Index
82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Beachte
Anlaßfall zu VfSlg. 9460/1982Leitsatz
Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 2. April 1948, BGBl. 63/1948, betreffend die Befugnis zur Vornahme medizinisch-diagnostischer Untersuchungen und die hiebei bei Arbeiten mit Krankheitserregern zu beobachtenden Vorsichtsmaßnahmen; Entzug des gesetzlichen Richters im Anlaßfall nach Aufhebung der §§2 und 3 der Verordnung als gesetzwidrigSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Punkt III des Bescheides in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird daher insoweit aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Innere Medizin und Facharzt für medizinische und chemische Labordiagnostik.
Er beantragte mit einer Eingabe vom 5. Juli 1978 die Bewilligung zur räumlichen Erweiterung seines medizinisch-diagnostischen Laboratoriums am Standort Salzburg, R-straße 2.
Mit Bescheid vom 16. Oktober 1979 erteilte der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz die beantragte Bewilligung (Pkt. I dieses Bescheids) und erließ (Pkt. III dieses Bescheids) von Amts wegen gleichzeitig einen Feststellungsbescheid; der Spruch dieses Teiles des Bescheides lautet:
"Gleichzeitig wird festgestellt, daß Herr Dr. med. J. G. H. die gemäß §2 der Verordnung, BGBl. Nr. 63/1948, erforderliche vollständige wissenschaftliche Eignung für die geschäftsmäßige Vornahme von zytologischen Untersuchungen nicht besitzt. Er ist demnach nicht berechtigt, zytologische Untersuchungen geschäftsmäßig durchzuführen."
2. Gegen diesen Teil des Bescheides richtet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die Aufhebung des Pkt. III des genannten Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
II. Bei der Behandlung der Beschwerde sind beim VfGH Bedenken gegen §2 und §3 der Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 2. April 1948, betreffend die Befugnis zur Vornahme medizinisch-diagnostischer Untersuchungen und die hiebei bei Arbeiten mit Krankheitserregern zu beobachtenden Vorsichtsmaßnahmen, BGBl. 63/1948, entstanden. Er hat daher beschlossen, diese Verordnungsbestimmungen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
Mit Erk. vom 29. Juni 1982, V5/82, hat der VfGH die genannten Verordnungsstellen gemäß Art139 B-VG aufgehoben, weil sie entgegen dem Gebot des Art18 Abs2 B-VG keine gesetzliche Grundlage hatten, und bestimmt, daß diese Aufhebung mit Ablauf des 31. Mai 1983 in Kraft tritt.
III. 1. Gemäß Art139 Abs6 B-VG sind vom VfGH aufgehobene Bestimmungen einer Verordnung im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Der mit der vorliegenden Beschwerde bekämpfte Bescheid ist somit anhand der Rechtslage zu beurteilen, wie sie sich ohne Bestand der aufgehobenen Verordnungsbestimmungen darstellt (vgl. zB VfSlg. 8689/1979).
2. Der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz hat seine Zuständigkeit ausschließlich aus der - mit dem genannten Erk. des VfGH aufgehobenen - Regelung des §2 der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 2. April 1948, BGBl. 63/1948, bezogen. Der Wegfall der zitierten Verordnungsstellen bedeutet daher für den konkreten Anlaßfall, daß der Bundesminister seine Zuständigkeit zu Unrecht in Anspruch genommen hat, was nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 6212/1970, 7848/1976, 8168/1977) den - durch den angefochtenen Teil des Bescheides in seiner Rechtssphäre berührten - Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Der Bescheid war daher aufzuheben, ohne daß auf andere Fragen eingegangen zu werden brauchte.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B531.1979Dokumentnummer
JFT_10179070_79B00531_00