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16 MedienrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Rundfunkgesetz; keine Bedenken gegen §18 Abs5; keine gleichheitswidrige AnwendungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid der Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes vom 9. Feber 1982, GZ 140/2-RFK/82, wurde dem Einspruch der M. P-St. gegen die am 19. Jänner 1982 veröffentlichte Liste der für die Wahl von Redakteursprechern wahlberechtigten journalistischen Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks nicht Folge gegeben.
Begründend wurde ua. ausgeführt:
"Die Einspruchswerberin behauptet, zu Unrecht in die Liste der für die Wahl der Redakteursprecher wahlberechtigten journalistischen Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks ... nicht aufgenommen worden zu sein ...
M. P-St. ist seit 1969 angestellte Redakteurin des ORF und seit 1981 in der WIR-Redaktion (Abt. F 5-1) in zweifacher Hinsicht tätig:
Erstens (und überwiegend) adaptiert sie die (mindestens) fünfmal pro Woche ausgestrahlten WIR-Sendungen für die Teletext-Untertitelung. Hiebei transformiert sie die gesprochenen Texte für Gehörlose. Sie 'übersetzt' mithin gleichsam die gesprochenen WIR-Texte - oft durch Vornahme von unter Umständen beträchtlichen Kürzungen - ins Schriftliche. Zweitens recherchiert die Einspruchswerberin für den - im Rahmen der WIR-Sendung gebrachten - Pollenwarndienst, welchen Beitrag sie auch gestaltet. Der Pollenwarndienst wird jeweils zwischen Februar und September oder Oktober einmal pro Woche mit einer Sendezeit von je vier Minuten ausgestrahlt. Der damit für die Einspuchswerberin erforderliche Zeitaufwand zwischen Februar und Herbstbeginn beträgt rund drei bis vier Stunden wöchentlich.
In rechtlicher Hinsicht gilt folgendes:
Gemäß §18 Abs5 RFG wählt in jedem Betriebsbereich des Österreichischen Rundfunks (Landesstudios, Hauptabteilungen) eine Versammlung aller journalistischen Mitarbeiter aus ihrer Mitte nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes in geheimer Wahl einen Redakteursprecher. Gemäß Abs6 dieser Gesetzesstelle (in der Fassung BGBl. 352/1981) ist vom kaufmännischen Direktor spätestens vier Wochen vor der Wahl eine Liste der wahlberechtigten journalistischen Mitarbeiter jedes Betriebsbereiches zu erstellen und zu veröffentlichen.
Was unter einem journalistischen Mitarbeiter zu verstehen ist, wird im §17 Abs3 RFG festgelegt. Nach dieser - nicht gerade glücklich gefaßten - Gesetzesstelle sind journalistische Mitarbeiter iS des Rundfunkgesetzes alle an der Gestaltung von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen journalistisch mitwirkenden Personen, insbesondere Redakteure, Reporter, Korrespondenten und Gestalter von Programmen journalistischen Charakters, die als Angestellte des Österreichischen Rundfunks oder als freie Mitarbeiter diese journalistische Tätigkeit ständig und nicht bloß als wirtschaftlich unbedeutende Nebenbeschäftigung ausüben.
Mit der Frage, wer als journalistischer Mitarbeiter iS dieser Bestimmung anzusehen ist, hatte sich die Kommission schon mehrmals zu beschäftigen. In den ersten Entscheidungen (3. Juni 1977, RFR 1977, 7 und die dort angeführten weiteren Bescheide) wurde unter Hinweis auf §1 Abs2 Journalistengesetz, StGBl. 88/1920 igF, und in Übereinstimmung mit §1 des Redakteurstatutes des Österreichischen Rundfunks als entscheidend angesehen, daß es sich um Personen handelt, die mit der im §1 des Redakteurstatutes näher umschriebenen inhaltlichen Produktion von Sendungen befaßt sind, welche dem Programmauftrag des Österreichischen Rundfunks iS des §2 Abs1 Z1 RFG, beschränkt auf aktuelles Tagesgeschehen, entsprechen. Dieser Begriffsbestimmung ist zu entnehmen, daß für den journalistischen Mitarbeiter zunächst zwei Kriterien maßgebend sind, nämlich zum einen der Inhalt seiner Tätigkeit und zum anderen der Inhalt des Programms, an dem er mitarbeitet.
An dieser Auffassung hat die Kommission auch in späteren Entscheidungen (18. Jänner 1980, RFR 1980, 69; zuletzt ua. 8. Feber 1982, AZ 140-RFK/82) festgehalten und ausgesprochen, daß nach ihrer Ansicht als journalistischer Mitarbeiter iS des Rundfunkgesetzes nur derjenige anzusehen sei, der als Angestellter oder freier Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks 1. für den Österreichischen Rundfunk eine Tätigkeit mit journalistischem Inhalt ausübe, 2. dabei Programme oder einzelne Beiträge mit journalistischem Charakter gestalte und 3. diese Tätigkeit ständig und nicht bloß als wirtschaftlich unbedeutende Nebenbeschäftigung ausübe.
Bezüglich des zweiten Tatbestandsmerkmals wurde festgestellt, daß als Programme oder Beiträge mit journalistischem Charakter nur die im §2 Abs1 Z1 RFG genannten Sendungen zur Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen angesehen werden könnten. Als weiteres Kriterium müßte jedoch hinzukommen, daß die Programme das 'aktuelle Tagesgeschehen' beträfen. Dieses Kriterium müßte, worauf ebenfalls schon in den bezogenen Vorentscheidungen hingewiesen worden sei, der Begriffsbestimmung des §1 Abs2 Journalistengesetz entnommen werden, weil ohne eindeutige Hinweise nicht anzunehmen sei, daß der Gesetzgeber des Rundfunkgesetzes den Begriff des journalistischen Mitarbeiters in diesem Punkt anders als der des Journalistengesetzes verstanden wissen habe wollen.
Die Kommission hält - ungeachtet der von Korn (RFR 1981, S 1 ff.) geäußerten Ansicht - weiterhin an ihrer Auffassung fest, daß - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - angestellte oder freie Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks ungeachtet einer allenfalls ausgeübten journalistischen Tätigkeit nur dann als journalistische Mitarbeiter iS des §17 Abs3 RFG anzusehen sind, wenn sie an einem Programm oder Beitrag mitwirken, das oder der dem §2 Abs1 Z1 RFG zu unterstellen ist. Es sei hier neuerlich darauf hingewiesen, daß diese Begriffsbestimmung inhaltlich mit §1 des geltenden Redakteurstatuts übereinstimmt. Von derselben Begriffsbestimmung gehen im übrigen auch die sogenannten Programmrichtlinien des Österreichischen Rundfunks aus (vgl. Punkt 1.2.4 und 1.3).
Prüft man die (überwiegende) Aufgabe, der die Einspruchswerberin für den Österreichischen Rundfunk bei Untertitelung der WIR-Sendungen nachkommt, gelangt man zu dem Ergebnis, daß die Genannte hiebei keine journalistische Tätigkeit iS der vorstehenden Darlegungen entfaltet. Dieser Arbeitsbereich ähnelt einer Sekretärinnentätigkeit. Die Beschäftigung mit dem Pollenwarndienst ist im Verhältnis zur Gesamttätigkeit so sehr untergeordnet, daß sie zur Begründung einer journalistischen Tätigkeit nicht geeignet ist. ..."
1.2.1. Gegen diesen Kommissionsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde der M. P-St. an den VfGH; die Beschwerdeführerin macht der Sache nach geltend, sie sei wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten sowie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) verletzt worden, und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
1.2.2. Die Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Die Kommission ist eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Verwaltungsbehörde. Ihre Entscheidungen unterliegen nach §29 Abs5 des Bundesgesetzes vom 10. Juli 1974, BGBl. 397/1974, über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks (RFG) nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Der administrative Instanzenzug ist also erschöpft (vgl. zB VfSlg. 8320/1978, 8906/1980).
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, ist die Beschwerde zulässig.
2.2. Zur behaupteten Rechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm:
2.2.1. Die Beschwerdeführerin wendet - im Blick auf die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides - sinngemäß zusammengefaßt lediglich ein, daß die Bestimmung des §18 Abs5 RFG, welche die Berechtigung der journalistischen, nicht auch der programmgestaltenden Rundfunkmitarbeiter zur Wahl eines Redakteursprechers festlege, gegen das verfassungsrechtlich garantierte Gleichheitsgebot verstoße, weil §17 Abs1 RFG programmgestaltenden und journalistischen Mitarbeitern die gleiche materielle Rechtsstellung einräume und die Sicherung der in §17 Abs1 RFG umschriebenen Rechte, wie aus §18 Abs3 RFG folge, primär den Redakteursprechern obliege. Es müßten daher auch programmgestaltende Rundfunkmitglieder von Verfassungs wegen zur Wahl eines ihre Interessen wahrenden - Redakteursprechers berechtigt sein.
2.2.2. Das Beschwerdevorbringen ist unbegründet.
Wie der VfGH bereits im Erk. VfSlg. 7593/1975 (S 547) darlegte, hat der Rundfunk in Gemäßheit der Vorschrift des §17 Abs1 RFG die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter zu beachten; darüber hinaus hat der Gesetzgeber für die journalistischen Mitarbeiter, also für jenen Personenkreis, dem in erster Linie die unmittelbare Herstellung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen zur Erfüllung der Aufgaben des Österreichischen Rundfunks nach §2 Abs1 RFG, und zwar unter Berücksichtigung der sich aus ArtI Abs2 des BVG BGBl. 396/1974 ergebenden Prinzipien zukommt, weitere Garantien vorgesehen, die der Österreichische Rundfunk im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses gleichfalls zu beachten hat, nämlich - nach §18 Abs1 RFG - den Abschluß eines Redakteurstatuts zwischen dem Rundfunk einerseits und einer gewählten Vertretung der journalistischen Mitarbeiter anderseits.
Ferner hieß es zu der von der Beschwerdeführerin herausgestellten
Frage des Mitarbeiter-Rechtschutzes in den - insoweit auch für das
spätere RFG BGBl. 397/1974 gültigen - Erläuterungen zur
Regierungsvorlage "eines Bundesgesetzes, mit dem das Rundfunkgesetz
geändert wird", 933 BlgNR XIII. GP, S 11 (s. auch Twaroch,
Rundfunkrecht in Österreich, 2. Auflage, S 56 f.): "Die
Gewährleistung der ... Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit
aller programmgestaltenden Mitarbeiter bei Besorgung der ihnen
übertragenen Aufgaben soll ... in zweifacher Weise verwirklicht
werden: Einerseits wird nämlich der Gesellschaft aufgetragen, diese Rechte aller programmgestaltenden Mitarbeiter, das sind alle Personen, die als Angestellte der Gesellschaft oder als freie Mitarbeiter in irgendeiner Weise an der inhaltlichen Gestaltung von Hörfunk- oder Fernsehsendungen mitwirken, zu respektieren. Im Falle eines Eingriffes in diese Rechte stünde dem Betroffenen der Rechtszug an die Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes offen. Andererseits soll dem engeren Kreis der journalistischen Mitarbeiter, nämlich den an der Gestaltung von Hörfunk- oder Fernsehsendungen journalistisch mitwirkenden Personen, der Schutz der 'inneren Pressefreiheit' durch ein Redakteurstatut zuteil werden; aber auch dieser Kreis wird zur Anrufung der Kommission berechtigt sein."
Zieht man all dies in Betracht, ist es keinesfalls unsachlich, wenn der Gesetzgeber (auf dem Boden seiner grundsätzlichen Unterscheidung zwischen programmgestaltenden und journalistischen Mitarbeitern) jenem - unter den Begriff der "Journalisten" fallenden - Personenkreis, dem die Herstellung der Hörfunk- und Rundfunkprogramme in erster Linie aufgetragen ist, angesichts der spezifischen Berufsaufgaben vor allem zur Sicherung der "inneren Pressefreiheit" weiterreichende Rechtsschutzeinrichtungen gewährt als den übrigen programmgestaltenden Rundfunkmitarbeitern, die nicht zur Gruppe der Journalisten zählen.
2.2.3. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der VfGH die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §18 Abs5 RFG nicht zu teilen vermag.
2.2.4. Daß die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides aus anderen als den bereits als unzutreffend erkannten Gründen verfassungswidrig seien, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Auch der Verfassungsgerichtshof hegt - aus der Sicht dieses Beschwerdefalles - keine solchen Bedenken.
2.2.5. Wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm wurde die Beschwerdeführerin infolgedessen in ihren Rechten nicht verletzt.
2.3. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:
2.3.1. Da gegen die angewendeten Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (s. 2.2.) und es auch an entsprechenden Anhaltspunkten dafür fehlt, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, könnte eine Verletzung des Gleichheitsrechtes nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8238/1978) nur dann vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre.
2.3.2. Derartiges behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Tatsächlich finden sich keine wie immer gearteten Hinweise dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person der Einspruchswerberin gelegenen oder von anderen unsachlichen Erwägungen geleitet worden sei.
2.3.3. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt wurde.
2.4. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wurde nicht behauptet und kam auch im Verfahren vor dem VfGH nicht hervor.
2.5. Die Beschwerde war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
RundfunkEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B297.1982Dokumentnummer
JFT_10169697_82B00297_00