TE Vfgh Erkenntnis 1982/10/13 B384/79

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Veröffentlicht am 13.10.1982
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/02 Gehaltsgesetz 1956

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
GehG-Nov 33, ArtIV

Leitsatz

Gehaltsgesetz 1956; keine Bedenken gegen ArtIV der 33. Gehaltsgesetz-Novelle; keine gleichheitswidrige Anwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der beim Rechnungshof tätige Beschwerdeführer wurde mit Wirkung vom 1. September 1977 auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A, Dienstklasse IX (Sektionschef), ernannt. Die Ernennung in die Dienstklasse VIII war zum 1. Jänner 1966 erfolgt. Der für den Dienstrang in dieser Dienstklasse maßgebliche Stichtag war der 1. Juli 1962 (Vorrückungsstichtag der 26. August 1940, gerundet der 1. Juli 1940). Mit einer an das Präsidium des Rechnungshofes gerichteten Eingabe vom 31. Mai 1979 ersuchte der Beschwerdeführer unter Berufung auf ArtIV Abs1 der 33. Gehaltsgesetz-Nov., BGBl. 677/1978 (im folgenden 33. GG-Nov.) um Neufestsetzung des für die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung in der Dienstklasse

VIII maßgebenden Tages auf den 1. Juli 1961 (statt 1. Juli 1962). Er begründete sein Ansuchen damit, daß zwischen seinem Vorrückungsstichtag und dem fiktiven Beginn der Dienstzeit in der Dienstklasse VIII als Gesamtdienstzeit ein Zeitraum von 22 Jahren liege. Eine besondere Härte gegenüber Laufbahnen vergleichbarer Beamter sei dadurch entstanden, daß er in der Dienstklasse V eine Dienstzeit von 4 1/2 Jahren (gegenüber normal 3 Jahren) ohne zwingenden Grund verbracht habe. Die beantragte Neufestsetzung würde sich auch in Anbetracht seiner inzwischen erfolgten Beförderung in die nächsthöhere Dienstklasse - er sei gemäß §33 Abs4 GG 1956 linear eingestuft worden - im gleichen Ausmaß in dieser Dienstklasse auswirken.

Mit dem Bescheid des Präsidenten des Rechnungshofes vom 1. August 1979 wurde der Antrag des Beschwerdeführers unter Bezugnahme auf ArtIV Abs1 der 33. GG-Nov. abgewiesen.

2. Gegen den Bescheid des Präsidenten des Rechnungshofes vom 1. August 1979 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. ArtIV der 33. GG-Nov. lautet:

"(1) Der für die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung in der jeweiligen Dienstklasse maßgebende Tag kann vom zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler mit Wirkung vom 1. Juli 1979 für

1. Beamte der Verwendungsgruppe A der Dienstklasse VIII,

2. Beamte der Verwendungsgruppe H 1 der Dienstklasse VI bis VIII und

3. Beamte der Verwendungsgruppen B, W 1 und H 2 der Dienstklasse IV oder einer höheren Dienstklasse,

die vor dem 1. Jänner 1978 in eine dieser Dienstklassen ernannt wurden, zum Ausgleich von Härten gegenüber Laufbahnen vergleichbarer Beamter dieser Verwendungsgruppen, die ab 1. Jänner 1978 in eine dieser Dienstklassen befördert wurden, neu festgesetzt werden. Beim angeführten Vergleich ist insbesondere auf die Verwendung (Funktion) der Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Abs1 kann auf Beamte, die am 1. Jänner 1978 in einer der im Abs1 Z1 bis 3 angeführten Verwendungsgruppe in eine der in derselben Ziffer angeführten Dienstklassen ernannt wurden, sinngemäß angewendet werden, wenn sich für sie unter der Annahme einer Beförderung vor dem 1. Jänner 1978 eine Verbesserung nach den Grundsätzen des Abs1 ergeben würde.

(3) Die Abs1 und 2 sind auf jene Beamten nicht anzuwenden, die nach dem 1. Jänner 1978 in eine der im Abs1 angeführten Dienstklassen ernannt worden sind. Werden jedoch eine Verbesserung der dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung auf Grund der Abs1 oder 2 und eine Ernennung auf eine andere Planstelle mit demselben Tag wirksam, so ist der Beamte so zu behandeln, als ob die angeführte Verbesserung der dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung zuerst wirksam geworden wäre."

2. Gegenüber den beim Rechnungshof Bediensteten wird die Diensthoheit des Bundes vom Präsidenten des Rechnungshofes ausgeübt (Art21 Abs3 B-VG). Von ihm werden gemäß §22 Abs1 des Rechnungshofgesetzes (RHG) 1948, BGBl. 144/1948 idgF, alle Personalangelegenheiten der Bediensteten des Rechnungshofes, vorbehaltlich der dem Bundespräsidenten zustehenden Befugnisse, im Rahmen der für die Bediensteten des Bundes im allgemeinen geltenden Vorschriften selbständig geführt. Auf Grund des §22 Abs2 RHG 1948 gelten die in diesen Vorschriften enthaltenen Bestimmungen über die Zuständigkeit eines Bundesministers oder - zur einvernehmlichen Wahrnehmung - mehrerer Bundesminister oder der Bundesregierung als Kollegium hinsichtlich der Bediensteten beim Rechnungshof nicht (vgl. VfSlg. 5922/1969; vgl. auch §142 Abs4 BDG 1977, nunmehr §195 BDG 1979).

Über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag konnte daher der Präsident des Rechnungshofes entscheiden, ohne das Einvernehmen mit dem Bundeskanzler herzustellen.

3. Der Beschwerdeführer behauptet, daß von der belangten Behörde die Worte "der Dienstklasse VIII" in ArtIV Abs1 Z1 der 33. GG-Nov. gleichheitswidrig interpretiert worden seien, weil sie eine Anwendung dieser Bestimmung auf Beamte, die bereits am 1. Jänner 1979 auf eine Planstelle der Dienstklasse IX ernannt gewesen seien, ausschließe. Es sei eine verfassungskonforme Interpretation möglich; hiezu genüge es, die Worte "der Dienstklasse VIII" als "für die Dienstklasse VIII" lautend zu lesen.

Sollte aber eine in diesem Sinne verfassungskonforme Gesetzesinterpretation nicht möglich sein, rege der Beschwerdeführer eine Prüfung der angeführten Worte an. Die Gesetzesstelle verstoße gegen den Gleichheitssatz, wofür als Grund die den - bereits vor dem 1. Jänner 1979 auf eine Planstelle der Dienstklasse IX ernannten - Beschwerdeführer konkret treffende Benachteiligung gegenüber später in die Dienstklasse IX beförderten Beamten angeführt wird. Ein sachlicher Grund lasse sich weder dafür noch überhaupt für die Ausschließung der Beamten der Dienstklasse IX von der durch ArtIV der

33. GG-Nov. geschaffenen Begünstigung finden.

4. Die Ernennung eines Beamten in die Dienstklasse IX ist ausschließlich an die Innehabung einer entsprechenden Dienstfunktion und an die verfügbare Planstelle gebunden. Eine bestimmte Wartefrist in der Dienstklasse VIII (oder in einer niedrigeren Dienstklasse) wird von der durch die "Beförderungsrichtlinien" bestimmten Behördenpraxis nicht verlangt.

Die Ernennung in die Dienstklasse IX bringt im Regelfall eine wesentliche Verbesserung der gehaltsrechtlichen Stellung des Beamten mit sich (vgl. §28 Abs3 GG). Jene Fälle, für die das nicht zutrifft - weil der Beamte in der Dienstklasse VIII bereits die 7. oder 8. Gehaltsstufe erreicht hat und also seine Ernennung in die Dienstklasse IX keine unmittelbare Gehaltsverbesserung bewirkt (lineare Überstellung) - sind eher seltene Ausnahmen.

Der Gesetzgeber ist bei der Erlassung der Regelung des ArtIV der 33. GG-Nov. vom Regelfall ausgegangen, daß - bezogen auf die Verwendungsgruppe A - durch die mit 1. Jänner 1978 wirksam gewordene Änderung der Beförderungsrichtlinien (Laufbahnbeschleunigung durch Verkürzung der Wartezeit in der Dienstklasse VII bei den Unterbehörden) nur in der Laufbahn von Beamten der Dienstklasse VIII, die vor dem 1. Jänner 1978 in diese Dienstklasse ernannt worden waren, gegenüber der Laufbahn vergleichbarer Beamter, die nach dem 1. Jänner in die Dienstklasse VIII befördert werden, eine als Härte anzusehende Benachteiligung eintritt (vgl. die durch ArtIX der 37. GG-Nov. BGBl. 306/1981 rückwirkend mit 1. Juli 1979 erfolgte Klarstellung über den für die Anwendung des ArtIV der 33. GG-Nov. in Betracht kommenden Personenkreis).

Wenn der Gesetzgeber dabei auf die Sonderfälle, in denen Beamte, die trotz ihrer Beförderung in die Dienstklasse IX Beamten der Dienstklasse VIII gehaltsmäßig gleichgestellt geblieben sind, nicht Bedacht genommen hat, kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, eine mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehende Regelung getroffen zu haben; denn das Gleichheitsgebot verpflichtet den Gesetzgeber nicht, bei der Schaffung einer Regelung auch Sonderfälle und allenfalls damit verbundene Härten zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 8806/1980, S 305).

Gegen die Verfassungsmäßigkeit des ArtIV der 33. GG-Nov. bestehen unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken. Es treffen daher auch die vom Beschwerdeführer gegen die Worte "der Dienstklasse VIII" in ArtIV Abs1 Z1 der 33. GG-Nov. geäußerten Bedenken nicht zu.

5. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte. Derartiges ist jedoch nicht hervorgekommen. Der Ablehnung des vom Beschwerdeführer gestellten Begehrens durch die belangte Behörde kann im übrigen schon deshalb nicht entgegengetreten werden, weil die geltend gemachte Benachteiligung des Beschwerdeführers nicht etwa durch Verzögerung seiner Ernennung in die Dienstklasse VIII, sondern nach dessen eigenem Vorbringen durch Umstände verursacht worden ist, die zeitlich weit davor liegen.

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden.

6. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B384.1979

Dokumentnummer

JFT_10178987_79B00384_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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