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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
UStG 1972; einige Worte in §12 Abs2 idF BGBl. 636/1975 und §12 Abs2 Z2 litb idF BGBl. 645/1977 gleichheitswidrig (umsatzsteuerliche Mehrbelastung von nicht-gewinnorientierten Unternehmungen - Liebhabereibetrieben)Spruch
1. Als verfassungswidrig werden aufgehoben:
a) Die Worte "oder die in Zusammenhang mit einer Tätigkeit stehen, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei)," in §12 Abs2 Umsatzsteuergesetz 1972 in der Fassung BGBl. 636/1975.
b) §12 Abs2 Z2 litb Umsatzsteuergesetz 1972 in der Fassung BGBl. 645/1977.
2. Die Aufhebung des §12 Abs2 Z2 litb UStG 1972 in der Fassung BGBl. 645/1977 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1983 in Kraft.
3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebungen im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Der VwGH hat aus Anlaß mehrerer bei ihm anhängiger, unten näher bezeichneter Beschwerdeverfahren gemäß Art140 B-VG Anträge auf Aufhebung der Worte "oder die in Zusammenhang mit einer Tätigkeit stehen, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei)" in §12 Abs2 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. 223/1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1975, BGBl. 636/1975 gestellt.
b) Die angefochtene Gesetzesstelle steht in folgendem Zusammenhang:
Auch Unternehmen, die auf Dauer gesehen keinen Gewinn (oder Einnahmenüberschuß) erwarten lassen, die also einkommensteuerrechtlich als Liebhabereibetriebe zu qualifizieren sind, sind, soweit sie Einnahmen aus (entgeltlichen) Lieferungen und sonstigen Leistungen erzielen, umsatzsteuerpflichtig. Während nun §12 Abs1 UStG 1972 Unternehmen, die im Inland Lieferungen und sonstige Leistungen gegen Entgelt ausführen und daher umsatzsteuerpflichtig sind, grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, schließen die angefochtenen Worte des §12 Abs2 UStG 1972 idF 1975 bei Liebhabereibetrieben einen Vorsteuerabzug aus. Für solche Unternehmen wird nämlich die gesetzliche Fiktion aufgestellt, daß alle an sie erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten:
Gemäß §12 Abs1 Z1 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. 223, kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, die von anderen Unternehmen in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Lieferungen oder sonstige Leistungen gelten nach dem ersten Satz des Abs2 dieser Gesetzesstelle (Stammfassung) als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie überwiegend für Zwecke des Unternehmens erfolgen.
Dieser Satz erhielt durch ArtI Z11 des Abgabenänderungsgesetzes 1975, BGBl. 636, nachstehende Fassung:
"Lieferungen oder sonstige Leistungen gelten als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie überwiegend für Zwecke des Unternehmens erfolgen; Lieferungen oder sonstige Leistungen, deren Entgelte keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) iS des §20 des Einkommensteuergesetzes 1972 oder des §16 des Körperschaftsteuergesetzes 1966 sind oder die in Zusammenhang mit einer Tätigkeit stehen, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei), gelten nicht als für das Unternehmen ausgeführt."
(Die gesperrt gesetzten Worte sind Gegenstand des verfassungsgerichtlichen Prüfungsverfahrens).
2. Den Anträgen des VwGH liegen folgende Beschwerden zu Grunde:
... (Es handelt sich um die Anträge zu G123/81, G127/81, G89/82 und G90/82, G91/82. Die Wiedergabe der Sachverhalte unterbleibt hier) ...
3. a) Die Bedenken, die ihn zur Antragstellung veranlaßt haben, hat der VwGH in dem zu G123/81 protokollierten Verfahren mit Beschluß vom 12. November 1981 (A24/81) wie folgt dargelegt:
"Nach Ansicht des VwGH unterliegt es keinem Zweifel, daß auch eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei), eine unternehmerische Tätigkeit iS des §2 Abs1 des Umsatzsteuergesetzes 1972 sein kann. Denn nach der bezeichneten Gesetzesstelle ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, wobei gewerblich oder beruflich jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ist, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Erfüllt eine Tätigkeit die genannten Merkmale, so ist der Ausübende Unternehmer, der gemäß §1 des Gesetzes mit den im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen und mit seinem Eigenverbrauch der Umsatzsteuer unterliegt. Daß die Tätigkeit auf Dauer gesehen gewinnbringend sein müsse, wird vom Gesetz im Zusammenhang mit der Steuerpflicht nicht gefordert.
Anders verhält es sich dagegen beim Recht auf den Vorsteuerabzug. Dieses Recht wird durch den 'Liebhabereitatbestand' im ersten Satz des §12 Abs2 des Umsatzsteuergesetzes 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1975 für nicht gewinnbringende Tätigkeiten versagt. Gesetzestechnisch wird der Ausschluß vom Vorsteuerabzug durch die Fiktion herbeigeführt, daß Lieferungen und sonstige Leistungen, die mit solchen Tätigkeiten zusammenhängen, als nicht für das Unternehmen ausgeführt gelten.
Durch diese Regelung wird aber bewirkt, daß Unternehmer, die eine derartige Tätigkeit ausüben, im Durchschnitt eine beträchtlich höhere Umsatzsteuerbelastung trifft als andere Unternehmer. Denn im Normalfall hat der Unternehmer nur die Differenz zwischen der auf seine Umsätze entfallenden Steuer und den ihm verrechneten Vorsteuerbeträgen (Zahllast) zu entrichten. Die Bedeutung des Vorsteuerabzuges ist auch daraus ersichtlich, daß der bei der Einführung der Mehrwertsteuer festgesetzte Regelsteuersatz mit 16% ungefähr das Dreifache des früheren Regelsteuersatzes beträgt. Dabei wurde die Festlegung des Steuersatzes an dem Ziel ausgerichtet, die Einführung der Mehrwertsteuer aufkommensneutral zu gestalten (Punkt 5 des Abschnittes I der Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Umsatzsteuergesetz 1972, 145 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XIII. GP.).
Die belangte Behörde hat in der beim VwGH anhängigen Beschwerdesache die oben bezeichnete Gesetzesstelle angewendet. Diese ist daher für die Entscheidung des VwGH präjudiziell.
Der VwGH hegt nun Bedenken dahingehend, daß die aufgezeigte Ungleichbehandlung dem Art7 B-VG widerspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 4916/1965, 6410/1971, 8457/1978, u. a.) verbietet das Gleichheitsgebot dem Gesetzgeber, Differenzierungen zu schaffen, die nicht sachlich begründbar sind. Hinsichtlich der hier in Rede stehenden Regelung ist aber - auch unter Bedachtnahme auf die Gesetzesmaterialien - nicht erkennbar, inwiefern es sachlich gerechtfertigt sein soll, gerade für unternehmerische Tätigkeiten, die nicht gewinnbringend sind, eine wesentlich höhere Umsatzsteuerbelastung vorzusehen.
Weiter oben wurde bereits der Regelungszusammenhang mit der Eigenverbrauchsbesteuerung nach §1 Abs1 Z2 litb des Umsatzsteuergesetzes 1972 aufgezeigt. Während die Stammfassung des Gesetzes für als Liebhaberei zu qualifizierende Tätigkeiten - bei ungeschmälertem Recht auf Vorsteuerabzug - eine Besteuerung aller Aufwendungen mit Ausnahme der Geldzuwendungen als Eigenverbrauch vorsah, wurde durch das Abgabenänderungsgesetz 1975 der gegenständliche Ausschluß vom Vorsteuerabzug normiert und gleichzeitig im Umfang der Ausgaben für die vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen Lieferungen und sonstigen Leistungen eine Ausnahme von der Eigenverbrauchsbesteuerung vorgesehen."
Der VwGH verweist sodann auf den Beschluß des VfGH vom 20. März 1981, B187/76-18, mit dem dieser von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §1 Abs1 Z2 litb UStG 1972 in der Stammfassung des BGBl. 223/1972 eingeleitet hat - dieses Verfahren wurde unter der Zahl G33/81 geführt und mit Erk. vom 9. Dezember 1982 abgeschlossen - und führt weiter aus:
"Nach Ansicht des VwGH sind die gleichen Bedenken gegen die hier präjudizielle Regelung geltend zu machen. Der Unterschied liegt nur darin, daß die höhere Umsatzsteuerbelastung nunmehr im Wege eines Ausschlusses vom Vorsteuerabzug herbeigeführt wird."
b) In seinen weiteren Anträgen verweist der VwGH auf den zu G123/81 gestellten Antrag.
4. Auch beim VfGH sind Verfahren auf Grund nachfolgend näher bezeichneter Beschwerden anhängig, die sich gegen im Instanzenzug ergangene Bescheide von Finanzlandesdirektionen richten, mit denen den Beschwerdeführern Umsatzsteuer vorgeschrieben, die Abzugsfähigkeit von geltend gemachten Vorsteuern jedoch im Hinblick auf die eingangs wiedergegebene Bestimmung des §12 Abs2 UStG 1972 idF BGBl. 636/1975 nicht anerkannt wurde.
Diese Anlaßfälle sind durch nachstehende, für das Gesetzesprüfungsverfahren wesentliche Umstände gekennzeichnet:
... (Es handelt sich um die Beschwerdefälle B148/81 - Anlaßfall zu G14/82; B206/81 - Anlaßfall zu G16/82; B430/81 Anlaßfall zu G17/82; B348/82 - Anlaßfall zu G 64b/82. Die Wiedergabe der Sachverhalte unterbleibt hier). ...
5. In den die unter Pkt. I.4. genannten Gesetzesprüfungsverfahren einleitenden Beschlüssen machte sich der VfGH die oben (vgl. I.3.a) wiedergegebenen Erwägungen des VwGH zu eigen und leitete aus denselben Bedenken Gesetzesprüfungsverfahren ein.
6. Die Bundesregierung hat im Verfahren G123/81 eine Äußerung erstattet, in der sie die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle verteidigt.
Im einzelnen führt die Bundesregierung aus:
"Der VwGH hat seinen Beschluß im wesentlichen damit begründet, daß durch den 'Liebhabereitatbestand' im ersten Satz des §12 Abs2 des Umsatzsteuergesetzes 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1975 Unternehmer, die eine nicht gewinnbringende Tätigkeit ausüben, im Durchschnitt eine beträchtlich höhere Umsatzsteuerbelastung trifft als andere Unternehmer. Dies deshalb, weil im Normalfall der Unternehmer nur die Differenz zwischen der auf seine Umsätze entfallenden Steuer und den ihm verrechneten Vorsteuerbeträgen (Zahllast) zu entrichten hat. Der VwGH hegt nun Bedenken dahin, daß diese Ungleichbehandlung dem Art7 B-VG widerspricht.
Um die Bedenken des VwGH entkräften zu können, erscheint es erforderlich, Sinn und Zweck der vom VwGH als verfassungswidrig bezeichneten Gesetzesbestimmung anhand der Gesetzesmaterialien sowie auf Grund der Weiterentwicklung des Umsatzsteuerrechtes seit dem Jahr 1973 darzulegen.
Das Umsatzsteuergesetz 1972 (UStG 1972) in der ursprünglichen Fassung kannte keine Sonderregelung für Umsätze aus einer Liebhabereitätigkeit bzw. für Unternehmer, die eine Liebhabereitätigkeit ausüben. Wurde im Zusammenhang mit einer Liebhaberei eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen entfaltet, so lag grundsätzlich eine Unternehmertätigkeit iS des §2 Abs1 UStG 1972 vor (so auch VfGH vom 25. 6. 1980, Zl. B1/77). Die im Rahmen des Unternehmens bewirkten Umsätze unterlagen daher nach den allgemeinen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes der Besteuerung. Andererseits war nach dem UStG 1972 in der ursprünglichen Fassung für Vorleistungen, die mit diesen Umsätzen zusammenhingen, der Vorsteuerabzug zulässig. Da nun die mit der Liebhabereitätigkeit zusammenhängenden Umsätze meist wesentlich geringer sind als die anfallenden Vorleistungen, die Vorsteuern also die eigene Umsatzsteuer eines Liebhabereiunternehmers meist bei weitem übersteigen, hätte eine uneingeschränkte Zulässigkeit des Vorsteuerabzuges zu einer staatlichen Subventionierung der Liebhaberei geführt. Dies wurde für die Jahre 1973 bis 1975 dadurch verhindert, daß die mit einer Liebhaberei zusammenhängenden Kosten neben den übrigen ertragsteuerlich nicht abzugsfähigen Aufwendungen den Eigenverbrauchstatbestand nach §1 Abs1 Z2 litb UStG 1972 bildeten. Der vorgenommene Vorsteuerabzug wurde durch die Eigenverbrauchsbesteuerung der Aufwendungen somit im Ergebnis zumindest wieder ausgeglichen. Die Besteuerung der ertragsteuerlich nicht abzugsfähigen Aufwendungen als Eigenverbrauch stellte im Ergebnis grundsätzlich nichts anderes als eine Rückgängigmachung des Vorsteuerabzuges dar. Dadurch wurde dem bereits im Entwurf eines Bundesgesetzes über die Besteuerung der Umsätze (Mehrwertsteuergesetz), der vom Bundesministerium für Finanzen am 12. Dezember 1971 unter GZ 250.824-10a/71 zur Begutachtung versendet wurde, zu den Steuerbefreiungen geäußerten Grundgedanken Rechnung getragen, daß es nicht der Systematik der neuen Umsatzsteuer entspricht, Wirtschaftszweigen, die selbst keine Steuerleistung erbringen, die Erstattung der auf den früheren Stufen von anderen Unternehmern bezahlten Umsatzsteuerbeträge zu gewähren (Versendungsentwurf, I. Allgemeine Begründung, Punkt 3. Steuerbefreiungen, ebenso Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 145 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates,
XIII. GP).
Zur Vermeidung von Härten und aus Vereinfachungsgründen wurden durch ArtI des Abgabenänderungsgesetzes 1975 mit Wirkung ab 1. Jänner 1976 die Eigenverbrauchsbesteuerung und der Vorsteuerabzug neu geregelt. Nach §12 Abs2 erster Satz UStG 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1975 gelten u. a. Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Liebhabereitätigkeit stehen, nicht mehr als für das Unternehmen ausgeführt, so daß der Vorsteuerabzug für die mit derartigen Vorleistungen zusammenhängenden Vorsteuern ausgeschlossen ist. Dementsprechend entfällt für Vorgänge dieser Art, die nach dem 31. Dezember 1975 bewirkt werden, eine Eigenverbrauchsbesteuerung nach §1 Abs1 Z2 litb UStG 1972. Der Ausschluß jener Vorsteuern, die mit einer Liebhabereitätigkeit im Zusammenhang stehen, vom Vorsteuerabzug stellt gegenüber der Rückgängigmachung des Vorsteuerabzuges im Wege der Eigenverbrauchsbesteuerung in erster Linie eine Vereinfachung dar, da sie ab 1. Jänner 1976 einen Nachweis derartiger Vorsteuern durch mehrwertsteuergerechte Rechnungen und die Versteuerung der nichtabzugsfähigen Aufwendungen als Eigenverbrauch entbehrlich macht. Darüber hinaus ist die Neuregelung für die Abgabepflichtigen im Ergebnis günstiger als die Regelung vor dem 1. Jänner 1976, da sie eine Belastung jener Vorleistungen, mit denen Vorsteuern nicht zusammenhängen, im Wege der Eigenverbrauchsbesteuerung weitgehend ausschließt (Pachtzinsen an Jagdgenossenschaften, Personalkosten, Versicherungsprämien u. a. m.). Beide Maßnahmen (vor 1976 Vorsteuerabzug und nachfolgende Eigenverbrauchsbesteuerung, ab 1976 Versagung des Vorsteuerabzuges, keine Eigenverbrauchsbesteuerung) führen aber im wesentlichen zu demselben, vom Gesetzgeber gewollten Ergebnis, nämlich laufende Vorsteuererstattungen an Unternehmer, die ertragsteuerlich als Liebhabereibetriebe eingestuft werden, zu verhindern. Der VwGH hat überdies selbst bereits die Bestimmung des §1 Abs1 Z2 litb UStG 1972 auf Liebhabereibetriebe angewendet (so VwGH vom 17. September 1975, Zl. 2001/74), ohne Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm zu hegen. Es ist daher nach Auffassung der Bundesregierung nicht einzusehen, warum die nunmehrige Regelung verfassungswidrig sein sollte, zumal durch die Versagung des Vorsteuerabzuges ja im wesentlichen dasselbe Ergebnis erzielt wird wie bis 1976 mit der Eigenverbrauchsbesteuerung.
Wieder VwGH in seinem Beschluß ausführt, wird durch die Regelung über die Versagung des Vorsteuerabzuges bewirkt, daß Unternehmer, die eine Liebhabereitätigkeit ausüben, im Durchschnitt eine beträchtlich höhere Umsatzsteuerbelastung trifft als andere Unternehmer. Denn im Normalfall hat der Unternehmer nur die Differenz zwischen der auf seine Umsätze entfallenden Steuer und den ihm verrechneten Vorsteuerbeträgen (Zahllast) zu entrichten. Die Überlegung des VwGH geht also dahin, daß ein Unternehmer, der keine gewinnbringende Tätigkeit ausübt und der deshalb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, die Umsatzsteuer, die für seine Umsätze anfällt, in voller Höhe an den Fiskus abzuführen hat, während jeder andere, zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer nur die Differenz zwischen der für seine Umsätze anfallenden Steuer und den ihm verrechneten Vorsteuerbeträgen zu entrichten braucht. Bei dieser Überlegung sollte jedoch nicht übersehen werden, daß jeder Unternehmer, also auch ein Unternehmer, der keine gewinnbringende Tätigkeit entfaltet, berechtigt ist, die Umsatzsteuer für die von ihm erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen dem Leistungsempfänger im Rahmen des zivilrechtlichen Preises weiterzuverrechnen. Aus diesem Titel kann somit für den Unternehmer keine höhere Umsatzsteuerbelastung eintreten. Eine höhere Belastung kann sich für den Liebhabereiunternehmer nur daraus ergeben, daß er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Es ist aber fraglich, ob diese Belastung zu einem wettbewerbsmäßigen Nachteil führt, da Voluptuarbetriebe gar nicht nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten eingerichtet sind.
Nach Ansicht des VwGH widerspricht die Ungleichbehandlung dem Art7 B-VG. Es sei, so der VwGH, nicht erkennbar, inwiefern es sachlich gerechtfertigt sein soll, gerade für unternehmerische Tätigkeiten, die nicht gewinnbringend sind, eine wesentlich höhere Umsatzsteuerbelastung vorzusehen. Zu diesen Überlegungen des VwGH möchte die Bundesregierung bemerken, daß der VfGH wiederholt ausgesprochen hat, daß der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber zwar verbietet, Gleiches ungleich zu behandeln, daß es ihm aber nicht verwehrt ist, sachlich gerechtfertigte Differenzierungen vorzunehmen. Dem Gesetzgeber steht zudem rechtspolitische Gestaltungsfreiheit zu. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers besteht sowohl in Ansehung der angestrebten Ziele als auch bezüglich der Auswahl der zur Zielerreichung einzusetzenden Mittel. Grundsätzlich steht es dem Gesetzgeber frei, zu entscheiden, welche Instrumente er in der jeweils gegebenen Situation zur Zielerreichung geeignet erachtet und welches Mittel er unter mehreren möglichen auswählt und einsetzt. Der VfGH kann dem Gesetzgeber nur dann entgegentreten, wenn er bei der Bestimmung der einzusetzenden Mittel die ihm von Verfassungs wegen gesetzten Schranken überschreitet. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn er das sich aus dem Gleichheitsgebot ergebende Sachlichkeitsgebot verletzt, wenn er also beispielsweise zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorsieht oder wenn die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen (so VfGH vom 14. 12. 1978, Zl. G 82/78). Mit der vom VwGH als verfassungswidrig bezeichneten Regelung wollte der Gesetzgeber laufende Vorsteuererstattungen an Unternehmer, die einkommenssteuerrechtlich als Liebhabereibetriebe eingestuft werden, verhindern. Diese Zielsetzung liegt nach Meinung der Bundesregierung ganz offensichtlich im Rahmen der dem Gesetzgeber von der Bundesverfassung zugebilligten rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit. Die zu diesem Zweck vom Gesetzgeber verfügte Maßnahme ist zur Zielerreichung durchaus geeignet. Wenn ein Unternehmer, der eine Liebhabereitätigkeit ausübt, im Umsatzsteuerrecht anders behandelt wird als ein gewinnorientierter Unternehmer, so wird nichts Gleiches ungleich behandelt. Bei gewinnorientierten Unternehmern ist regelmäßig eine Wertschöpfung vorhanden und die eigene Steuerleistung im Regelfall höher als die Vorsteuern. Bei Liebhabereiunternehmern sind dagegen die Vorsteuern unter Umständen um ein Vielfaches höher als die auf die eigenen Umsätze entfallende Steuer, ja meist sogar höher als die eigenen Umsätze. Diese beiden Unternehmensformen sind somit nicht gleich, weshalb sie aus verständlichen finanzpolitischen Gründen auch sachlich durchaus gerechtfertigt unterschiedlich behandelt werden können. Ebensowenig verstößt nach Meinung der Bundesregierung auch der Umstand, daß durch die Regelung im §12 Abs2 erster Satz UStG 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1975 vom Grundgedanken des Vorsteuerabzuges abgewichen und Unternehmern (nämlich Liebhabereiunternehmern) der Vorsteuerabzug verweigert wird, dem Gleichheitsgebot. Die Versagung des Vorsteuerabzuges wird auch vom VfGH als geeignetes Mittel zur Zielerreichung angesehen (so auch VfGH vom 14. Dezember 1978, Zl. G82/78).
Den Ausführungen des VwGH, daß die vom VfGH im Beschluß vom 20. März 1981, Zl. B187/76-18, mit dem der VfGH von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §1 Abs1 Z2 litb UStG 1972 in der Stammfassung eingeleitet hat, geäußerten Bedenken auch gegen die Regelung des §12 Abs2 erster Satz UStG 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1975 geltend zu machen sind, kann die Bundesregierung gleichfalls nicht folgen. Die vom VfGH im Verfahren G33/81 geäußerten Bedenken gegen den Eigenverbrauchstatbestand des §1 Abs1 Z2 litb UStG 1972 gehen in erster Linie dahin, daß diese Regelung auch Aufwendungen erfaßt, auf die keine abzugsfähigen Vorsteuern entfallen; eine Folge des verhältnismäßig weit gezogenen Eigenverbrauchstatbestandes, die im übrigen nach Auffassung des VwGH unbedenklich ist (VwGH vom 17. 9. 1975, Zl. 2001/74). Gerade diese Auswirkung wird aber durch die Neuregelung des Vorsteuerabzuges bzw. des Eigenverbrauchstatbestandes durch das Abgabenänderungsgesetz 1975 vermieden."
Auf Grund dieser Ausführungen stellt die Bundesregierung den Antrag, der VfGH wolle den Antrag des VwGH abweisen, in eventu für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr vorsehen.
Abschließend führt die Bundesregierung aus, daß diese Äußerung auch für weitere sachverhaltsgleiche Verfahren zur Prüfung der angefochtenen Gesetzesbestimmung gilt.
II. 1. a) Der VwGH hat aus Anlaß mehrerer bei ihm anhängiger, unten näher bezeichneter Beschwerdeverfahren gemäß Art140 B-VG auch Anträge auf Aufhebung der litb der Z2 des §12 Abs2 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. 223/1972 in der Fassung des 2. Abgabenänderungsgesetzes 1977, BGBl. 645/1977, gestellt.
b) Die angefochtene Gesetzesstelle bewirkt ebenfalls den Ausschluß vom Vorsteuerabzug für jene Unternehmen, die umsatzsteuerpflichtig sind und als Liebhabereibetriebe zu qualifizieren sind:
Auch Liebhabereibetriebe sind, soweit sie Einnahmen aus (entgeltlichen) Lieferungen und sonstigen Leistungen erzielen, umsatzsteuerpflichtig. Während nun §12 Abs1 UStG 1972 Unternehmen, die im Inland Lieferungen und sonstige Leistungen gegen Entgelt ausführen und daher umsatzsteuerpflichtig sind, grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, schließt die angefochtene litb der Z2 des Abs2 des §12 UStG 1972 idF BGBl. 645/1977 bei Unternehmen, die als Liebhabereibetrieb zu qualifizieren sind, einen Vorsteuerabzug aus. Für solche Unternehmen wird nämlich die gesetzliche Fiktion aufgestellt, daß alle an sie erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten:
§12 Abs2 lautet im hier maßgeblichen Zusammenhang:
"Lieferungen oder sonstige Leistungen ... gelten als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie überwiegend für Zwecke des Unternehmens erfolgen. Hievon bestehen folgende Ausnahmen, ...:
...
2. Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten Lieferungen oder sonstige Leistungen,
a) ...
b) die im Zusammenhang mit einer Tätigkeit stehen, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei), oder
..."
2. Den Anträgen des VwGH liegen folgende Beschwerden zu Grunde:
... (Es handelt sich um die Anträge zu G9/82, G61/82, G89/82 und G91/82. Die Wiedergabe der Sachverhalte unterbleibt hier). ...
3. a) Der VwGH hegt gegen §12 Abs2 Z2 litb UStG 1972 idF BGBl. 645/1977 die gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wie er sie in seinem zu G123/81 protokollierten Antrag (vgl. oben. Pkt. I.3.a) dargelegt hat, und führt in seinem Beschluß vom 28. Jänner 1982 (A2/82), der dem hg. Verfahren G9/82 zugrundeliegt, aus:
"Die Neufassung des §12 Abs2 UStG 1972 durch das 2. Abgabenänderungsgesetz 1977 gebietet keine andere Betrachtung, da nach wie vor Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Tätigkeit stehen, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei), nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten."
b) In seinen weiteren Gesetzesprüfungsanträgen verweist der VwGH auf die in den zu G123/81 und G9/82 gestellten Anträgen dargelegten Bedenken.
4. Auch beim VfGH sind Verfahren auf Grund nachfolgend näher bezeichneter Beschwerden anhängig, die sich gegen im Instanzenzug ergangene Bescheide von Finanzlandesdirektionen richten, mit denen den Beschwerdeführern Umsatzsteuer vorgeschrieben, die Abzugsfähigkeit von geltend gemachten Vorsteuern jedoch im Hinblick auf §12 Abs2 Z2 litb UStG 1972 idF BGBl. 645/1977 nicht anerkannt wurde. Diese Anlaßfälle sind durch nachstehende, für das Gesetzesprüfungsverfahren wesentliche Umstände gekennzeichnet:
... (Es handelt sich um die Beschwerdefälle B148/81 - Anlaßfall zu G15/82; B634/81 - Anlaßfall zu G18/82; B304/82 - Anlaßfall zu G65/82. Die Wiedergabe der Sachverhalte unterbleibt hier.) ...
5. In den die unter Pkt. II.4. genannten Gesetzesprüfungsverfahren einleitenden Beschlüssen machte sich der VfGH die oben (vgl. I.3.a) wiedergegebenen Erwägungen des VwGH zu eigen und ging vorläufig davon aus, daß die in dem genannten Beschluß gegen einige Worte des §12 Abs2 UStG 1972 idF BGBl. 636/1975 vorgebrachten Bedenken auch gegen die Bestimmung des §12 Abs2 Z2 litb UStG 1972 idF BGBl. 645/1977 - die eine gleichartige umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Liebhabereibetrieben zu bewirken scheint - bestehen.
6. Die Bundesregierung verweist in ihrer Äußerung zu dem unter G9/82 protokollierten Antrag des VwGH auf ihre bereits im Verfahren G123/81 abgegebene Äußerung (vgl. oben Pkt. I.6.a) und führt aus:
"Entgegen der Ansicht des VwGH, daß diese Regelungen dem Gleichheitsgebot widersprechen, erscheint es nach Auffassung der Bundesregierung sachlich als durchaus gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber bei Betätigungen, die auf Dauer gesehen Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lassen, eine laufende Erstattung der in den vorgelagerten Wirtschaftsstufen angefallenen Umsatzsteuerbeträge verhindern will, umso mehr, als eine echte Wettbewerbssituation zwischen Unternehmern, die in erkennbarer Weise auf Dauer keinen Einnahmenüberschuß anstreben, und allen anderen Unternehmern nicht besteht. Die Verwehrung des Vorsteuerabzuges im Unternehmensbereich entspricht zwar nicht dem System der Mehrwertsteuer, doch hat auch der VfGH in seinem Erk. vom 14. Dezember 1978, Zl. G82/78, zum Ausdruck gebracht, daß es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, auch systemwidrige Regelungen zu treffen, wenn sie sich sachlich rechtfertigen lassen. In diesem Zusammenhang darf nochmals darauf hingewiesen werden, daß auch der mit den sogenannten unechten Umsatzsteuerbefreiungen (§6 Z7 bis 16 UStG 1972) verbundene Vorsteuerverlust - der dem System der Umsatzsteuer ebenfalls nicht entspricht - für den Unternehmer innerhalb der Kette vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer zu einer wettbewerbsstörenden Mehrbelastung führt. Diese Auswirkung hat der Gesetzgeber jedoch absichtlich herbeigeführt, um verschiedentliche Wünsche nach Einräumung von Umsatzsteuerbefreiungen erst gar nicht zur Entstehung kommen zu lassen."
Abschließend führt die Bundesregierung aus, daß die im Verfahren G123/81 (vgl. oben Pkt. I.6.a) gestellten Anträge - dort beantragte die Bundesregierung, den Antrag des VwGH abzuweisen, in eventu für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr vorzusehen - auch im vorliegenden Verfahren gelten.
III. Der VfGH hat zur Zulässigkeit der Gesetzesprüfungsverfahren erwogen:
1. Zu den Anträgen des VwGH (G123, 127/81, G9, 61, 82, 89, 91/82):
Mit den beim VwGH angefochtenen Bescheiden wird als Liebhabereibetrieben qualifizierten Unternehmen Umsatzsteuer vorgeschrieben, den geltend gemachten Vorsteuerabzügen jedoch im Hinblick auf §12 Abs2 UStG 1972 idF BGBl. 636/1975 bzw. §12 Abs2 Z2 litb UStG 1972 idF BGBl. 645/1977 die Anerkennung versagt. Der VwGH ist der Ansicht, daß er bei Entscheidung über die bei ihm angefochtenen Bescheide die angeführten Gesetzesbestimmungen anzuwenden habe.
Es sind keine Umstände hervorgekommen, nach denen diese Annahme des VwGH nicht zuträfe. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, sind die vom VwGH gestellten Gesetzesprüfungsanträge zulässig.
2. Gleiches gilt auch hinsichtlich des Antrages des VwGH zu G90/82, dem die Beschwerde des Präsidenten einer Finanzlandesdirektion zu Grunde liegt, der die Gewährung des Vorsteuerabzugs an einen, vom Präsidenten als Liebhabereibetrieb qualifizierten Betrieb von nicht kostendeckend geführten Gemeindeeinrichtungen als §12 Abs2 UStG 1972 idF BGBl. 636/1975 widersprechend bekämpft.
3. Zu den von Amts wegen eingeleiteten Verfahren (G14 - 18, 64b, 65/82):
a) Der VfGH hatte in den diese Verfahren einleitenden Beschlüssen vorläufig angenommen, daß die Beschwerden zulässig seien und daß er die in Prüfung gezogenen Bestimmungen bei der Entscheidung über die Beschwerden anzuwenden habe. Diesen Annahmen des Gerichtshofes ist im Verfahren nicht entgegengetreten worden.
b) Die Beschwerdeverfahren, die den Anlaß zu diesen Gesetzesprüfungsverfahren bilden, sind, da alle Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig.
c) Mit den in den Anlaßfällen angefochtenen Bescheiden wurde den Beschwerdeführern Umsatzsteuer vorgeschrieben, den geltend gemachten Vorsteuern jedoch die Abzugsfähigkeit versagt. Die Bescheide, die zu den unter G14, 16, 17 und 64b/82 protokollierten Gesetzesprüfungsverfahren geführt haben, stützen sich hiebei auf §12 Abs2 UStG 1972 idF BGBl. 636/1975, jene Bescheide, die zu den Gesetzesprüfungsverfahren G 15 und 18/82 geführt haben, auf §12 Abs2 Z2 litb UStG 1972 idF BGBl. 645/1977. In dem zu B304/82 protokollierten Beschwerdeverfahren, das zum Gesetzesprüfungsverfahren G65/82 geführt hat, hat die belangte Behörde ihre Entscheidung primär - aber doch nicht ausschließlich - auf eine andere Bestimmung des UStG 1972 gegründet. Auch in diesem Fall handelt es sich jedoch um einen sog. Liebhabereibetrieb, bei dem die Finanzverwaltung die von ihm bewirkten Umsätze zur Umsatzsteuer herangezogen, den geltend gemachten Vorsteuern jedoch die Abzugsfähigkeit versagt hat.
In allen genannten Anlaßfällen hat somit der VfGH bei der Entscheidung über die bei ihm angefochtenen Beschwerden die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen anzuwenden.
d) Auch die von Amts wegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren sind daher zulässig.
IV. In der Sache hat der VfGH erwogen:
1. a) In seinen Gesetzesprüfungsanträgen ging der VwGH - und ihm folgend bei seinen die amtswegigen Gesetzesprüfungsverfahren einleitenden Beschlüssen der VfGH - von der Auffassung aus, daß auch eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt, also als Liebhabereibetrieb zu qualifizieren ist, eine unternehmerische Tätigkeit iS des §2 Abs1 UStG 1972 sein kann. Denn nach dieser Gesetzesstelle ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, wobei gewerblich oder beruflich jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ist. Ein derartiger Unternehmer unterliegt mit den im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen und mit seinem Eigenverbrauch der Umsatzsteuer.
Diese Annahmen haben sich als zutreffend erwiesen (vgl. auch das Erk. d. VfGH G33/81, 64a/82 vom 9. Dezember 1982).
b) Nach dem System des UStG 1972 steht in der Regel der Umsatzsteuerpflicht eines Unternehmens das Recht gegenüber, die in den von ihm an andere Unternehmer für Lieferungen und sonstige Leistungen für sein Unternehmen bezahlten Beträgen enthaltenen Umsatzsteuern abzuziehen (Vorsteuerabzug). Für Umsätze, die durch Liebhabereibetriebe erbracht werden, wird dieses Recht jedoch durch §12 Abs2 UStG 1972 idF seit BGBl. 636/1975 versagt. Wie der VwGH richtig darlegt, wird dieser Ausschluß vom Vorsteuerabzug durch die - sich aus den aufgehobenen Bestimmungen des UStG 1972 ergebende - Fiktion herbeigeführt, daß Lieferungen und sonstige Leistungen, die mit solchen Tätigkeiten zusammenhängen, als nicht für das Unternehmen ausgeführt gelten.
Es ist evident - und wurde auch im Verfahren nicht bestritten -, daß ein umsatzsteuerpflichtiges Unternehmen, das als Liebhabereibetrieb zu qualifizieren ist, auf diese Weise insofern gegenüber anderen - gewinnorientierten - Unternehmen unterschiedlich behandelt wird, als es einer höheren Umsatzsteuerbelastung unterworfen ist. Denn im Normalfall hat ein Unternehmer nur die Differenz zwischen der auf seine Umsätze entfallenden Steuer und den ihm verrechneten Vorsteuerbeträgen zu entrichten, während der einen Liebhabereibetrieb führende Unternehmer für die Jahre 1976 und 1977 infolge der Worte "oder die in Zusammenhang mit einer Tätigkeit stehen, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei)" in §12 Abs2 UStG 1972 idF BGBl. 636/1975 und seit 1978 infolge der Bestimmung des §12 Abs2 Z2 litb UStG 1972 idF BGBl. 645/1977 von eben diesem Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
2. Diese unterschiedliche Behandlung schien dem VwGH und dem VfGH nicht sachgerecht zu sein. Sie hielten es unter dem Blickwinkel des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatzes für sachlich nicht gerechtfertigt, gerade für unternehmerische Tätigkeiten, die nicht gewinnorientiert sind, eine wesentlich höhere Umsatzsteuerbelastung als für gewinnorientierte Unternehmen vorzusehen.
3. Diesen Bedenken ist die Bundesregierung mit dem Argument entgegengetreten, es werde nicht Gleiches ungleich behandelt, wenn ein Unternehmer, der eine Liebhabereitätigkeit ausübt, umsatzsteuerrechtlich anders behandelt werde als ein Unternehmer, dessen Betrieb gewinnorientiert geführt werde. Bei gewinnorientierten Unternehmen sei regelmäßig eine Wertschöpfung vorhanden und daher die eigene Steuerleistung im Regelfall höher als die Vorsteuern. Bei Liebhabereiunternehmen seien dagegen die Vorsteuern unter Umständen um ein Vielfaches höher als die auf die eigenen Umsätze entfallenden Steuern, ja meist sogar höher als die eigenen Umsätze. Diese beiden Unternehmensformen seien somit nicht gleich, weshalb sie auch umsatzsteuerrechtlich gerechtfertigterweise unterschiedlich behandelt werden könnten. Die uneingeschränkte Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs hätte zu einer staatlichen Subventionierung der Liebhabereibetriebe geführt. Dies sei für die Jahre 1973 bis 1975 dadurch verhindert worden, daß die mit einem Liebhabereibetrieb zusammenhängenden Kosten neben den übrigen einkommensteuerrechtlich nicht abzugsfähigen Aufwendungen den Eigenverbrauchstatbestand nach §1 Abs1 Z2 litb UStG 1972 bildeten. Durch das Abgabenänderungsgesetz 1975 sei das System nun geändert worden: Beide Maßnahmen führten aber im wesentlichen zu demselben, vom Gesetzgeber gewollten Ergebnis, nämlich laufende Vorsteuererstattungen an Unternehmer, die ertragssteuerrechtlich als Liebhabereibetriebe eingestuft seien, zu verhindern.
Der VfGH hält das Ziel der Vermeidung einer umsatzsteuerlichen Begünstigung für erwerbsteuerrechtlich als Liebhabereibetriebe zu qualifizierende Unternehmer für durchaus sachgerecht. Die gewählte Methode, das Ziel einer - sich ansonsten aus dem System des Umsatzsteuerrechts ergebenden - Bevorzugung eines umsatzsteuerpflichtigen Liebhabereibetriebs entgegenzuwirken zu erreichen, ist aber in exzessiver Weise überschießend. Denn durch die gewählte Konstruktion wird keineswegs nur eine Begünstigung von umsatzsteuerpflichtigen Liebhabereibetrieben vermieden; es wird diese Begünstigung vielmehr ins Gegenteil verkehrt. Das sachlich gerechtfertigte Ziel, eine umsatzsteuerrechtliche Bevorzugung von Liebhabereibetrieben zu verhindern, darf nicht mit Mitteln erreicht werden, die zu einer bedeutenden Mehrbelastung von nicht-gewinnorientierten Unternehmungen im Umsatzsteuerrecht führen. Die vom Gesetzgeber gewählte Methode, die - wie die Anlaßfälle zeigen - dazu führt, daß nicht gewinnorientierte Betriebe umsatzsteuerrechtlich schlechter behandelt werden als gewinnorientierte und Gewinne erwirtschaftende Unternehmungen mit gleichartigen Tätigkeiten, ist sachlich nicht zu rechtfertigen.
Auch die Auffassung der Bundesregierung, es sei fraglich, ob diese Belastung zu einem wettbewerbsmäßigen Nachteil führe, da Voluptuarbetriebe gar nicht nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten eingerichtet seien, und die in der Äußerung der Bundesregierung zu G9/82 vorgetragene Ansicht, zwischen Unternehmen, die auf Dauer keinen Einnahmenüberschuß anstreben, und anderen Unternehmen bestehe keine echte Wettbewerbssituation, vermag eine Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung nicht zu bieten. Denn die Umsatzsteuerpflicht trifft ja Liebhabereibetriebe gerade hinsichtlich jener Tätigkeiten, mit denen sie Lieferungen und sonstige Leistungen am Markt anbieten und damit sehr wohl am wirtschaftlichen Wettbewerb (auch mit gewinnorientierten Unternehmungen) teilhaben. Gerade die Beispiele der Anlaßfälle zu diesen Gesetzesprüfungsverfahren machen dies deutlich.
3. Die Bundesregierung konnte somit die vom VwGH und vom VfGH aufgeworfenen Bedenken nicht zerstreuen. Da auch keine andere sachliche Rechtfertigung für die durch die in Prüfung gezogenen Regelungen bewirkte unterschiedliche, den Liebhabereibetrieb benachteiligende umsatzsteuerrechtliche Behandlung erkennbar ist und da die beiden geprüften Normen noch immer - §12 Abs2 UStG 1972 idF BGBl. 636/1975 beschränkt auf den zeitlichen Anwendungsbereich der Jahre 1976 und 1977 - dem Rechtsbestand angehören, waren sie wegen Widerspruchs zu dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz aufzuheben.
4. Die übrigen Aussprüche gründen sich auf Art140 Abs5 und 6 B-VG. Für die Setzung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Worte in §12 Abs2 UStG 1972 idF BGBl. 636/1975 sah der VfGH angesichts der Tatsache keine Veranlassung, daß die Regelung nur mehr für jene noch nicht rechtskräftig entschiedenen Fälle von Bedeutung ist, in denen Umsatzsteuer für die in den Jahren 1976 und 1977 getätigten Umsätze noch vorzuschreiben ist. Hingegen hielt er eine Fristsetzung für das Außerkrafttreten des §12 Abs2 Z2 litb UStG 1972 idF BGBl. 645/1977 für erforderlich, um dem Gesetzgeber vor Außerkrafttreten der Bestimmung die Möglichkeit zu einer Neuregelung zu geben und ihn damit auch in die Lage zu setzen, die von der Bundesregierung in den Mittelpunkt ihrer Äußerung gestellte Zielsetzung der Verhinderung der umsatzsteuerrechtlichen Bevorzugung von Liebhabereibetrieben gegenüber gewinnorientierten Unternehmen in verfassungskonformer Weise zu verwirklichen.
Schlagworte
Umsatzsteuer, Liebhaberei (Steuerrecht)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:G123.1981Dokumentnummer
JFT_10169772_81G00123_00