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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung einer Verordnung über ein generelles Verbot der Errichtungvon Antennenanlagen für Mobilfunk ("Handymasten") wegen Verstoßesgegen das Vorarlberger Baugesetz; Fehlen der gesetzlich gebotenenGrundlagenforschung für eine Errichtungsbeschränkung zum Schutz desOrts- und Landschaftsbildes sowie mangelnde Bedachtnahme auf dieErfordernisse der TelekommunikationSpruch
Die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Höchst vom 28.3.2006 über die Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 29. März 2006 bis 2. Mai 2006, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Vorarlberger Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B329/07 einrömisch eins. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B329/07 ein
Beschwerdeverfahren gemäß Art144 Abs1 B-VG anhängig, welchem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
Mit Schreiben vom 30. Jänner 2006 beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft bei der Gemeinde Höchst die Erteilung der baupolizeilichen Bewilligung für die Errichtung einer Antennenanlage für Mobilfunk auf dem Grundstück Nr. 4407, KG Höchst, auf dem Dach des Gebäudes Bitzestraße 17. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Höchst vom 1. Juni 2006 wurde die beantragte Bewilligung wegen Widerspruchs zur Verordnung über die Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk versagt.
Die Berufungskommission der Gemeinde Höchst wies die von der beschwerdeführenden Gesellschaft erhobene Berufung - im Wesentlichen mit derselben Begründung - mit Bescheid vom 20. November 2006 als unbegründet ab.
Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz gab der dagegen erhobenen Vorstellung mit Bescheid vom 15. Jänner 2007 keine Folge.
2. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich durch diesen Vorstellungsbescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG) sowie in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Aus Anlass dieses Verfahrens hat der Verfassungsgerichtshof am 3. März 2008 beschlossen, die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Höchst über die Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk von Amts wegen zu prüfen.
4. Die Gemeindevertretung der Gemeinde Höchst hat die Verordnungsakten vorgelegt, ebenso wie die Vorarlberger Landesregierung aber von der Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme abgesehen.
II. 1. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:römisch II. 1. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
§17 Abs1, 2 und 4 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. 52/2001 idF LGBl. 27/2005, (im Folgenden: Vbg. BauG) lautet: §17 Abs1, 2 und 4 des Vorarlberger Baugesetzes, Landesgesetzblatt 52 aus 2001, in der Fassung Landesgesetzblatt 27 aus 2005,, (im Folgenden: Vbg. BauG) lautet:
"§17
Schutz des Orts- und Landschaftsbildes
Die in Prüfung gezogene Verordnung lautet wie folgt:
"Aufgrund des §17 Abs4 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 52/2000 in der Fassung LGBl. Nr. 27/2005, wird daher verordnet: "Aufgrund des §17 Abs4 des Vorarlberger Baugesetzes, Landesgesetzblatt Nr. 52 aus 2000, in der Fassung Landesgesetzblatt Nr. 27 aus 2005,, wird daher verordnet:
§1
Im gesamten Ortsgebiet von Höchst dürfen keine Antennenanlagen für den Mobilfunk, sowohl freistehende als auch auf Gebäuden angebrachte Antennenanlagen errichtet werden.
§2
Die Gemeindevertretung kann allenfalls unter Erteilung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen, Ausnahmen von dem Verbot zulassen, wenn der Antragsteller eindeutig nachweisen kann, dass eine Versorgung der Bevölkerung von Höchst nicht mehr gewährleistet ist und auch ein tatsächlicher Bedarf besteht.
§3
Wer den Bestimmungen des §1 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung.
§4
Die Verordnung tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft."
2. a) Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig ist, die belangte Behörde die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Höchst über die Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk bei der Erlassung des bekämpften Bescheides angewendet hat, und dass auch der Verfassungsgerichtshof diese Verordnung bei der Beurteilung der Beschwerde anzuwenden hätte.
b) Gegen die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung hat der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss folgende Bedenken geäußert:
"Da ein generelles undifferenziertes Verbot der Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk in §17 Abs4 Vbg. BauG, der auf den Schutz des Ortsbildes abstellt, keine Deckung finden dürfte, hätte die verordnungserlassende Behörde prüfen müssen, ob in der gesamten Gemeinde oder nur in Teilen des Gemeindegebietes ein Verbot der Errichtung von Antennenanlagen für den Mobilfunk notwendig ist, um eine Störung des Ortsbildes zu verhindern. Das im §1 der Verordnung enthaltene Verbot der Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk dürfte mit den übrigen Bestimmungen dieser Verordnung in untrennbarem Zusammenhang stehen, sodass die gesamte Verordnung in Prüfung zu ziehen war."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:römisch III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Verordnungsprüfungsverfahren - die Gemeindevertretung der Gemeinde Höchst und die Vorarlberger Landesregierung haben keine Äußerung erstattet - haben sich keine Anhaltspunkte für das Fehlen von Prozessvoraussetzungen ergeben. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist daher zulässig.
2. Es ist auch nichts hervorgekommen, was das im Einleitungsbeschluss dargelegte Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnung hätte entkräften können:
Der Verordnungsgeber ging entgegen §17 Abs4 Vbg. BauG in der in Prüfung gezogenen Verordnung davon aus, dass jede, sowohl freistehende als auch an Gebäuden angebrachte, Antennenanlage für Mobilfunk schlechthin das Ortsbild des Ortsgebietes der Gemeinde Höchst stört.
Dieser Regelungsinhalt der Verordnung findet jedoch in §17 Abs4 Vbg. BauG keine Deckung, weil diese Bestimmung einerseits eine entsprechende Grundlagenforschung des Verordnungsgebers für eine Einschränkung der Errichtung von Mobilfunkanlagen zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes und andererseits aber auch die Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Telekommunikation voraussetzt. Die Durchführung solcher Erhebungen ist nicht aktenkundig. §1 der in Prüfung gezogenen Verordnung widerspricht daher §17 Abs4 Vbg. BauG.
3. Da das Verbot in §1 der Verordnung in einem untrennbaren Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen der Verordnung steht und eine Aufhebung (lediglich) jener Bestimmung einen sinnentleerten Torso übrig ließe, war die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Höchst über die Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.
4. Die Verpflichtung der Vorarlberger Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung folgt aus Art139 Abs5 B-VG.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Baurecht, Ortsbildschutz, VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:V347.2008Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010