Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Vereinsgesetz 1951; rechtmäßige Untersagung der beabsichtigten Bildung des Vereines "Bund der Babenberger"Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer hat am 5. Mai 1980 dem Bundesministerium für Inneres die beabsichtigte Bildung eines Vereines mit dem Namen "Bund der Babenberger" mit dem Sitz in Wien angezeigt.
Der Bundesminister für Inneres hat mit Bescheid vom 20. Mai 1980 die angezeigte Bildung des Vereines gemäß §6 Abs1 zweiter Satz des Vereinsgesetzes 1951, BGBl. 233 idF der Nov. BGBl. 102/1962 (im folgenden kurz: VG) untersagt.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Vereinsfreiheit behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird ...
3. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer trat im Administrativverfahren als Proponent des Vereines auf, dessen beabsichtigte Bildung untersagt wurde. Er ist beschwerdelegitimiert (vgl. zB VfSlg. 8844/1980).
Die Beschwerde ist - da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen - zulässig.
2. a) Dem §6 Abs1 zweiter Satz VG zufolge, ist die beabsichtigte Bildung eines Vereines auch dann zu untersagen, "wenn nach dem Inhalt der Statuten oder nach der Person des Proponenten die Annahme begründet erscheint, daß im Rahmen des Vereines die rechtswidrige Tätigkeit eines behördlich aufgelösten Vereines fortgesetzt werden soll".
b) Der Bundesminister für Inneres hatte mit Bescheid vom 24. April 1980 den Verein "Kameradschaft Babenberg" mit dem Sitz in Wien gemäß §24 VG behördlich aufgelöst. Als Proponent dieses Vereines hatte im Jahre 1974 der Beschwerdeführer fungiert. Nach der Konstituierung war der Beschwerdeführer bis zum Jahre 1976 Vereinsobmann.
Nach §2 der Statuten bezweckte der (aufgelöste) Verein "Kameradschaft Babenberg", der seinen Sitz in 1070 Wien, Siebensterngasse 38 hatte:
"Der Verein erstrebt die Förderung des traditionellen Vaterlands- und Heimatgedankens, des bodenständigen Volkstums, der ununterbrochenen österreichischen Soldatentradition und damit des Gedankens der Landesverteidigung und der Wehrbereitschaft."
Der Auflösungsbescheid war im wesentlichen damit begründet worden, daß Ausführungen in der Vereinszeitschrift "Der Babenberger, National- und Soldatenzeitung für Österreich" Nr. 1 bis 3/Jänner bis März 1980, in Widerspruch zu Art4 Abs2 und Art9 des Staatsvertrages von Wien 1955 stünden und im statutenmäßigen Vereinszweck keine Deckung fänden.
c) Die Eingabe, mit der der Beschwerdeführer dem Bundesministerium für Inneres die beabsichtigte Bildung des neuen Vereines "Bund der Babenberger" anzeigt, weist folgenden Absender auf:
"'Bund der Babenberger' i. Gründ.
Siebensterng. 38/14 1070
Wien."
Der Zweck des Vereines "Bund der Babenberger", dessen Bildung mit dem bekämpften Bescheid untersagt wurde, lautet:
"Der Zweck erstrebt die Förderung des traditionellen Vaterlands- und Heimatgedankens, des bodenständigen Volkstums, der ununterbrochenen österreichischen Soldatentradition und damit des Gedankens der Landesverteidigung und der Wehrbereitschaft. Außerdem die Pflege der Österreichischen Geschichte, mit dem Schwerpunkt die der Babenberger. Auch dem vereinten Europa der Völker soll der Verein seine Aufmerksamkeit zuwenden."
d) Der angefochtene Bescheid wird nach einer Darstellung des obigen Sachverhaltes im wesentlichen damit begründet, daß eine Gegenüberstellung der Statuten des behördlich aufgelösten Vereines "Kameradschaft Babenberg" und des zur Bildung angezeigten Vereines "Bund der Babenberger" - von einer geringfügigen Erweiterung der neuen Statuten abgesehen - eine völlige Übereinstimmung der Vereinsziele ergäbe.
Die Person des Proponenten, der beabsichtigte Vereinszweck und der Vereinssitz wiesen den Verein "Bund der Babenberger" eindeutig als den Nachfolgeverein des aufgelösten Vereines "Kameradschaft Babenberg" aus. Durch diese völlige Identifikation werde kaum der Wille bekundet, in Distanz zu den Aktivitäten des Vereines "Kameradschaft Babenberg" sich nun ausschließlich tatsächlich dem in §2 der Statuten umschriebenen Vereinszweck widmen zu wollen. "Vielmehr erhalte dadurch die Annahme, daß im Rahmen des Vereines 'Bund der Babenberger' die rechtswidrige Tätigkeit des aufgelösten Vereines fortgesetzt werden soll, nur eine besondere Rechtfertigung."
e) In der Beschwerde wird im wesentlichen ausgeführt, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1976 seine Funktion als Vereinsobmann aus Altersgründen zurückgelegt habe. Nicht er, sondern seine Nachfolger hätten in der Folgezeit als Verfasser des Mitteilungsblattes der "Kameradschaft Babenberg" Handlungen gesetzt, die zur Auflösung dieses Vereines geführt hätten. Er habe diese Aktivitäten, die zur Auflösung führten, nicht zu verantworten und identifiziere sich auch nicht mit ihnen. Daß sich der beabsichtigte Sitz des zur Bildung angezeigten Vereines am Ort des aufgelösten Vereines befinde, habe seine Ursache in dem Umstand, daß er persönlich Hauptmieter dieses Lokales sei. In einer Eingabe vom 14. Jänner 1981 betont der Beschwerdeführer, daß in den Jahren seiner Obmannschaft der aufgelöste Verein "Kameradschaft Babenberg" der Behörde nicht den geringsten Grund gegeben habe, gegen den Verein einzuschreiten oder auch nur eine Amtshandlung einzuleiten. Der Beschwerdeführer habe, nachdem er seine Funktion als Obmann zurückgelegt hatte, auf die Tätigkeit des aufgelösten Vereines keinerlei Einfluß mehr ausgeübt.
Er beantragt hiezu die Einvernahme zweier Zeugen.
Weiters bemängelt er, daß die Behörde den bekämpften Bescheid auf Vermutungen über die in der Zukunft liegende Tätigkeit des zur Billigung angezeigten Vereines gestützt habe; derartige Vermutungen rechtfertigen aber nicht die Untersagung der Vereinsbildung.
f) Zu den in der Beschwerde aufgestellten Tatsachenbehauptungen hat die belangte Behörde - vom Beschwerdeführer unbestritten - mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer auch nach der Zurücklegung seiner Funktion als Obmann des (in der Folge) aufgelösten Vereines "Kameradschaft Babenberg" dem Verein auch weiterhin insofern verbunden blieb, als er als verantwortlicher Redakteur der Vereinszeitschrift auftrat. Diese Tätigkeit führte zu seiner Verurteilung durch das Strafbezirksgericht Wien (3 U 1183/79 vom 25. Juli 1979) wegen Vergehens nach §30/1 PresseG, da er dem Urteil zufolge "als verantwortlicher Redakteur der periodischen Druckschrift 'Der Babenberger, National- und Soldatenzeitung für Österreich', Nr. 3/4 vom März/April 1979, jene Sorgfalt vernachlässigt hat, bei deren pflichtgemässer Anwendung die Aufnahme der bezahlten Anzeige auf Seite 2 der bezeichneten Ausgabe, insbesondere der Textstellen 'Denkt an die Fünfhunderttausend des jüdischen Bombenterrors in Dresden' im Zusammenhang mit 'Deutschland erwache' unterblieben wäre, wodurch in einer die Menschenwürde verletzenden Weise gegen die jüdische Rasse gehetzt wird (§283/2 StGB)".
3. a) Der im bekämpften Bescheid liegende Eingriff in das Recht auf freie Vereinsbildung ist dann nicht verfassungswidrig, wenn er dem VG entspricht, wenn also die im §6 Abs1 VG genannten Voraussetzungen für die Untersagung der beabsichtigten Bildung des Vereines vorliegen (vgl. zB VfSlg. 8387/1978 und 8844/1980).
b) Zunächst ist festzuhalten, daß §6 Abs1 zweiter Satz VG (auf den sich der angefochtene Untersagungsbescheid stützt) gebietet, die Entscheidung auf Grund von Umständen zu treffen, von denen die Behörde annimmt, daß sie sich in Zukunft ereignen werden.
Die belangte Behörde hat ihre Annahme über die vermutete zukünftige Tätigkeit des in Bildung befindlichen Vereines - daß dieser nämlich die rechtswidrige Tätigkeit des behördlich aufgelösten Vereines "Kameradschaft Babenberg" fortsetzen werde - auf Tatsachen gegründet, die die abgeschätzte Entwicklung nahelegen:
Schon die nahezu wörtliche Identität des Zweckes des behördlich aufgelösten Vereines "Kameradschaft Babenberg" und des zur Bildung angezeigten Vereines "Bund der Babenberger" sowie die Ähnlichkeit der Vereinsnamen lassen den von der Behörde gezogenen Schluß zu.
Der (als Proponent des neuen Vereines aufgetretene) Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung vor dem VfGH zwar vorgebracht, daß er für die Schreibweise der Zeitschrift des behördlich aufgelösten Vereines nicht verantwortlich gemacht werden könne, da die in Rede stehenden Artikel gegen seinen Willen erschienen seien. Diese Verantwortung hätte er aber im oben erwähnten gegen ihn geführten gerichtlichen Strafverfahren geltend machen müssen. Er hat aber weiters angegeben, daß er auch, nachdem er seine Funktion als Obmann des in der Folge aufgelösten Vereines zurückgelegt hatte, eine ihm genehme Gruppe innerhalb dieses Vereines unterstützt habe. Daß er sich möglicherweise bei seinen Aktivitäten nicht (voll) durchsetzen konnte, schließt die Annahme der Behörde nicht aus, es liege der Untersagungsgrund nach §6 Abs1 zweiter Satz VG vor.
Diese Gesetzesbestimmung wurde sohin zu Recht angewendet (vgl. zB VfSlg. 8387/1978).
c) Da der maßgebliche Sachverhalt auf Grund der vorgelegten Unterlagen bereits ausreichend klargestellt ist, erübrigten sich die beantragten Zeugeneinvernehmungen.
d) Der angefochtene Bescheid entspricht der angeführten verfassungsrechtlich unbedenklichen - Bestimmung des VG. Der Beschwerdeführer ist durch diesen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereinsbildung nicht verletzt worden.
4. Bei der festgestellten Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides kommt die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes nicht in Betracht (vgl. auch hiezu zB VfSlg. 8387/1978).
Da der VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles auch gegen die Rechtsgrundlagen des bekämpften Bescheides keine Bedenken hegt, ist der Beschwerdeführer auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war sohin abzuweisen.
Schlagworte
Vereinsrecht, Verein UntersagungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B305.1980Dokumentnummer
JFT_10179370_80B00305_00