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86 VeterinärrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / BescheidLeitsatz
Art144 Abs1 B-VG; Verweisungsbeschluß der Disziplinarkommission nach dem Tierärztegesetz mangels Bescheidqualität nicht anfechtbarSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Die Disziplinarkommission bei der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs hat mit Verweisungsbeschluß vom 9. Juli 1982 die Disziplinarstrafe gegen den Beschwerdeführer - er ist Tierarzt - zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.
Der Beschwerdeführer vertritt unter Hinweis auf mehrere Erk. des VfGH (VfSlg. 4557/1963, 5523/1967, 6520/1971, 7016/1973, 8686/1979) die Auffassung, daß der angefochtene Verweisungsbeschluß nicht bloß eine prozeßleitende Verfügung, sondern eine individuelle Norm darstelle, welche Bindungswirkung entfalte. Der Verweisungsbeschluß übe auch einschränkende Wirkungen auf die Berufsrechte des Beschwerdeführers aus, weil nach §58 des Tierärztegesetzes, BGBl. 16/1975, auf das Disziplinarverfahren gegen Tierärzte die Vorschriften der Dienstpragmatik sinngemäß anwendbar seien, was zur Folge habe, daß der Beschwerdeführer infolge des Verweisungsbeschlusses nicht zum Mitglied der Disziplinarkommission oder zum Amt des Disziplinaranwaltes bestellt werden könne. Dem Verweisungsbeschluß komme somit Bescheidcharakter zu.
2. §58 Tierärztegesetz hat folgenden Wortlaut:
"Soweit sich aus den Vorschriften dieses Bundesgesetzes nichts anderes ergibt, sind für die Durchführung des Disziplinarverfahrens die Vorschriften der Dienstpragmatik, RGBl. Nr. 14/1914, sinngemäß anzuwenden."
Die Vorschriften der Dienstpragmatik sind somit (nur) für die Durchführung des Disziplinarverfahrens nach dem Tierärztegesetz sinngemäß anzuwenden. Eine sinngemäße Anwendung von Bestimmungen über die Rechtsfolgen der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen öffentlich rechtliche Bedienstete ist daher - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - von §58 Tierärztegesetz nicht umfaßt.
Da das die Bildung und Zusammensetzung der Disziplinarkommission abschließend regelnde Tierärztegesetz selbst keine derartigen Rechtsfolgen vorsieht, übt ein Verweisungsbeschluß wie der hier angefochtene - anders als ein (die dienstrechtliche Stellung des Beschuldigten verändernder) Beschluß auf Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen einen öffentlich rechtlich Bediensteten (s. VfSlg. 4327/1962, 5761/1968 und 7907/1976 zu §113 Dienstpragmatik; VfSlg. 8886/1979 zu §83 BDG 1977) - auf die Berufsrechte des Betroffenen (Tierarztes) keine wie immer geartete einschränkende Wirkung aus.
Im übrigen hat sich der VfGH in seinem, den Bescheidcharakter eines Einleitungsbeschlusses des Disziplinarrates einer Rechtsanwaltskammer verneinenden Beschluß vom 16. 6. 1982, B386/81, mit einem ähnlich gelagerten Vorbringen wie im vorliegenden Fall ausführlich auseinandergesetzt, und zwar unter Berücksichtigung der auch in diesem Fall zur vermeintlichen Stützung des Beschwerdevorbringens angeführten (bereits oben unter Pkt. 1. zitierten) Vorjudikatur. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung dieses Beschlusses des VfGH, von dem eine Ausfertigung angeschlossen ist, verwiesen.
Ebensowenig ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers aus dem Hinweis auf das Strafprozeßrecht zu gewinnen, denn auch damit wird nicht aufgezeigt, daß der angefochtene Verweisungsbeschluß Rechtsfolgen nach sich zieht, ganz abgesehen davon, daß sich die den Strafprozeß beherrschenden Grundsätze auf das in weiten Bereichen anders geartete, so insbesondere auch keine Versetzung des Beschuldigten in den Anklagestand kennende Disziplinarverfahrensrecht nach dem Tierärztegesetz nicht bedingungslos und undifferenziert übertragen lassen (vgl. auch hiezu den genannten Beschluß des VfGH vom 16. 6. 1982, B386/81).
3. Da nach Art144 B-VG Voraussetzung für die Zuständigkeit des VfGH das Vorliegen einer behördlichen Erledigung bildet, welche Bescheidqualität aufweist, und dies hier - wie dargetan - nicht zutrifft, ist die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des VfGH gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG idF BGBl. 353/1981 in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
Tierärzte, Disziplinarrecht Tierärzte, Bescheidbegriff, VerfahrensanordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B481.1982Dokumentnummer
JFT_10169774_82B00481_00