Index
16 MedienrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Beachte
vgl. Kundmachung BGBl. 89/1983 am 18. Feber 1983; s. Anlaßfall Erk. v. 25. Feber 1983, B179/79Leitsatz
Plakatierungsverordnung für Götzis 1972; keine gesetzliche Deckung, weder in §11 Pressegesetz noch im MediengesetzSpruch
Der Abschnitt I samt Anlage 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 19. Juli 1972, Z II a 1-8/5, betreffend das Aushängen und Anschlagen von Druckwerken in Götzis, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Mai 1983 in Kraft.
Der Bundesminister für Inneres ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim VfGH ist zu Z B179/79 ein Verfahren über eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vbg. anhängig; mit diesem Bescheid war über den Beschwerdeführer gemäß §13 Abs1 des Pressegesetzes, BGBl. 218/1922 idF BGBl. 104/1966 (im folgenden PresseG), eine Geldstrafe von S 500,- wegen Übertretung des §11 PresseG iVm Abschnitt I der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 19. Juli 1972, Z II a 1-8/5, verhängt worden, weil er in der Zeit vom 20. Juni 1978 bis zum 20. Juli 1978 Werbeplakate auf Plakatierungstafeln außerhalb der in der genannten Verordnung bestimmten Plätze anschlagen ließ.
2. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der VfGH beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des Abschnittes I samt Anlage 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 19. Juli 1972, Z II a 1-8/5, betreffend das Aushängen und Anschlagen von Druckwerken in Götzis, von Amts wegen zu prüfen (Beschluß B179/79-9 vom 12. Juni 1982).
3. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat eine Äußerung erstattet. Auf diese Äußerung wurde auch in der von der Finanzprokuratur für den Bundesminister für Inneres abgegebenen Äußerung verwiesen.
4. Der VfGH hat nach Schluß der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 1982 das Verordnungsprüfungsverfahren zur Ergänzung der Unterlagen über die Durchführung der bei der Erlassung einer Verordnung nach §11 PresseG erforderlichen Überprüfung der zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen durch die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch wiedereröffnet.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. a) Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat unter der Z II a 1-8/5 am 19. Juli 1972 auf Grund des §11 PresseG eine Verordnung erlassen, deren Abschnitt I lautet:
"Das Aushängen und Anschlagen von Druckwerken darf im Gemeindegebiet von Götzis nur an den in der Anlage 1 bestimmten Plätzen erfolgen."
In der Anlage 1 sind 15 Standorte und die Anzahl der Plakatierungstafeln, die an den angeführten Standorten angebracht werden dürfen, angegeben.
Im Abschnitt II sind die Druckwerke und Werbungen angeführt, auf die die Verordnung keine Anwendung findet.
Im Abschnitt III ist bestimmt, daß die Vorschriften der §§35 und 84 der Straßenverkehrsordnung 1960, des §83 Abs2 und 3 der Landesbauordnung und des §1 der Verordnung der Vbg. Landesregierung über den Schutz der Landschaft gegen Verunstaltung durch Außenwerbung, LGBl. 11/1956, unberührt bleiben.
Nach Abschnitt IV werden Übertretungen der Verordnung gemäß §13 des PresseG von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu S 2.000,- oder mit Arrest bis zu 14 Tagen bestraft.
Nach Abschnitt V tritt die Verordnung am 1. August 1972 in Kraft.
b) Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 19. Juli 1972 ist durch Anschlag an der Amtstafel und überdies durch Verlautbarung im Gemeindeblatt für Hohenems/Götzis/Altach/Koblach und Mäder vom 29. Juli 1972, 85. Jahrgang, Nr. 31, kundgemacht worden. Nach ihrem Abschnitt V ist sie am 1. August 1972 wirksam geworden. Sie stand in dem Zeitpunkt, in dem dem Beschwerdeführer das strafbare Verhalten wegen des Anschlagens von Druckwerken außerhalb der in der Anlage 1 zu Abschnitt I der angeführten Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (im folgenden VO) bestimmten Plätze zum Vorwurf gemacht worden war, in Geltung.
2. Die VO ist bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet worden und bildet daher auch eine Rechtsgrundlage für das vom VfGH im Beschwerdeverfahren zu fällende Erk. Die VO ist präjudiziell.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.
3. a) Als Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der VO hat der VfGH im Einleitungsbeschluß ausgeführt, es scheine, daß die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vor Erlassung der VO überhaupt nicht geprüft habe, ob und welche öffentlichen Interessen bestünden, die zufolge ihrer, das öffentliche Interesse an der Plakatierungsfreiheit überwiegenden Bedeutung die Beschränkung des Plakatierens auf die in der VO angeführten Standorte und damit das Verbot des Plakatierens an allen anderen Plätzen des Gebietes der Gemeinde Götzis rechtfertigen könnten. Es scheine dem VfGH ein Überwiegen anderer öffentlicher Interessen für die Erlassung des in der angeführten VO ausgesprochenen Verbotes des Anschlagens von Druckwerken an anderen als den in der VO angeführten Standorten nicht erkennbar zu sein.
b) Wie der VfGH bereits im Erk. VfSlg. 8019/1977 ausgeführt hat, ist bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer auf Grund des §11 PresseG erlassenen Verordnung davon auszugehen, daß nach dem ersten Satz des §11 PresseG, wonach es zum Aushängen und Anschlagen eines Druckwerkes an einem öffentlichen Ort keiner behördlichen Bewilligung bedarf, iS der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Pressefreiheit (Art13 StGG, Art10 MRK) das ungestörte Verbreiten von Druckwerken durch Aushängen oder Anschlagen gewährleistet ist.
Auch der zweite Satz im Zusammenhang mit dem ersten Satz des §11 PresseG hat nach dem Erk. des VfGH VfSlg. 6999/1973 den Zweck, die Verbreitung von Druckwerken durch Aushängen und Anschlagen im Interesse der Pressefreiheit möglichst ungehindert zu gestatten, eine Einschränkung aber insoweit zuzulassen, als überwiegende öffentliche Interessen dagegenstehen.
Das Anschlagen von Druckwerken kann danach im Verordnungsweg nur so weit auf bestimmte Plätze beschränkt werden, als im übrigen überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen; es darf dort nicht beschränkt werden, wo keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Dieser Inhalt des Gesetzes bildet demnach den von der Behörde anzuwendenden Maßstab für eine zulässige Einschränkung der grundsätzlich gewährleisteten Plakatierungsfreiheit.
4. a) Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat in ihrer Äußerung zu den im Einleitungsbeschluß geltend gemachten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der VO nicht Stellung genommen. Sie hat darauf hingewiesen, daß in der Marktgemeinde Götzis das Aushängen und Anschlagen von Druckwerken erstmalig mit einer Verordnung vom 22. März 1957 auf bestimmte Orte beschränkt worden sei. Vor Erlassung dieser Verordnung sei innerhalb der Gemeinde Götzis geprüft worden, ob überwiegende öffentliche Interessen, wie der Schutz des Landschafts- und Ortsbildes, die Sicherheit des Straßenverkehrs in der Gemeinde Götzis, dem Aushängen und Anschlagen von Druckwerken iS des §11 PresseG an öffentlichen Orten entgegenstünden und das Plakatieren deshalb auf bestimmte öffentliche Orte beschränkt werden müsse. In den folgenden Jahren seien durch die Verordnungen vom 11. Juli 1963, vom 4. Juni 1969 und vom 19. Juli 1972 weitere Standorte für das Aushängen und Anschlagen von Druckwerken freigegeben worden. Durch die Neukundmachung einer Verordnung sei die jeweils letzte Verordnung außer Kraft gesetzt worden.
b) Nach den von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vorgelegten Verwaltungsakten wurde der Marktgemeinde Götzis mit Schreiben vom 23. Mai 1969 mitgeteilt, daß wegen der notwendig gewordenen Erhöhung der Strafsätze wegen Übertretungen der auf Grund des §11 PresseG erlassenen Verordnung vom 11. Juli 1963, mit der die Orte bestimmt wurden, an denen das Anschlagen von Druckwerken gestattet ist, zwar nur eine Novellierung der Strafbestimmungen erforderlich wäre. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch sehe sich aber veranlaßt, die ganze Verordnung neu kundzumachen. Es erscheine notwendig, "die einzelnen Orte näher zu beschreiben, und zwar durch die Anführung der betreffenden Hausnummern oder mangels einer solchen durch eine nähere Ortsbeschreibung, und die Anzahl der Anschlagtafeln bekanntzugeben". Mit Schreiben vom 28. Mai 1969 hat die Marktgemeinde Götzis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch "die dzt. vorhandenen Anschlagstellen" bekanntgegeben, doch ist in einem auf dem angeführten Schreiben angebrachten Aktenvermerk festgehalten, der Bürgermeister der Marktgemeinde Götzis habe "erklärt, daß die oben angeführten Standplätze der Anschlagtafeln als Vorschlag der Marktgemeinde Götzis zu betrachten sind und die Aufzählung vollständig ist".
Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 4. Juni 1969 wurde angeordnet, daß das Anschlagen von Druckwerken innerhalb des Gebietes der Marktgemeinde Götzis nur an den angeführten Plätzen, die den im Vorschlag der Marktgemeinde Götzis enthaltenen Plätzen entsprechen, gestattet ist.
c) Am 18. April 1972 richtete die Marktgemeinde Götzis unter
Bezugnahme auf die "Plakatierungsordnung in Götzis ... vom 4. 6.
1969" ein Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch, wonach
"durch Straßenausbau und aus anderen Ursachen ... verschiedene
Änderungen bei der Aufstellung der Plakatierungstafeln vorgenommen
worden" seien "und eine entsprechende Neufassung der
Plakatierungsordnung ... notwendig" wäre. Im Schreiben sind sodann
"die Plätze angeführt, auf denen dzt. Plakatierungstafeln sind".
Abschließend wurde um "Erlassung einer Neufassung ... gebeten".
Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat eine Durchschrift des Schreibens der Marktgemeinde Götzis vom 18. April 1972 dem Gendarmeriepostenkommando Götzis mit dem Ersuchen übermittelt, "die an Bundes- und Landesstraßen befindlichen Plakatierungstafeln dahin gehend zu überprüfen, ob eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit iS des §35 Abs2 StVO" vorliege. Eine solche Beeinträchtigung wurde nicht festgestellt.
Daraufhin wurde die Verordnung vom 19. Juli 1972 (II.1.) erlassen, wobei die in der Anlage 1 zu Abschnitt I bestimmten Plätze, an denen das Aushängen und Anschlagen von Druckwerken im Gemeindegebiet von Götzis erfolgen darf, den im Schreiben der Marktgemeinde Götzis vom 18. April 1972 angeführten (vorgeschlagenen) Plätzen entsprechen.
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist demnach lediglich ersichtlich, daß vor Erlassung der Verordnung eine Prüfung der von der Marktgemeinde Götzis vorgeschlagenen, in der VO für das Aushängen und Anschlagen von Druckwerken bestimmten Standorte nur insoweit, als sie sich an Bundes- oder Landesstraßen befunden haben, und nur dahin gehend stattgefunden hat, ob eine allfällige Beeinträchtigung von öffentlichen Interessen des Verkehrs gegeben sei. Die Durchführung einer umfassenden Prüfung, ob und welche Interessen bei den nach dem Vorschlag der Gemeinde Götzis derzeit vorhandenen Standorten für Plakatierungsplätze bestehen, die zufolge ihrer, das öffentliche Interesse an der Plakatierungsfreiheit überwiegenden Bedeutung die Beschränkung des Plakatierens auf diese Standorte rechtfertigen könnten und durch welche anderen überwiegenden öffentlichen Interessen die Voraussetzungen für die Erlassung des Verbotes des Plakatierens auf allen anderen Plätzen im Gebiet der Marktgemeinde Götzis gegeben sind, war nicht feststellbar.
d) Im Hinblick auf die Ausführungen der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch in ihrer Äußerung (lita), wonach vor Erlassung der Verordnung vom 22. März 1957 innerhalb der Gemeinde Götzis eine für die Erlassung der Verordnung nach §11 PresseG erforderliche Prüfung vorgenommen worden sei, wurde die Bezirkshauptmannschaft aufgefordert, die Aktenunterlagen für das Zustandekommen der Verordnung vom 22. März 1957 und entsprechende Nachweise über die Durchführung der vorgenommenen Prüfung vorzulegen.
Die Marktgemeinde Götzis wurde aufgefordert, die im Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 18. April 1972 (litc) enthaltenen Angaben, wonach durch Straßenausbau und aus anderen Ursachen verschiedene Änderungen bei der Aufstellung der Plakatierungstafeln vorgenommen worden seien, zu präzisieren.
e) Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat mit Schreiben vom 3. November 1982 dem VfGH eine Ausfertigung der Verordnung vom 22. März 1957 vorgelegt und mitgeteilt, daß der "dazugehörige Akt ... verlorengegangen" ist und "auch bei der Marktgemeinde Götzis ... keine Unterlagen gefunden werden" konnten.
Die Marktgemeinde Götzis hat mitgeteilt, daß "die Feststellung im
Schreiben der Marktgemeinde Götzis vom 18. 4. 1972, ... daß durch
Straßenausbau und aus anderen Ursachen verschiedene Änderungen bei
der Aufstellung der Plakatierungstafeln vorgenommen worden sind, die
eine entsprechende Neufassung der Plakatierungsverordnung notwendig
gemacht hätten, ... nicht mehr näher präzisiert werden" kann, "da
sich aus den hieramtigen Unterlagen keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben".
f) Damit steht fest, daß ein Nachweis über die Durchführung einer Prüfung und Abwägung der für die Erlassung einer Verordnung nach §11 PresseG in Betracht kommenden öffentlichen Interessen vor Erlassung der Verordnung vom 22. März 1957 nicht gegeben ist.
Dazu kommt, daß in dieser Verordnung nicht einzelne Plätze für das Aushängen und Anschlagen von Druckwerken bestimmt waren; es war vielmehr angeordnet, "daß im Gemeindegebiet Götzis das Anschlagen von Druckwerken (Plakaten) nur an jenen Plätzen erfolgen darf, die vom Marktgemeindeamt Götzis für diesen Zweck bestimmt bzw. von den konzessionierten Plakatierungsunternehmungen gemietet und als solche deutlich erkennbar gemacht sind".
In der Verordnung vom 11. Juli 1963 wurde angeordnet, daß im Gemeindegebiet Götzis das Anschlagen von Druckwerken (Plakaten) nur an 27 näher umschriebenen Plätzen gestattet ist. Die Anzahl der zulässigen Anschlagtafeln an den einzelnen Plätzen ist nicht festgesetzt worden.
In der Verordnung vom 4. Juni 1969 sind 14 Plätze bestimmt, an denen das Anschlagen von Druckwerken innerhalb des Gemeindegebietes von Götzis gestattet ist, wobei für jeden einzelnen Platz die Anzahl der Anschlagtafeln, die angebracht werden dürfen, festgelegt ist.
Demgegenüber sind in der Anlage 1 zum Abschnitt I der in Prüfung gezogenen Verordnung (vom 19. Juli 1972) 15 Standorte (Plätze) für Plakatierungstafeln bestimmt, wobei zwei der in der Verordnung vom 4. Juni 1969 enthaltenen Plätze nicht mehr und drei Standorte angeführt sind, die in der Verordnung vom 4. Juni 1969 nicht aufscheinen. Bei einzelnen sowohl in der Verordnung vom 4. Juni 1969 als auch in der VO vom 19. Juli 1972 angeführten Plätzen ist eine andere Anzahl der Plakatierungstafeln, die angebracht werden dürfen, festgelegt.
Vor Erlassung der VO vom 19. Juli 1972 ist - wie sich aus den Ausführungen unter litc ergibt - hinsichtlich der beabsichtigten Änderung der in der Verordnung vom 4. Juni 1969 bestimmten Standorte für die Plakatierungstafeln lediglich vom Gendarmeriepostenkommando Götzis eine Prüfung vorgenommen worden, ob durch die an Bundes- oder Landesstraßen in Aussicht genommenen Plakatierungstafeln eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit iS des §35 Abs2 StVO vorliegt. Es hat weder eine umfassende Prüfung stattgefunden, ob und welche Interessen bei der geplanten Änderung der Bestimmung der Standorte für die Plakatierungsplätze gegenüber ihrer Festlegung in der Verordnung vom 4. Juni 1969 bestehen, die zufolge ihrer, das öffentliche Interesse an der Plakatierungsfreiheit überwiegenden Bedeutung die Beschränkung des Plakatierens auf diese Standorte rechtfertigen könnten, noch ist geprüft worden, durch welche anderen überwiegenden öffentlichen Interessen die Voraussetzungen für die Erlassung des Verbotes des Plakatierens auf allen anderen Plätzen im Gebiete der Gemeinde Götzis gegeben sind.
Die Behörde ist unzutreffenderweise davon ausgegangen, daß der Umfang des "Bedürfnisses nach Pressefreiheit" zu überprüfen sei, und hat angenommen, daß eine ausreichende Befriedigung dieses Bedürfnisses vorliege, wenn das Aushängen und Anschlagen von Druckwerken auf die von der Gemeinde vorgeschlagenen Plätze beschränkt werde. Sie hat dabei übersehen, daß nach §11 PresseG die Pressefreiheit ohne jede "Bedarfsprüfung" gewährleistet ist und nur in solchen Fällen eingeschränkt werden darf, in denen jeweils andere öffentliche Interessen überwiegen.
Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat daher bei der Festlegung der Einschränkungen der Plakatierungsfreiheit iS des §11 PresseG einen diesem Gesetz widersprechenden Maßstab angelegt. Daraus ergibt sich, daß die durch die in Prüfung gezogene VO erfolgte Einschränkung der Presse-(Plakatierungs-)Freiheit gesetzwidrig ist (vgl. VfSlg. 8019/1977).
5. Nach den Ausführungen in Z4 litf war die VO in dem Zeitpunkt der Tat (§1 Abs2 VStG 1950), die den Anlaß zur Verhängung einer Strafe über den Beschwerdeführer des Anlaßbeschwerdeverfahrens gebildet hat, im §11 des am 31. Dezember 1981 außer Kraft getretenen Pressegesetzes nicht gedeckt. Die Verordnung ist durch das am 1. Jänner 1982 in Kraft getretene Mediengesetz, BGBl. 314/1981, weder aufgehoben worden noch findet sie in diesem Gesetz eine gesetzliche Deckung.
Sie war daher in dem in Prüfung gezogenen Umfang als gesetzwidrig aufzuheben. Dabei wurde im Hinblick auf ein allfälliges Erfordernis der Erlassung einer dem Gesetz entsprechenden Regelung gemäß Art139 Abs5 B-VG für das Inkrafttreten der Aufhebung eine Frist bis 31. Mai 1983 bestimmt.
Die Verpflichtung des Bundesministers für Inneres zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung ergibt sich aus Art139 Abs5 B-VG.
Schlagworte
Presserecht, Medienrecht, PlakatierungsverordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:V28.1982Dokumentnummer
JFT_10178786_82V00028_00