RS Vwgh 2006/1/26 2002/20/0423

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 26.01.2006
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Index

19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 1997 §5 Abs1 idF 1999/I/004;
MRK Art8;

Rechtssatz

Wiederin vertritt in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht (5. Lieferung, 2002), die Auffassung, das jedenfalls bei ehelichen Kindern ipso iure - unabhängig vom Erfordernis etwa eines Zusammenlebens - bestehende Familienleben zwischen Eltern und Kindern höre "(m)it Erreichen der Volljährigkeit ...nicht auf, sofern die Beziehungen nicht abgebrochen werden". Auf zusätzliche Elemente, wie sie im Bereich des "erweiterten Familienlebens" (Hinweis Wiederin in Wildhaber/Breitenmoser in IntKommEMRK (Lieferung April 1992)) gefordert werden, und im Besonderen auf eine "Abhängigkeit" käme es danach im Verhältnis zwischen Eltern und erwachsenen Kindern nicht an, sofern nur "die Beziehungen nicht abgebrochen" sind. In den von Wiederin zitierten, jeweils u. a. auf den Nichtabbruch der Beziehungen zu Eltern und Geschwistern hinweisenden Entscheidungen des EGMR findet dieser Standpunkt - losgelöst von den übrigen Umständen der beiden Fälle, nämlich vom Gesichtspunkt "zweiter Generation" und noch jugendlichen Alters im Fall Moustaquim und vom Vorhandensein eines eigenen Kindes im Fall Boughanemi - aber KEINE Deckung, zumal der EGMR die auf die Entscheidung der EKMR vom 10. Dezember 1984, Zl. 10375/83, zurückgehende "restriktivere Rechtsprechung der EKMR" ausdrücklich fortführt (Hinweis Entscheidung EGMR 7. November 2000, Kwakye-Nti und Dufie gegen Niederlande; Entscheidungen 13. Februar 2001, Ezzouhdi gegen Frankreich; Entscheidung 9. Oktober 2003, Slivenko gegen Lettland; Entscheidung 5. Juli 2005, Üner gegen Niederlande). Andererseits ist - gegenüber einer isolierten Betonung des Gesichtspunktes der "Abhängigkeit" - hervorzuheben, dass die Aussage, Beziehungen zwischen Erwachsenen fielen ohne Elemente einer über die normalen gefühlsmäßigen Beziehungen hinausgehenden "Abhängigkeit" nicht notwendigerweise in den Schutzbereich des Art. 8 MRK, in der Entscheidung der EKMR vom 10. Dezember 1984, einen Nachzugsfall betraf, in dem es nicht um die Beendigung eines aktuellen Zusammenlebens zwischen Elternteil und erwachsenem Kind im Vertrags staat ging. Ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens iSd Art. 8 MRK ein Familienleben vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des EGMR jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind (Hinweis Entscheidung EGMR 13. Juni 1979, Marckx gegen Belgien; Entscheidung EGMR 12. Juli 2001, K. und T. gegen Finnland; E VfGH 15. Oktober 2004, G 237/03; E VfGH 1. März 2005, B 1242/04).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2002200423.X03

Im RIS seit

22.03.2006

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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