlg. 8487/1979).

Da der VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles auch gegen die Rechtsgrundlagen des bekämpften Bescheides keine Bedenken hegt, ist der Beschwerdeführer auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Vereinsrecht, Vereinsname, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B443.1979

Dokumentnummer

JFT_10179370_79B00443_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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