Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / PrüfungsmaßstabLeitsatz
Ktn. Bauordnung 1969; keine denkunmögliche Anwendung der §§4, 9 Abs2 litb, 13 und 15; keine Bedenken gegen die Widmung des gegenständlichen Grundstückes als Grünland-ErholungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 242 KG R., bestehend aus dem Grundstück 1238/26 Wiese. Das Grundstück befindet sich zwischen einer etwas landeinwärts am Ostufer des Brennsees vorbeiführenden Straße und dem Seeufer. Laut dem am 29. März 1968 von der Gemeinde Feld am See beschlossenen, am 4. November 1968 von der Ktn. Landesregierung zur Z Verf-505/3/1968, genehmigten und am 9. November 1968 in Kraft getretenen Flächenwidmungsplan ist das Grundstück 1238/26 als Grünland-Erholung gewidmet (§3 Abs2 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970, LGBl. 1).
1.2. Anfang 1973 suchte der Beschwerdeführer bei der Gemeinde Feld am See um baubehördliche Genehmigung für die Errichtung eines ca. 2,20 x 3,30 m in Holz-Blockbauweise geplanten Häuschens, bestehend aus einem Abstellraum für Gartengeräte und einer Umkleidekabine, an.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Feld am See vom 28. Mai 1976 wurde dieses Ansuchen gemäß §§13 und 15 iVm §4 der Ktn. Bauordnung vom 30. Juni 1969, LGBl. 48, abgewiesen, sowie im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer das Objekt zwischenweilig errichtet hatte, gemäß §29 Abs1 und 3 der Ktn. Bauordnung die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes unter Setzung einer Frist verfügt. Der Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß dem Vorhaben der Flächenwidmungsplan entgegenstehe und somit ein Versagungsgrund gemäß §9 Abs2 litb der Ktn. Bauordnung vorliege.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Feld am See vom 28. Juli 1977 wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Versagung der Baubewilligung keine Folge gegeben, im übrigen wurde der angefochtene Bescheid dahin gehend abgeändert, daß der zweite Teil des Spruches (Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes) "ersatzlos aufgehoben" wurde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 20. Jänner 1978, Z 8 BauR 1-221/2/1977, als unbegründet abgewiesen wurde. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, daß auf den als "Grünland-Erholung" gewidmeten Grundstücken mangels einer entgegenstehenden Regelung die übliche land- und forstwirtschaftliche Nutzung gestattet, hingegen die Errichtung von Kabinenbauten und Badehäusern unzulässig sei. Die Ansicht der Berufungsbehörde widerspreche auch keinesfalls dem Erk. des VfGH vom 12. 12. 1974 B146/74 (VfSlg. 7444/1974), auf das sich der Beschwerdeführer beruft; nach dieser Entscheidung bewirke die Widmung "Grünland-Erholung" kein absolutes Bauverbot und schließe die Zulässigkeit der Errichtung von solchen Bauten nicht aus, die mit dem Widmungszweck vereinbar seien. Das Bauwerk müsse jedoch allgemeinen Erholungszwecken dienen. Aus dem abgelehnten Bauansuchen ergebe sich jedoch kein Anhaltspunkt, aus welchem hervorgehe, daß das beabsichtigte Bauwerk einem allgemeinen Erholungszweck dienen solle. Die errichtete private Umkleidekabine, die lediglich von Gästen des Hauses mitbenützt werden könne, habe keine wie immer geartete Bedeutung für die Allgemeinheit. Ein Erholungszweck der Baumaßnahme erscheine auch deshalb nicht gegeben, weil für Gäste eine Umkleidemöglichkeit im Haus der Ehegattin des Beschwerdeführers, welches nur 170 m entfernt sei, bestehe.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der vom Beschwerdeführer die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht, die Gesetzmäßigkeit der von ihm als Rechtsverordnung bewerteten im Heft "Naturschutz in Kärnten" Band 3 "Die Region Villach" auf S 77 und 78 ausgeführten "Richtlinien" sowie des Flächenwidmungsplanes in bezug auf das dem Beschwerdeführer gehörige Grundstück 1328/26 bestritten und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, im Falle der Abweisung der Beschwerde deren Abtretung an den VwGH beantragt wird.
2.2. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1.1. Der Beschwerdeführer macht vorerst geltend, daß sämtliche im Verwaltungsverfahren ergangenen Bescheide "als Entscheidungsgrundlage Richtlinien" heranzögen, die im Heft "Naturschutz in Kärnten" Band 3 "Die Region Villach" auf S 77 und 78 angeführt seien, diese jedoch weder von einer hiezu berufenen Behörde erlassen, noch gehörig kundgemacht worden seien; die "Richtlinien" fänden auch in den Gesetzen keine Grundlage. Der angefochtene Bescheid stütze sich somit "in verfassungswidriger und gesetzwidriger Weise auf Rechtsvorschriften, die dem Rechtsbestand nicht angehören".
3.1.2. Hiezu genügt es festzuhalten, daß die "Richtlinien" auf die der Beschwerdeführer Bezug nimmt, für "eine einheitliche Handhabung der Landschaftsschutzvorschriften" erlassen wurden. Im Beschwerdefall handelt es sich jedoch nicht um eine Angelegenheit des Landschaftsschutzes, sondern um eine Bauangelegenheit. Damit ist es von vornherein ausgeschlossen, daß die in Frage stehenden "Richtlinien" und deren "Erläuterungen" als Rechtsgrundlage für die Baubehörde dienen konnten; sie waren folglich im Administrativverfahren schon aus diesem Grund nicht präjudiziell und nicht anzuwenden.
Für den VfGH erübrigt es sich demzufolge im vorliegenden Beschwerdefall, der Rechtsnatur der "Richtlinien" und ihrer "Erläuterungen" nachzugehen.
3.2.1. Der Beschwerdeführer vermeint weiters, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt zu sein.
Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
3.2.2. Unbestritten ist, daß das bewilligte und vom Beschwerdeführer auch bereits errichtete Bauwerk in einem als "Grünland-Erholung" gewidmeten Gebiet liegt. Der Beschwerdeführer vermeint jedoch, daß bei Zugrundelegung der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung der diese Widmung verfügende Flächenwidmungsplan in bezug auf das dem Beschwerdeführer gehörige Grundstück 1238/26 Wiese gesetzwidrig wäre, weil bei dessen Erlassung von den gegebenen örtlichen Verhältnissen ausgegangen hätte werden müssen, was bedeute, daß er eine private Badehütte bauen dürfe. Gehe man von der Rechtsansicht der belangten Behörde aus, daß mit der Widmung "Grünland-Erholung" die Nutzung als Privatbadeplatz unter Ausschluß der Öffentlichkeit unzulässig sei, dann sei die Widmung als "Grünland-Erholung" gesetzwidrig. Ein freier Zugang für alle Personen zum Seeufer sei gesetzlich nicht vorgesehen und könne daher auch durch einen Flächenwidmungsplan nicht verfügt werden. Unter Zugrundelegung dieser Auslegung der belangten Behörde stehe der Flächenwidmungsplan mit den tatsächlichen Verhältnissen und "den rechtlichen Möglichkeiten einer aufgezwungenen Benützungsänderung in Widerspruch".
Der VfGH hegt keine derartigen Bedenken. Auszugehen ist davon, daß selbst aus einem Recht auf Bebauung des Grundstückes, das vor der Erlassung des Flächenwidmungsplanes bestanden hätte, ein Recht des Beschwerdeführers auf eine bestimmte Widmung nicht ableitbar wäre (vgl. VfSlg. 8885/1980). Auch insoweit der Beschwerdeführer auf §1 des Gemeindeplanungsgesetzes Bezug nimmt, wonach bei Erlassung des Flächenwidmungsplanes die voraussichtlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse in der Gemeinde, die Auswirkung auf das Landschafts- und Ortsbild sowie die Erfordernisse einer zeitgemäßen landwirtschaftlichen Betriebsführung zu beachten sind, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da die Widmung seines Seeufergrundstückes als "Grünland-Erholung" zu den gesetzlichen Voraussetzungen offensichtlich nicht in Widerspruch steht. Ob dieser Widmung zufolge die Errichtung nur solcher der Erholung dienender Bauwerke zulässig ist, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, ist keine Frage der Gesetzmäßigkeit der getroffenen Flächenwidmung. Aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles hat der VfGH demnach keine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der in Frage stehenden Widmung.
3.2.3. Der angefochtene Bescheid wäre jedoch verfassungswidrig, wenn der belangten Behörde eine denkunmögliche Gesetzesanwendung zur Last fiele. Der Beschwerdeführer erhebt auch diesen Vorwurf, weil die Errichtung eines Bade- und Gerätehauses auf einem in privater Nutzung stehenden Grundstück, das als "Grünland-Erholung" gewidmet sei, zu diesem Widmungszweck nicht in Widerspruch stehen könne. Mit dieser Rechtsansicht beruft sich der Beschwerdeführer auf das Erk. des VfGH VfSlg. 7444/1974; auf dieses Erk. beruft sich aber auch die belangte Behörde hinsichtlich ihres gegenteiligen Standpunktes. Beide sind hiebei nicht im Recht.
In dem zitierten Erk. wurde zu den hier maßgeblichen Fragen wörtlich ausgeführt: "Die Widmung 'Grünland-Erholung' bewirkt, wie auch der VwGH zB in seinem Erk. vom 18. Jänner 1971, Z 1180/70, und vom 2. Mai 1974, Z 941/72 - dargetan hat, keineswegs ein absolutes Bauverbot; sie schließt jedenfalls die Zulässigkeit der Errichtung von solchen Bauwerken nicht aus, die mit dem Widmungszweck vereinbar sind. Daraus ist indes für den Beschwerdeführer deshalb nichts zu gewinnen, weil das in Rede stehende Bauwerk allgemeinen Erholungszwecken zu dienen unbestrittenermaßen weder bestimmt noch geeignet ist".
Damit hat der VfGH jedoch lediglich ausgesagt, daß die in Frage stehende Widmung nicht als ein absolutes Bauverbot zu verstehen sei, und damit dargetan, daß die Zulässigkeit der Errichtung von Bauwerken durch den in Frage stehenden Widmungszweck nicht schlechthin ausgeschlossen wird. Verfehlt ist es, wenn der Beschwerdeführer aus den Ausführungen, daß die in Frage stehende Widmung kein absolutes Bauverbot bedeute, ableitet, daß jede dem Erholungszweck dienende Bauführung zulässig sein müsse. Die belangte Behörde wieder mißversteht den zweiten Satz, in dem der VfGH auf "allgemeine Erholungszwecke" Bezug nimmt. Mit dieser Wendung wurde lediglich umschrieben, daß das im seinerzeitigen Beschwerdefall in Rede stehende Bauwerk nicht einmal "allgemeinen", geschweige denn "besonderen" Erholungszwecken diene; keineswegs wurde damit ausgesagt, daß die Bauführung zum Flächenwidmungsplan deshalb in Widerspruch gestanden sei, weil das damals in Frage stehende Bauwerk wohl Erholungszwecken, nicht aber solchen für die "Allgemeinheit" gedient habe. Eine solche Aussage kann dem Erk. des VfGH weder im unmittelbaren Wortzusammenhang noch aus der Sicht des damals zu beurteilenden Beschwerdefalles (es handelte sich um den Bau eines zweistöckigen Gebäudes, das als "Sennhütte" bezeichnet wurde) entnommen werden. Soweit sich die belangte Behörde in ihrer Rechtsansicht auf eine schon im Erk. VfSlg. 7444/1974 enthaltene Aussage des VfGH beruft, ist sie somit im Irrtum; eine derartige Aussage wurde niemals getroffen.
An den - wie dargelegt richtig zu verstehenden, vorausgehend wiedergegebenen - Aussagen des Erk. VfSlg. 7444/1974 über die Bedeutung der Widmung "Grünland-Erholung" nach §3 Abs2 des Gemeindeplanungsgesetzes 1970 hält der VfGH auch weiterhin fest. Demnach wird die Zulässigkeit einer Bauführung durch die Widmung als "Grünland-Erholung" nur soweit ausgeschlossen, als sie im Widerspruch zum Widmungszweck steht. Wann dies der Fall ist, ist eine Frage der einfachen Gesetzesanwendung; dies zu prüfen obliegt nicht dem VfGH. Dies trifft auch auf die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsanwendung zu; geradezu denkunmöglich vorgegangen ist die belangte Behörde jedenfalls nicht.
3.3. Nach dem vorher Gesagten ist der angefochtene Bescheid somit weder auf Grund einer gesetz- oder verfassungswidrigen Rechtsvorschrift noch auf Grund einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung ergangen.
Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Widmungsbewilligung, BaubewilligungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1983:B202.1978Dokumentnummer
JFT_10169696_78B00202_00