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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Körperschaftsteuergesetz 1966; keine Bedenken gegen die Beschränkung der Regelung des §22 Abs2 auf Kapitalgesellschaften und den Ausschluß der Genossenschaften von dieser Regelung; keine denkunmögliche und keine gleichheitswidrige AnwendungSpruch
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Die Raiffeisen-Zentralkasse Niederösterreich-Wien registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung ist eine inländische Kreditgenossenschaft, die satzungsgemäß wie tatsächlich sämtliche Bankgeschäfte betreibt. Das Hauptgewicht ihrer Tätigkeit liegt in der Funktion als Geldausgleichstelle der Nö. und Wr. Raiffeisenorganisation. Außerdem besorgt sie die Finanzierung der Waren- und Verwertungsgenossenschaften in NÖ.
Die beschwerdeführende Genossenschaft schüttet ihren Gewinn, soweit er nicht Rücklagen zugeführt wird, an ihre Mitglieder aus. Im Jahr 1978 wurde nach einem entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß in der Generalversammlung ein Betrag von S 13,240.400,- an die Mitglieder der Genossenschaft ausgeschüttet. Im Veranlagungsverfahren beantragte die beschwerdeführende Genossenschaft für dieses Jahr bei der Körperschaftsteuer die Anwendung der Begünstigung des §22 Abs2 KStG für die Gewinnausschüttung von S 13,240.400 und der Begünstigung des §22 Abs4 KStG für das übrige körperschaftsteuerpflichtige Einkommen. Hinsichtlich der Gewerbesteuer wurde die Anwendung der Begünstigung des §2 Z3 und 4 GewStG und hinsichtlich der Vermögensteuer die Anwendung der Begünstigung des §3 Abs1 Z2 und 4 VStG beantragt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. - Berufungssenat für Körperschaften, GZ 6/2-3032/4/80, vom 20. Juni 1980 wurden der beschwerdeführenden Partei Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Vermögensteuer vorgeschrieben, wobei die beantragten Begünstigungen verweigert wurden. Im übrigen erfolgte die Veranlagung erklärungsgemäß.
b) Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte, zu B496/80 protokollierte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie eine Rechtsverletzung infolge Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen behauptet, die Prüfung der genannten Begünstigungsbestimmungen angeregt und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2. a) Die Marchfelder Volksbank registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung ist ebenfalls eine inländische Kreditgenossenschaft, deren Unternehmensgegenstand sich auf Geldgeschäfte aller Art erstreckt.
Auch diese Genossenschaft schüttet ihren Gewinn, soweit er nicht Rücklagen zugeführt wird, an ihre Mitglieder aus. Für das Wirtschaftsjahr 1978 hat sie auf Grund eines entsprechenden Generalversammlungsbeschlusses eine offene Ausschüttung des Gewinns in der Höhe von S 1,437.675 vorgenommen. Im Veranlagungsverfahren beantragte die beschwerdeführende Genossenschaft für das Jahr 1978 bei der Körperschaftsteuer die Anwendung des §22 Abs2 KStG für die Gewinnausschüttung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. - Berufungssenat für Körperschaften, GZ 6/2-3122/21/80, vom 27. Februar 1981 wurde der beschwerdeführenden Genossenschaft Körperschaftsteuer vorgeschrieben, wobei die beantragte Begünstigung ebenso wie die im Berufungsverfahren eventualiter beantragte Begünstigung gemäß §22 Abs4 KStG versagt wurde.
b) Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte und zu B289/81 protokollierte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie eine Rechtsverletzung infolge der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet, die Prüfung der Abs2 und 4 des §22 KStG angeregt und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.
3. In den Beschwerden wird ausgeführt, daß körperschaftsteuerrechtlich Genossenschaften gegenüber Kapitalgesellschaften durch die - nur auf die Rechts- bzw. Organisationsform abstellende unterschiedliche abgabenrechtliche Behandlung von Kreditunternehmungen - Verweigerung der Begünstigung des §22 Abs2 KStG ohne sachliche Rechtfertigung diskriminiert würden.
4. Die belangte Behörde hat in Gegenschriften die Abweisung der Beschwerden beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, daß entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer die unterschiedliche Behandlung von Genossenschaften und Kapitalgesellschaften im Körperschaftsteuerrecht sachlich begründbar sei.
5. Der VfGH hat die beiden Verfahren gemäß §§187 Abs1 und 404 ZPO in Verbindung mit §35 VerfGG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
II. Der VfGH hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:
1. Gemäß §1 Abs1 KStG sind unter anderem Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Ges.mbH) sowie Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Diese unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht erstreckt sich gemäß §1 Abs2 KStG auf sämtliche Einkünfte.
Der Körperschaftsteuertarif ist in §22 KStG geregelt. Gemäß Abs1 dieser Bestimmung beträgt die Körperschaftsteuer je nach der Höhe des Einkommens zwischen 30 und 55% des Einkommens.
Von diesem Normaltarif kennt das KStG verschiedene Ausnahmen, die sich auf Grund sachlicher (§22 Abs2) und persönlicher (§22 Abs3 und 4) Tarifbegünstigungen ergeben (vgl. Doralt - Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I, 1978, 173 f.):
Gemäß §22 Abs2 KStG ermäßigt sich die Körperschaftsteuer auf die Hälfte des nach dem Normaltarif ermittelten Betrages, soweit unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften offene Ausschüttungen auf Grund eines den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses vornehmen (sog. "gespaltener Körperschaftsteuersatz"). Diese Vorschrift soll die Doppelbelastung der Ausschüttungen mildern; sie ist auf offene Ausschüttungen auf Grund eines formellen Gewinnverteilungsbeschlusses von Kapitalgesellschaften beschränkt.
Daneben kennt das Gesetz auch persönliche Befreiungen: Für kleine Viehversicherungsvereine und bäuerliche Brandschadenversicherungsvereine ermäßigt sich die Körperschaftsteuer auf die Hälfte des nach dem Normaltarif ermittelten Betrages (§22 Abs3); bei Sparkassen und bei der Österreichischen Postsparkasse beträgt die Körperschaftsteuer 90% des nach dem Normaltarif ermittelten Betrages; Gleiches gilt bei Landeshypothekenbanken für Einkünfte aus bestimmten Geschäften (§22 Abs4).
2. Dieser derzeit geltenden Regelung ging folgende Entwicklung voran:
Bis zur Erlassung des KStG 1966 waren Sparkassen und Kreditgenossenschaften körperschaftsteuerrechtlich begünstigt, da jene von der Körperschaftsteuer befreit waren und für diese die Körperschaftsteuer auf ein Drittel reduziert war. Durch das KStG 1966 wurde diese Begünstigung beibehalten. Neu eingeführt wurde durch §22 Abs2 KStG der sogenannte gespaltene Körperschaftsteuersatz. Dadurch wurde auch den Bankunternehmungen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft eine Begünstigung gewährt.
Durch die KStG-Nov. 1968 wurden die beschriebenen Begünstigungen der Sparkassen und Kreditgenossenschaften der Höhe nach reduziert - für Kreditgenossenschaften auf 50% des Normaltarifs.
Erst die Novellierung des KStG durch das 2. Abgabenänderungsgesetz 1977 (BGBl. 645/1977) beseitigte die Körperschaftsteuerermäßigung für Kreditgenossenschaften gänzlich. Die Begünstigung für Sparkassen wurde reduziert. Dabei blieben die Kreditgenossenschaften vom gespaltenen Körperschaftsteuersatz gemäß §22 Abs2 KStG trotz der Beseitigung ihrer körperschaftsteuerrechtlichen Begünstigung ausgeschlossen.
3. Die beschwerdeführenden Kreditunternehmungen sind der Auffassung, daß diese Entwicklung zu einer sachlich nicht gerechtfertigten steuerlichen Diskriminierung jener Kreditunternehmungen geführt habe, die in der Rechtsform einer Genossenschaft betrieben werden. Diese Unternehmungen würden nämlich durch das in Punkt II.1. dargestellte System gegenüber Kapitalgesellschaften im Hinblick auf den Tarif der Körperschaftsteuer ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedlich behandelt. Die Beschwerdeführer meinen, daß die unterschiedliche Behandlung von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz widerspricht:
Obwohl die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 2. Abg.ÄndG 1977 (626 BlgNR XIV. GP) dargelegt hätten, daß im Hinblick auf die fortschreitende Entwicklung der einzelnen Kreditunternehmungen zu Universalbankunternehmungen eine nur auf die Rechts- bzw. Organisationsform abgestellte unterschiedliche abgabenrechtliche Behandlung der Kreditunternehmungen nicht mehr gerechtfertigt sei, bestünden auch nach der durch dieses Gesetz vorgenommenen Novellierung des KStG in der Besteuerung von Kreditunternehmungen krasse Unterschiede: Während die Kreditgenossenschaften keinerlei Vergünstigungen mehr hätten, seien die Sparkassen noch immer mit 10% begünstigt und bestünde für Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung gemäß §22 Abs2 KStG durch den "gespaltenen Körperschaftsteuersatz" eine wesentliche Privilegierung. Dieser Begünstigung würden genossenschaftlich organisierte Unternehmungen nicht teilhaftig.
Die zitierten Erläuterungen begründeten dies damit, daß die Tarifbegünstigung des gespaltenen Körperschaftsteuersatzes "systematisch lediglich der Verringerung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung der von Kapitalgesellschaften (als typisch gewinnorientierten Unternehmensformen) ausgeschütteten Gewinne dient".
Auch Genossenschaften seien jedoch der Rechtslage zufolge und faktisch gewinnorientierte Unternehmungen. Da aber der Gewinn bei Genossenschaften wie bei Kapitalgesellschaften der Körperschaftsteuer und bei Genossenschaftern wie bei Gesellschaftern der Einkommensteuer unterliege, liege daher beim einzelnen Genossenschafter ebenso wie beim Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung vor. Die weitere Verweigerung des gespaltenen Körperschaftsteuersatzes für Kreditgenossenschaften bewirke daher bei Wegfall ihrer bisherigen Begünstigungen beim Körperschaftsteuertarif eine Diskriminierung bei der Körperschaftsteuer gegenüber jenen Kreditinstituten, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft organisiert seien.
Auch die zweite den Materialien zu entnehmende Begründung für die Begünstigung von Kapitalgesellschaften gemäß §22 Abs2 KStG sei nicht nur für Kapitalgesellschaften, sondern auch für Genossenschaften relevant: Kreditgenossenschaften seien ebenso wie Kreditinstitute in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft bei der Aufbringung des notwendigen Eigenkapitals auf ihre Mitglieder (Genossenschafter) angewiesen, die hiefür eine angemessene Gewinnausschüttung erhalten.
Genossenschaftlich organisierte Kreditinstitute hätten sich bereits zu Universalbanken entwickelt. Ihre geschäftliche Tätigkeit sei seit ihrem Entstehen einem erheblichen Wandel unterworfen. Dieser Strukturwandel zeige sich auch im Bereich der Geschäftsführung, die zur Erfüllung des Förderungsauftrages durchaus auch auf Gewinne gerichtet sein müsse, um mit konkurrierenden Krediteinrichtungen schritthalten zu können.
Mit dieser Entwicklung der genossenschaftlich organisierten Unternehmungen sei es begründbar, daß diesen Kreditinstituten 1977 die tarifliche Privilegierung genommen worden sei; daß sie aber nicht gleichzeitig auch in bezug auf die Regelung des gespaltenen Körperschaftsteuersatzes nach §22 Abs2 KStG den als Kapitalgesellschaften organisierten Kreditinstituten gleichgestellt worden seien, sei sachlich nicht gerechtfertigt.
Auch sei es unsachlich, daß den Sparkassen durch die KStG-Nov. 1977 weiterhin eine, wenn auch verringerte Begünstigung durch einen Körperschaftsteuersatz im Ausmaß von 90% des Normalsteuersatzes gewährt werde.
In der zu B496/80 protokollierten Beschwerde wird überdies moniert, daß keine sachliche Rechtfertigung für die gewerbesteuerrechtliche und vermögensteuerrechtliche Begünstigung der Sparkassen sowie der Österreichischen Postsparkasse gegenüber den anderen Kreditunternehmungen vorhanden sei: Nach §2 Z3 und 4 GewStG und nach §3 Abs1 Z2 und 4 VStG seien diese Unternehmungen immer noch mit je 10% der Bemessungsgrundlage (bei der Gewerbesteuer) bzw. ihres Gesamtvermögens (bei der Vermögensteuer) steuerbefreit.
4. Die belangte Behörde tritt dieser Argumentation entgegen:
Eine Genossenschaft sei ihrem Wesen nach - wie sich auch aus der historischen Entwicklung zeige - auf die unmittelbare Unterstützung ihrer Mitglieder ausgerichtet. Die Beteiligung an der Genossenschaft sei anders als bei der Kapitalgesellschaft keine Kapitaldisposition. Der genossenschaftliche Geschäftsbetrieb habe nicht eine möglichst hohe Verzinsung des in der Genossenschaft arbeitenden Kapitals, sondern die unmittelbare Förderung wirtschaftlicher Bestrebungen des einzelnen Genossen zum Ziel.
Am Wesen der Genossenschaften habe auch die gesetzliche Regelung nichts geändert, die ein Gewinnstreben der Genossenschaft zulasse. Auch dadurch würden nämlich Genossenschaften nicht typisch gewinnorientierte Unternehmungen. Für den Fall, daß sich eine Genossenschaft derart vom tatsächlichen Wesen einer Genossenschaft entferne, daß von einer solchen tatsächlich nicht mehr gesprochen werden könne, bleibe es der Genossenschaft unbenommen, gesellschaftsrechtlich entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Der Regelung des §22 Abs2 KStG liege die Erwägung zugrunde, daß die Rentabilität des in der Kapitalgesellschaft angelegten Vermögens wegen der Doppelbelastung der ausgeschütteten Gewinne hinter der vergleichbarer anderer Kapitalanlagen (zB festverzinslicher Wertpapiere) zurückbleibt und daher zum Zweck der Belebung des Kapitalmarktes verbessert werden sollte. Geschäftsanteile von Genossenschaftern seien a priori nicht geeignet, der Zielsetzung dieses gespaltenen Steuersatzes zu entsprechen. Daß der Gesetzgeber auch andere nicht typisch gewinnorientierte Unternehmensformen gleichbehandelt hat, zeige sich darin, daß zB auch Sparkassen und Hypothekenbanken nicht in den Genuß der Gewährung des gespaltenen Steuersatzes kommen könnten.
Die tarifmäßige Begünstigung der Sparkassen und bestimmter Geschäfte der Hypothekenbanken sei sachlich begründet; bei den Hypothekenbanken dadurch, daß es sich um bestimmte Geschäfte handle, und bei den Sparkassen dadurch, daß bei ihnen vornehmlich Ersparnisse finanziell minder bemittelter Kreise angelegt würden.
Dieselben Argumente vermögen nach Auffassung der belangten Behörde auch die von der zu B496/80 protokollierten Beschwerde als verfassungsrechtlich bedenklich angesehenen Begünstigungen im Gewerbesteuer- und Vermögensteuerrecht zu rechtfertigen.
5. Auch der VfGH teilt die Bedenken der Beschwerdeführer nicht. Der Gerichtshof hat in VfSlg. 6709/1972 (im Hinblick auf das den Genossenschaften damals nicht zustehende Schachtelprivileg) ausgeführt, daß sich Genossenschaften ihrem Wesen nach von Kapitalgesellschaften unterscheiden und daß insbesondere der historischen Genossenschaftsidee Schachtelungen fremd gewesen seien. Dem Gesetzgeber könnte Unsachlichkeit nicht vorgeworfen werden, wenn er im Hinblick auf das andersgeartete Wesen der Genossenschaft dieser die Begünstigung des Schachtelprivileges nicht zukommen lasse.
Auch im vorliegenden Fall gilt ähnliches. Der Gerichtshof ist der Auffassung, daß sich die unterschiedliche körperschaftsteuerliche Behandlung von Genossenschaften gegenüber anderen Kapitalgesellschaften auf Unterschiede im Bereich des Tatsächlichen stützen läßt, daß also die vom Gesetzgeber im Bereich des Körperschaftsteuerrechtes vorgesehenen unterschiedlichen Rechtsfolgen sachlich gerechtfertigt werden können.
Im Erk. VfSlg. 8806/1980 hat der VfGH ausgeführt, daß der Gesetzgeber bei der Regelung von Abgabepflichten dann verhalten ist, wirtschaftliche Gleichartigkeiten zu beachten, wenn er selbst nicht bloß an die Rechtsform anknüpft, sondern auch nach wirtschaftlichen Zielsetzungen differenziert. Er hat damals die unterschiedliche gebührenrechtliche Behandlung von Kreditverträgen und Darlehensverträgen als sachlich nicht gerechtfertigt angesehen und einen Vergleich zwischen der Rechtsgeschäftsgebühr für Darlehensverträge und jener für Kreditverträge als notwendig angesehen, "weil zwischen beiden Formen der Kreditierung eine weitgehende wirtschaftliche Gleichartigkeit und rechtliche Affinität besteht."
Im vorliegenden Fall sind die Verhältnisse jedoch anders: Der VfGH verkennt nicht, daß der rechtliche Rahmen für die Tätigkeit der Genossenschaften den für Kapitalgesellschaften geltenden Rechtsvorschriften angenähert wurde (vgl. Genossenschafts-Nov. 1974, BGBl. 81/1974, sowie für den Bereich der Kreditunternehmungen das KWG 1979, BGBl. 63/1979), daß die Entwicklung der Art der Geschäftstätigkeit der in der Rechtsform einer Genossenschaft betriebenen Unternehmungen dazu geführt hat, daß die Geschäftstätigkeit von Genossenschaften jener von Kapitalgesellschaften insbesondere im Geld- und Kreditgeschäft weitgehend gleicht und daß die Gewinnerzielung auch für Genossenschaften zur Verfolgung des gesetzlich umschriebenen Unternehmenszwecks erforderlich ist (vgl. Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts, 3. Auflage, 1979, 294; Reischauer, ÖZW 1977, 13).
Dennoch gibt es bedeutende Unterschiedlichkeiten zwischen Genossenschaften und Kapitalgesellschaften. Diese kommen in der unterschiedlichen rechtlichen Konstruktion ebenso zum Ausdruck wie darin, daß bei der Geschäftstätigkeit der Genossenschaften das personale Moment in stärkerem Maße im Vordergrund steht als bei Kapitalgesellschaften. Es entspricht der historischen Genossenschaftsidee, die auf dem Füreinander physischer Personen beruht (VfSlg. 6709/1972), daß sich typischerweise physische Personen zu einer Genossenschaft zusammenschließen und daß Genossenschaften nach wie vor "im wesentlichen der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder dienen" (§1 GenG idF BGl. 81/1974). Es kann daher dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er Genossenschaften und sonstige Kapitalgesellschaften unterschiedlich behandelt, sofern die von ihm vorgenommenen Differenzierungen sachlich begründbar sind.
Die unterschiedliche körperschaftsteuerliche Behandlung der ausgeschütteten Erträge bei Genossenschaften und Kapitalgesellschaften ist nach Ansicht des VfGH sachlich begründbar. Wenn der Gesetzgeber etwa angesichts der Tatsache, daß die Zeichnung von Genossenschaftsanteilen nicht typischerweise für sich eine in Ertragsabsicht erfolgende Kapitaldisposition darstellt wie die Übernahme von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder angesichts der Tatsache, daß erwirtschaftete Gewinne bei Genossenschaften typischerweise nicht die Funktion haben, unmittelbar in Einkünfte der Genossenschafter übergeführt zu werden, die Gewinnausschüttung bei Genossenschaften körperschaftsteuerlich im Vergleich zur Gewinnausschüttung bei Kapitalgesellschaften diskriminiert, kann ihm eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht vorgeworfen werden.
Der VfGH hat somit keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Beschränkung der Regelung des §22 Abs2 KStG auf Kapitalgesellschaften und den Ausschluß der Genossenschaften von dieser Regelung.
Auch die Tatsache, daß bestimmte längerfristige Kreditgeschäfte (Kommunalkredit-, Realkredit- und Meliorationskreditgeschäfte) der Landeshypothekenbanken vom Gesetzgeber offenbar als förderungswürdig angesehen wurden und einer Begünstigung im Körperschaftsteuersatz teilhaftig werden (§22 Abs4 Z1 KStG), scheint dem VfGH keine unsachliche Regelung dazustellen. Schließlich erachtet der VfGH, daß auch die körperschaftsteuerliche Begünstigung von Sparkassen sowie der Österreichischen Postsparkasse, die gemäß §22 Abs4 Z2 KStG nur 90% der sich sonst ergebenden Körperschaftsteuer entrichten müssen, im Hinblick auf die Besonderheit dieser Kreditinstitute (vgl. etwa die spezifische Aufgabenstellung und Beschränkung des Geschäftsumfangs in den §§3 - 6 PSK-G sowie die besonderen Gewinnverwendungsvorschriften der Sparkassen in §22 SpG) unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes nicht zu beanstanden ist. Gleiches gilt auch für die analoge gewerbesteuerrechtliche und vermögensteuerrechtliche Begünstigung der Sparkassen und der Österreichischen Postsparkasse (§2 Z3 und 4 GewStG und §3 Abs1 Z2 und 4 VStG).
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, daß der VfGH die in den Beschwerden geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen bestimmte, die Genossenschaften steuerlich anders behandelnde Gesetzesbestimmungen nicht teilt. Unter dem Gesichtspunkt der vorliegenden Beschwerdefälle hat der VfGH auch aus anderen Gründen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen der angefochtenen Bescheide.
6. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen der angefochtenen Bescheide könnten die Beschwerdeführer in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur durch in die Verfassungssphäre reichende Fehler bei der Vollziehung der Gesetze verletzt worden sein. Solche Fehler werden jedoch von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Auch beim VfGH sind Anhaltspunkte für ein derartiges Fehlverhalten der Behörde nicht hervorgekommen. Ebensowenig hat das Verfahren ergeben, daß die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wären.
7. Aus den dargelegten Überlegungen waren die Beschwerden abzuweisen.
Schlagworte
KörperschaftsteuerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B496.1980Dokumentnummer
JFT_10179071_80B00496_00