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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzBeachte
s. Anlaßfall VfSlg. 9576/1982Leitsatz
Sbg. Grundverkehrsgesetz 1974; §13 Abs1 litf wird nicht als verfassungswidrig aufgehobenSpruch
§13 Abs1 litf des Sbg. Grundverkehrsgesetzes 1974, Anlage zur Kundmachung der Sbg. Landesregierung vom 12. Feber 1974 über die Wiederverlautbarung des Sbg. Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 8/1974, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim VfGH ist eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission Sbg. anhängig, welcher folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
Die Beschwerdeführerin M. H. hat mit Kaufvertrag vom 14. Dezember 1971 samt Nachtrag vom 4. Juli 1974 das Grundstück 725/2, KG G., dem Beschwerdeführer Dr. R. E. - er ist deutscher Staatsangehöriger - verkauft. Der Käufer errichtete auf diesem Grundstück ein Ferienhaus. Die baurechtliche Bewilligung wurde ihm hiefür - rechtskräftig - erteilt.
Im März 1975 wurde der Kaufvertrag der Grundverkehrs-Landeskommission Sbg. zur Genehmigung vorgelegt. Diese erteilte mit Bescheid vom 5. Juni 1975 die Genehmigung deshalb nicht, weil von einer österreichischen Staatsbürgerin ein verbindliches Kaufanbot für die Liegenschaft gestellt worden war. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Am 6. September 1977 schloß M. H. mit dem genannten Dr. R. und dessen Gattin Dr. S. E. - ebenfalls deutsche Staatsangehörige - einen Mietvertrag über die genannte Liegenschaft. Mit Bescheid vom 23. November 1978 wies die Grundverkehrs-Landeskommission Sbg. den Antrag auf Zustimmung zu diesem Rechtsgeschäft gemäß §13 Abs1 litf des Sbg. Grundverkehrsgesetzes 1974, LGBl. 8 (in Hinkunft: GVG), ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in welcher die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der VfGH beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit der litf des §13 Abs1 GVG gemäß Art140 Abs1 B-VG zu prüfen (Beschluß vom 15. Mai 1981, B32/79).
3. Die Sbg. Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in welcher sie beantragt, das Gesetzesprüfungsverfahren "als unbegründet einzustellen".
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Die für den vorliegendenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des §13 GVG (enthalten im Abschnitt II betreffend den Grundstücksverkehr für Ausländer) haben folgenden Wortlaut:
"(1) Die Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn der Rechtserwerb staatspolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder kulturellen Interessen nicht widerspricht; ein Widerspruch zu solchen Interessen liegt insbesondere dann vor, wenn
...
c) in einer Gemeinde oder einem Gemeindeteil mit Rücksicht auf das Ausmaß des schon vorhandenen ausländischen Grundbesitzes oder auf die Zahl der ausländischen Grundbesitzer eine Überfremdung einzutreten droht. Dieser Tatbestand kann dann nicht angenommen werden, wenn ein Rechtsgeschäft entsprechend den strukturellen Entwicklungszielen der Gemeinde und der überörtlichen Raumplanung der Errichtung eines Betriebes oder einem Vorhaben dient, das in gleicher Weise geeignet ist, eine Sicherung und Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnisse zu bewirken;
...
f) den Gegenstand des Rechtsgeschäftes ein Grundstück oder Teile hievon oder dieses mit anderen Grundstücken zusammen bildet, für welches in den letzten vier Jahren eine Zustimmung der Grundverkehrsbehörde allein oder auch wegen der Ausübung des Rechtes gemäß Abs2 durch einen Inländer versagt wurde, es sei denn, daß
aa) nach dem Abschluß des Rechtsgeschäftes mit diesem Inländer das Rechtsgeschäft aus dessen Verschulden zur Auflösung gebracht wurde oder
bb) die Voraussetzungen der litc zweiter Satz zutreffen.
...
(2) Die Zustimmung ist auch zu versagen, wenn ein österreichischer Staatsbürger oder eine inländische juristische Person oder Personengesellschaft bereit und imstande ist, zu den gleichen Bedingungen wie der Ausländer das Recht zu erwerben, es sei denn, daß die im Abs1 angeführten öffentlichen Interessen den Rechtserwerb des Ausländers als erstrebenswert erscheinen lassen. Diese Bereitschaft ist in annahmefähiger Form zu bekunden und hat gegenüber dem Veräußerer bis zum Ablauf einer einmonatigen Frist nach Erlassung der wegen ihres Vorliegens versagenden Entscheidung der Grundverkehrsbehörde die Wirkung eines verbindlichen Angebotes."
2. Die Grundverkehrs-Landeskommission Sbg. hat die in Prüfung gezogene Bestimmung bei Fällung des im Anlaßverfahren angefochtenen Bescheides angewendet. Auch der VfGH hat sie im Anlaßverfahren anzuwenden.
Das Gesetzesprüfungsverfahren ist, da auch die übrigen Voraussetzungen vorliegen, zulässig.
3. a) Der VfGH ist im Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens vorläufig davon ausgegangen, daß die litf des §13 Abs1 GVG mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot nicht in Einklang steht.
Der VfGH hat zunächst das Bedenken geäußert, der Versagungsgrund der litf scheine mit dem im Einleitungssatz des §13 Abs1 GVG festgelegten Zweck der Versagung (der Rechtserwerb darf nicht staatspolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder kulturellen Interessen widersprechen) nicht im Einklang zu stehen. Es scheine, daß die Genehmigung eines Rechtserwerbes nach litf - unabhängig von den im Einleitungssatz des §13 Abs1 GVG aufgezählten Interessen - grundsätzlich (bereits) dann zu versagen sei, wenn ein Grundstück oder Teile hievon den Gegenstand des Rechtsgeschäftes bilden, für welches in den letzten vier Jahren eine Zustimmung der Grundverkehrsbehörde versagt worden ist. Ein derartiger Versagungsgrund scheine aber vom Zweck der Regelung her sachlich nicht zu rechtfertigen zu sein, zumal dadurch auch Versagungsgründe, die auf individuellen Umständen beruhen, allgemeine Wirkung selbst für Rechtserwerbe entfalten würden, bei denen diese Umstände keine Rolle spielen.
Die Sbg. Landesregierung vertritt den Standpunkt, der Zweck der Beschränkung des Ausländergrundverkehrs liege darin, den heimatlichen Grund und Boden möglichst in der Hand von Inländern verbleiben zu lassen. Festzuhalten sei aber gleichzeitig, daß die Zuständigkeit der Länder von Verfassungs wegen nicht auf Regelungen mit einer solchen ratio legis allein beschränkt sei, sondern der Grundstücksverkehr für Ausländer auch verwaltungspolizeilichen Beschränkungen durch die Länder unterworfen werden könne, die anderen Zielsetzungen dienen, etwa der Sicherung der Raumordnung durch Verhinderung von Grunderwerbungen für Bauzwecke an unerwünschtem Ort.
Der in erster Linie angestrebte Regelungszweck der Verhinderung einer Überfremdung des heimischen Grund und Bodens sei aus §13 Abs1 GVG nicht unmittelbar ersichtlich, sondern müsse im Wege der Interpretation erschlossen werden. Die litf des §13 Abs1 GVG sei nur im Zusammenhang mit Abs2 dieses Paragraphen zu verstehen. Der Gesetzgeber habe davon abgesehen, ein Eintrittsrecht des Österreichers in den Vertrag mit dem Ausländer zu normieren. Der Veräußerer sei daher nicht gehalten, auf das Anbot des inländischen Interessenten einzugehen und könne in der Folge das Grundstück wiederum an einen Ausländer veräußern. Diese Ineffektivität der Regelung sei Gegenstand scharfer Kritik in der Öffentlichkeit gewesen. Deshalb habe sich der Landesgesetzgeber im Jahre 1973 entschlossen, wenigstens eine weitere Veräußerung eines Grundstückes, für das ein Österreicher ein verbindliches gleichlautendes Anbot erstellt hat, an einen Ausländer durch vier Jahre befristet zu verhindern, wenn nicht besondere Ausnahmegründe vorliegen.
Diese Bestimmung solle die Regelung des §13 Abs2 GVG, welche bewußt kein Eintrittsrecht des Österreichers in den Vertrag mit dem Ausländer normiere, in der Richtung unterstützen, daß es in der Folge zu einer Veräußerung des Grundstückes an den interessierten Inländer oder an einen anderen Inländer komme.
Durch die in Prüfung gezogene Regelung werde daher verhindert, daß die Versagung der Zustimmung zum Grunderwerb eines Ausländers gemäß Abs2 durch bloßes Ändern des Vertragsinhaltes oder des ausländischen Erwerbers unterlaufen wird. Die Bestimmung sei daher durchaus sachbezogen. Daran vermöge auch die systematische Einordnung in Abs1 anstelle in Abs2 oder in einem eigenen Absatz nichts zu ändern.
Der VfGH kann seine Bedenken aus folgenden Gründen nicht aufrecht erhalten:
Der Versagungsgrund der litf hat zur Voraussetzung, daß die vorangegangene, in den letzten vier Jahren erfolgte Versagung allein oder (zumindest) auch wegen der Ausübung des Rechtes gemäß Abs2 durch einen Inländer ausgesprochen wurde. Die Sbg. Landesregierung weist mit Recht darauf hin, daß die litf des Abs1 des §13 GVG nur im Zusammenhang mit Abs2 dieses Paragraphen zu verstehen und zu interpretieren ist. So gesehen bestehen aber gegen diesen Versagungsgrund keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil der mit ihm verbundene Zweck, das Grundstück für einen gewissen Zeitraum dem Erwerb durch einen Inländer vorzubehalten, keineswegs als unsachlich bezeichnet werden kann.
Wenn aber der Versagungsgrund den oben angeführten Inhalt hat, dann trifft die Prämisse, von welcher der VfGH im Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens vorläufig ausgegangen ist und auf welcher die Bedenken des VfGH beruhten, nicht zu. Insbesondere besteht dann der im Einleitungsbeschluß hervorgehobene Zusammenhang zwischen dem Versagungsgrund der litf und den im Einleitungssatz des §13 Abs1 GVG aufgestellten Kriterien in bezug auf die Person des jeweiligen ausländischen Erwerbers nicht.
b) Der VfGH hat im Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens auch das Bedenken geäußert, daß die in der litf festgelegten Ausnahmen vom Versagungstatbestand dieser Bestimmung unsachlich seien. Es scheine nämlich, daß von der Ausnahmeregelung keineswegs alle gleichartigen Fälle erfaßt würden, so insbesondere jene nicht, bei denen ein Anbot eines Inländers iS des §13 Abs2 GVG zwar vorlag, das Rechtsgeschäft mit diesem Inländer in der Folge jedoch nicht abgeschlossen worden ist. Ein sachlicher Unterschied zwischen diesen Fällen und jenen, die von der Ausnahmeregelung umfaßt sind (Auflösung des Rechtsgeschäftes nach dessen Abschluß mit dem Inländer aus Verschulden des Inländers), scheine nicht vorhanden zu sein.
Auch diese Bedenken hält der VfGH aus folgenden Gründen nicht aufrecht:
Nach dem oben unter a) dargestellten Inhalt und Zweck des Versagungsgrundes der litf des §13 Abs1 GVG sind die in der sublitaa) geregelten Ausnahmefälle nur mit jenen vergleichbar, bei denen der Abschluß des Rechtsgeschäftes mit dem Inländer aus dessen Verschulden nicht zustande gekommen ist. Im Hinblick auf die in Abs2 geforderten Voraussetzungen (der inländische Interessent hat nachzuweisen, daß er bereit und imstande ist, zu den gleichen Bedingungen wie der Ausländer das Recht zu erwerben), werden jene Fälle, bei denen es trotz Vorliegens der Voraussetzungen des Abs2 aus dem Verschulden des Inländers nicht zum Abschluß des Rechtsgeschäftes kommt, so selten sein, daß eine Vernachlässigung dieser Fälle die Ausnahmeregelung der sublitaa) noch nicht unsachlich macht.
4. Da beide vom VfGH in seinem Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens geäußerten Bedenken sich als unzutreffend erwiesen haben, ist auszusprechen, daß §13 Abs1 litf GVG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, AusländergrunderwerbEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:G45.1981Dokumentnummer
JFT_10178992_81G00045_00