Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art116 Abs1Leitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag der Gemeinde Krumpendorf auf Aufhebung der Verordnungen des Bundesministers für Bauten und Technik vom 15. November 1977, BGBl. 561, und vom 23. Juni 1980, BGBl. 298, betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 2 Südautobahn; keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes der Gemeinde auf Selbstverwaltung; keine LegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Gemeinde Krumpendorf hat in einer als "Antrag nach Art139 Abs1 B-VG" bezeichneten Eingabe vom 12. Oktober 1981 unter Berufung auf den - nachgereichten - Beschluß des Gemeinderates vom 17. November 1981 den Antrag gestellt,
"die Verordnung des Bundesministeriums für Bauten und Technik vom 23. Juni 1980 betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 2 Südautobahn - Anschlußstelle Krumpendorf/Ost (Anschlußrichtung Klagenfurt) und der B 83 Kärntner Straße im Bereich der Stadt Klagenfurt und - soweit sie noch aufrecht ist - auch die Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 15. November 1977 betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufs der A 2 Südautobahn - Anschlußstelle Krumpendorf/Ost und der B 83 Kärntner Straße im Bereich der Gemeinden Krumpendorf, Klagenfurt und Maria Saal als gesetzwidrig aufzuheben und dem Bund den Ersatz der Kosten aufzutragen."
Es wird demnach die Aufhebung der auf Grund des §4 Abs1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. 286/1971 (idF der Bundesgesetze BGBl. 239/1975 und 294/1978) erlassenen Verordnungen BGBl. 561/1977 und BGBl. 298/1980 begehrt.
2. Im Antrag wird ausgeführt, daß es sich bei den angeführten Verordnungen "um die Rechtsgrundlage für die in der Öffentlichkeit heftigst diskutierte und äußerst umstrittene Klagenfurter Nordwestspange, für deren Einmündung in die sogenannte Wörtherseeautobahn ein geradezu monströses, mehretagiges Brückenbauwerk am Ortsrand" der Kurgemeinde Krumpendorf, "keine 500 m vom Wörthersee entfernt, errichtet werden" sollte, handle. "Die betreffende Autobahnanschlußsstelle" liege "(jedenfalls teilweise)" im Gebiet der Gemeinde Krumpendorf.
Der Gemeinderat habe am 18. Juni 1964 für die Gemeinde Krumpendorf einen Flächenwidmungsplan erlassen, der mit Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 12. Oktober 1964 genehmigt worden und bis heute aufrecht sei.
Dieser Flächenwidmungsplan weise (ua.) auch Kurgebiete aus.
Die vorliegende Autobahnanschlußstelle sei (teilweise) auch in dem im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Kurgebiet vorgesehen.
Damit verletzten die Trassenverordnungen unmittelbar das der Gemeinde Krumpendorf "verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, die örtliche Raumplanung im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen (Art118 Abs3 Z9 B-VG; vgl. auch §21 Abs1 GemeindeplanungsG)".
Das Wesen einer Trassenverordnung bestehe, wie sich aus §4 des Bundesstraßengesetzes ergebe, darin, daß der zuständige Bundesminister mit Verordnung den Straßenverlauf bestimme.
Durch die vorliegende, bindende Bestimmung des Straßenverlaufes innerhalb des als Kurgebiet gewidmeten Gemeindegebietes werde unmittelbar in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gemeindeselbstverwaltung (örtliche Raumplanung) eingegriffen (Art116 Abs1 B-VG). Das rechtsförmliche, verbindliche "Bestimmen des Straßenverlaufs" in Verordnungsform werde unmittelbar gegen die Gemeinde und die Flächenwidmung durch die Gemeinde wirksam; eine gegen die Gemeinde gerichtete gerichtliche Entscheidung oder ein gegen die Gemeinde gerichteter verwaltungsbehördlicher Bescheid sei weder notwendig noch denkbar. Die Gemeinde sei daher nach Art139 B-VG antragslegitimiert.
In den weiteren Ausführungen des Antrages werden die Gründe dargelegt, aus denen nach Auffassung der Antragstellerin die angeführten Verordnungen gesetzwidrig seien.
II. Der VfGH hat zur Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. a) Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG idF der Nov. BGBl. 302/1975 erkennt der VfGH "über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. ..."
Voraussetzung für die Stellung eines Antrages auf Aufhebung einer Verordnung (Individualantrages) ist demnach, daß die Verordnung, deren Aufhebung begehrt wird, überhaupt in die (subjektive) Rechtssphäre des Antragstellers eingreift und diese durch die Gesetzwidrigkeit der Verordnung verletzt wird.
Die antragstellende Gemeinde ist der Auffassung, daß die Verordnungen, deren Aufhebung von ihr begehrt werden, ihr verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht, die örtliche Raumplanung im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen, verletzten.
b) Nach Art116 Abs1 B-VG ist die Gemeinde Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung (vgl. VfSlg. 7459/1974, 7972/1976). Dieses Recht besteht nach Art118 Abs4 B-VG darin, daß die Gemeinde die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und vorbehaltlich der Bestimmungen des Art119a Absatz 5 B-VG - unter Ausschluß eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen hat.
Demnach sind der Gemeinde zur Besorgung die behördlichen Aufgaben auch der nach Art118 Abs2 Z9 B-VG in den eigenen Wirkungsbereich fallenden Angelegenheiten der örtlichen Raumplanung nur im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes gewährleistet. Sie darf diese Aufgaben nicht in Widerspruch zu Gesetzen oder Verordnungen des Bundes oder des Landes besorgen.
2. Daraus ergibt sich, daß durch ein Gesetz, oder eine Verordnung des Bundes oder des Landes in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Gemeinde auf Selbstverwaltung nicht eingegriffen werden kann. Auch durch eine Änderung der den Rahmen für die gemeindliche Selbstverwaltung festlegenden Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes wird in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Gemeinde auf Selbstverwaltung nicht eingegriffen.
Es trifft daher die Behauptung der antragstellenden Gemeinde Krumpendorf, daß durch die zur Aufhebung beantragten Verordnungen in ihr verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht, die örtliche Raumplanung im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen, eingegriffen worden sei, nicht zu. Mangels dieses Eingriffes ist der von ihr gestellte Antrag auf Aufhebung dieser Verordnungen als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
Gemeinderecht, Selbstverwaltungsrecht, Straßenverwaltung, Trassierungsverordnung, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:V31.1981Dokumentnummer
JFT_10178992_81V00031_00