TE Vfgh Erkenntnis 1983/2/26 B527/79

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Veröffentlicht am 26.02.1983
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Index

L3 Finanzrecht
L3730 Aufenthaltsabgabe, Nächtigungstaxe, Ortstaxe

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Tir AufenthaltsabgabeG §5 Abs5
Tir AufenthaltsabgabeG §7 Abs2

Leitsatz

Tir. Aufenthaltsabgabegesetz; keine Bedenken gegen die Pauschalierungsregelung, insbesondere gegen §5 Abs5; keine denkunmögliche und keine gleichheitswidrige Anwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Inhaber einer Ferienwohnung in Scheffau (Tirol).

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 24. Oktober 1979 hat die Berufungskommission nach §35 des Tir. Fremdenverkehrsgesetzes gemäß §§3, 5 Abs1 und 5, 7 Abs2 sowie 10 Abs2 und 4 des Aufenthaltsabgabegesetzes, LGBl. 23/1976, in Verbindung mit den §§165, 167, 213 und 215 der Tir. Landesabgabenordnung, LGBl. 7/1963, dem Beschwerdeführer für das Jahr 1978 einen Betrag von S 900,- an Aufenthaltsabgabe zuzüglich einen Säumniszuschlag von S 18,-

vorgeschrieben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt. Der Beschwerdeführer regt auch an, hinsichtlich der Bestimmung des §5 Abs5 Aufenthaltsabgabegesetz ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Nach §3 Abs1 des Aufenthaltsabgabegesetzes unterliegen der Pflicht zur Entrichtung einer Aufenthaltsabgabe alle Nächtigungen in Ferienwohnungen im Gebiet eines Fremdenverkehrsverbandes oder eines Kurbezirkes, gleichgültig, ob die nächtigenden Personen im Gebiet dieses Fremdenverkehrsverbandes (Kurbezirkes) einen ordentlichen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder nicht.

Zur Entrichtung der Abgabe ist gemäß dem Abs2 dieses Paragraphen der Inhaber der Ferienwohnung verpflichtet.

Die Aufenthaltsabgabe beträgt bei Nächtigungen in einer Unterkunftsstätte nach §2 je Person und Nächtigung S 3 (§5 Abs1).

In Abs5 des §5 ist vorgesehen, daß der Inhaber einer Ferienwohnung für seine Nächtigungen und für die Nächtigungen der im §4 Abs1 liti angeführten Personen die Aufenthaltsabgabe in Form eines jährlichen Pauschales zu entrichten hat. Die Höhe dieses Pauschales ergibt sich aus der Vervielfachung der im Gebiet des Fremdenverkehrsverbandes (Kurbezirkes) jeweils am 1. Dezember eines jeden Jahres zu entrichtenden Abgaben nach Abs1 mit einer durchschnittlichen Nächtigungszahl. Diese beträgt bei einer Wohnnutzfläche der Ferienwohnung bis zu 100 Quadratmeter, 200, bei einer größeren Wohnnutzfläche der Ferienwohnung 300.

Nach §7 Abs2 hat der Inhaber einer Ferienwohnung "die jeweils am 1. Dezember fällige" Abgabenschuld bis zum 10. Dezember - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - zu entrichten.

2. Der VfGH hat gegen die Auferlegung einer Abgabe wie etwa der nach dem Tir. Aufenthaltsabgabegesetz keine verfassungsrechtlichen Bedenken aus dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes, weil es einen sachlich bedeutsamen Unterschied darstellt, ob eine Person in der betreffenden Unterkunft ihren ständigen Wohnbedarf deckt oder sich dort nur während des Urlaubes, der Ferien oder sonst zeitweilig aufhält (s. VfSlg. 8452/1978). Einer derartigen Unterscheidung liegt auch der Umstand zu Grunde, daß der Eigentümer einer Ferienwohnung gewöhnlich zu den Kosten der für die Allgemeinheit bestimmten Einrichtungen des Ortes oder Gebietes weniger beiträgt und am örtlichen Wirtschaftsleben weniger nachhaltig beteiligt ist als derjenige, der sich in der Gemeinde ständig aufhält.

a) Zur Frage der Pauschalierung vertritt der VfGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa VfSlg. 5022/1965, 7136/1973 und 7286/1974) die Auffassung, daß es das Gleichheitsprinzip jedenfalls dann nicht verbietet, pauschalierende Regelungen zu treffen, wenn sie den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen und im Interesse der Verwaltungsökonomie liegen, also damit sachlich begründbar sind.

Der Beschwerdeführer bestreitet, daß die der Regelung des §5 Abs5 zu Grunde liegenden Prämissen den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen. Nach den Erläuternden Bemerkungen zu §5 sei der Landesgesetzgeber bei Festlegung der Durchschnittszahl von der Annahme ausgegangen, daß eine Ferienwohnung mit einer größeren Nutzfläche als 100 Quadratmeter 6 Schlafstellen umfasse und daß auf diese Schlafstellen je etwa 50 Nächtigungen im Jahr entfallen. Diese wiederum entsprächen einem einmaligen Urlaubsaufenthalt von etwa 3 Wochen zuzüglich den vierzehnmaligen, 2 Nächtigungen umfassenden Wochenendaufenthalten von 6 Personen. Dies hätte zur Voraussetzung, daß dieser Personenkreis seine Urlaube ausschließlich in der Ferienwohnung verbringt, eine Vorstellung, die nicht von der Lebenserfahrung in diesem Bereich ausgehe.

Es ist einzuräumen, daß die - in der Beschwerde zutreffend wiedergegebene - Durchschnittsannahme des Gesetzgebers nicht immer zutreffen wird. Es kann aber keine Rede davon sein, daß diese Annahme in einer den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechenden Weise lebensfremd wäre. Der VfGH kann daher vielmehr die Auffassung des Beschwerdeführers nicht teilen, wonach es mit den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht im Einklang stünde, daß - auch bei einer Durchschnittsbetrachtung - der Inhaber einer Ferienwohnung und seine Angehörigen zumindest einen Großteil ihres Urlaubes in der von ihnen angeschafften Ferienwohnung verbringen.

Im übrigen hat der Gesetzgeber in §5 Abs7 des Aufenthaltsabgabegesetzes die Möglichkeit einer gänzlichen oder teilweisen Nachsicht des Pauschales vorgesehen, wenn die Einhebung unbillig wäre.

b) Zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei nicht einzusehen, warum Inhaber von Ferienwohnungen für bei ihnen nächtigende Familienangehörige die Aufenthaltsabgabe zu entrichten haben, während Nächtigungen "desselben Personenkreises" in Unterkunftsstätten nach §2 von der Abgabepflicht gemäß §4 Abs1 liti ausdrücklich befreit seien, ist zu bemerken, daß es sich hiebei nicht um denselben Personenkreis handelt. Die unterschiedliche Behandlung von Ehegatten, Verwandten und Verschwägerten von Personen, die im Ort wohnen, und solchen Personen, die Inhaber von Ferienwohnungen sind, beruht auf demselben sachlich bedeutsamen Unterschied, den der VfGH im Erk. VfSlg. 8452/1978 dargestellt hat und welcher bereits oben unter Pkt. a) wiedergegeben wurde. Hiezu kommt, daß der Aufenthalt von Verwandten bei im Ort wohnhaften Personen in vielen Fällen aus anderen Ursachen und Gründen erfolgen wird, als dies bei in Ferienwohnungen nächtigenden Verwandten der Fall sein wird.

c) Der Beschwerdeführer sieht in der Bestimmung des letzten Satzes des §5 Abs5 Aufenthaltsabgabegesetz, wonach sich das Pauschale jeweils um die Hälfte jenes Betrages vermindert, der von anderen abgabepflichtigen Personen im abgelaufenen Jahr als Aufenthaltsabgabe für die Nächtigungen in der Ferienwohnung entrichtet worden ist, eine "nicht erfindliche" Herausgreifung aus einer Anzahl denkbarer Härtefälle und bezeichnet es als unverständlich, warum der Landesgesetzgeber eine durch die Pauschalierung auftretende Härte nur in den Fällen sieht, in denen die Schlafstellen an nicht familienangehörige Personen vermietet werden, nicht jedoch in solchen Fällen, wo diese Schlafstellen von vornherein überhaupt nicht vorhanden waren oder tatsächlich nicht benutzt worden sind.

Auf dieses Vorbringen kann schon deshalb nicht weiter eingegangen werden, weil die im letzten Satz des §5 Abs5 des genannten Gesetzes vorgenommene Sonderregelung im vorliegenden Fall nicht präjudiziell ist.

d) Zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die nur bei Ferienwohnungen vorgenommene Pauschalierung der Aufenthaltsabgabe sei nicht aus Gründen der Verwaltungsökonomie, sondern - wie sich aus den Erläuternden Bemerkungen ergebe - deshalb erfolgt, weil die Aufenthaltsdauer in Unterkünften, wo Personen nur vorübergehend Aufenthalt nehmen, kaum zu kontrollieren sei, ist folgendes zu bemerken:

Die Vermeidung aufwendiger Erhebungsmaßnahmen bei schwierig zu ermittelnden Sachverhalten durch Vornahme einer Pauschalierung ist geradezu ein Paradebeispiel einer einfacheren Vollziehung aus Gründen der Verwaltungsökonomie: Der Verwaltungsaufwand wäre gerade hier bei einer - an sich sicherlich durchführbaren - individuellen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen unangemessen hoch. Wenn der Gesetzgeber nur bei den am schwierigsten zu kontrollierenden Ferienwohnungen, nicht aber bei den leichter überprüfbaren gewerblichen Beherbergungsbetrieben und privaten Zimmervermietern eine Pauschalierung vorgesehen hat, kann ihm keine unsachliche Differenzierung vorgeworfen werden.

e) Der VfGH teilt aus all diesen Gründen daher die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers nicht.

3. Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, nach §165 Abs1 der Tir. Landesabgabenordnung trete die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages dann ein, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet oder der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs2 bis 6 durch Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens hinausgeschoben werde. Demgegenüber habe der Inhaber einer Ferienwohnung gemäß §7 Abs2 des Aufenthaltsabgabegesetzes die "jeweils am 1. Dezember fällige" Abgabenschuld bis zum 10. Dezember zu entrichten. Auf Grund dieser Bestimmung sei es demnach zulässig, die Abgabenschuld nach deren Fälligkeit zu entrichten. Daraus folge, daß die Bestimmungen der §§165 bis 169 Landesabgabenordnung für den Bereich des Aufenthaltsabgabegesetzes keine Anwendung finden könnten.

Die Vorschreibung des Säumniszuschlages sei daher "ohne ausreichende Rechtsgrundlage" erfolgt.

Die Annahme der belangten Behörde, daß hier Säumigkeit iS des hier auch anzuwendenden §165 Abs1 Landesabgabenordnung zwar eintritt, aber erst dann, wenn die Abgabenschuld - wie im vorliegenden Fall - nicht bis zum 10. Dezember (§7 Abs2 Aufenthaltsabgabegesetz) entrichtet worden ist, kann keineswegs als eine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes bezeichnet werden. Ob die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung des Gesetzes auch richtig ist, hat der VfGH nicht zu beurteilen.

Daß die Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder Willkür geübt hätte, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet und ist auch im Zuge des Verfahrens vor dem VfGH nicht hervorgekommen.

Es liegt also keine der von der Rechtsprechung für das Vorliegen einer Verletzung des Eigentumsrechtes (vgl. zB VfSlg. 8866/1980) oder des Gleichheitssatzes (vgl. zB VfSlg. 8823/1980) herausgearbeiteten Voraussetzungen vor.

4. Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist, ist die Beschwerde abzuweisen.

Schlagworte

Fremdenverkehr, Abgaben Fremdenverkehr, Aufenthaltsabgabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B527.1979

Dokumentnummer

JFT_10169774_79B00527_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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