TE Vfgh Beschluss 1982/9/27 B334/82, B335/82

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Veröffentlicht am 27.09.1982
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §146 Abs1

Beachte

gleiche Erwägungen im Beschl. B338, 339/82 v. gleichen Tag

Leitsatz

VerfGG 1953 §33; keine Wiedereinsetzung bei bloß schuldhaftem Versehen eines mit der Beschwerdevorbereitung betrauten Dritten

Spruch

Dem Antrag, dem Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist gemäß §82 VerfGG 1953 zur Erhebung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu gewähren, wird nicht Folge gegeben.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

Der Beschwerdeführer bringt zur Begründung seines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Frist zur Erhebung seiner am 23. Juni 1982 beim VfGH - zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag - überreichten Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG ua. wörtlich vor:

"Der Bescheid der Personalvertretung der Tiroler Landesbeamten, Zentralwahlkommission, mit dem meine Berufung gegen den Bescheid der Dienststellenwahlkommission I beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 30. 3. 1982 (ohne Geschäftszahl) abgewiesen wurde, wurde mir am 22. 4. 1982 zugestellt. Ich ersuchte daraufhin um gewerkschaftlichen Rechtsschutz für verfassungsgerichtliche Anfechtung dieses Bescheides an. Neben mir stellten ein solches Rechtsschutzansuchen auch noch drei gleichermaßen betroffene Kollegen. Wir sind zum Teil Betriebsräte und jedenfalls infolge unserer gewerkschaftlichen Tätigkeit mit der Wirkungsweise und Effizienz des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes vertraut. Einer von uns, nämlich Herr B. B., vergewisserte sich durch einen Anruf im zentralen Rechtsbüro der Gewerkschaft öffentlicher Dienst über die Bewilligung des Rechtsschutzes und die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Beschwerdeeinbringung.

In diesem Rechtsbüro oblag die Bearbeitung dem dortigen juristischen Mitarbeiter Herrn Dr. R. Sch. Er las irrtümlich das Zustelldatum 22. 4. 1982 als '22. 5. 1982', berechnete den Ablauf der Beschwerdefrist davon ausgehend mit 3. 7. 1982 und nahm intern den 14. 6. 1982 für die Weiterleitung an den Beschwerdevertreter in Vormerkung. Tatsächlich machte er sich jedoch bereits etwas früher, nämlich am 9. 6. 1982 an die abschließende Erledigung zur Weiterleitung an den Beschwerdevertreter. Bei dieser Gelegenheit und an diesem Tag stellte er seinen Irrtum und den inzwischen eingetretenen Ablauf der Beschwerdefrist fest."

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der gesetzlichen Beschwerdefrist (§82 VerfGG 1953) ist nicht berechtigt.

Da das VerfGG 1953 in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte.

Demgemäß kann - nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH - ein bloßes schuldhaftes Versehen des Beschwerdeführers oder seines Vertreters nicht als Ereignis angesehen werden, das einen Wiedereinsetzungsgrund abgibt (vgl. VfSlg. 3559/1959, 4512/1963, 5571/1967, 5760/1968, 7824/1976, 7998/1977, 8801/1980).

Daß hier ein derartiges Versehen unterlief, das bei Anwendung der möglichen und gebotenen Sorgfalt und Aufmerksamkeit vermeidbar gewesen wäre, liegt schon auf Grund des Antragsvorbringens auf der Hand. Das Versehen ging freilich zu Lasten eines mit der Beschwerdevorbereitung betrauten Juristen des Rechtsbüros, nicht des Beschwerdevertreters (iS des §17 Abs2 VerfGG 1953) selbst, doch wirkt sich dieser Umstand nicht zugunsten des Wiedereinsetzungswerbers aus. Denn Parteien, die sich - wie im vorliegenden Fall - zur Vorbereitung der Beschwerdeerhebung dritter Personen (Juristen) bedienen, können nicht besser gestellt sein als jene Beschwerdeführer, die unmittelbar an den Beschwerdevertreter (Rechtsanwalt) herantreten, für dessen schuldhafte Fehlleistungen sie nach der eingangs wiedergegebenen verfassungsgerichtlichen Judikatur - im maßgebenden Zusammenhang - voll einzustehen haben.

Daraus folgt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die erbetene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben sind.

Dem Antrag konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Gemäß §33 VerfGG 1953 war in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden.

3. Die Beschwerde gegen den am 22. April 1982 zugestellten Bescheid der Personalvertretung der Tiroler Landesbediensteten, Zentralwahlkommission, wurde am 23. Juni 1982 eingebracht. Da die Beschwerdefrist von sechs Wochen (§82 Abs1 VerfGG 1953) am 3. Juni 1982 ablief, ist die Beschwerde verspätet. Sie war daher gemäß §19 Abs3 Z2 litb VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B334.1982

Dokumentnummer

JFT_10179073_82B00334_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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