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32 SteuerrechtLeitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der Bezeichnung "litf" in §5 Abs1 Z2 vorletzter Satz Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952 idF BGBl. 299/1981; keine Legitimation, da Beschreiten des Verwaltungsrechtsweges zumutbarSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1.1. Mit einem beim VfGH am 19. Oktober 1981 eingelangten Schriftsatz begehrt H. F. unter Berufung auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG die Aufhebung der Bezeichnung "litf" im vorletzten Satz der Bestimmung des §5 Abs1 Z2 Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. 110, idF des ArtI Z2 des Bundesgesetzes vom 20. Mai 1981, BGBl. 299, als verfassungswidrig, und zwar wegen Widerspruchs zu Art7 Abs1 B-VG (Art2 StGG).
1.1.2. Der Antragsteller bringt dazu ua. der Sache nach vor, Zulassungsbesitzer und Eigentümer eines seit 25. September 1970 zugelassenen Personenkraftwagens - mit Hubraum 2197 Kubikcentimeter - zu sein, der wegen seines Dieselmotors gemäß §5 Abs1 Z2 letzter Satz leg. cit. (nicht nach der hubraummäßig entsprechenden Steuerklasse f, sondern - begünstigt - nach der nächstniedrigeren Steuerklasse) zu besteuern sei. Dies habe aber zur Folge, daß die im vorletzten Satz des §5 Abs1 Z2 Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952 igF umschriebene, auf Fahrzeuge der Klassen f (bis j) beschränkte Steuerermäßigung für Altfahrzeuge entfalle, eine Regelung, die nach Auffassung des Antragstellers gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz verstoße.
Zur Frage der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 B-VG führt der Antragsteller sinngemäß aus, daß für ihn die angefochtene Gesetzesbestimmung unmittelbar und ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung sowie ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden sei, weil er im Fall der Entrichtung einer ermäßigten Kraftfahrzeugsteuer die bescheidmäßige Vorschreibung der höheren Steuer auf Grund des als verfassungswidrig erachteten Gesetzes zu gewärtigen habe.
1.2. In einer von der Bundesregierung erstatteten Äußerung wird primär die Zurückweisung, hilfsweise jedoch die Abweisung des Antrages begehrt.
1.3. Die hier maßgebende Bestimmung des §5 Abs1 Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. 110, idF des Bundesgesetzes vom 20. Mai 1981, BGBl. 299, lautet:
"§5. (1) Die Jahressteuer beträgt ...
2. für Personenkraftwagen (ausgenommen Omnibusse) sowie Kombinationskraftwagen ...
e) bei einem Hubraum über 1750 Kubikcentimeter
bis 2000 Kubikcentimeter ......................... 1800 S
f) bei einem Hubraum über 2000 Kubikcentimeter
bis 2500 Kubikcentimeter ......................... 2700 S
... Hat für ein gemäß litf bis j zu besteuerndes Kraftfahrzeug die
Steuerpflicht für insgesamt 36 Kalendermonate vor dem 30. September 1981 bestanden, so ermäßigt sich in der Folge die für dieses Kraftfahrzeug maßgebliche Jahressteuer um ein Drittel. Die gemäß Z2 zu besteuernden Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren sind in die nächstniedrigere als die für sie nach dem Hubraum maßgebende Stufe einzureihen."
2. Über den Antrag wurde erwogen:
2.1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG idF BGBl. 302/1975 erkennt der VfGH "über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; ..."
2.2.1. Wie der VfGH in ständiger Judikatur - beginnend mit seinem Beschluß VfSlg. 8009/1977 - ausführte, erfordert die Antragslegitimation nicht nur, daß die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch die als verfassungswidrig angefochtene Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern sie setzt auch voraus, daß dieses Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das angefochtene Gesetz die Rechtssphäre der betreffenden (natürlichen oder juristischen) Person berührt und - im Fall der Verfassungswidrigkeit - verletzt. Jedoch nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsberechtigung zu; es ist vielmehr auch notwendig, daß unmittelbar durch das Gesetz selbst - tatsächlich - in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Ein so beschaffener, die Antragslegitimation begründender Eingriff (in die Rechtssphäre einer Person) muß jedenfalls nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt sein und die (rechtlich geschützten) Interessen des Betroffenen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen. Ein derartiger "unmittelbarer" Eingriff ist aber dann nicht gegeben, wenn dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr der - durch die angebliche Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Gesetzes ihm gegenüber bewirkten - Rechtsverletzung zur Verfügung steht. Dazu legte der VfGH bereits in wiederholten Entscheidungen (vgl. etwa VfSlg. 8890/1980 und die dort zitierte Judikatur) dar, daß das mit Art139 Abs1 und Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsinstrument dafür bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen - gleichsam lückenschließend - nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht in Betracht kommt, weil man andernfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes gelangte, die mit der grundsätzlichen Aufgabe des Individualantrages, bloß subsidiärer Rechtsbehelf zu sein, keineswegs im Einklang stünde.
2.2.2. Wie nun die Bundesregierung in ihrer Äußerung zutreffend darlegt, ist die Antragslegitimation vorliegend zunächst schon deshalb zu verneinen, weil dem Antragsteller offenkundig ein anderer zumutbarer Weg zur Wahrung seiner Rechte offen steht:
Wie der VfGH bereits mit seinem Beschluß VfSlg. 8241/1978 aussprach, ist es einem Antragsteller durchaus zumutbar, die Rückzahlung eines zu Unrecht entrichteten Steuerbetrages zu beantragen und solcherart einen anfechtbaren Bescheid zu erlangen, wenn sich hiefür eine im Gesetz vorgesehene Möglichkeit bietet.
Im vorliegenden Fall ist nun auf die Bestimmung des §241 Abs2 BAO zu verweisen, die folgendermaßen lautet:
"Wurden Wertzeichen (Stempelmarken) in der Absicht verwendet, eine Abgabe zu entrichten, so ist der entrichtete Betrag, soweit eine Abgabenschuld nicht besteht, von der zur Erhebung der Abgabe zuständigen Abgabenbehörde auf Antrag zurückzuzahlen."
Da der Antragsteller der Rechtsauffassung anhängt, daß seine Zahlungspflicht in der vom Gesetz vorgesehenen Höhe zu Unrecht bestehe, weil die der - von ihm in Form von Stempelmarken entrichteten - Abgabe zugrundeliegende Norm verfassungswidrig sei, wäre ihm freigestanden, die Steuer iS der angefochtenen Gesetzesbestimmung vorerst zu entrichten und eine bescheidmäßige Feststellung in einem Erstattungsverfahren zu begehren bzw. einen Antrag auf Rückzahlung (des Mehrbetrags) zu stellen.
Die Beschreitung dieses Rechtsweges ist dem Antragsteller zumutbar;
er riskiert damit keine (verwaltungs)strafrechtlichen Konsequenzen. Die Höhe des von ihm zu entrichtenden Differenzbetrages von monatlich 50 S erscheint unter den obwaltenden Verhältnissen geringfügig;
weitere Kosten würden nicht erwachsen, weil im Finanzverwaltungsverfahren kein Rechtsvertreter erforderlich ist.
Der Antragsteller kann den in diesem Verwaltungsverfahren zu erlassenden Bescheid nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges beim VwGH mit Beschwerde nach Art131 B-VG, beim VfGH mit Beschwerde nach Art144 B-VG bekämpfen und in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages, in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde die Einleitung eines amtswegigen Gesetzesprüfungsverfahrens anregen.
Dabei bleibt es nach der Rechtsprechung des VfGH für die Frage der Zumutbarkeit belanglos, ob das Beschreiten des Verwaltungsweges in der Sache selbst wegen der bestehenden einfachgesetzlichen Rechtslage aussichtslos ist (vgl. zB die Entscheidungen VfSlg. 8187/1977 S 356 und 8485/1979 S 55, die diese Rechtsauffassung voraussetzen, ferner:
VfSlg. 9170/1981, 9285/1981 sowie 8846/1980).
2.3. Aus diesen Erwägungen war der Antrag des H. F. infolge fehlender Antragslegitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 idF BGBl. 353/1981 - ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung - als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, KraftfahrzeugsteuerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:G78.1981Dokumentnummer
JFT_10179073_81G00078_00