Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / PrüfungsmaßstabLeitsatz
Vereinsgesetz 1951; rechtmäßige Untersagung der beabsichtigten Bildung des Vereines "Salzburger Seniorenbund"; Verwechslungsmöglichkeit nicht ausgeschlossenSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Sbg. vom 5. Mai 1977 wurde über die von den Proponenten angezeigte beabsichtigte Bildung des Vereines "Salzburger Seniorenbund" mit dem Sitz in Sbg. entschieden: die Bildung des Vereines wurde gemäß §6 Abs1 Vereinsgesetz 1951 untersagt.
Nach der Begründung des Bescheides erwiesen sich die Statuten als gesetzwidrig. Der Vereinsname sei nicht so beschaffen, daß er Verwechslungen mit anderen Vereinen, im konkreten Fall mit dem Verein "Österreichischer Seniorenbund" mit dem Sitz in Wien, dessen Bildung von der Sicherheitsdirektion für Wien nicht untersagt worden sei, ausschließe. Unter Hinweis auf §4 Abs3 des Vereinsgesetzes 1951 wird ausgeführt, der VfGH habe in zahlreichen Erk. ausgesprochen, daß jeder Verein einen mit seiner Zweckbestimmung in Einklang stehenden Namen führen müsse, der nicht zu Verwechslungen mit anderen bestehenden Organisationen Anlaß bieten dürfe. Die vorgelegten Statuten enthielten auch keine taxative Aufzählung der materiellen Mittel gemäß §4 Abs2 lita des Vereinsgesetzes 1951 und außerdem fehlten Bestimmungen über die Pflichten der Vereinsmitglieder gemäß §4 Abs2 litd sowie Bestimmungen darüber, wer für die Aufnahme der ersten an der Konstituierung beteiligten Vereinsmitglieder gemäß §4 Abs2 litb dieses Gesetzes zuständig sei.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres - Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit vom 14. November 1977, Z 93.318/2-II/6/77, als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Die Behörde prüfte, ob der Vereinsname "Salzburger Seniorenbund" entsprechend dem Gebot des §4 Abs3 Vereinsgesetz 1951 so beschaffen sei, daß er Verwechslungen mit dem am 5. April 1977 konstituierten Verein "Österreichischer Seniorenbund" mit dem Sitz in Wien ausschließe. Gemäß seinen Statuten erstrecke sich die Tätigkeit des Vereines "Österreichischer Seniorenbund" auf ganz Österreich. Bei Beurteilung einer Verwechslungsmöglichkeit sei daher insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß beide in Rede stehenden Vereine berechtigt seien, im Rahmen ihres statutenmäßigen Wirkungskreises im Bereich des Bundeslandes Sbg. tätig zu werden. Die Beifügung eines den territorialen Geltungsbereich eines Vereines abgrenzenden Zusatzes zu einem "Stammnamen" könne nur dann als ein die Verwechslungsmöglichkeit ausschließender Namenszusatz angesehen werden, wenn sich der statutenmäßige Wirkungsbereich der Vereine nicht auf dasselbe Gebiet erstrecke, es sei denn, zwischen diesen beiden Vereinen bestehe ein organisatorischer Zusammenhang, der im Vereinsnamen zum Ausdruck kommen solle. In diesem Sinne stünden aber die Beifügungen "Salzburger" und "Österreichischer" zueinander in keinem ausschließenden Gegensatz (Hinweis auf VfSlg. 6086/1969) und es sei daher die Möglichkeit einer Verwechslung des Vereines "Salzburger Seniorenbund" mit dem Verein "Österreichischer Seniorenbund" nicht ausgeschlossen.
Zu den weiteren im erstinstanzlichen Untersagungsbescheid angeführten vereinsgesetzlichen Mängeln stellte die belangte Behörde fest, daß der Inhalt der §§8 und 19 der vorgelegten Statuten entgegen den Berufungsausführungen in keiner Weise geeignet sei, dem Erfordernis des §4 Abs2 litd des Vereinsgesetzes 1951 gerecht zu werden und daß das Gesetz unter dem im §4 Abs2 litb zitierten Begriff "Art der Bildung des Vereines" - gleichfalls entgegen den Berufungsausführungen - die Bestimmungen über die Aufnahme der ersten, an der Konstituierung beteiligten Vereinsmitglieder verstehe (Hinweis auf Fessler - Kölbl, Österr. Vereinsrecht, S 33 f.).
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Vereinsfreiheit geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Beschwerdeführer sind die Proponenten des Vereines "Salzburger Seniorenbund". Sie führen aus, bezüglich der Bezeichnung "Salzburger Seniorenbund" ergebe sich der Ausschluß einer Verwechslung mit anderen Vereinen oder Institutionen durch die hinlängliche Bestimmtheit des Zusatzes "Salzburger", die sich aus einer Zugehörigkeit zu einer historisch gewachsenen politischen Einheit ableite, die ein Wesensmerkmal der bundesstaatlichen Organisation der Republik Österreich darstelle. Gerade dies sei ein bestimmtes Unterscheidungsmerkmal, das eine Verwechselbarkeit ausschließe. Daß die ständige Rechtsprechung ein solches Unterscheidungsmerkmal als genügend für den Ausschluß der Verwechselbarkeit ansehe, ergebe sich daraus, daß es zB ein "Österreichisches Siedlungswerk" und ein "Salzburger Siedlungswerk" gebe. Würde man der Ansicht der belangten Behörde folgen, so würde gerade auch bei Sportvereinen der Zusatz des territorialen Zuständigkeitsbereiches für den Ausschluß der Verwechslungsmöglichkeit nicht ausreichen, so könnte es nicht eine Vielzahl von Vereinen geben, die sich zB "ATSV", "Union FC", "FC Austria", "FC Rapid" nennen und sich nur durch die Beifügung des Sitzes des Vereines unterscheiden. Was das zur Begründung zitierte Verfassungsgerichtshoferkenntnis VfSlg. 6086/1969 betreffe, so sei dieses zur Begründung untauglich, weil es sich hier um Parteien handelte, die nunmehr nicht nach dem Vereinsgesetz, sondern nach dem Parteiengesetz zu beurteilen seien. Überdies werde in diesem Erk. vor allem darauf hingewiesen, daß das Konkurrenzverhältnis zwischen der "Unabhängigen Tiroler Volkspartei" und der "Österreichischen Volkspartei" gerade bei Wahlen gegeben sei.
Was die Verwechselbarkeit des Stammnamens "Seniorenbund" betreffe, werde auf das Erk. des VfGH vom 9. März 1959 B292/58 (VfSlg. 3496/1959) verwiesen, das ausdrücklich darauf hinweise, daß der Begriff "Gewerkschaft" kein ausschließender sei, sondern nur auf eine Berufsvereinigung von Arbeitnehmern abziele. Dasselbe müsse wohl für die Bezeichnung "Seniorenbund" gelten, die nur zum Ausdruck bringe, daß es sich um eine Vereinigung älterer Menschen handle.
Was den Zuständigkeitsbereich des "Salzburger Seniorenbundes" und des "Österreichischen Seniorenbundes" betreffe, so ergebe sich die Unterscheidung wohl zweifelsfrei daraus, daß sich die Tätigkeit des "Salzburger Seniorenbundes" nach den Satzungen ausschließlich auf das Bundesland Sbg. beschränken solle, während der "Österreichische Seniorenbund" für ganz Österreich und daher nicht nur ausschließlich für Sbg. zuständig sei.
Die im angefochtenen Bescheid angeführten Untersagungsgründe, die die Gesetzwidrigkeit der Statuten betreffen, reichten keinesfalls aus, die Untersagung des Vereines zu begründen, zumal alle im Vereinsgesetz vorgeschriebenen Mindesterfordernisse im Statut enthalten seien. Vor allem sei es nicht richtig, daß gemäß §4 Abs2 litb des Vereinsgesetzes 1951 Bestimmungen enthalten sein müßten, wer für die Aufnahme der ersten an der Konstituierung beteiligten Vereinsmitglieder zuständig sei, denn litb spreche nur von der Bildung des Vereines. Im übrigen wäre es im Ermittlungsverfahren unschwer möglich gewesen, eine Statutenänderung im vorangeführten Sinne herbeiführen zu lassen.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, der VfGH wolle die Beschwerde als unbegründet abweisen.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Die beiden Proponenten des Vereines, dessen beabsichtigte Bildung durch den angefochtenen Bescheid im Instanzenzug untersagt worden ist, sind zur Beschwerde berechtigt (VfSlg. 6086/1969, 8141/1977, 8844/1980).
Die Beschwerde ist, da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig.
2. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sind Bestimmungen des Vereinsgesetzes 1951 (Anlage zur Kundmachung der Bundesregierung BGBl. 233/1951 über die Wiederverlautbarung des Gesetzes RGBl. 134/1867 über das Vereinsrecht) - fortan VG.
Von den im erstinstanzlichen Untersagungsbescheid angeführten Untersagungsgründen sind im angefochtenen Bescheid die Verwechselbarkeit des Vereinsnamens nach §4 Abs3 VG und das Fehlen von Bestimmungen in den Vereinsstatuten nach §4 Abs2 litb und d VG aufrechterhalten worden.
a) Die belangte Behörde hat den Vereinsnamen "Salzburger Seniorenbund" dahin beurteilt, daß er Verwechslungen mit dem "Österreichischen Seniorenbund" nicht ausschließt und hat darin eine Gesetzwidrigkeit gesehen.
Gemäß §4 Abs3 VG idF BGBl. 102/1962 muß der einen wesentlichen Bestandteil der Statuten bildende Vereinsname "so beschaffen sein, daß er einen Schluß auf den Vereinszweck zuläßt und Verwechslungen mit anderen Vereinen oder Einrichtungen ausschließt". Der Gesetzgeber hat mit dieser Bestimmung ein schon früher in der Rechtsprechung aus dem VG abgeleitetes Erfordernis artikuliert (vgl. VfSlg. 2208/1951, 3496/1959, 3499/1959), worauf auch in den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (602 BlgNR IX. GP) hingewiesen ist. Bei Auslegung der Bestimmungen eines Vereinstatutes kommt es wie bei einer generellen Norm auf den objektiven Sinn und nicht bloß auf die von den Proponenten gegebene subjektive Interpretation an (VfSlg. 8844/1980). In diesem Zusammenhang ist es auch zweckmäßig, auf die Rechtsprechung zu vergleichbaren Bezeichnungsbestimmungen in Wahlgesetzen hinzuweisen, in der der VfGH zum Ausdruck gebracht hat (zB VfSlg. 266/1924, 8848/1980), daß eine Parteibezeichnung ein unteilbares Ganzes ist, auch wenn der gewählte Name aus mehreren Teilen zusammengesetzt ist, wobei die Worte in ihrer formalen Bedeutung zu verstehen sind, unabhängig von den Programmen der Wahlparteien oder deren Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit.
Die unterscheidende Bezeichnung der beiden Vereinsnamen, bezüglich deren die belangte Behörde eine Verwechslungsmöglichkeit für gegeben annimmt, liegt in den Namenszusätzen "Salzburger" und "Österreichischer" zum Grundnamen "Seniorenbund". Dieser Grundname stellt keinen Begriff dar, der, wie beispielsweise "Kammer" (VfSlg. 3258/1957), "Gewerkschaft" (VfSlg. 3496/1959, 8141/1977, 8567/1979) oder "Börse" (VfSlg. 7007/1973) aus der übrigen Rechtsordnung und dem damit übereinstimmenden Sprachgebrauch eine gewisse Prägung erhalten hat und dessen Verwendung als Vereinsname somit Verwechslungen mit anderen begrifflich vorbestimmten Einrichtungen ermöglichen kann. Der Name "Seniorenbund" läßt eindeutig einen Schluß auf den Vereinszweck iS des §4 Abs3 VG zu, nämlich auf die in §3 der Statuten dem Verein obliegende Betreuung und Vertretung betagter Menschen. Bezüglich der Turnvereine hat der VfGH im Erk. VfSlg. 3496/1959 ausgeführt, es könne keinem Turnverein verwehrt werden, sich als solcher zu bezeichnen; er sei nur verpflichtet, seine Rechtspersönlichkeit durch unterscheidende Namenszusätze zu individualisieren. Ebensowenig kann es einem zur Wahrung der Interessen betagter Menschen bestimmten Verein verwehrt werden, sich als "Seniorenbund" zu bezeichnen, weil er damit nicht einen mit der Vereinstätigkeit kollidierenden, vorgeprägten Begriff in Anspruch nimmt. Der Verein ist aber dann verpflichtet, einen unterscheidenden Namenszusatz zu verwenden. Daß an sich auch ein Namenszusatz zulässig ist, der die regionale Abgrenzung des Tätigkeitsgebietes umschreibt, hat der VfGH im Erk. VfSlg. 6099/1969 dargetan.
Der Zusatz "Salzburger" im Namen des Vereines, dessen Bildung mit dem angefochtenen Bescheid untersagt worden ist, steht als regionale Abgrenzung in keinem ausschließenden Gegensatz zu dem Namenszusatz des bestehenden anderen Vereines "Österreichischer Seniorenbund" mit dem Sitz in Wien. Eine Verwechslungsmöglichkeit ist nicht ausgeschlossen, weil der statutenmäßige, regionale Wirkungsbereich des untersagten Vereines (das Bundesland Sbg.) auch vom regionalen Wirkungsbereich des bestehenden Vereines "Österreichischer Seniorenbund", der sich statutengemäß auf ganz Österreich erstreckt, umfaßt ist.
Die belangte Behörde verweist in diesem Zusammenhang mit Recht auf das Erk. VfSlg. 6086/1969, demzufolge der Vereinsname "Unabhängige Tiroler Volkspartei" eine Verwechslung mit der "Österreichischen Volkspartei" nicht ausschließt. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ist der mit diesem Erk. entschiedene Fall in der hier bedeutsamen Hinsicht dem nun zu entscheidenden Fall gleich: §4 Abs3 VG enthält nämlich eine Regelung des Vereinsnamens, die eine Verwechslung sowohl mit anderen nach dem VG gebildeten Vereinen, wie auch mit anderen Einrichtungen - etwa politischen Parteien - ausschließt.
Die auf die - verfassungsrechtlich unbedenklichen (vgl. VfSlg. 8141/1977, 8567/1979) - Bestimmungen des §4 Abs3 iVm §6 Abs1 VG gestützte Untersagung der Bildung des Vereines "Salzburger Seniorenbund" ist allein schon zufolge des von der belangten Behörde zutreffend angenommenen Widerspruches des Vereinsnamens gegen §4 Abs3 VG (vgl. hiezu VfSlg. 8141/1977) rechtmäßig erfolgt.
Der VfGH hatte daher gemäß §87 VerfGG 1953 idF BGBl. 311/1976 auszusprechen, daß die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes der österreichischen Staatsbürger, Vereine zu bilden, nicht stattgefunden hat.
b) Bei diesem Ergebnis war nicht zu erörtern, ob auch die anderen im angefochtenen Bescheid angegebenen Untersagungsgründe vorgelegen sind.
3. Ist aber das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Vereinsbildung aus dem Grunde nicht verletzt worden, weil die beabsichtigte Bildung des Vereines durch den angefochtenen Bescheid rechtmäßig untersagt worden ist, so kann durch diesen Bescheid auch ein anderes verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht nicht verletzt worden sein; durch einen gesetzmäßigen Bescheid kann nämlich ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht offenkundig nicht verletzt werden (vgl. allgemein VfSlg. 5897/1969, 8702/1979 und in bezug auf das Vereinsrecht VfSlg. 6800/1972, 8141/1977, 8387/1978, 8567/1979, 9246/1981).
4. Die Beschwerdeführer sind somit durch den angefochtenen Bescheid weder in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Vereinsrecht, Vereinsname, VfGH / PrüfungsmaßstabEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B571.1977Dokumentnummer
JFT_10178994_77B00571_00