Index
95 TechnikNorm
ElektrotechnikGLeitsatz
Elektrotechnikgesetz; keine Zuständigkeit des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie zur Entscheidung über eine elektrizitätsrechtliche Bewilligung; Entzug des gesetzlichen RichtersSpruch
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid vom 1. September 1976 wurde der Oö. Kraftwerke AG (OKA) über deren Antrag von der Oö. Landesregierung nach dem Oö. Starkstromwegegesetz 1970, LGBl. 1/1971, die energierechtliche Bau- und Betriebsbewilligung sowie vom Landeshauptmann von OÖ nach dem Elektrotechnikgesetz, BGBl. 57/1965, die elektrizitätsrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer 25 kV-Masttrafostation "Mayrhofberg" samt zugehöriger Anschlußleitung "Troß-Mayrhofberg" erteilt.
Der Beschwerdeführer erachtete sich als ein von diesem Projekt berührter Grundeigentümer. Er brachte gegen den von der Oö. Landesregierung erlassenen Bescheidteil einen auf Art12 Abs3 B-VG iVm dem Bundesgesetz vom 12. März 1926, BGBl. 62, gestützten Antrag und gegen den vom Landeshauptmann von OÖ erlassenen Bescheidteil die Berufung ein.
2. Hierauf ordnete der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bauten und Technik über diese Anträge des Beschwerdeführers gemäß dem Oö. StarkstromwegeG und dem ElektrotechnikG sowie den dazu ergangenen einschlägigen Durchführungsverordnungen und letztlich iZm den §40 ff. AVG 1950 die Neudurchführung des Ermittlungsverfahrens an.
Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erteilte "der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bauten und Technik" mit Bescheid vom 31. Jänner 1978 nach Maßgabe näher umschriebener Bedingungen und Auflagen
a) auf Grund des Oö. StarkstromwegeG iVm Art12 Abs3 B-VG und dem BG BGBl. 62/1926 die bau- und energierechtliche Bewilligung und
b) auf Grund des ElektrotechnikG und der dazu ergangenen Durchführungsverordnungen die elektrizitätsrechtliche Bewilligung zum Bau der Masttrafostation "Mayrhofberg" mit dazugehöriger Anschlußleitung. Der oben erwähnte Devolutions- und Berufungsantrag des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes und der Landesregierung von OÖ vom 1. September 1976 wurde abgewiesen.
3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (vgl. zB VfSlg. 8828/1980).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde vom Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie sowohl - auf Grund eines gemäß Art12 Abs3 B-VG gestellten Verlangens - über die Erteilung der energiewirtschaftsrechtlichen Bewilligung eines Projektes als auch über eine Berufung gegen einen Bescheid, der nach dem ElektrotechnikG vom Landeshauptmann von OÖ erlassen worden war, entschieden.
Wohl ist der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie der "sachlich zuständige" Bundesminister, auf den im Falle eines entsprechenden Verlangens gemäß Art12 Abs3 B-VG die Zuständigkeit zur Entscheidung über die energiewirtschaftsrechtliche Bewilligung eines Projektes übergeht (Anlage zu §2 des Bundesministeriengesetzes 1973, BGBl. 389, Teil 2, Abschnitt F, Z13). Anders ist jedoch die Rechtslage hinsichtlich der im Instanzenzug ergangenen elektrizitätsrechtlichen Bewilligung nach dem ElektrotechnikG; die Entscheidung über diese Berufung fällt der Anlage zu §2 des Bundesministeriengesetzes 1973, Teil 2, Abschnitt C, Z6, zufolge ausschließlich in den Wirkungsbereich des Bundesministers für Bauten und Technik. Dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie kam weder nach dem BundesministerienG 1973 noch nach einer anderen gesetzlichen Bestimmung die Kompetenz zur Fällung dieser (zur Zuständigkeit des Bundesministers für Bauten und Technik gehörenden) Entscheidung zu.
Dadurch, daß der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie insofern eine Zuständigkeit in Anspruch genommen hat, die einem anderen Bundesminister zustand, ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden. Da die Entscheidung auf Grund des Antrages gemäß Art12 Abs3 B-VG über die energiewirtschaftsrechtliche Bewilligung eines Projektes und über die Berufung gegen dessen elektrizitätsrechtliche Bewilligung im angefochtenen Bescheid einheitlich gefällt wurde und dieser untrennbaren Inhaltes ist, war der Bescheid zur Gänze aufzuheben, ohne daß auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen war (vgl. das in der hier maßgeblichen Hinsicht einen völlig gleichartigen Fall betreffende Erk. VfSlg. 9179/1981).
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, Energierecht, ElektrizitätswesenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B327.1978Dokumentnummer
JFT_10169776_78B00327_00