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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Ärztegesetz; keine gleichheitswidrige Anwendung der §§55f Abs1 lita, 55l Abs1 lita und 55l Abs4Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. In dem gegen den Facharzt für Krebsforschung Univ. Prof. DDr. H. W. beim Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer im Hinblick auf eine Anzeige des Disziplinaranwaltes zur Z Dk 12/80 geführten Verfahren wurde die Disziplinarsache mit Beschluß der Disziplinarkommission für Wien, NÖ und Bgld. vom 25. Feber 1981, Z Dk 12/80 W-4, gemäß §113 Abs3 Dienstpragmatik und §55 litk Abs1 Ärztegesetz, BGBl. 92/1949 igF, zur mündlichen Verhandlung verwiesen. Laut diesem Verweisungsbeschluß fällt DDr. H. W. zur Last, ein "Disziplinarvergehen durch Verletzung der Berufspflichten und durch Beeinträchtigung des Ansehens der Ärzteschaft" begangen zu haben, indem er "am 1. September 1976 in Wien über Ersuchen des Rechtsanwaltes DDr. P. St. eine von diesem vorformulierte Erklärung über den psychischen Gesundheitszustand der geschiedenen Gattin Dris St., Dr. H. St., unterfertigt(e) und die Urkunde DDr. P. St. zur Verwendung im Pflegschaftsverfahren betreffend das Sorgerecht für die Kinder des geschiedenen Ehepaares St. zur Verfügung stellt(e) ..."
1.1.2. Der Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer - Disziplinarkommission für Wien, NÖ und Bgld. - sprach DDr. H. W. mit Erk. vom 25. März 1981, Z Dk 12/80 W-8, schuldig, er habe "am 1. September 1976 in Wien über Ersuchen des Rechtsanwaltes DDr. P. St. eine von diesem formulierte Erklärung über den psychischen Gesundheitszustand der geschiedenen Gattin Dris. St., Dr. H. St., unterfertigt und diese Erklärung DDr. P. St. zur Verwendung im Pflegschaftsverfahren des Bezirksgerichtes Döbling I P 47/76, betreffend die mj. Kinder E-M. St. und C. St., zur Verfügung gestellt, hiedurch entgegen der Bestimmung des §2k Abs2 Ärztegesetz ein Gutachten außerhalb seines Sonderfaches erstattet, seine Berufspflicht verletzt und ein Disziplinarvergehen gemäß §55f Abs1 litb Ärztegesetz begangen."
Die Disziplinarkommission verhängte deshalb über DDr. H. W. gemäß §55l Abs1 lita Ärztegesetz die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises und verpflichtete ihn zur Zahlung der mit 3.050,- S bestimmten Kosten des Disziplinarverfahrens; zugleich wurde gemäß §55l Abs4 Ärztegesetz auf Veröffentlichung der Strafe in den "Mitteilungen der Ärztekammer für Wien" und in der "Österreichischen Ärztezeitung" erkannt.
1.1.3. Der Disziplinarbeschuldigte ergriff gegen dieses Erk. das Rechtsmittel der Berufung an den Disziplinarsenat beim Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz, der darüber mit Erk. vom 23. Jänner 1982, Z Ds 7/1981, wie folgt befand:
"Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Erk., das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Beschuldigte habe entgegen der Bestimmung des §2k Abs2 Ärztegesetz ein Gutachten außerhalb seines Sonderfaches erstattet und dadurch seine Berufspflicht verletzt, aufgehoben und unter Ausschaltung dieses Ausspruches in der Sache selbst erkannt:
Univ. Prof. DDr. H. W. hat durch das im erstinstanzlichen Erk. beschriebene Verhalten (fahrlässig) das Disziplinarvergehen nach §55f Abs1 lita Ärztegesetz begangen und (es) wird hiefür nach §55l Abs1 lita Ärztegesetz über ihn die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verhängt.
Gemäß §55l Abs4 Ärztegesetz wird auf Veröffentlichung der Strafe in den Mitteilungen der Ärztekammer für Wien und der Österreichischen Ärztezeitung erkannt.
Gemäß §55m Abs1 Ärztegesetz hat der Disziplinarbeschuldigte auch die mit 8.965.- S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben."
1.2.1. Dagegen richtet sich eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des DDr. H. W. an den VfGH, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
1.2.2. Der Disziplinarsenat beim Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und begehrte darin die Abweisung der Beschwerde.
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Gemäß §55i Abs3 Satz 1 Ärztegesetz erkennt der Disziplinarsenat beim Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz in oberster Instanz; gegen seine Entscheidungen steht darum ein weiteres - administratives - Rechtsmittel nicht offen. Der Instanzenzug ist folglich erschöpft.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, ist die Beschwerde an den VfGH zulässig.
2.2.1. Eine Verletzung des Gleichheitsrechtes (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Bescheiderlassung Willkür übte.
2.2.2. Daß die den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen im Widerspruch zum Gleichheitsgebot stünden, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch der VfGH hegt unter dem Blickwinkel dieses Beschwerdefalles keine derartigen Bedenken.
2.2.3.1. Da es auch an jeglichen Hinweisen dafür fehlt, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, könnte das Gleichheitsrecht lediglich dann verletzt sein, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre.
In diese Richtung zielen die Beschwerdeausführungen, wenn - sinngemäß zusammengefaßt - eingewendet wird, die Berufungsbehörde habe gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen, weil sie den Beschwerdeführer nicht - wie die erste Disziplinarinstanz - wegen Erstattung des Gutachtens außerhalb seines Sonderfaches (Disziplinarvergehen nach §55f Abs1 litb Ärztegesetz), sondern wegen Verletzung des Ansehens der österreichischen Ärzteschaft (Disziplinarvergehen nach §55f Abs1 lita Ärztegesetz) verurteilt habe.
Dieses Vorbringen verfängt jedoch allein schon deshalb nicht, weil es sich bei dem behaupteten Verstoß gegen ein Verschlimmerungsverbot bloß um eine einfachgesetzliche Rechtswidrigkeit handeln könnte, die im verfassungsgerichtlichen Verfahren nach Art144 Abs1 B-VG nicht aufzugreifen wäre (VfSlg. 2686/1954). Dies abgesehen davon, daß der Disziplinarsenat den Disziplinarbeschuldigten unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung (nur) des bereits in erster Instanz festgestellten Schuldvorwurfs, also wegen derselben, wenngleich materiellrechtlich abweichend beurteilten Tat zu einer Strafe (schriftlicher Verweis) verurteilte, die der in erster Instanz verhängten vollkommen entsprach.
2.2.3.2. Es finden sich aber auch sonst keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von unsachlichen Erwägungen geleitet worden sei. Das gesamte Verwaltungsgeschehen, insbesondere die ausführliche Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt vielmehr, daß die Behörde bemüht war, dem Gesetz die von ihr als richtig erkannte Geltung zu verschaffen; ein solches Bemühen schließt nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (subjektive) Willkür aus, und zwar auch dann, wenn es nicht von Erfolg begleitet gewesen sein sollte (vgl. VfSlg. 7860/1976 ua.). Der VfGH hat darüberhinaus nicht zu untersuchen, ob der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht und die von der belangten Behörde gewählte Gesetzesauslegung richtig ist: Keinesfalls leidet die Begründung des Berufungsbescheides an einer - unter Umständen als Indiz für (subjektive oder objektive) Willkür in Betracht zu ziehenden (VfSlg. 7038/1973, 7962/1976) - Denkunmöglichkeit, und zwar weder in sachverhaltsmäßiger noch in rechtlicher Hinsicht:
In Wahrheit erschöpft sich das Beschwerdevorbringen in weiten Teilen nach Inhalt und Zielsetzung bloß in einer subjektiven Kritik der freien Beweiswürdigung des Disziplinarsenates und einzelner Begründungselemente des angefochtenen Bescheides, ohne der belangten Behörde unterlaufene entscheidungswichtige Verstöße im verfassungsrechtlichen Bereich aufzuzeigen.
Die in Rede stehenden weitwendigen Beschwerdeausführungen entziehen sich damit im Verfahren vor dem VfGH jeder weiteren Erörterung.
2.2.4. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht nicht verletzt wurde.
2.3. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wurde nicht behauptet und kam auch im Beschwerdeverfahren nicht hervor; ebensowenig entstanden - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften (s. Punkt 2.2.2.); der Beschwerdeführer wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
2.4. Die Beschwerde war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Prüfungsmaßstab, Ärzte, Disziplinarrecht ÄrzteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B377.1982Dokumentnummer
JFT_10169775_82B00377_00