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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
KFG 1967; keine Bedenken gegen §67 Abs2 letzter Satz und §75 Abs2 zweiter Satz; keine denkunmögliche und keine gleichheitswidrige AnwendungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Im Zuge eines gegen den Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens verantwortete sich der Beschwerdeführer damit, daß er die ihm angelastete Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit deshalb begangen habe, um schneller in die nächste Apotheke zu kommen, weil er ständig das Medikament Chinidin benötige und dieses in seinem PKW nicht habe finden können.
In einem auf Grund dessen von der Bezirkshauptmannschaft Zell am See eingeleiteten Verfahren wegen Entziehung der Lenkerberechtigung wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid der genannten Bezirkshauptmannschaft vom 29. Jänner 1979 gemäß §75 Abs2 KFG 1967 aufgefordert, bis zum 17. Feber 1979 den zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen EKG-Befund zu erbringen.
Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat der Landeshauptmann von Sbg. mit Bescheid vom 4. Juli 1979 keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beschwerdeführer innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Berufungsbescheides den zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen EKG-Befund auf eigene Kosten beizubringen habe, widrigenfalls ihm die Lenkerberechtigung für die Gruppen A, B, C und F entzogen würde.
2. Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art83 Abs2 B-VG "in Verbindung mit Art11 Abs5 B-VG", der Art2 und 5 StGG sowie des Art18 Abs1 B-VG behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (vgl. zB VfSlg. 8828/1980).
Die auf §123 Abs1 KFG 1967 beruhende sachliche Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Zell am See als erste Instanz wird vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen. Er behauptet aber, im Hinblick auf Art11 Abs5 B-VG hätte in zweiter Instanz nicht der Landeshauptmann, sondern ein Verwaltungsstrafsenat entscheiden müssen, weil "die Sache mit der Lenkerberechtigung das Schicksal der Sache mit der Geschwindigkeitsüberschreitung" teile. Der Umstand, daß ein diesbezügliches Bundesgesetz über die Einrichtung der Strafsenate seit über 50 Jahren "von keiner Bundesregierung ausgeführt" worden sei, ändere nichts daran.
Die Argumentation des Beschwerdeführers ist deshalb schon im Ansatz falsch, weil der hier angefochtene Bescheid nicht im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens ergangen ist und weil das vorliegende Verfahren zwar durch ein Verwaltungstrafverfahren ausgelöst wurde, aber keine Verwaltungsübertretung zum Gegenstand hat, sondern die Entziehung der Lenkerberechtigung.
Es kann keine Rede davon sein, daß die belangte Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommene Zuständigkeit in Anspruch genommen hätte.
2. a) Der Beschwerdeführer behauptet des weiteren, die - auf §74 Abs1 AVG gestützte - Entscheidung der Behörde, daß er den erforderlichen EKG-Befund auf eigene Kosten beizubringen habe, entbehre einer gesetzlichen Grundlage, weil §74 Abs1 AVG nur die Kosten des Beteiligten, nicht aber die von der Behörde verursachten Kosten betreffe. Jene Kosten, welche der Amtsarzt deshalb verursache, weil er einen EKG-Befund zur Fertigstellung seines von der Behörde angeforderten Gutachtens benötige, seien "ganz eindeutig" Kosten der Behörde und nicht Kosten des Beteiligten. Durch diese Entscheidung werde dem Beschwerdeführer "ohne Deckung durch ein Gesetz das Eigentum durch willkürliche Vorgangsweise entzogen".
b) Wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung noch gegeben sind, dann ist gemäß §75 Abs1 KFG 1967 unverzüglich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Gemäß Abs2 dieser Gesetzesbestimmung ist vor der Entziehung der Lenkerberechtigung wegen mangelnder geistiger oder körperlicher Eignung ein neuerliches ärztliches Gutachten gemäß §67 Abs2 des genannten Gesetzes einzuholen. Leistet der Besitzer einer Lenkerberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderliche Befunde zu erbringen, keine Folge, so ist ihm die Lenkerberechtigung zu entziehen. §64 Abs2 KFG 1967 besagt, daß die Lenkerberechtigung, unbeschadet der Bestimmung des §68 Abs1, nur Personen erteilt werden darf, die ua. iS des §66 verkehrszuverlässig und zum Lenken von Kraftfahrzeugen der entsprechenden Gruppe geistig und körperlich geeignet sind. Gemäß §67 Abs2 KFG 1967 hat die Behörde vor der Erteilung der Lenkerberechtigung, unbeschadet der Bestimmung des Abs3, ein ärztliches Gutachten darüber einzuholen, ob der Antragsteller zum Lenken von Kraftfahrzeugen geistig und körperlich geeignet ist. Der Antragsteller hat die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen besonderen Befunde oder einen insbesondere im Hinblick auf sein Lebensalter oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten erforderlichen Befund einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle zu erbringen.
Auch der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, daß Bedenken in der Richtung vorhanden waren, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung noch gegeben sind (§64 Abs2 KFG 1967), was die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß §75 Abs1 rechtfertigte (vgl. hiezu VwGH 27. 4. 1979 Z 1489/78).
Nach der Formulierung der bezughabenden Stellen in §75 Abs2 zweiter
Satz KFG 1967 ("Leistet der Besitzer einer Lenkerberechtigung ... der
Aufforderung, ... erforderliche Befunde zu erbringen") sowie in §67
Abs2 letzter Satz ("Der Antragsteller hat die ... erforderlichen
besonderen Befunde ... zu erbringen") ist die Erstellung und
Erbringung derartiger - zur Erstattung des von Amts wegen zu veranlassenden ärztlichen Gutachtens erforderlicher - Befunde nicht Aufgabe der Behörde, sondern der Partei. Gegen diese Gesetzesbestimmung, die ihrem System nach dem der Kostentragung nach dem AVG 1950 entspricht (vgl. 186 BlgNR, XI. GP, S 108), bestehen aus der Sicht dieses Beschwerdefalles keine Bedenken.
Bei diesem Gesetzesinhalt kann keine Rede davon sein, daß die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hat, wenn sie davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer den erforderlichen EKG-Befund auf eigene Kosten beizubringen habe.
Da auch kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen ist, daß die Behörde Willkür geübt hat, liegt keine der von der Rechtsprechung für das Vorliegen einer Verletzung des Eigentumsrechtes (vgl. zB VfSlg. 8776/1980) oder des Gleichheitssatzes (vgl. zB VfSlg. 8856/1980) herausgearbeiteten Voraussetzungen vor.
3. Zu dem vom Beschwerdeführer behaupteten Verstoß gegen Art18 Abs1 B-VG genügt der Hinweis, daß diese Verfassungsbestimmung nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH kein subjektives Recht auf gesetzmäßige Führung der Verwaltung gewährleistet (vgl. zB VfSlg. 7895/1976).
4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
KraftfahrrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B340.1979Dokumentnummer
JFT_10179071_79B00340_00