Index
32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktBeachte
Anlaßfall zu VfSlg. 9544/1982Leitsatz
Grunderwerbsteuergesetz 1955; keine Verletzung in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht im Anlaßfall nach Aufhebung der Worte "Friedhöfen und" in §4 Abs1 Z7 lita wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz VerfGG 1953; Kostenersatz in analoger Anwendung des §88Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Vertreters die mit S 10.800,-
bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die beschwerdeführende "St. Barbara-Gottesacker-Stiftung" betreibt den zu ihrem Vermögen zählenden St. Barbara Friedhof in Linz. Ihr kommt als einer Einrichtung der römisch-katholischen Kirche mit Rechtspersönlichkeit nach kanonischem Recht gemäß ArtII des Kondordats zwischen dem Hl. Stuhl und der Republik Österreich, BGBl. II Nr. 2/1934, Rechtspersönlichkeit auch für den staatlichen Bereich zu.
Mit Kaufvertrag vom 13. April und 10. Mai 1976 kaufte die Beschwerdeführerin Grundstücke zur Erweiterung des bestehenden Friedhofes um den Kaufpreis von S 4,500.000,- und machte für diesen Grunderwerb Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß §4 Abs1 Z7 lita GrEStG geltend, da der Grunderwerb Friedhofszwecken diene.
2. Mit Bescheid des Finanzamtes Linz vom 10. Dezember 1976 wurde die Gewährung der beantragten Grunderwerbsteuerbefreiung mit der Begründung versagt, daß die beschwerdeführende Institution keine Gebietskörperschaft sei, das Gesetz aber nur für Gebietskörperschaften eine Grunderwerbsteuerbefreiung beim Ankauf einer Liegenschaft zu Zwecken der Errichtung oder Erweiterung eines Friedhofes vorsehe; dementsprechend wurde der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer vorgeschrieben.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für OÖ vom 4. Oktober 1979 wurde die dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen.
3. a) Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz infolge einer Verfassungswidrigkeit der dem Bescheid zugrundeliegenden Bestimmung des Grunderwerbsteuergesetzes geltend gemacht wird. §4 Abs1 Z7 lita GrEStG benachteilige die Beschwerdeführerin nämlich insoweit, als diese gesetzliche Bestimmung eine Steuerbefreiung für einen Grunderwerb zu Friedhofszwecken nur dann vorsehe, wenn der Erwerb durch eine Gebietskörperschaft erfolge.
Die Beschwerdeführerin beantragt, den Bescheid - nach Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens, dessen Einleitung angeregt wird - kostenpflichtig aufzuheben, in eventu die Beschwerde an den VwGH abzutreten.
b) Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden gesetzlichen Bestimmung verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Bei der Beratung über diese Beschwerde sind beim VfGH Bedenken gegen die Worte "Friedhöfen und" in §4 Abs1 Z7 lita des Grunderwerbsteuergesetzes, BGBl. 140/1955 idF BGBl. 277/1969 entstanden. Aus Anlaß dieser Bedenken hat der VfGH beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der genannten Worte einzuleiten.
Mit Erk. vom 14. Oktober 1982, G52/81, hat der VfGH die Worte "Friedhöfen und" in §4 Abs1 Z7 lita GrEStG als verfassungswidrig aufgehoben und bestimmt, daß diese Aufhebung mit 15. April 1983 in Kraft tritt.
III. 1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG sind vom VfGH aufgehobene Bestimmungen eines Gesetzes im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Der mit der vorliegenden Beschwerde bekämpfte Bescheid ist somit an Hand der Rechtslage zu beurteilen, wie sie sich ohne Bestand der aufgehobenen Gesetzesbestimmung darstellt (vgl. zB VfSlg. 8689/1979).
2. Der bekämpfte Bescheid versagt der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuerbefreiung für den Zukauf einer Liegenschaft für Friedhofszwecke.
Nach der durch das unter Pkt. II genannte Erk. des VfGH bereinigten Rechtslage fehlt für eine Grunderwerbsteuerbefreiung eines Liegenschaftskaufes für Friedhofszwecke überhaupt jede Rechtsgrundlage; damit besteht - nach wie vor - auch für die von der Beschwerdeführerin begehrte Steuerbefreiung keine gesetzliche Grundlage. Der diese Steuerbefreiung verweigernde angefochtene Bescheid verletzt somit - auf Basis der bereinigten Rechtslage - die Beschwerdeführerin in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder sonstigem Recht iS des Art144 Abs1 B-VG, sodaß die Beschwerde abzuweisen, jedoch antragsgemäß dem VwGH abzutreten war.
3. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH war der Beschwerdeführerin in analoger Anwendung des §88 VerfGG in Ansehung ihrer Beteiligung an dem zur Aufhebung führenden Gesetzesprüfungsverfahren Kostenersatz zuzusprechen (vgl. VfGH 25. 6. 1982 B217/77). In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von S 800,- enthalten.
Schlagworte
VfGH / Anlaßfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B485.1979Dokumentnummer
JFT_10178787_79B00485_00