Index
32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Grunderwerbsteuer 1955; keine gleichheitswidrige Anwendung des §4 Abs1 Z2; keine Verletzung des EigentumsrechtesSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer erwarben mit Kaufvertrag vom 9. September 1976 von der R-Wohnbau Gesellschaft m. b. H. ein in der KG M., Gerichtsbezirk Sbg., gelegenes Grundstück im Ausmaß von 332 Quadratmeter um den Kaufpreis von S 232.400,-. Dieser Erwerbsvorgang wurde dem Finanzamt angezeigt, wobei die Grunderwerbsteuerbefreiung wegen Errichtung einer Arbeiterwohnstätte beantragt wurde.
Nachdem in der Folge im Jahre 1977 auf dem Grundstück ein Gebäude errichtet worden war, unterzog das Finanzamt mit Bescheid vom 25. Feber 1980 den gegenständlichen Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuer, wobei bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zum Kaufpreis die halben Vertragserrichtungskosten von S 2.324,- und Aufschließungskosten von S 219.480,- hinzugerechnet wurden.
Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Sbg. vom 16. Oktober 1980 wurde die gegen den Bescheid des Finanzamtes erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, daß infolge der Höhe der Gesamtbaukosten des Objektes von S 1,956.876.- eine Arbeiterwohnstätte iS des §4 Abs1 Z2 GrEStG nicht vorliege.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH begehrt wird.
Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
b) Mit dem angefochtenen Bescheid wird eine Abgabe vorgeschrieben; er greift somit in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
2. Der Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen sind nicht vorgebracht worden und unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles auch nicht entstanden.
Die Beschwerdeführer vermuten, daß bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein - nicht näher bezeichneter - gesetzwidriger Erlaß des Bundesministers für Finanzen angewendet worden sei. In den vom VfGH beigeschafften Verwaltungsakten findet sich kein Anhaltspunkt für eine Verifizierung dieser Annahme. Vielmehr stützen sich die Überlegungen der Finanzverwaltung in allen Instanzen bloß auf das GrEStG, das WBFG 1968 samt der für Sbg. ergangenen Durchführungsverordnung sowie auf die Judikatur des VwGH.
3. a) Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides ist unter dem Gesichtspunkt des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrechtes zu prüfen, ob die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder ob sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat; unter dem Gesichtspunkt des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums ist zu prüfen, ob die belangte Behörde bei der Anwendung des Gesetzes einen so schweren Fehler begangen hat, daß dies einer Gesetzlosigkeit gleichzuhalten wäre.
b) Gemäß §4 Abs1 Z2 lita GrEStG ist beim Arbeiterwohnstättenbau der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten von der Besteuerung ausgenommen. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß durch die im §4 Abs1 Z2 GrEStG vorgesehenen Grunderwerbsteuerbefreiungen die Errichtung von solchen Wohnstätten, die sich Arbeiter mit durchschnittlichem Einkommen leisten können, gefördert werden soll. Sie erachtete die Gesamtkosten des in Rede stehenden Objektes von S 1,956.876,-, die sich durch Addition des Kaufpreises von S 232.400,-, der Aufschließungskosten von
S 219.480,-, der Vertragserrichtungskosten von S 2.324,- und der Baukosten einschließlich der Umsatzsteuer von S 1,535.652,- ergeben, für einen Durchschnittsarbeiter nicht erschwinglich, sodaß "das Wohnhaus nicht als Arbeiterwohnstätte angesehen werden" könne.
Der VfGH findet nicht den geringsten Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Behörde mit dieser Entscheidung die Verfassungssphäre des Beschwerdeführers verletzt hätte.
c) Die Behörde nahm bei ihrer Entscheidung Bezug auf das Erk. des VwGH vom 3. Juli 1979 Z 1505/77, in dem ausgesprochen wurde, daß Grund- und Baukosten von S 1,700.000,- unter Bedachtnahme auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses des dem damaligen Beschwerdefall zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes - das war der 16. November 1976 - von einem Durchschnittsarbeiter nicht aufgebracht werden könnten. Dieser Betrag entspreche im Jahre 1977, dem Jahr der Fertigstellung des in Rede stehenden Objektes, dem Betrag von
S 1,855.000,-.
Wenn der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe dabei nicht bedacht, daß in den verschiedenen Regionen des Bundesgebietes unterschiedlich hohe Baukosten bestünden, weshalb eine "undifferenzierte Extrapolation" des - einen Erwerbsvorgang in Tirol betreffenden - Erk. des VwGH nicht möglich sei, macht sie allenfalls eine - nicht vom VfGH zu beurteilende - Rechtswidrigkeit des Bescheides, aber keine das Gleichheitsrecht tangierende Rechtsverletzung geltend.
Auch mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe die in den Kosten enthaltene Umsatzsteuer bei der Beurteilung in die Betrachtung einbezogen, ist für den Standpunkt der Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil auch dies eine Frage der richtigen Auslegung des einfachen Gesetzes ist.
d) Der VfGH kann nicht finden, daß die belangte Behörde den angewendeten Gesetzesbestimmungen in Verfolgung ihrer Rechtsansicht einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser einer Gesetzlosigkeit gleichkäme.
Daß die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die Beschwerdeführer aus unsachlichen Motiven benachteiligt und dadurch Willkür geübt hätte, behaupten die Beschwerdeführer selbst nicht; auch im Zuge des verfassungsgerichtlichen Verfahrens sind für ein derartiges Fehlverhalten der Behörde keine wie immer gearteten Anhaltspunkte hervorgekommen.
4. Die Beschwerdeführer sind sohin durch den angefochtenen Bescheid weder im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht noch im Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt worden.
Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes ist von den Beschwerdeführern weder behauptet worden noch sonst im Verfahren hervorgekommen. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen wurden die Beschwerdeführer auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.
Die Beschwerde war sohin abzuweisen.
Schlagworte
Grunderwerbsteuer, ArbeiterwohnstätteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B613.1980Dokumentnummer
JFT_10178799_80B00613_00